Zyklus der Verzweiflung - Schuberts Winterreise

  • Ich kenne mit Fi-Di gut nur die auf DG mit Demus, flüchtig noch eine ebenfalls DG mit Moore. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er auf der Einspielung mit Brendel (aus den 80ern?) seinen Zenith deutlich überschritten hatte; die dürfte sängerisch also sehr leicht zu übertreffen sein.


    In jedem Fall sollte man als Ergänzung mindestens eine Einspielung mit einem Tenor haben, zB die schon erwähnte historische mit Anders/Raucheisen (DG) (oder zur Not halt Pears :wacky: ); ich kenne leider auch nicht so viel Alternativen. (den Fassbaender-Tip kann ich aber auch unterstützen, sehr dramatisch dargeboten!)
    Obwohl durch Fi-Di & Co ein Bariton uns fast als Norm erscheint, liegen die meisten Lieder im Orignal besser für einen Tenor.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Die Empfehlungen meiner werten Vorautoren hinsichtlich der Anders/Raucheisen-Aufnahme von 1945 kann ich nur nachdrücklichst bestätigen.


    Die Tonqualität lässt immerhin die Stimme zu ihrem Recht kommen (abgesehen von einigen Verzerrungen hier und da), aber auch das Klavier ist meist akzeptabel, wenn es auch ein paar Stellen gibt, wo Flutter-Effekte es nachgerade in einen Hammondorgel verwandeln.


    Trotzdem: eine gespenstische, durch Mark und Bein gehende Weltuntergangs-Winterreise.


    Peter Anders singt nicht gerade "gepflegt" oder mit einer besonderen Legatokultur, nein, er geht an die Grenzen seiner Stimme und über sie hinaus, verwandelt so manchen Konsonanten in dramatische Akzente (lass' iRRRRRRRRRRe HHHHunde HHHHeuHHHHEulen z.B.) und erreicht damit eine derart beklemmende Ausdrucksintensität, dass ich das ganze Stück seit ich diese Aufnahme kenne nicht mehr gehört habe, weil es mir dann zuviel wird emotional.


    Ich empfinde diese Aufnahme als vergleichbar mit manchen Toscanini-Platten wo die akustische Realität zwar nicht besonders "musikalisch" erscheint aber der dahinterstehende titanische Ausdruckswille so mächtig ist, dass man quasi durch das wirklich Erklingende hindurchhört - Musik reduziert (eigentlich ja: potenziert) auf ihren Ausdrucksgehalt.


    Nichts für Seelchen wie mich, aber für stärkere Naturen unbedingt eine Empfehlung wert!


    Empfindsam grüßt
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Sagitt meint:


    1948 machte Dieskau seine erste Winterreise mit Billing. Ein sehr schöne Aufnahme ( von ihm selbst später als kitschig bezeichnet). Die Stimme war deutlich dunkler als später .Er war ein erstaunlicher " fertiger" Sänger,fast ohne Gesangsausbildung.Er kam gerade aus der Kriegsgefangenschaft.
    Die Aufnahme mit Moore aus Mitte der fünfziger war meine erste von diesem Zyklus. Das Plattencover war dunkel,blau-schwarz. Meine Prägung sozusagen.
    Die Aufnahme mit Brendel ist hervorragend, gerade weil Fischer-Dieskau nicht mehr gut bei Stimme ist.
    Schöngesang ist so ziemlich das Schlimmste, was einer Winterreise passieren kann ( Hampson). Die letzten Lieder speziell sind in der Aufnahme mit Brendel erschütternd.

  • Zitat

    Original von sagitt
    Die Aufnahme mit Moore aus Mitte der fünfziger war meine erste von diesem Zyklus.


    Die Aufnahme mit Brendel ist hervorragend, gerade weil Fischer-Dieskau nicht mehr gut bei Stimme ist.


    Lieber Hans,


    Auf LP habe ich Dieskaus Aufnahme aus 1955 (offenbar war 1956 einen Fehler von mir) sowohl wie 1962. Beide mit Moore.
    Ich dachte, daß ich die 55-Aufnahme schöner fand, aber irrte mich. Denn ich habe von beiden vor kurzem einige Nummer gedreht: Frühlingstraum, Die Krähe, Der Wegweiser und der Leiermann.
    Gerade in den dunkelen Lieder war seine Stimme m.E. in 1962 schöner gefärbt. Qua Interpretation gab es keinen Unterschied.
    Irgendwo habe ich noch eine DGG-LP wo Jörg Demus begleitet. Die hat bei mir keine dauernde Erinnerung hinterlassen. Ich kann sogar nicht mehr sagen ob es die schöne Müllerin oder die Winterreise war.


    Die Brendelaufnahme habe ich mehrfach im Laden gehört. Nicht nur seine deutlich schwächere Stimme hielt mich vom Kaufe ab. Auch die Interpretation störte mich. Da wurde zuviel auf Effekt gesungen. Ich sage es zaudernd: Manierismus, wenn Du willst.
    Und dann kaufte ich mir meine EMI-Box. Und zugleich ersetzte ich meine zwei Schubert Dieskau LP-Kassetten (ungefähr zweimal 11 LPs) durch CD-Boxen. Beide mit 9 CDs.


    Ich bedauere es von Dieskau sagen zu müßen, daß er übertreibt. Aber m.E. hat er die schwächere Stimme versucht dadurch zu kompensieren. Leider.


    LG, Paul

  • Hallo Schubertfreunde,


    wer von Euch hat die Winterreise von Christine Schäfer gehört und kann dazu etwas sagen?
    Da ich die Sängerin sehr schätze, interessiert mich ihre Interpretation des Zyklus natürlich auch.Leider hatte ich noch keine Gelegenheit zum Hören.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Servus Siegfried,


    ich besitze die Aufnahme mit Christine Schäfer, mir hat sie sehr gut gefallen. In den nächsten Tagen schreibe ich gerne einige Zeilen dazu.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Lieber Paul


    es war die Winterreise, 1966 mit Demus, bei der DG. Demus kam das Verdienst zu ,Fischer-Dieskau aus dem Tief nach dem Tod seiner ersten Frau zu holen. Ausserdem hat er mit Dieskau 1958 wunderbaren Schumann gemacht.


    Wenn man mal die Interpretationen von Fischer-Dieskau von 1948 bis 1991 -Perahia(?) vergleicht, ist das schon eine lange Reise durch ein grosses Sängerleben. Ich kenne von ihm neben Billing, diejenige von Klust und Reutter frühe fünfziger, die diversen mit Moore, die mit Demus, die mit Barenboim und mit Brendel. Mir die liebsten sind die frühe und die mit Brendel, aus den genannten Gründen.

  • Hallo Caesar73,
    wenn Christine Schäfer die Winterreise singt,
    kann ja Kurt Moll auch die"Mignon-Lieder",
    "Die junge Nonne",oder "Gretchen am Spinnrade" singen. :D


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Johann Nepomuk
    (...) Abraten möchte ich jedem die Aufnahme mit Peter Pears und Benjamin Britten. Man merkt meiner Meinung nach zu deutlich, daß Britten halt was für Pears tun wollte und ihm zum Auftritt verhalf. Oder gibt es tatsächlich jemand, der diese Aufnahme bevorzugt?
    Viele Grüße von Johann Nepomuk


    Ja, ich.


    Die Pears/Britten-Winterreise gehört zu meinen Favoriten, auch wenn sie nicht die "für alle Ewigkeiten gültige" Interpretation ist (aber kann das überhaupt eine Einspielung dieses so vielschichtigen und vieldeutigen Werkes sein?) - ebenso schätze ich sehr hoch Roman Trekel/Ulrich Eisenlohr, höher als einige der Aufnahmen des von mir verehrten Dietrich Fischer-Dieskau.


    Alfons

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  • wenn Christine Schäfer die Winterreise singt,
    kann ja Kurt Moll auch die"Mignon-Lieder",
    "Die junge Nonne",oder "Gretchen am Spinnrade" singen.


    Da hast du im Prinzip Recht, Herbert. Solche Ausflüge sind auch öfters schon gemacht worden. Doch überall gibts Grenzen. Oder könntest du dir vorstellen, daß Sarastro mal mit der Königin der Nacht die Noten tauscht? :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Siegfried,
    es gibt ja Lieder in denen das Geschlecht des Interpreten nicht
    so richtig festgelegt ist,aber in "Die schöne Müllerin",oder in
    "Winterreise"steht fest,es geht um einen Mann und seine
    Geliebte.Bei dem Schumann-Zyklus ,"Frauen-Liebe und Leben"
    z.B.weiß man,das sind Frauenlieder.Es geht um eine Frau,und
    ihren verstorbenen Geliebten(oder Ehemann).Ich finde,es gibt
    genug männliche wie weibliche Liedersänger.Darum muß man
    die Rollen nicht unbedingt vertauschen.


    (Ich weiß,daß es schon einige Sängerinnen gab,die am Ende ihrer
    Karriere die Winterreise gesungen haben,z.B. : L.Lehmann,
    B.Fassbender,oder Ch.Ludwig.Aber alle diese Versionen
    sind für mein Empfinden wenig befriedigend.)


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von musicophil
    Irgendwo habe ich noch eine DGG-LP wo Jörg Demus begleitet. Die hat bei mir keine dauernde Erinnerung hinterlassen. Ich kann sogar nicht mehr sagen ob es die schöne Müllerin oder die Winterreise war.


    Zitat

    Original von sagitt
    Es war die Winterreise, 1966 mit Demus, bei der DG.



    Inzwischen habe ich jene CD gekauft. Und verstehe ich, warum diese Aufnahme bei mir nicht in meine Erinnerung blieb. Denn es fehlt noch die "Beseelung". die ich in der früheren Aufnahmen von ihm hörte. Offenbar litt er noch immer unter der Tod seiner Frau.


    LG, Paul

  • Da der Tenor Peter Schreier hier schon mehrfach als Interpret der Winterreise erwähnt wurde, möchte ich doch darauf hinweisen, dass von ihm neben der Aufnahme mit Sviatoslav Richter noch eine weitere Aufnahme der Winterreise existiert. Sie ist in folgender Decca Trio Box enthalten, Pianist ist András Schiff:



    Mir fehlt die Vergleichsmöglichkeit, da ich keine anderen Aufnahmen des Werkes besitze, aber mich als jemand, der gerade erst zögerlich den Bereich des Kunstliedes zu erkunden begonnen hat, hat diese CD überzeugt. Mir liegt die ungekünstelte (aber keinesfalls kunstlose) Art Schreiers zu singen und sein Verständnis dafür, die Dramatik des Textes zum Ausdruck zu bringen. Gleichermaßen finde ich seine - ebenfalls in dieser Dreier-CD enthaltene - Aufnahme der schönen Müllerin einfach wunderschön (die dritte CD mit dem Schwanengesang, den Rellstab-, Heine- und Seidl-Liedern habe ich bisher noch nicht angehört, kann mich also dazu nicht äußern).


    Dieselbe Aufnahme der Winterreise gibt es übrigens auch als Einzel-CD in der Reihe eloquence:


    Gruß


    katlow


  • ich habe jetzt die schäferreise 3 mal gehört und ich finde sie bemerkenswert (z.b.u.a. das tempo des ersten liedes).
    durch die dünne oder gläserne oder kristallene (-bleibma bei filigran :rolleyes: ) stimme wird meine aufmerksamkeit mehr auf die musik gelenkt als bei vielen betroffenheitspathetikern, wo die wr wie ein schauspiel dargebracht wird.

  • Die Diskussion hatten wir doch schon mal im Thread "Männerlieder/Frauenlieder" ;)


    Zitat

    durch die dünne oder gläserne oder kristallene (-bleibma bei filigran Augen rollen ) stimme wird meine aufmerksamkeit mehr auf die musik gelenkt als bei vielen betroffenheitspathetikern, wo die wr wie ein schauspiel dargebracht wird.


    Ich glaube, dem Herbert ging's wahrscheinlich gar nicht so um das Musikalische (korrigier' mich, wenn ich falsch liege), sondern um die verwischte Trennschärfe zwischen "Weiblichkeit" und "Männlichkeit" - ich setze das hier mal in Anführungszeichen, weil ich gar nicht der Auffassung bin, dass die Gefühle, die in der Winterreise ausgedrückt werden, weniger weiblich sind als die von Frauenliebe und -leben.

  • Zitat

    Original von observator


    ich habe jetzt die schäferreise 3 mal gehört und ich finde sie bemerkenswert (z.b.u.a. das tempo des ersten liedes).
    durch die dünne oder gläserne oder kristallene (-bleibma bei filigran :rolleyes:) stimme wird meine aufmerksamkeit mehr auf die musik gelenkt als bei vielen betroffenheitspathetikern, wo die wr wie ein schauspiel dargebracht wird.


    Lieber Observator,


    ich finde, Du hast Christine Schäfers Interpretation sehr zutreffend beschrieben. Ich habe beim Hören ähnlich empfunden, konnte es aber noch nicht so genau in Worte fassen.


    Früher hatte ich Probleme damit, Zyklen wie die Winterreise mit einer Sopran- oder Altstimme zu hören. Christine Schäfer hat mich eines besseren belehrt. Und wenn man es genau nimmt: Viel wichtiger als die Frage, ob die Winterreise von einem Sänger oder einer Sängerin interpretiert wird, ist für mich, ob die Interpretation durch den Künstler stimmig ist- und das ist bei Christine Schäfer IMO der Fall. "Ihre" Winterreise strahlt IMO ein persönliches Bekenntnis aus, ein Eindruck, der durch die schlichte, ja regelrecht spartanische Gestaltung der CD noch verstärkt wird.


    Die Abwesenheit jeglichen Pathos bekommt Müllers Versen und Schuberts Musik ausgesprochen gut. Ein besonderer Pluspunkt dieser Produktion ist das Zusammenspiel von Sängerin und Pianist. Man hat den Eindruck, das es sich um sehr gut aufeinander eingespeiltes Duo handelt. Eric Schneider ist mehr als nur ein "Begleiter", der klare trockene Klavierklang passt gut zu der filigranen (oder vielleicht doch eher fragilen?) Stimme der Sängerin.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo Grimgerdes Schwester,
    Du hast natürlich recht,die Gefühle sind in den Lieder-Zyklen gleich.
    Nur,einmal äußert sie ein Mann,und einmal eine Frau.Ich bin so
    altmodisch und naiv,ich möchte meine Gefühle selber äußern,
    und nicht von meiner Schwester überbringen lassen.
    Übrigens ,in"Gretchen am Spinnrade"könnte man die Gefühle
    auch austauschen,nicht aber das Geschlecht.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Ich bin so altmodisch und naiv,ich möchte meine Gefühle selber äußern,und nicht von meiner Schwester überbringen lassen.


    Hallo Herbert,


    da bringst Du ja eigentlich ein wunderschönes Argument dafür, dass die Winterreise ein Zyklus für beide Geschlechter sein kann. Ich denke nämlich, dass (nun mal ganz abgesehen vom Geschlecht des/der Besungenen) Frauen sich (heutzutage?) mindestens genauso gut und wahrscheinlich besser in den Protagonisten der Winterreise hineinversetzen können als in die Protagonistinnen, die die Komponisten der Romantik für sie erfunden haben - und das eben nicht immer nur von ihrem Bruder ausdrücken lassen wollen.


    Übrigens fände ich es völlig legitim, wenn Gretchen am Spinnrade von einem Mann gesungen würde. Weder Goethe noch Schubert haben es zwar so gemeint, und es trifft sicher nicht jedermanns Geschmack, aber es wäre mal ein neuer Blickwinkel. Und was die von mir immer wieder gern zitierte Frauenliebe angeht, so wäre eine Interpretation durch einen Mann vielleicht sogar mal ganz erleuchtend. Ich bin mir sicher, dass alle Männer im Publikum schlagartig zu Kampfemanzen würden. :D


    Liebe Grüße
    Siegmunds Halbschwester =)

  • Ich habe das vermutlich schonmal irgendwo geschrieben (aber Herbert wird ja auch nicht müde, sein Position bei Gelegenheit erneut deutlich zu machen ;)), aber ich halte Lieder nicht für Opern. Selbst dort gibt es Hosenrollen, aber bei Liedern gibt es überhaupt nur "virtuelle Rollen" (und wie im anderen thread schon geschrieben, muß sehr häufig ein Sänger/eine Sängerin zwei oder gar mehrere "Rollen" übernehmen: Loreley und den Reitersmann, Tod und Mädchen, Erzähler, Erlkönig, Vater, Kind).
    Das Lied ist hier (zum Glück!) noch viel weniger "naturalistisch" als die Oper. Deswegen finde ich, wenn eine Frau die Winterreise u.ä. singt, das von der künstlerischen Logik her nicht automatisch verfehlt. Die Stellen, an denen das Geschlecht des Partners (bzw. das eigene) erwähnt werden, sind eher selten.


    Es kommt letztlich auf das Ergebnis an. Brigitte Fassbaenders Winterreise ist eine außergewöhnlich dramatische und ausdrucksstarke Interpretation (dazu ein sehr guter Klavierpartner, der Komponist A. Reimann), da können sich viele männliche Sänger eine Scheibe abschneiden!


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Hallo Johannes,
    abschließend möchte ich darauf hinweisen,daß s.g.Hosenrollen vom Text her männlich sind.


    Der Erlkönig hat erzählenden Charakter.Die Winterreise,oder Frauen-
    Liebe und Leben,oder Dichterliebe sind in Ichform geschrieben.Da singt der Wanderer,Die Witwe,oder der Dichter selber


    Aber wenn jemand die Winterreise von einer Frau hören möchte,
    weil sie eine schöne Stimme hat,bitte,warum nicht?
    Jeder(jede) nach seinem(ihrem) Geschmack. ;)


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Ich kopiere mal einige Passagen aus dem Thread über die "Schöne Müllerin" hierher:


    Zitat

    Original von Alviano
    Haefliger hat die drei Zyklen (also auch den sog. "Schwanengesang") im fortgeschrittenen Alter nochmal aufgenommen - kennt dieses Aufnahme jemand? Ich hab sie mir (leider?) nie gekauft.


    Zitat

    Original von Theophilus
    Die wurden auf Claves eingespielt mit Jörg Ewald Dähler am Flügel. Sie haben eine sehr gute Presse bekommen.


    Zitat

    Original von Alviano
    Ich erinnere mich ebenfalls daran, dass die spätere Einspielung sehr gelobt wurde, mich würde auch interessieren, wie er denn klingt, ob die Stimme das denn noch mitgemacht hat. Zögerlich bin ich jetzt schon wegen Herberts Hinweis auf die schlechte Aufnahmetechnik, aber: die Aufnahme gibt es schon seit einigen Jahren nicht mehr im Handel, eine Kaufentscheidung steht also gar nicht an.


    Zitat

    Original von Alviano
    die Sony-Aufnahme Haefliger/Werba ist vollständig - ich habe sie gerade eben etwa zur Hälfte gehört, die beiden anderen kenne ich gar nicht.
    Ich würde Herbert recht geben: es fehlt der Stimme soetwas wie Sinnlichkeit für z. B. die "Müllerin", auch kleine Schwächen sind hörbar, aber: Wortbehandlung, Atmung, Gestaltung, das ist schon vorbildlich.


    Zitat

    Original von Herbert Henn
    ich glaube,bei Haefliger bewundert man nicht eine strahlend
    schöne Stimme,wie etwa bei Wunderlich,sondern eine außergewöhnliche Gesangstechnik,eine hervorragende Beherrschung der Kopfstimme,und eine ausgeklügelte Dynamik,vom Pianissimo bis zum Forte.Darin war er Wunderlich weit überlegen.


    Angeregt durch diese Erörterungen zu Haefliger habe ich gestern abend die erwähnte späte Aufnahme der "Winterreise" mit Jörg Ewald Dähler am Hammerflügel aus dem Regal geholt (1980 aufgenommen - Haefliger war damals 61 Jahre alt). Ich habe sie bestimmt seit über zehn Jahren nicht gehört - ein Fehler. Obwohl ich mir zunächst nur einige Lieder anhören wollte, ist es dann doch der ganze Zyklus geworden. Haefligers Qualitäten sind oben von Alviano und Herbert sehr schön beschrieben worden: hervorheben möchte ich erstens die dynamische Differenzierung auf engstem Raum und zweitens die fantastische Wortbehandlung. Man hört der Stimme bis zu einem gewissen Grad ihr Alter an: technisch (Probleme mit den schnellen Läufen in der "Wetterfahne" und der Tiefe im "Irrlicht"), aber auch in Bezug auf das Timbre: keine leidenschaftlich aufbegehrende "Winterreise", sobndern eine eher melancholisch-resignierende. Aber mit was für einem Reichtum an Nuancierungen! Darüber hinaus völlig unsentimental: ganz verinnerlicht das "Wein auf meiner Hoffnung Grab" in "Letzte Hoffnung", das andere Sänger zu einer kleinen Opernszene machen. "Gute Nacht" in sehr zügiger Lesart (was mich an die neue Christine-Schäfer-Einspielung erinnert). Der "Leiermann": fast nüchtern deklamiert, erst am Schluss kontrolliert ausbrechend. Zum Gesamteindruck trägt maßgeblich das Klavierspiel Dählers bei, der einen 1820 in Wien gebauten Hammerflügel von Franz Brodmann spielt, dessen Klang sehr schön zu der auch nicht übermäßig üppigen Stimme Haefligers passt. Eine Winterreise "von innen".


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Bernd,


    wo man sich doch überall wiedertrifft =)!


    Vielen Dank für Deine etwas ausführlichere Beschreibung der späten Haefliger Aufnahme. Ich habe sie damals nicht gekauft, weil sie mir immer zu teuer war und ich auf ein Sonderangebot gewartet habe.


    Jetzt hoffe ich auf eine Wiederveröffentlichung. Die Schwächen, die Du beschrieben hast, z. B. in der Tiefe, sind auch schon in der "Müllerin" zu hören, auch etwas "verrutschte" Töne in der Mittellage, aber auch ich finde beachtlich, wie gut eine Stimme in fortgeschrittenen Jahren noch klingen kann, wenn sie gepflegt wird.


    Bei "Winterreise" kann ich mir vorstellen, dass die dem Stimmcharakter von Haefliger etwas besser liegt, als die "Müllerin".


    LG

  • Hallo zusammen,


    gestern vormittag hat Peter Schreier auf 3sat "Die Winterreise" gesungen. Ich hab die Sendung versäumt. Kann Jemand dazu berichten? :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo,
    es ist natürlich nicht so,daß ein alter Sänger die Winterreise
    vollkommen singt,weil er kurzatmig ist,oder weil die Höhe
    nicht mehr so in Ordnung ist.Der winterreisende ist ein
    junger Mann,wie in der schönen Müllerin.Der junge
    Fischer-Dieskau singt z.B.eine großartige Winterreise,
    mit einer Ausdruckskraft,wie er sie meiner Meinung nach
    später nie mehr erreichte(1952)und auch P.Anders sang
    1945 eine ergreifende Winterreise.Ich bin der Meinung,
    daß die Stimme vollkommen in Takt sein sollte,wenn
    ein Sänger sich mit diesem Zyklus auf Tonträger verewigt.


    :hello:herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Sagitt meint:


    Ich hörte heute abend mal wieder Thomas Hampson mit Liedern aus der Winterreise und erinnerte mich an seine Aufnahme mit Sawallisch und habe die Auffassung, zu schön, zu glatt, ist für diesen Zyklus gefährlich. Es ist eine Rehe schauriger Lieder. Ein Peter Anders,1945, im Winter in Berlin, nicht optimal bei Stimme macht eine berührende Winterreise,ein Fischer-Dieskau, 1982 (?) mit Brendel, nicht gut bei Stimme, singt erschütternd die Lieder 19 folgende. Ein Udo Samel krächzt die Lieder in Zyklus von Lehne, mit meinen heissen Tränen, bewegend- selbst ein Bierbichler, desgleichen, rührt ein wenig mit seinem " Gesang". Perfektes Singen nimmt der Winterreise ein Teil der Erschütterung, die von diesem Zyklus ausgeht.

  • Gerade bei diesem Zyklus muss der Sänger an bestimmten Stellen auf den Schöngesang verzichten - natürlich ohne dabei seine Stimme zu vergewaltigen.
    Ebenso wie es Wunderlich in der Dichterliebe schafft, aus tiefster Seele zu schreien, so bringen es hier auch große Künstler hervor.
    Jede Aufnahme der Winterreise ist einmalig und jede spricht mich in einer bestimmten Stimmung an. Wenn ich sie hören möchte, such ich mir die jeweilige Aufnahme so aus, als wären es verschiedene Zyklen (was sie ja auch sind).

    Die Apfelsinen, lieb Mütterlein,
    Sind gut, und mit wahrem Vergnügen
    Verschlucke ich den süssen Saft,
    Und ich lasse die Schalen liegen.

  • Zitat

    Original von observator
    prey mit sawallisch oder prey mit engel?


    Mit Leonard Hokanson (alle 3 Zyklen, Philips)

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose