Auf Sand gebaut? - Wie langlebig sind "Wiederentdeckungen"?

  • Ganz richtig - die Großkonzerne rechnen in anderen Dimensionen - aber das wird ihnen auch noch vergehen.......
    Ich erinnere, daß ein großer Konzern einst (in den 70er Jahren) das Label "Harmonia mundi" kaufte und wieder abstieß. In einer der Fachzeitschriften wurde damals - wenn ich mich richtig erinnere - als Grund genannt, daß ein Jahresumsatz von nur 38 Millionen Mark für ein Großunternehmen unrentabel sei.....
    Daher finden sich auch immer mehr Neuaufnahmen von Interpreten, die zwar "klassische Musik" aufnehmen, allerdings unter Bedingungen, die ein Massenpublikum anziehen sollen. Ich sähe es gern, wenn die Großkonzerne den Bereich "klassische Musik" endgültig aufgäben und den engagierten Klassikfirmen überliessen - In der Regel ist das ja schon fast der Fall.......


    War ursprünglich BRILLIANT der einzige "Reste-Verwerter" haben sich in der Zwischenzeit doch einige Labels auf diesem Gebiet etabliert. Ferner haben engagierte Firmengründer ganze Archive gerettet, indem sie Rechte aufkauften (OEHMS, Newton, Capriccio Österreich) Nicht zu vergessen relativ junge Firmen, die Künstler beschäftigen und für uns hörbar machen, die sonst nie eine Chance hätten.


    Zu den Wiederentdeckungen an sich - sie sind eine 2. Chance für den Komponisten (eigentlich für das Publikum)
    Seit ich Aufnahmen sammle (seit meinem 15. Lebensjahr) fallen mir spontan einige Komponisten ein, die in dieser Zeit den "Durchbruch" dauerhaft geschafft haben. Sicher gibt es weitere...
    Antonio VIVALDI - Luigi BOCCHERINI - Ferdinand RIES
    Wenn ein Komponist nach seine "Wiederentdeckung" weiter unbekannt bleibt, so wurden doch geschätzte 2000- 3000 Aufnahmen verkauft - irgendwer hört die doch - oder ???
    Die Initiative war also nicht vergeblich......


    Anders sieht es schon aus, wenn gewisse Komponisten quasii als "Wiedergutmachung" neu aufgelegt werden und die Wahrheit so beschaffen ist, daß schon vor deren Verbot die Werke kaum jemand hören wollte. Um dem eventuellen virtuellen Aufschrei zu begegnen weise ich darauf hin , daß deren Werke lediglich in Deutschland und Österreich verboten waren. Der Rest der Welt konnte sie unbeschadet aufführen und aufnehmen. Und ab 1945 war sowieso alles wieder frei. Aber in den meisten Fällen herrschte kaum Interesse...


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Irgendwie sind wir - sogar mit mir als "Mittäter" von der eigentlichen Problematik abgekommen. Das Hauptproblem bei den "Wiederentdeckungen" ist der Kunde. Warum sollte man eine "historisch wertvolle Aufnahme" - in welcher Form auch immer - auf Lager halten, wenn so gut wie niemand sich dafür interessiert. Der Komponist (und natürlich vor allem der Klassikdammler) hat seine 2. Chance bekommen. Wenn sie - wie zum Beispiel im Falle von Ferdinand Ries - genutzt wurde, so werden sich die Titel längere Zeit im Angebot halten. Wenn die Verkaufszahlen uninteressant sind, dann werden die Noten so schade es sein mag - leider für weitere 100 oder 200 Jahre in den Archiven verschimmeln- Es liegt also auch an den Käufern, ob ein Komponist den Weg zurück in den Mainstream schafft, oder zumindest ins bekanntere Nischenrepertoire........
    Aber schon hier im Forum - das ja doch recht speziell zusammengesetzt ist - kann man in vielen Fällen das Desinteresse fast riechen, welches Randgebieten der Klassik entgegengebracht wird.......


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Warum sollte man eine "historisch wertvolle Aufnahme" - in welcher Form auch immer - auf Lager halten, wenn so gut wie niemand sich dafür interessiert.


    Ein Argument für Musik zum Kaufen per Download. Da gibt es für das Plattenlabel praktisch keine Lagerkosten, man braucht keinen Vertrieb, man muss keine CDs brennen, bedrucken, mit Hülle und Beiheft versehen, die erreichbaren Stückzahlen sind dabei praktisch bedeutungslos.

  • Ein Argument für Musik zum Kaufen per Download. Da gibt es für das Plattenlabel praktisch keine Lagerkosten, man braucht keinen Vertrieb, man muss keine CDs brennen, bedrucken, mit Hülle und Beiheft versehen, die erreichbaren Stückzahlen sind dabei praktisch bedeutungslos.


    Gerade in diesem Forum sieht man allerdings auch die ausgeprägten Berührungsängste der meisten mit Downloads. Die mögen in CD-Qualität oder sogar darüber liegend (wir hatten das Thema ja andernorts) sein: für viele käme sowas nicht in Betracht. Das scheint aber auch eine Generationenfrage zu sein. Die absoluten Verweigerer werden wohl immer weniger. Lieber habe ich gewisse Sachen nur (mehr) als qualitativ hochwertigen Download (ich rede nicht vom verlustbehafteten mp3-Format, das ich gerade im Klassikbereich für überholt halte) als überhaupt nicht mehr greifbar.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    in Argument für Musik zum Kaufen per Download. Da gibt es für das Plattenlabel praktisch keine Lagerkosten, man braucht keinen Vertrieb, man muss keine CDs brennen, bedrucken, mit Hülle und Beiheft versehen, die erreichbaren Stückzahlen sind dabei praktisch bedeutungslos.


    Wenn ich das wollte - dann bräuchte ich nicht dafür bezahlen - Raubkopien werden faktisch überall angeboten. Ich habe schon seinerzeit keine Tonbandaufnahmen von Radiosendungen gemacht, weil da einerseits Störgeräusche vorhanden waren, andrerseit der Frequenz - und Dynamikumfang beschnitten war und ausserdem die Livemitschnitte nicht so brilliant klingen wie perfekt gemachte Studioaufnahmen, Die Hauptsache aber war, daß ich nicht den Eindruck hatte, daß die Aufnahme MIR gehörte, es war wie ein Buch aus der Leihbibliothek oder ein Taschenbuch. Beides sind nur flüchtige Vergnügen (Ein TB löst sich üblicherweise nach ca 10 Jahren auf, der Verleimung wegen - und kann dann auch nicht mehr repariert werden...)
    Ich möchte ein professionelles ARCHIV besitzen - und - wo möglich - eine Bibliothek mit gebundenen Büchern. Glücklicherweise habe ich mir vor ca 20 Jahren einen Traum erfüllt: Eine der letzten Auflagen der Brockhaus Enzyklopädie (18. Auflage in 24 Bänden) zu besitzen.


    Ich glaub nicht, daß der Wunsch eine Aufnahme zu besitzen und gewissermaßen Herr über die Klassikwelt zu sein, eine Generationsfrage, sondern eine der persönlichen Einstellung ist. Denn ich kann mit den neuen Medien durchaus umgehen. Aber mir fällt auf, daß gerne "zensiert" wird. So werden politisch unliebsame Personen im Internet gerne totgechwiegen etc.
    Davon möchte ich gerne unabhängig sein.
    Und ich möchte meine Musik nicht auf einer Festplatte haben, die durch Viren oder Alterung Daten verliert, ich möchte auch nicht in Punkto Datensicherung stets auf dem Laufenden sein müssen, stets am Puls der neuesten Windows- oder sonstiger Betriebssysteme....
    Ich zahle - und dafür will ich bedient werden. Derzeit schaut es gar nicht so schlecht aus, denn das "Downloadpublikum" ist ein völlig anderes, und es erscheint eine Kostbarkeit der Vergangenheit nach der anderen - halb geschenkt....


    Zwischen dem Wunschdenken der Industrie, manipulierten veröffentlichten Daten, und der Realität klafft meist eine gewaltige Lücke.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Raubkopien werden faktisch überall angeboten.

    Aber kaum in CD- oder noch besserer Studioqualität. Außerdem sind Raubkopien eben Raub. Ich pflege auch keine CDs im Laden zu klauen.



    Ich habe schon seinerzeit keine Tonbandaufnahmen von Radiosendungen gemacht, weil da einerseits Störgeräusche vorhanden waren, andrerseit der Freiquenz - und Dynamikumfang beschnitten war und ausserdem die Livemitschnitte nicht so brilliant klngen wie perfekt gemachte Studioaufanhem

    Wie gesagt: Download-Musik gibt es auch in CD-Qualität und inzwischen immer öfter sogar in noch höher aufgelöster Studio-Qualität. Und was die Qualität von Live-Mitschnitten angeht: Das hat ja nun gar nichts mit CD oder Download zu tun. Außerdem würdest Du Dich wundern, wie gut manchmal sogar der Ton von Fernsehaufnahmen sein kann.



    Die Hauptsache aber war, Daß ich nicht den Eindruck hatte, daß die Aufnahme MIR gehörte, es war wie ein Buch aus der Leihbibliothek oder ein Taschenbuch. Beides sind nur flüchtige Vergnügen (Ein TB löst sich üblicherweise nach ca 10 Jahren auf, der Verleimung wegen - und kann dann auch nicht mehr repariert werden...)

    Ein gekaufter Download gehört mir und den habe ich physikalisch auf meiner Festplatte. Aber wenn mir das nicht reichen sollte, kann ich mir immer noch eine CD davon brennen.



    Ich möchte ein profoessionelles ARCHIV besitzen

    Das kann man sich mit Daten auf der Festplatte aber viel professioneller einrichten, wenn ich allein an die Möglichkeit der Verschlagwortung denke (Karteikarten sind da nur ein schwacher Ersatz). Und die Möglichkeit, mit Samplern umzugehen, sind bei CD ja wirklich steinzeitlich.



    Ich glaub nicht daß der Wunsch eine Aufnahme zu besitzen und gewissermaßen Herr über die Klassikwelt zu sein, eine Generationsfrage, sondern eine der persönlichen Einstellung ist.

    Deshalb streame ich nicht, sondern kaufe mir Downloads. Denn dann gehört mir das und ich »besitze« es.



    Aber mir fällt auf, daß gerne "zensiert" wird. So werden politisch unliebsame Personen im Internet gerne totgechwiegen etc.
    Davon möchte ich gerne unabhängig sein.

    Das ist natürlich ein Argument. Andererseits: Die Chance, dass »unbequemes« Repertoire irgendwo als Download vermarktet wird, erscheint mir letztlich größer als dass ich es als CD bekomme.



    Und ich möchte meine Musik nicht auf einer Festplatte haben, die durch Viren oder Alterung Daten verliert

    Wie war das mit der Alterungsbeständigkeit der CD?


    Und dann kommt noch dazu, dass manche Booklets furchtbar klein gedruckt sind und sich nur schwer lesen lassen. Das Booklets als PDF dagegen kann ich mir auf dem PC-Bildschirm beliebig vergrößern.



    Zwischen dem Wunschdenken der Industrie, manipulierten veröffentlichten Daten, und der Realität klafft meist eine gewaktige Lücke.

    Ich habe keine Ahnung, was Du in diesem Zusammenhang damit sagen willst.

  • Zitat

    Ich habe keine Ahnung, was Du in diesem Zusammenhang damit sagen willst.


    Daß die Industrie - ebenso wie die Politik - Erfolge verlautbart, die gar nicht stattgefunden haben, um gewisse gewünschte Trends (in unserm Beispiel weg vom Buch und CD - hin zum Download)


    Aber wir sind vom Thema abgekommen. Gemeint war, inwieweit eine Erstveröffentlichung eines unbekannten Komponisten oder Interpreten, etc. - als stabil gesichertes Repertoire gesehen werden kann - und inwieweit nicht.


    Bei den Majors war das immer eine riskante Sache. Da wurden Künstler vorgestellt und als man sich begann dafür ein wenig zu interessieren waren sie schon aus den Katalogen verschwunden. Bei BRILLIANT CLASSICS ist das Glückssache - aber in der Regel laufen die Lizenzen nur relativ kurz, dann verschwinden viele Aufnahmen wieder. cpo hält Neuerscheinungen in der Regel zwischen 6 und 20 Jahren im Katalog - aber einmal ausgelistet verschwinden solche Aufnahmen auf Nimmerwiedersehen im Nirwana. NAXOS hält - soweit mir bekannt - alle je erschienenen Titel seit Bestehen im Katalog. Wie lange diese Politik beibehalten wird, das steht in den Sternen.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !