SCHOSTAKOWITSCH Dmitri: Sinfonie Nr 5 in d-moll op 47

  • Die 5. ist meine meistgehörte Schostakowitsch-Sinfonie, die ich auch in mehreren Aufnahmen besitze. Nach der Flut von hochgelobten Schostakowisch-Einspielungen in den letzten Jahren bin ich von mehreren Aufnahmen sehr angetan, einige haben mich aber auch enttäuscht:
    Haitink, CO: meine erste Aufnahme, immer noch mein Favorit. Ausgwogene und stimmige Emotionalität, wunderbare Streicher, tolle Aufnahequalität
    Jansons, WP : gerade erworben. ebenfalls sehr ansprechend, mir in Teilen aber etwas zu verhalten
    Bychkow, WDR SO: Mit ihm kann ich mich gar nicht anfreunden, es fehlt mir der natürliche Fluß im Spiel (das Problem habe ich auch bei anderen Bychkow Aufführungen)
    Bernstein, NYP (Tokio-Konzert): Super emotional, vom ersten bis zum letzten Augenblick. Je nach Stimmung begeisternd - auch auch schon einmal zu viel des Guten.
    Gruß P. Ruckmann

  • Hallo P.Ruckmann,


    wegen zahlreicher Meinungen und Threads in verschiedenen Foren habe ich mir Oktober 2006 die Haitink-Decca-Aufnahme, die mit der Sinf.Nr.9 gekoppelt ist noch als Vergleich zugelegt und mich intensiv damit beschäftigt:



    Concertgebouw Orchestra, London PO, Haitink
    Decca 1980/81 DDD


    :beatnik: Mir gefällt die langsame Tempowahl Haitinks im 1.Satz überhaupt nicht. Der Anfang fällt genau so auseinander, wie das Finale (des 1.Satzes). Einzig der Durchführungsteil wird gepeitscht um dann wieder zu bremsen. Da finde ich rund 15Minuten bei Roshdestwensky (meiner Favoritenaufnahme) wesentlich angemesser.
    Der 2.Satz ist OK, den versteht er nicht als Ländler sondern mit seinem scharfen Sarkasmus.
    Der 3.Satz klingt im Vergleich zu Roshdestwensky vielleicht zu mahlerisch auch für meinen Geschmack etwas zu langsam, das mag aber auch am westlichen Orchester liegen, da klingt es aus Moskau einfach russischer.
    Der 4.Satz läßt IMO kaum wünsche offen. Diese Durchsetztungskraft hätte ich mir von Haitink im 1.Satz gewünscht.
    Positiv ist die Decca-Klangqualität.


    :yes: Zustimmen kann ich Dir ohne wenn und aber bei Bernsteins Tokyo-CBS-Aufnahme von 1979:
    Mir gefallen beide Interpretationen von Bernstein:
    1. 1959 NewYorker PH (Abb. bei ThomasBernhard weiter oben) und
    2. 1979 mit den NewYorker PH-LIVE in Tokyo (der absolute unbändige Wahnsinn) auch sehr gut.
    Bernstein hat vor der 1959er-CBS-Aufnahme der Sinfonie Nr.5 das Werk in Gegenwart und mit großer Zustimmung des Komponisten in Russland dirigert. Schostakowitsch war zu Tränen gerührt. Eine INFO, die natürlich für Bernstein spricht.


    Bei meiner CD steht noch CBS drauf und nicht wie hier SONY:

    Bernstein / NewYorker PH
    SONY, Aufnahme 1979 Tokyo-Live


    :) Bei allem Wohlwollen für Bernstein möchte ich unbedingt auf meine AULOS-Aufnahme mit Kondraschin/ Moskauer PH aufmerksam machen, die technische sehr gut remastert ist und somit wesentlich besser klingt als auf der alten Melodia-CD und LP.


    :yes: Die Kondraschin-Interpretation ist gemeinsam mit Roshdestwensky auf Melodia (1984DDD) eigendlich ein MUSS für alle Schostakowitsch-Freude.
    Laut Edwin soll das Remastering auf der im deutschen Sprachraum erhältlichen neuen Melodia-Schostakowitsch-Sinfonien-Kondraschin-GA genausogut sein. Na denn !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von teleton ()

  • Hallo ruckmann,


    Willkommen im Forum!
    Auch ich liebe die 5. unter Bernstein :yes:
    Obwohl die Argumente, die gegen diese Aufnahme (habe die Tokio-live-Einspielung) sprechen ( :hello: Ewin et.al.) plausibel sind, liebe ich sie trotzdem sehr :D
    Habe diese Ausgabe:



    Da ist dann auch gleich noch eine geniale Aufnahme des 1. Cellokonzerts mit drauf (Yo Yo Ma; Ormandy) :jubel:


    Trotzdem solltest Du Dir mal Roshdestwendskij, Barschai und Kondraschin anhören - anderer Ansatz (so müsste es wohl tatsächlich klingen ;)) und einfach wahnsinn 8)
    Auf russianDVD.com kannst Du übrigens den gesamten Zyklus "probehören" 8o :]


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Hallo Barezzi,


    die Yo Yo Ma Interpretation ist m.e. zwar lange nicht so genial wie die Aufnahme mit Rostropowitsch(auch mit Philadephia Orchestra unter Ormandy, allerdings von 1959), aber die Aufnahme der 5.Sinfonie unter Bernstein aus Tokyo ist seit ihrem ersten Erscheinen 1979-damals natürlich noch auf LP-meine allerliebste von allen.
    In diesem Sinne: :jubel: :jubel: :jubel: von mir an Dich!


    Die orginale Schallplatte ist übrigens klanglich Lichtjahre besser als die CD-Ausgabe.
    Keine Ahnung warum ?( ,ist aber so.....
    Das schmälert für mich natürlich keinesfalls meine Begeisterung für den kompletten Kondraschin-Zyklus- vorzugsweise auf Aulos :D:jubel:


    LG, :hello:


    Michael

  • Hallo Micheal,


    es kristallisiert sich langsam heraus, dass viele Schostakowitsch-Freunde (mich eingeschlossen) die CBS-Aufnahme mit Bernstein Tokyo 1979 hoch schätzen. :jubel:


    Ich wußte gar nicht das es diese Aufnahme auch noch auf LP gegeben hatte, da ja 1979 das CD-Zeitalter begann.


    Es gibt nun schon 3 CD-Versionen dieser Aufnahme:
    1. CBS: die von mir gestern abgebildete mit dem Torso, allerdings von CBS.
    2. SONY: das gleiche Cover mit der Aufschrift SONY, wie abgeboldet (eventuell ein neues SONY-Remastering ? ).
    3. SONY: die CD-Fassung mit dem Celloconzert (von barezzi abgebildet)


    Es wäre interessant zu erfahren ob es auch hier klangliche Unterschiede gibt, denn die Aufnahme ist tatsächlich klanglich nicht ganz "auf der Höhe der Zeit".



    Die CD von Barezzi hatte ich auch mal. Da ich aber mehrere andere Aufnahmen des Cellokonzertes vorziehe, jetzt nicht mehr. Der Klang der 5ten war auf dieser CD zudem nicht besonders (schlechter als auf meiner CBS-CD).
    :yes: Was die Aufnahme des Cellokonzertes Nr.1 anbetrifft stimme ich Dir 100% zu:
    Die Ormandy/Rostropowitsch-Aufnahme ist auch meine Lieblingsaunahme, trotz der technischen Mängel (Aufnahme 1959) mit hohem Rauschen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Guten Morgen.


    Freut mich, dass die Bernstein'sche Einspielung doch so viele Freunde hat. Sie war mein "erster Schostakowitsch" und ich schätze sie nach wie vor sehr.


    Allerdings ist bei meiner CBS-Aufnahme kein Torso auf dem Cover, sondern (vermutlich, ich habe da ehrlich gesagt überhaupt keine Ahnung) der Moskauer Kreml als Zeichnung.


    Zum Klang muss ich sagen, dass mir die Einspielung - auch auf schlechteren Anlagen - immer gut und voll, für meine Ohren also angenehm, erschien. Für eine Überspielung aus der früheren Zeit der CD eine ausgesprochen stimmige Aufnahme, aber das dürfte letztlich Geschmackssache sein.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Was findet's Ihr alle an der Bernstein-Einspielung?
    Die ist ein furchtbares Mißverständnis!
    (Ja, auch der Lennie hat hin und wieder Mist gebaut - zum Unterschied von gewissen anderen, die meistens Mist gebaut haben, nur hin und wieder nicht.)
    Bernstein hat absolut kein Gefühl für den doppelten Boden, für ihn ist Pathos eben Pathos. Und so dirigiert er Schostakowitschs Symphonien, als wären sie Auslassungen eines Roy Harris, also nationalistisches Klangtheater, nur halt russisch statt amerikanisch.
    Bei all meiner sonst eher unreflektierten Liebe zu Bernstein - aber bei Schostakowitsch ist er nicht ansatzweise die erste Wahl.
    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin,


    wir wissen beide, das wir mit den Spitzenaufnahmen von Kondraschin und Roshdestwensky die Schostakowitsch: Sinfonie Nr.5 so bekommen, wie sie sein soll - die Doppelbödigkeit voll treffend, bei größester Spannung.


    Ist man sich dessen bewußt, macht es mir trotzdem Spaß und Freude bernsteins Emotioale, vom Pathos besessene Aufnahme zu hören, sodaß ich diese niemals als Mist bezeichen würde.


    :yes: Schostakowitsch war nach einem Bernstein-Konzert in Russland, vor seiner CBS-Erstaufnahme 1959, zu Tränen gerührt und das soll wirklich echt gewesen sein !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich habe "meine" 5. noch nicht gefunden. Sicher aber kann ich sagen:
    So sehr ich Neeme Järvi eigentlich als Schostakowitsch-Interpreten (Chandos) schätze (sicher mehr als Bychkow bei Philips oder Jansons trotz seines russichen Zugriffs (EMI)), so gehört leider seine Einspielung der 5. Sinfonie definitiv nicht dazu: Hände weg von dieser Probenschlamperei und Oberflächlichkeit!



    Auch Rostropovichs DG-Aufnahme ist nicht das Gelbe vom Ei!


    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Es wurde eigentlich schon fast alles gesagt -


    auch ich unterscheide zwischen "verfälschter" und "authentischer" Schostakowitsch - Interpretation;
    ich hatte das Glück, diese Symphonie durch eine alten LP Aufnahme
    von Mrawinsky kennenzulernen - es dürfte sich dabei um folgende
    CD-Veröffentlichung handeln:


    36023.jpg


    Jahrelang war dann mein Favorit die Roschdestwensky- Aufnahme
    (dessen gesamter Zyklus ohne Diskussion ein Meilenstein ist).


    Seit kurzem besitze ich noch 2 überzeugende Aufnahmen -
    die bereits erwähnte von Kurt Sanderling - dazu gibt es auch einen
    kürzlich im TV gezeigten Probenfilm, in dem Sanderling vieles erklärt
    und noch mehr "aufdeckt" - faszinierend !


    Und schliesslich hat mich dieser Mann überzeugt:



    Maxim Schostakowitsch, in dessen neu erschienener Gesamteinspielung
    sich ebenfalls eine mehr als authentische Fünfte findet !

    Gruß,


    Michael

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Auch für mich war die 5. von Schostakowitsch der Zugang zu diesem Komponisten. Aber auch der war zäh: Meine erste Einspielung war die von Jascha Horenstein mit dem Pro Musica Orchester Wien, 1952 für VOX eingespielt. Fasziniert hat mich bei dieser Aufnahme vor allem die ruhige Ausdeutung des dritten Satzes, doch die alte Schallplatte hat ihre klanglichen Tücken; das gilt besonders für die Wiedergabe des Bleches, Xylophon und Celesta sind nur schwach vernehmbar. Nun war Horenstein niemand, der in seinen Dirigaten irgendwelchen Pathos herausarbeitete oder entwickelte. Das kommt auch seiner Deutung der 5. zugute.


    Einspielung Nr. 2 ist die von Rudolf Barschai, für mich der schwächere Teil seiner GA. Besondere Probleme habe ich mit dem 4. Satz, wo er den Marsch Popanzhaft verlangsamt, was sich auch recht willkürlich anhört. Auch klingt diese Einspielung -das mag aber an der Tontechnik liegen- etwas wattig.


    Da gefällt mir Einspielung Nr. 3 unter Dimitrij Kitajenko deutlich besser, die auch aufnahmetechnisch sehr gut ist.


    Mein absoluter Liebling allerdings ist ein Live-Mitschnitt eines Konzertes der Jenaer Philharmonie unter ihrem derzeitigen Chef Nicholas Milton. Das, was Edwin als Doppelbödigkeit angesprochen hat, der Gegensatz von ideologischem Glanzlicht und innerer Opposition zieht sich schlaglichtartig herausgemeißelt durch die ersten beiden Sätze der Aufführung. Besonders aber der 4. Satz wird von Milton sehr zügig genommen, die auf dem a liegende Attacke des "ich-ich-ich" wird hier für mein Verständnis fabelhaft herausgearbeitet. Einzelne spieltechnische Schwächen der Jenaer sind vor dem Hintergrund des Ergebnisses durchaus zu verschmerzen.


    Wie zu sehen ist: eine echt russische Einspielung fehlt mir noch. Noch!


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Und auf die Gefahr hin, diesen Thread jetzt ganz durcheinander zu bringen: Bei der Jackett-Collection ist auch die 5. von Shostakovich (die ich sehr, sehr verehre), und bei Bernstein bleibt eben überhaupt keine Emotion, sondern er spielt (vor allem den Schluss) gefühllos hinunter. Meine Erklärung: Er hatte damals engen Kontakt mit dem Komponisten, der wollte klarmachen, dass die Symphonie nie ernst gemeint war und Leo tat ihm den Gefallen undspielte sie so, dass man merkte: "ach, ist doch gar nichts dahinter, nur Fassade". (Ich weiß schon, dass das sehr gewagt und nicht untermauert ist).
    Tschüß
    Klaus


    hallo Klaus,


    laut Beitag 35 gibt es 3 Bernstein-Aufnahmen der Sinfonie Nr.5. Ich habe die Studio-Aufnahme von 1959 (SONY) und die umwerfennde LIVE-Aufnahme aus Tokyo von 1979 (CBS-CD) - gemäß Beitrag 32.


    Was Du oben zitierst schreibst ist gar nicht so weit her geholt. Diese Fassade meistert Bernstein aber (noch weit mehr in der Live - Aufnahme in Tokyo) indem er absolut hochemotional den 4.Satz wegfetzt bis zum "geht nicht mehr". Ich finde das absolut mitreissend. Aber auch in deiner Aufnahme finde ich das Superklasse. Das Bernstein Schostakowitsch missversteht, oder zumindest stark übertreibt, das trifft auch nicht auf die Fünfte zu. Hier weis er die Hintergründe sehr gut umzusetzen. Trocken runtergespielt oder gefühlos ist bei Bernstein nie etwas !


    Auch für diese Darstellung der "Fassade" ist bernsteins Emotion notwenig um das so umwerfend darzustellen - und wie, das wird in der Live-Aufnahme aus Tokyo noch deutlicher als in der alten Studio-Aufnahme 1959 in deiner Jacket-Collection Box !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Schostakowitsch, ein weithin unbeschriebenes Blatt bei mir. Eigentlich wollte ich schon 2010 eine Gesamtaufnahme kaufen. Es kam bis heute nicht dazu. Warum, fragt man sich vielleicht.


    Zum einen ist man als Anfänger verwirrt. Gleich 15 Symphonien, wo anfangen? Einen Komplettzyklus? Wäre vielleicht am besten, um nicht einen "Fehler" zu begehen, wenn man gerade mit einer Symphonie anfängt, die einem nicht liegt.


    Aber welchen? Roschdestwensky ist unbezahlbar, Kondraschin ebenfalls sehr teuer. Mrawinsky ist unvollständig. Es gibt viele weitere: Ashkenazy, Jansons, Haitink, Barschai, M. Schostakowitsch, um nur einige zu nennen.


    Wie es der Zufall wollte, hörte ich die letzte Zeit in die 5. Symphonie. Die sagte mir gleich zu. Anders als frühere "Kostproben" anderer Symphonien. Wie Alfred am Anfang schrieb, ist die 5. auch für Leute, die eigentlich Musik des 19. Jahrhunderts bevorzugen, recht geeignet.


    Ich konnte in einige Aufnahmen hineinhören (das Internet macht's möglich): Mrawinsky (gibt ja x Aufnahmen: mindestens 1954 Leningrad, 1967 Prag, 1973 Tokio, 1982 Leningrad, 1984 Leningrad), Roschdestwensky, Kondraschin, Jansons (Oslo und Wien), Haitink, Previn (Chicago), Ormandy, Kitajenko, M. Schostakowitsch (ist der mit Dmitri verwandt?), Barschai, Bernstein (1979), Ančerl und vielleicht einige mehr. Schnell stellte sich heraus: Westliche Aufnahmen sind mir zu milde. Bei Schostakowtisch braucht es wirklich den russischen Klang. Am besten gefielen mir Mrawinsky, Roschdestwensky und Ančerl (obwohl ein Tscheche).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Danke sehr, lieber Wolfram!


    Es gibt da eine Aufnahme der 5. Symphonie mit dem London Symphony Orchestra (offenbar nicht identisch mit der Aufnahme aus Prag). Gefiel mir beim Reinhören ziemlich gut (für ein westliches Orchester). Sehr ausgedehnte Tempi, was aber kein Nachteil sein muß.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich hatte mir mal vor gefühlt 22 Jahren im Schallplattenladen meines Vertrauens (so etwas gab es damals, Mainz, "Schallplatten am Markt") auf Empfehlung des fachkundigen Händlers (Herr Eisele, wenn ich mich richtig erinnere) die Aufnahme mit Roshdestwensky gekauft, eine Doppel-CD mit der 5.+7. für knapp DM 40,-.


    FonoForum e tutti quanti empfahlen in den Folgejahren Neeme Järvi, Joel Levi, Rudolf Barschai, Mariss Jansons usw. usw. Aber keiner kam an Roschi vorbei!


    (Herr Eisele wollte mir auch bei jedem meiner häufigen Besuche Beethovens 7. mit C. Kleiber verkaufen, dabei fühlte ich mich mit Bernstein/WPO bestens bedient und hatte noch keine Gier nach Vergleichseinspielungen.)

  • "Roschi" wäre wohl letztlich auch meine erste Wahl, wenn es alle 15 sein sollen. Die Pauken und das Blech klingen schon extrem mitreißend. Russischer geht's nimmer.


    Wieso ist der seit Jahren praktisch nicht lieferbar? ?(


    Kondraschin hat mich jetzt nicht sooo mitgerissen wie Roschdestwensky, um ehrlich zu sein.


    Solange es den Roschdestwensky-Zyklus nicht zu einem normalen Preis (sagen wir mal maximal 80 EUR) gibt, lege ich mir gar keinen zu. Am ehesten noch Einzelaufnahmen von Mrawinsky (5, 10, 12 usw.).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Mit Jansons, Haitink und Barschai ist man bestimmt nicht schlecht bedient - und die sind günstig zu haben.


    Aber nicht, dass Du so eine Lawine lostrittst wie bei Sibelius! Die Zahl meiner Sibelius-Zyklen hat sich mehr als verdoppellt, momentan kommen noch ein paar historische Einzelaufnahmen dazu (Karajan/Philharmonia Orchestra, Beecham, Koussewitzky, ... ). Und mit der Vierten bin ich noch lange nicht durch ... :( ... schwieriges Werk ... dazu locken die Siebte und Tapiola ...


    Also ein Zyklus von den drei oben genannten und dazu die Box mit der 1. + 5. + 6. + 9. unter Roschi ... das wäre doch ein prima Start ...

  • Jansons, Jansons, Jansons!
    Bei der Box ist dabei, wie er mit seinem Orchester spricht, wie er versucht, es mitzureissen. Und er schafft das, immer wieder bricht die Welle der Gefühle aus dem Orchester hervor und es ist einfach herrlich - und schrecklich - und herzzerreissend.
    Alles was ich nach Jansons gehört habe, war nur ein Abklatsch.
    Jansons, Jansons, Jansons!


    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Lieber Joseph,


    bei Roshdestwenski ist das Problem, dass die Qualität der Aufnahmetechnik bei seinen Schostakowitsch-Aufnahmen sehr schwankend sind.


    Optimal sind schon die Aufnahmen unter Kondraschin.


    Ausgezeichnet ist auch diese Sinfonien-Sammlung unter Jewgeni Swetlanow





    Unter den Aufnahmen mit westlichen Orchestern gilt für manche diese unter André Previn als Geheimtipp. Es ist eine sehr beeindruckende Aufnahme:





    :hello: LT

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Josef,


    Du jast es bereits selber schon erkannt. :thumbup: Mit Roshdestwensky (Eurodisc, 1984, DDD) für eine GA liegst Du genau richtig.
    Leider haben Swetlanow (volle Empfehlung !) und Mrawinsky nicht alle Sinfonien eingespielt. Die, die mit Mrawinsky vorliegen sind auch klanglich nicht alle so ganz zufriedenstellend (die auf ERATO sind klanglich die Besten) - ich habe alle auf ERATO und BRILLANT, die auch in Stereo sind ...


    Aber auch genauso wie Roshdestwensky kann ich nur für Kondraschin aussprechen, der durchweg zügiger unterwegs ist.
    Du schreibst dieser hätte Dich nicht sooo mitgerissen ? Bei der Fünften ? Gut, Rosh wirkt bombastischer und damit hat er im ersten Moment mehr Wirkung. Wenn Du Dir diese Kondraschin-Aufnahme ganz genau anhörst, wirst Du irgendwann feststellen - :angel: es ist die Beste. Für meinen Geschmack stimmt auch das zügigere Tempo bei der 5 genau !


    Was die Kondraschin-GA angeht so hat es hier vor Jahren lange Diskussionen über die Remastering-Version der GA gegeben. Ich habe von Michael Schlechtriem vor Jahren die AULOS-GA, die ganz exqusit remastert ist und den Aufnahmen eine fabelhaften Klang verleiht, der nur bei den frühen Aufnahmen von 1962 (Nr. 4 und 8) nicht an den Klang von Digitalaufnahmen heranreicht. Von der Melodiya-GA_Version habe ich Berichte gelesen - im hififorum -, dass sich die CD´s braun verfäbt hätten ...
    Vorher und früher hatte ich einige dieser Aufnahmen auf Eurodisc-LP´s und die 1 und 9 auf einer Melodiya-CD. Man glaubt es nur wenn mnan es hört, wie fabelhaft AULOS diese große GA klanglich hinbekommen jat !



    Klaus ist von Jansons begeistert; hat aber bisher wenig Erfahrung mit den Russen sammeln können. Gut, klanglich ist Jansons einwandfrei und es finden sich auch einige Sinfonen (Nr.4) die in der GA ausgezeichnet sind, aber auch absoulte Enttäuschungen wie die Sinfonie Nr.1 ! Meine Empfehlung für eine ganze GA wäre das nicht !



    Wenn man wenig Geld für eine GA ausgeben will, aber trotzdem was anständiges ins CD-Fach einschieben will: Barshai / Kölner RSO für 20Euro (Brillant). Auch klanglich ohne Mängel - gute Digitalaufnahmen.
    Die Fünfte ist, um beim Theadthema zu bleiben - Klasse !



    Wenn das Geld egal ist und man klangliche Ansprüche stellt, dann habe ich die Ashkenazy - GA (Decca) bereits schonmal als "moderne referenz" bezeichnet. Nicht so umwerfend, wie Rosh und Kondraschin, aber mit Herzblut ist auch der Russe Askenazy dabei !



    Vor Jahren hatte ich mir auch die GA mit Schostakowitsch´s Sohn Maxim (Supraphon) zugelegt. (Den erwähntest Du auch.) Damals wegen einer guten Kritik von Ex-tamino Edwin. Mir haben diese klanglich gedeckten und oft recht emotionsarmen Interpretationen mit dem Prager SO nicht gefallen. Wenn man Roshh und Kondraschin schätzt, dann ziehen diese Aufnahmen einfach nicht mehr.
    Ich habe diese GA verkauft, alle CD´s aber als CD-R zurückbehalten um auch heute noch verifizieren zu können. Aber es macht mir wenig Laune diese aufzulegen.
    :!: Von ganz anderem Holz geschnitzt war damals die wohl allertollste Aufnahme der Sinfonie Nr.15 mit Maxim Schostakowitsch / Moskeuer PH (Eurodisc-LP). Davon ist er bei Supraphon mit den Pragern leider weit entfernt !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Also rein absahntechnisch hat sich die Fahrt nach Troisdorf dicke gelohnt. Ich kam ja reich beschenkt nach Hause und habe seitdem viel zu hören und zu entdecken.
    Und da ist dann die Aufnahme des royal philharmonic Orchestra unter Charles Mackerras. (Leider bei JPC nicht gefunden). Und da war ich alter Jansons-Fan ziemlich von den Socken. Hier geht es richtig rund. Den 2. Satz habe ich noch nie so konsequent täppisch und bäuerlich gehört, das geht unter die Haut.
    Aber auch schon der 1. Satz hat eine unglaubliche Ausdrucksstärke, Effekthascherei in ihrer schönsten Form!. Ganz besonders gefällt mir der Schlagzeuger, vor allem wenn er klappert. (ich weiß gar nicht, sind das Kastagnetten, die er da spielt? Ist mir bei Jansons nie aufgefallen.) Das hat eine Eindringlichkeit, die fast beängstigend ist. Überhaupt ist die Intensität beeindruckend.


    Und der Schluss? Nun ja. Auf den letzten Metern liegt dann Jansons doch wieder vorn. Knapp. Mackerras legt mir die Bläser ein wenig zu glatt, zu harmonisierend. Während er allerdings die Pauken richtig schön satt und fett knallen lässt. Ein klein wenig Schmerz fehlt noch.


    Alles in allem eine klasse Aufnahme, vielleicht gelingt es dem einen oder anderen, einen Link zur CD beizusteuern, denn die ist einen Kauf wert! Für mcih eine echte Bereicherung. Toll.
    (Und noch einmal vielen Dank an Wolfgang!)


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Hallo Klaus,


    es freut mich, dass Dir die Mackerras-Aufnahme gefällt.
    Ich halte sie für eine gute Aufnahme der Mitte, ohne besonders herauszustechen. Die RPO - Klangqualität ist TOP.


    Hier das Cover der sehr preisgünstigen RPO-CD aus der audiophilen RPO-Serie:

    RPO, 1993, DDD


    Die CD wird von RPO auch als SACD angeboten; das halte ich aber für unnötig, weil die Aufnahme von 1993 in Stereo und nicht Multikanal produziert wurde.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Wobei ich immer wieder über den 2. Satz nachdenken muss. Bei Jansons erscheint es mir wie die Darstellung der kreatürlichen Kraft der russischen Landbevölkerung, die dann irgendwann in der Revolution zielgerichtet den 4. Satz erreicht.
    Bei Mackerras ist es wie gesagt sehr täppisch und auch unbeholfen. Noch einmal: Ich finde diese Sichtweise sehr reizvoll, ganz unabhängig von einer Bedeutung.

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • ich habe jetzt mal innerhalb kurzer Zeit zweimal die 5. gehört. Einmal von Jansons, dann einmal von Ashkenazy mit dem Philharmonia Orchestra (Auch bei JPC nicht gefunden).
    Und es ist fast wieder mal dasselbe geschehen. Die ersten drei Sätze ganz toll, auch der 4. schön und transparent, deutlich und heftig, aber dann am Schluss wird es, nun ja, verhalten, technisch. Wo bei Jansons die Streicher desperat die Saiten quälen, bilden sie hier einen netten Klangteppich. Die Begeisterung über die gelungene Befreiung durch die Revolution kommt nicht vor. Das mag ja alles der gängigen Lesart entsprechen, schöner ist die emotionale, heftige und wilde Art. Finde ich.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Das mag ja alles der gängigen Lesart entsprechen, schöner ist die emotionale, heftige und wilde Art. Finde ich.


    Hallo Klaus,


    die Ashkenazy-Aufnahme finde ich auch sehr beeindruckend und wirklich gelungen. Nicht zuletzt durch die astreine Decca-Klangtechnik !
    Aber an die Grossen Kondraschin und Roshdestwensky reicht er nicht ganz heran - schon gar nicht das Schlussfinale betreffend, dass Du (und nicht nur Du) in ihrer emotional wilden Art auskosten möchtest.



    Du hattest Dich vor einiger Zeit negativ über Bernstein´s Aufnahme (CBS, Oktober 1959) geäussert, die in deiner SONY Jackett Box enthalten ist. "Bernstein könne kein Schostakowitsch" - hattest Du allgemein geschrieben ( :D Um mich zu Ärgern, wie Du mir persönlich sagtest ! :D ). Dafür hatte ich Dir ja schon schriftlich bei Tamino "eins auf den Deckel gegeben".
    Es ist schon richtig, dass Bernstein seine Schostakowitsch 5 mit seinem Verständnis dafür dirigiert; aber mit Seele und Hingabe - das steht fest.


    Noch ungleich besser ist ihm dies später in Tokyo gelungen. Deinen Intentionen (gem. Zitat oben) würde diese Bernstein-Aufnahme mit den New Yorker PH (SONY, LIVE in Tokyo Juli 1979) voll entsprechen. Denn emotionaler im letzten Satz und mit einem wilderen Schluss kann man die Fünfte kaum irgendwo hören - ja, das ist der absolute Wahnsinn !
    :hail: Auf dieser Wahnsinns-CD, die ich mit gleichem Cover noch als CBS-CD besitze (siehe auch Beitrag 35):



    SONY/CBS, Tokyo Live 1979, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • LIeber Wolfgang!


    Ich hoffe ja selber, dass ich bei Bernstein widerlegt werde, insofern bin ich da sehr offen. Allerdings glaube ich, dass eine ganz unmusikalische Einstellung da eine Rolle spielt. Wer wie ich eine heftige linke Vergangenheit hat und der Idee des Sozialismus immer noch irgendwie nachtrauert, der mag hier ja die Geschichte der Revolution des Volkes als gelungene Erzählung hören. Das geknechtete Volk, die täppische aber liebenswerte Volksseele, das Aufbegehren und ganz am Schluss der Sonnenaufgang, die Eröffnung einer glorreichen, glücklichen Zukunft. (Ich weiß auch, dass es nicht wirklich geklappt hat, aber als Märchen stell ich es mir immer noch gern vor. )
    Insofern könnte ich mir vorstellen, dass es für einen Amerikaner einfach nicht möglich ist, eine auch nur ähnliche Sichtweise zu haben. Da ist so ein Schluss eben nur ironisch zu verstehen, sozusagen als kitschiges Zitat. Denn was hier verherrlicht wird, ist ja genau der Gegenentwurf der amerikanischen Kultur, des "way of life".
    Aufgrund dieser Überlegungen bevorzuge ich Dirigenten, die eine, nun ja, sozialistische Sozialisation hatten. Shostakovich selbst hat ja später zumindest versucht, diese Sozialisation loszuwerden, da sehe ich dann den Grund, warum er genau diese Interpretation, die mich so verärgert, besonders hervorhob und bejahte.


    Soweit mein heutiger Marsch durch die Fettnäpfchen.


    Tschö
    Klaus


    (Aber die Tokioter Aufnahme werde ich mir sicher anhören.)

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • War Bernstein nicht selber links sozialisiert und wurden ihm nicht zeitweise (McCarthy-Ära) gar kommunistische Tendenzen unterstellt? ?(

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Schon, aber das war ja kaum die bolschewistische Sichtweise.

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • War Bernstein nicht selber links sozialisiert und wurden ihm nicht zeitweise (McCarthy-Ära) gar kommunistische Tendenzen unterstellt?


    In der Tat war das so, lieber Joseph II. Es gab ja sogar das Gerücht, Bernstein sei Mitglied der Kommunistischen Partei der USA gewesen. Ich halte das für Unsinn. Bernstein, dieser Weltbürger und im Herzen immer ein leidenschaftlicher Amerikaner, passte wohl nicht in das enge und geistesfeindliche Bild der McCarthy-Ära. Mit einem wie Bernstein konnten diese Leute nichts anfangen. Der musste und konnte einfach nur links sein. Das war er wohl in einem gewissen Sinne auch. Auf jeden Fall war er immer auf der Seite der Unterdrückten und Verfolgten. Dem Vernehmen nach spendete er große Teile seiner Gagen Amnesty International und trat in Israel oft umsonst auf. Den Atombombenopfern in Japan stand er auch nahe. Er ging mitten im Kalten Krieg das erste Mal nach Moskau und dirigierte dort. Wenn ich nicht irre, war das 1959. Das sorgte für weitere Verdächtigungen und Irritationen. Mental sind Russen und Amerikaner ja so weit nicht entfernt, waren Verbündete im Kampf gegen Hitler. Er spürte das wohl. Mit Schostakowitsch verband ihm natürlich auch die jüdische Herkunft. Das ist einer der wesentlichen Gründe, warum er Schostakowitsch so nahe war und ihn gut verstand. Er nahm schon 1962 dessen "Leningrader" mit den New Yorker Philharmonikern auf, die Fünfte müsste auch aus dieser Zeit sein. Da war gerade die Mauer in Berlin mit sowjetischer Billigung und Segnung gebaut worden. Um diese Zeit war Schostakowitsch in der alten deutschen Bundesrepublik noch eine Unperson. Noch in den 1970er Jahren gab es - wenn ich mich nicht irre - in Frankfurt einen politischen Skandal um eine geplante Aufführung dieser 7. Sinfonie, allerdings nicht mit Bernstein. Er reiste auch in die späte DDR, als die fast schon am Boden lag, und trat mit den Wiener Philharmonikern im Berliner Schauspielhaus auf. Bernstein war nie angepasst und ließ sich nicht vereinnahmen. Er war glücklich verheiratet, hatte Kinder und soll gleichzeitig Beziehungen zu Männern gepflegt haben. Dem Luxus war er nicht abgeneigt. In New York wohnte er sehr großzügig im legendären Dakota Building am Rande des Central Parks, wo John Lennon, einer der berühmten Nachbarn, im Eingangsbereich erschossen wurde. So war er eben! Einen wie ihn gibt es nicht mehr, weil die Zeiten anders sind. Für mich war Bernstein immer Vorbild.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose