Franz Schubert: Die Klaviersonaten

  • Zitat

    Original von Kulturvermittler


    Lieber Hayate,


    das interessiert mich jetzt wirklich. Was macht denn der Herr Schuchter bei der Wanderer-Fantasie? Trifft er am Ende des Scherzos bei den irrwitzigen Sprüngen über die ganze Tastatur nicht die Noten oder verhudelt er die abstürzenden Dreiklänge? Kann er bei der Schlussfuge nicht die Stimmeinsätze voneinander unterscheiden oder spielt er das cis-moll-Lied vom Wanderer als Allegretto und spielt dabei Presto-Scherzo und Schluss-Allegro auch als Allegretto? Oder singt er mit? Was macht er?


    Hehe :D
    Nein, über das technisch unbedingt nötige Wissen verfügt er natürlich, das wäre ja sonst noch schöner, aber die Musik die an mein Ohr dringt wirkt einfach total uninspiriert.
    Das Adagio spielt er zB. so extrem langsam, dass irgendwie die Musik einfach auseinanderzufallen droht.
    Andere Stellen spielt er zu kraftlos und andere wiederum, zB. am Ende des Adagio Teils, das mit den Läufen, da spielt er die Begleitung mit der linken Hand zu laut und die Läufe zu abgehackt und nicht "fließend".
    Das muss man mit Gefühl machen, die Musik muss man fühlen.
    Es sind oft die Kleinigkeiten die alles vermiesen können.
    Ich habe die Magie der Wanderer Fantasie einfach nicht gespürt, von einem Richter war das Welten entfernt.


    Mittlerweile hat Schuchter mich aber auch positiv überrascht, die Impromptus und die "Grazer Fantasie" spielt er solide bist gut und die "Ungarische Melodie" die ich gerade höre, gefällt mir sehr, vom Spiel her sogar mit der András Schiff Einspielung beinahe identisch.
    Ich werde mich jetzt dann mal zu den "Moments Musicaux" wagen, die sind recht heikel, mal schauen.


    mit Grüßen
    Christoph

  • Hallo,


    ich glaube,der Name Eduard Erdmann ist hier noch garnicht


    augetaucht.Er war in den 40er 50er Jahren ein herausragender


    Schubert-Interpret,den man nicht vergessen sollte.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • So, die "Moments Musicaux" spielt er recht schön, durchaus.
    Schuchter hat den Hang Stücke zu verkürzen indem er hin und wieder Wiederholungen auslässt, ich empfinde das aber nicht unbedingt als negativ.
    Werde mich heute Abend noch durch die sechs letzten großen Sonaten hören, morgen werde ich dann ein bisschen darüber berichten.


    mit Grüßen
    Christoph

  • Zu meiner Freude sehe ich den Schubert-Thread. Von den Sonaten ist mir die liebste D 960. Als CD wohl nicht greifbar und auch zu LP-Zeiten schwer zu beschaffen ist die Einspielung von Max Martin Stein, die bei Motette erschienen ist. Eine LP-Box war das, mit D 959 und 959 also die drei nachgelassenen Sonaten versammelnd.


    Max Martin Steins Einspielung hat mir die Ohren für Schubert's Sonaten geöffnet. Die gleiche Sonate, gespielt von W. Kempff -den ich sonst sehr schätze- hat mich zuvor sehr kalt gelasen, klang irgendiwe verwaschen und fahrig. Bei MMS: Transparenz und vfeinsäuberliches Herausmeißeln der einzelnen Töne. Slebst die Baß-Triller im ersten Satz ließen sich mitschreiben. Und nicht deshalb, weil MMS so langsam spielte, gewiss nicht.


    Gänzlich anders von der Stimmung aber auch fabelhaft die bei ECM erschienen (live-)Einspielung von Vladimir Afanassiev.


    D 894 wurde 1976 von Christian Zacharias wundervoll eingespielt. Die Fantasie dieser Sonate währt bei ihm fast 19 min, eine wunderbare Gefährtin für meditatives Entspannen (jawoll, auch das vermag Schuberts Klaviermusik!!!).


    Einzeleispielungen von Schuberts Petitessen lie0en sich erwähnen: Moments Musicaux mit Backhaus, Impromptus mit Also Ciccolini, weitere kleine Kalvierstücke gespielt von Brigtte Engerer, Klaviersonaten mit Dimitri Bashkirov. Als Schubert Standard läuft bei mir Brendel. Nicht aber als Top-Einspielung, was einzelne Werke betrifft. Siehe oben.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:


    PS: Wenn Hayate den Schuchter wieder los werden will....
    lass mich das ruhig wissen. Deine Tempo-Beschreibungen machen mich neugierig!!!

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Ich habe mich noch nicht sehr stark mit Schubert auseinandergesetzt. Beethoven hat erstmal Vorrang, aber ich habe mehrere Aufnahmen scvhon hier bei mir gestapelt und gehört und ich muss sagen mich faszinierte am meiseten die Aufnahme von Mitsuko Uchida und zwar die der Klaviersonaten D850 und D784.
    Uchida brilliert mit vorranwollendem, ja fast treibenden Enthusiasmus die beiden Sonaten.
    Ihre tempramentvolle Seite kommt hier deutlich zum Ausdruck. Ich halte diese CD sicherlich für gelungen und bin eigentlich dazu bereit auch weitere Schubert-Aufnahmen von ihr mir zuzulegen.
    Meine Empfehlung also:



    :hello:

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  • Zitat

    Original von Santoliquido
    Zu meiner Freude sehe ich den Schubert-Thread. Von den Sonaten ist mir die liebste D 960.


    lieber thomas,
    es gibt auch einen thread zu d960, und noch 3 weniger ergiebige zu d959, 894 und 840 (und noch einen zu d784, der nicht im threaddir ist)
    (vielleicht weißt du das ohnehin)


    :hello:

  • So, die Sonaten, gespielt von Schuchter, habe ich jetzt fast alle durchgehört.
    Mittlerweile habe ich mich an sein Spiel einigermaßen gewöhnt, allerdings sagen mir Endres und Brendel doch wesentlich mehr zu.
    Schuchters Spiel würde ich mit Adjektiven wie "verstaubt", "zögerlich", und "unsicher" beschreiben, das mag aber jeder anders sehen.
    Wie schon gesagt, lässt Schuchter gerne Wiederholungen aus, so auch bei D.894 und D.960.
    Jeder mag selbst für sich entscheiden ob er dies gut heisst oder nicht, mir persönlich macht es nichts aus, im Gegenteil, jetzt müsste mir aber nur noch Schuchters Spiel gefallen, was aber leider nicht der Fall ist.


    Zitat


    es gibt auch einen thread zu d960, und noch 3 weniger ergiebige zu d959, 894 und 840


    Eine Schande eigentlich, dass D.845 und D.958 noch keinen Thread haben!
    Muss ich mich selbst demnächst darum kümmern. :motz:


    Ach ja, Uchida kann ich eigentlich auch jederzeit empfehlen, sie spielt wirklich wundervoll, sowohl den Mozart, wie auch den Schubert.


    mit Grüßen
    Christoph

  • Ich kopiere ein Posting des Observators aus dem D.850-Thread hierhin:



    Zitat

    Original von observator
    (jetzt) schon seit jahren propagiere ich jene aufnahme der schubertsonaten mit paul badura-skoda. die sind ja kaum mehr zu kriegen (ich hatte sie mir anfang der 90er in new york und los angeles mühsam zusammen gesucht, damals sind sie einzeln nach und nach erschienen. dann wurden sie in 1 paket zusammengefasst, das dann später wieder geteilt worden ist. hier auf den preisverfall zu warten hat wohl was religiöses an sich...).



    Meinst Du diese Aufnahmen?




    Enthält drei CDs mit D. 459, 537, 570, 571, 604, 845, 850, 894
    und kostet bei jpc 35,99 €



    Enthält drei CDs, angeblich mit D. 625/505, 664, 784, 958-960 (bei den Hörproben erklingt allerdings merkwürdigerweise D. 845)
    und kostet bei jpc ebenfalls 35,99 €


    Man soll ja bekanntlich eine Aufnahme nicht nach den paar Hörschnipseln aus dem Internet beurteilen, aber ich versuch's trotzdem mal: Auf Anhieb gefallen haben mir z.B. der Anfang des Variationensatzes von D.845 oder der Beginn des Kopfsatzes von D. 664 (hier passt auch der Klavierklang sehr schön), während mir der Finalsatz von D. 958 allzu etüdenhaft brav, ohne das Charakteristikum des Gehetzten erschien.



    Zitat

    da ich nicht glaube, dass sich irgendwer hier im forum die noch anschaffen wird -die schnittmenge aus schubertsonatenliebhabern, alte-klaviere-connoisseurs und hochpreis-"wennauchmitwimperzuck"-zahlern dürfte äußerst gering sein


    Schubertsonatenliebhaber bin ich durchaus, gegen alte Klaviere habe ich zumindest nichts einzuwenden - und der Preis ist mit 12 € pro CD doch relativ gemäßigt. Wenn mir hier also nochmal dringend zugeraten wird, könnte ich mich für einen Kauf einer der beiden Boxen erwärmen (wüsste allerdings gerne, welche Sonaten nun wirklich in der zweiten - mit der Nummer 3 bezeichneten - Packung enthalten sind).


    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    da ich nicht glaube, dass sich irgendwer hier im forum die noch anschaffen wird -die schnittmenge aus schubertsonatenliebhabern, alte-klaviere-connoisseurs und hochpreis-"wennauchmitwimperzuck"-zahlern dürfte äußerst gering sein


    Da ich vor kurzem die Aufnahmen Paul Badura Skodas der Mozart-Klaviersonaten erworben habe - welche mich sehr begeisterten, steht diese Schubert-Seria für heuer auch auf dem Programm........


    Das Problem ist lediglich, daß ich die CDs erst einmal in Wien Finden muss , zudem muss ich auch die Zeit aufbringen sie zu hören.....


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Sagitt meint:



    Die Pires hat früher bei Erato die B-Dur D.960 eingespielt. Angesichts der umwerfend guten Einspielung der Impromptus warte ich dringend auf eine Neueinspielung der späten Schubert-Sonaten. Sie verbindet Anschlagskultur mit viel Konturierung. Wenn der Anschlag zu weich ist ( nach meiner Meinung bei Brendel) entsteht so eine Schwammerl-Assoziation, die ich bei Schubert gar nicht mag. Er war ein Zeitgenosse Beethovens und das möchte ich auch hören.


  • mein problem ist, dass ich dir jetzt nicht weiterhelfen kann, so gerne ich es täte...
    die editionsgeschichte ist nämlich noch um ein eck komplizierter!
    ich hatte nämlich die letzte der einzel-cds nicht mehr bekommen. und da die in österreich nie erschienen ist, war der vertrieb so nett und kulant, meine einzel-cds im tausch gegen die damals gerade erschienene komplett-box zurück zunehmen ("extraplatte" vor den vorhang!). diese box ist bei mir wirklich 1 schachtel mit 8 cds und dem schon von mir erwähnten, ausführlichen begleitbuch. später wurden dann die jetzt noch erhältlichen 3 boxen mit 9 cds daraus.
    bei mir ist die 850 mit der 845 auf cd nummer 5.


  • im detailgeschäft der firma extraplatte an der kreuzung währingerstr/nußdorferstr gibt's noch alle 3 Boxen!

  • Zitat

    Original von observator
    im detailgeschäft der firma extraplatte an der kreuzung währingerstr/nußdorferstr gibt's noch alle 3 Boxen!


    Ich hab die 3-er Box gekrallt und bin sehr zufrieden damit.
    (nur damit jetzt nicht alle umsonst dorthin pilgern)
    :D

  • Ich habe heute die Box No 3 von einem Versender aus Österreich bekommen und zugleich die Box No 2 von JPC.


    Mir steht also ein höchst interessantes Wochenende bevor. Ich bin vor allem gespannt auf den Vergleich von D 960 Badura-Skoda mit Lahusen, beide auf dem Hammerklavier.


    Mit besten Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

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  • Liebe Schubert-Freunde,


    ich habe gerade zufällig ein wenig in diesem Thread geschmöckert- und mir dann gedacht: Warum ihn wieder im Dornröschenschlaf versinken lassen? Das muss wohl an Alfred Brendel liegen .... :D


    Jedenfalls, bei der Durchsicht des Thread - vielleicht habe ich es auch einfach überlesen - ist mir aufgefallen, dass diese Aufnahme der Trias der letzten drei Sonaten bisher noch nicht erwähnt wurde:


    Murray Perahia:



    Wer kennt diese Aufnahme?



    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christina

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat


    Jedenfalls, bei der Durchsicht des Thread - vielleicht habe ich es auch einfach überlesen - ist mir aufgefallen, dass diese Aufnahme der Trias der letzten drei Sonaten bisher noch nicht erwähnt wurde:


    Murray Perahia:


    Lieber Christian!
    Diese Aufnahme ist ein Traum!
    Ich würde sagen sie steht auf ebenso hoher Stufe wie Perahias Goldbergvariationen und Chopin Etüden. Perahia packt hier wieder einmal seine Samtpfötchen aus, eine unaufgeregte, "perfekte" Einspielung mit einem unübertroffenen Klavierklang. Erinnert sehr an den besten Brendel, und ich kann Sie Dir nur allerwärmstens empfehlen.
    LG
    Flo(tan)

  • Zitat

    Original von flotan
    Diese Aufnahme ist ein Traum!
    ... Perahia packt hier wieder einmal seine Samtpfötchen aus, eine unaufgeregte, "perfekte" Einspielung mit einem unübertroffenen Klavierklang. Erinnert sehr an den besten Brendel, und ich kann Sie Dir nur allerwärmstens empfehlen.
    LG
    Flo(tan)


    Hallo Flotan,


    also ich bin nicht sooo begeistert, gerade wegen der "Samtpfötchen", die die Werke doch spürbar rhythmisch 'weichzeichnen' - darin kann man Perahia keinesfalls mit Brendel vergleichen. Insgesamt sicher einer gute Einspielung, die meines Erachtens aber vor den Extremen - auch im Ausgestalten der bedrohlichen Seite dieser Musik - ein wenig zurückschreckt und deswegen insgesamt vielleicht doch eine Spur zu harmlos bleibt. Der Klang ist allerdings wirklich superb!


    lg,
    Christian

  • Ich stelle mit Entsetzen fest, dass in diesem Thread seit 4 Jahren niemand mehr geschrieben hat. Dann will ich mal wieder den Anfang machen und heute die Gesamtaufnahme von Mitsuko Uchida vorstellen. Ich habe aus dieser Box bisher die Sonaten D-dur D.850 und G-dur D.894 sowie vorhin die Sonate B-dur D.960 gehört, dazu das Impromptu f-moll D.935 und bin ebenso begeistert wie bei meinem Live-Konzerterlebnis am Ostersonntag in Köln, wo sie die Sonate A-dur D.959 gab.
    Sie verfügt über ein ungeheures dynamische Spektrum, das mir bei der B-dur-Sonate und bei dem f-moll-Impromptu noch mehr auffiel als bei den beiden anderen Sonaten. Die Frau hat eine veritable "Pranke", und was sie an den entsprechenden Stellen der B-dur-Sonate und des Impromptus ablieferte, grenzte schon arg eng an das fff aus dem Kopfsatz der G-dur-Sonate, die ja angeblich Schuberts einzige fff-Stelle ins einem ganzen Klavierwerk sein soll.


    Ich kann diese Box nur wärmstens empfehlen.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Danke für den Beitrag Willi. Nachdem Du an anderer Stelle hier im Forum schon von dem Uchida-Konzert geschwärmt hast, habe ich mir diese Schubert-Box von ihr ebenfalls besorgt. Sie gefällt mir sehr gut! Die Sonate No.20 (D.959) ist eine meiner Lieblingssonaten überhaupt, woran natürlich der zweite Satz nicht unschuldig ist. Leider habe ich das Werk bisher noch nicht live im Konzert erleben dürfen.


    Was mir seit jeher sehr gut gefällt sind diese drei Klavierstücke D.946. Da sind so schöne Einfälle drin und ich war froh dass sie auch in dem Uchida-Set zu finden sind. Von den Klavierstücken gibt es übrigens auch eine sehr hörenswerte Aufnahme von Katsaris auf diesem Album:

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  • Ich habe mir diesen Schubert-Klaviersonaten-Thread durchgelesen, einen Namen der besprochenen Interpreten habe ich vermisst: Svjatoslaw Richter. Es gab eine Zeit, da waren die Fürsprecher in Sachen Schubert-Klaviersonaten wenige. Richter war einer von ihnen und spielte die Sonaten in seinen Rezitals, als man ihre Qualität als zweitrangig ansah. Das hat sich geändert.
    Ich bin kein Richter-Spezialist, besitze drei seiner Einspielungen mit Schubert Werken, die allerdings teilweise nicht mehr im Katalog sind. Mein Wunsch ist es, meine Sammlung mit Schubert Aufnahmen des Russen zu erweitern. Welche seiner Interpretationen der Schubert-Klaviersonaten sind zu empfehlen?


    Zur Uchida Box der Klaviersonaten kann ich eine Empfehlung abgeben. Ihr Spiel zählt für mich zum Ergreifensten, was ich an Aufnahmen der Klaviersonaten Franz Schuberts schon gehört habe.
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich habe mir diesen Schubert-Klaviersonaten-Thread durchgelesen, einen Namen der besprochenen Interpreten habe ich vermisst: Svjatoslaw Richter. Es gab eine Zeit, da waren die Fürsprecher in Sachen Schubert-Klaviersonaten wenige. Richter war einer von ihnen und spielte die Sonaten in seinen Rezitals, als man ihre Qualität als zweitrangig ansah. Das hat sich geändert.
    Ich bin kein Richter-Spezialist, besitze drei seiner Einspielungen mit Schubert Werken, die allerdings teilweise nicht mehr im Katalog sind. Mein Wunsch ist es, meine Sammlung mit Schubert Aufnahmen des Russen zu erweitern. Welche seiner Interpretationen der Schubert-Klaviersonaten sind zu empfehlen?


    Alle, lieber moderato. Wirklich alle. Swjatoslaw Richter war ein großartiger, geradezu einzigartiger Schubert-Interpret. Die allerersten Töne, die ich jemals live von ihm gehört habe (und ich habe ihn unzählige Male live erlebt) waren von Schubert: er spielte bei seinem Hamburg-Debüt 1979 zunächst die Schubert-Sonate Nr. 15 C-Dur DV 840, die "Reliquie". Was auch immer Du von seinen Schubert-Interpretationen in die Hände bekommst: greif' zu.
    Herzliche Grüße
    Dein Swjatoslaw


    P.S.: Die Ironie des Schicksals will es, dass dieser Beitrag hier von der Tamino-EDV als mein Beitrag Nr. 960 gezählt wird. Das veranlasst mich nun endgültig, Dir die Schubert-Sonate DV 960 in der geradezu unvorstellbar langsamen Richter-Deutung zu empfehlen. Es ist wirklich sagenhaft, welche Spannungsbögen Richter bei diesem Tempo gehalten hat.

  • Danke Svjatoslaw für deine Antwort!
    Das habe ich befürchtet, dass es alle Aufnahmen sein werden, die mir empfohlen werden, denn das wird teuer werden... In dieser Aufnahme aus dem Jahr 1972 ist neben D 958 auch D 960 enthalten und man kann nur ahnen, wenn man sich die Schnipsel anhört, wie langsam es weitergehen wird.


    Im "Sviatoslaw Teofilovic Richter: Erster unter Gleichen"- Thread ist Beitrag 103 von acousticsguru mit seinen genauen diskografischen Angaben hilfreich, damit es nicht zu Doppelkäufe der gleichen Aufnahmen kommt. Es sind riesige BOXEN mit Richter-Aufnahmen auf dem Markt, bei denen leider nicht ersichtlich ist, was genau enthalten ist, geschweige denn, wann und wo ein Rezital stattfand. Auch Einzelaufnahmen leiden unter diesem Makel.
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  • Lieber moderato,
    einen verlässlichen Überblick über sämtliche Schubert-Aufnahmen von Richter mit Aufschlüsselung der zahlreichen Doppelt-, Dreifach- und teilweise sogar Vierfachüberschneidungen mit anderen Editionen der CD-Industrie findest Du hier:
    http://www.trovar.com/str/discs/schubert.html
    Bei der CD, die Du im Auge hast, handelt es sich Wiederveröffentlichungen der Studioaufnahmen der Sonaten DV 958 (aufgenommen im Schloss Klesheim, Salzburg, am 12. und 13. August 1972) und DV 960 (aufgenommen im Schloss Anif, Salzburg, am 6. August und 9. November 1972), welche bei Melodya/Eurodisc auf LP erstveröffentlicht wurden und welche ich immer noch als LPs besitze. Die Spielzeiten der Sonate DV 960 sind auf der LP-Hülle wie folgt angegeben: 24:28 / 10:01 / 3:51 / 7:50 min. Nimmt man mal Vladimir Horowitz als Vergleich dazu (Live-Aufnahme Carnegie Hall New York 25. Februar 1953), zeigt sich die ungeheure Langsamkeit Richters im Kopfsatz. Horowitz' Spielzeiten lauten wie folgt: 12:42 / 8:12 / 3:48 / 6:53 min.


    Wenn Du einen preiswerten Einstieg in Richters Schubert suchst, könnte ich Dir vielleicht diese 5 CD-Box nahelegen, welche für 12,99 Euro zu haben ist und auf den CDs 4 und 5 Moskauer Live-Mitschnitte der Sonaten DV 566, 575, 894 und 960 (plus das Allegretto DV 915) aus den Jahren 1961, 1965 und 1978 enthält, welche nirgends sonst greifbar sind

    Live war Richter bei der Sonate DV 960 am 13. November 1961 nur einen Hauch schneller unterwegs als elf Jahre später in Salzburg im Studio: 24:16 / 9:20 / 3:24 / 6:54 min.


    Im Vergleich der beiden DV 960-Versionen würde ich allerdings doch zur von Dir verlinkten Salzburger Version von 1972 raten: sie klingt besser und Du musst Dich nicht an dem bisweilen heftig hustenden Publikum stören.


    Eine andere schöne Schubert-CD mit Richter (von den vielen, vielen, die zu nennen wären) möchte ich noch anführen, da sie gerade preisreduziert bei jpc zu erwerben ist:

    Die Sonaten DV 575, 625 und 664 plus das Moment musical DV 780 Nr. 1 (als Zugabe), live mitgeschnitten in der Royal Festival London am 31. März 1979.
    Herzliche Grüße
    Dein Swjatoslaw

  • Lieber Svjatoslaw


    Dein Hinweis auf den Link von trovar.com ist Gold wert und ist bei der Kaufentscheidung sehr wertvoll, denn ich ärgere mich jedes Mal, wenn ich eine Aufnahme doppelt erwerbe, weil die discographischen Angaben nicht eindeutig sind.


    Die BOX von Brilliant und die Aufnahme der BBC hab ich mir bestellt. Ich bin gespannt, wie es Richter gelingt, die Spannung im Kopfsatz der Sonate D 960 über 24 Minuten zu halten. Ich bin in der Musik kein Freund des sportlichen Kriteriums "schneller". Eine Interpretation, welche sich der Langsamkeit verschreibt, lässt mich aufhorchen, denn es ist ungeheuer schwierig, den Zuhörer über diese lange Zeitspanne zu fesseln und verdient deshalb allergrösste Hochachtung.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • Dein Hinweis auf den Link von trovar.com ist Gold wert und ist bei der Kaufentscheidung sehr wertvoll, denn ich ärgere mich jedes Mal, wenn ich eine Aufnahme doppelt erwerbe, weil die discographischen Angaben nicht eindeutig sind.

    Das geht mir genauso, lieber moderato. Ich werde schon sehr ärgerlich, wenn ich mir eine vermeintlich noch nicht bei mir vorhandene Aufnahme kaufe und dann bei einem Hörvergleich feststelle, dass es ja wohl kaum ein Zufall sein kann, dass in beiden Aufnahmen exakt an denselben Stellen vom Publikum gehustet wird. Man hat mir also etwas mit veränderten diskografischen Daten ein zweites Mal verkauft - und ich bin darauf hereingefallen.


    Die von Paul Geffen, also einem Privatmann, betriebene Seite trovar.com ist für einen Richter-Sammler absolut unverzichtbar (die Website ist zum einen den LP- und CD-Veröffentlichungen des Münchener Labels ECM Records und zum anderen dem Gedenken an Swjatoslaw Richter gewidmet: mit einer kompletten Diskografie, einer Bibliografie, Essays, einer Biografie und sogar einer großangelegten Auflistung der Cover von Richter-LPs und -CDs). Es freut mich, dass dieser Link für Dich hilfreich war!
    Herzliche Grüße und einen schönen Sonntag!
    Swjatoslaw

  • hallo,


    ich besitze von dieser sonate einige aufnahmen ( perahia, endres, brendel und lupu ). lupu und perahia sind mir die liebsten. ich bin sehr dankbar hier auf S. Richter aufmerksam gemacht zu worden und habe nach der suche bei amazon (hohe preise und wenig informationen ) jetzt bei JPC die salzburger aufnahme bestellt - gerade bei dieser sonate kann es mir nicht langsam genug gehen.


    ganz herzlichen dank für diesen tip !


    kalli

  • Lieber kalli,


    Brendel und Lupu und natürlich auch Mitsuko Uchida, zählen natürlich auch zu meinen Favoriten, vor allem, nachdem ich Frau Uchida am 12. 5. in Dortmund im Konzert erlebt habe. Es brach nach der B-dur-Sonate ein Sturm der Begeisterung los.
    Aber alle haben natürlich, wenn auch nur geringfügig, hinter dem großen Meister Swjatoslaw Richter zurückzustehen, der es versteht, dem großartigen "Schlussstein" Schuberts mit einem derart "langsamen" Tempo eine derart große Tiefe zu verleihen. Das gleiche Kunststück ist ihm schon mit der G-dur-Sonate D.894 gelungen.


    Liebe Grüße


    Willi ^^

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • ich bin sehr dankbar hier auf S. Richter aufmerksam gemacht zu worden und habe nach der suche bei amazon (hohe preise und wenig informationen ) jetzt bei JPC die salzburger aufnahme bestellt - gerade bei dieser sonate kann es mir nicht langsam genug gehen.


    ganz herzlichen dank für diesen tip !


    Lieber kalli,
    Du wirst diese Wahl nicht bereuen. Freue Dich auf DV 958 und DV 960 in wahrlich sprachlos machenden Interpretationen!
    Beste Grüße
    Dein Swjatoslaw

  • moinmoin,


    ich bin auch schon gespannt - nach der lektüre des 960 threads habe ich noch uchida und andsnes bestellt die ich günstig gefunden habe - hätte ich nicht gerade soviele proben beim amateur theater wo ich noch viel text lernen muss ( romulus der große / dürrenmatt ) würde ich bald versuchen meine eindrücke hier zu posten - aber wenn man schon mal eine hauptrolle hat........ so wird es wohl etwas dauern. ich freue mich schon auf den vergleich.


    gruss


    kalli

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