Zyklus der Verzweiflung - Schuberts Winterreise

  • Hallo,


    Wenn man solch ein Forum gründet, dann setzt man alle Hebel in Bewergung, daß es dann auch läuft. Findet man dann wie hier Beiträge, die man einfach überlesen hat, dan fragt man sich ob man nicht doch des Guten zuviel getan hat.


    Ich sehe erst jetzt den Beitrag von Theophilius wo er die "Selbstmordtheorie " der " Winterreise" in Frage stellt nein sogar verneint. Zum Gleichen Schluß bin ich auch gekommen, hab aber dan vergessen das hier zu posten.


    Es ist eine Geschicht der Resignation, und Theophilius schreibt ganz richtig, der Leierkastenmann ist hier die Metapher dafür.


    Der Leierkastenmann ist keinesfalls der Tod, kein Hund, auch nicht als Symbol, würde den Tod anknurren, es handelt sich um einen Ausgestoßenen, und der Reisende wird mit ihm zusammen gehen oder stehen.


    Auch scheinbare Anspielungen wie "eine Straße, die noch keiner ging zurück" müssen nicht unmittelbar mit dem Tod zu tun haben.
    Wir alle gehen diese Straße, es ist jene des Lebens, und natürlich führt sie in den Tod.....


    Nun zu Bubba,


    Ich orte eine Trendwende der Werte die ich schon an anderer Stelle hier im Forum bemerkt habe, vorzugsweisse bei den ganz Jungen. Die alten Werte werden wieder ausgegraben.


    Niemand kann verlangen daß der Dichter Wilhelm Müller "zeitgemäß" ist, bzw, daß er eine heute gültige Aussage zu machen hat. Das mindert jedoch nicht seinen Wert.
    Schließlich ist auch fraglich welchen Eindruck Goethe, Schiller, Uhland, Chamisso und andere bei heutigem Publikum hinterlassen.
    Ich finde aber, deren Sprache, deren Gefühlswelt gibt mir die Möglichkeit der Stimmung vergangener Zeiten zu lausche, etwas, daß ich gern tue.


    Müller uind etliche andere heute fast vergessene Poeten atmen aber den Geist der frühen Romantik, und ich finde das wunderbar, daß wir das nacherleben können. Siehe auch meine Statements im Thread:


    Franz Schubert - - - Gedanken zum Schubertlied und seinen Interpreten



    Beste Grüße


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sagitt meint:


    Schubert hatte einen Horror vor Isolation. Die Einsamkeit ist das Thema der Winterreise. Es taucht darin nur ein anderer Mensch auf, eben der outcast in Lied 24. Einsamkeit war ihm schon schrecklich genug.


    Ich wüsste nicht, was daran unzeitgemäß ist. Gestern kam ein Bericht im Fernsehen über einsam sterbende Menschen, wie sehr die Zahl wächst. Man weiss aus der Seelsorgearbeit, dass die Zahl der Einsamen rapide zunimmt. Isolation, nicht nur Großstädten, ist eine der Krankheiten dieser Zeit. Einsamkeit als ungewollte Lebensform, nicht Alleinsein als gewählte.


    Was also soll an der Winterreise überholt sein ? Die Bilder eines Wanderden ? Die Kälte und Verlorenheit in der Einsamkeit mit Sicherheit nicht.

  • Hallo Alfred,
    ich möchte mich nach ein paar Begriffen erkunden, was meinst Du mit:
    "Ich orte eine Trendwende der Werte die ich schon an anderer Stelle hier im Forum bemerkt habe, vorzugsweisse bei den ganz Jungen. Die alten Werte werden wieder ausgegraben."
    'Trendwende der Werte' und 'alten Werte', was verstehst Du darunter, und vor allem, ich verstehe noch nicht so ganz den Bezug zu meinem Beitrag.
    Außerdem, was ist 'zeitgemäß'? Ich habe das bisher nur als leeres Wort mitbekommen, vielleicht kannst du mich 'aufklären'. :)
    Das, was die Vertreter der sogenannten 'Klassik' der deutschen Literatur, also der 'Weimarer Klassik' bei Schülern hinterlassen, ist hauptsächlich Langeweile, ich glaube einfach nicht, dass es sinnvoll ist, einer 17-19 jährigen Schüleransammlung ein Werk, wie den Faust reinzuzwingen.



    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Hallo Bubba.



    Beginnen wir den Begriff "zeitgemäß" (immer in Hinblick auf Schubert-Texte)
    Er lässt sich besser verstehen, wenn man erläutert was "unzeitgemäß" ist. Die Sprache der Dichter zu Schubertzeit mitet vielen heute antiquiert an. Nüchtern betrachtet ist sie das auch. Wer kann heute mit den Texten was anfangen ? - Nur wenige - meine ich.


    In einer Zeit wo "cool" bzw "kuhl" ca 10% des gesamten Sprachschatzes ausmacht, sind die etwas süsslichen manchmal lyrischen oder betulichen, gelegentlich auch theatralischen Ausdrucksformen von damals NICHT zeitgemäß, soll sagen die Mehrheit des Publikums fühlt sich dadurch nicht angesprochen.Das ist IMO auch nicht nötig, ich sehe Museumsstücke darin. Rembrandts Nachtwache hat auch keinen Bezug zur Gegenwart, dennoch ist sie ein unersetzliches Meisterwerk.


    Die Trendwende die ich meine, ist, daß viel Junge Leute wieder an alten Zeiten interessiert sind und deren Ästhetik schätzen.


    Deine Bemerkung über Goethe lässt mich aber ahnen, daß ich mich in Deinem Fall geirrt habe.... :D
    ...wobei ich mich wahrscheinlich auch eher der Meinung anschließe, daß man niemand via Schule dazu zwingen sollte. Das Gleiche gilt übrigens für alte Musik. Sie ist ein Luxus. Wer mit Luxus nichts anfangen kann, wen er langweilt - kein Problem - Andere werden sich drauf stürzen.


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Mit Goethe hast Du mich falsch verstanden. Mich langweilt Goethe keinesfalls, ich finde nur den Lehrplan seltsam. Gorthe ist nun wirklich nicht mein Lieblingsautor (Michel de Montaigne? Thomas Bernhard? Thomas Mann? Wittgenstein?), doch ist z.B. der Faust 1 großartig, den Faust 2 habe ich nicht gelesen und muss auch bekennen, dass ich für ihn schlichtweg zu ungebildet bin, ich habe, als ich einmal nur kurz reinlas, fast nichts verstanden.
    Wilhelm Müller ist aber ganz anders als die oft katholizistischen Schriftsteller der Romantik in Deutschland(ja, es gibt Ausnahmen, Wilhelm Müller eben, Heinrich Heine), die im Grunde völlig unpolitisch waren. Bei den süßlichen, ihre ursprüngliche Konfession und also die Vernunft verleugnenden (denn viele waren ursprünglich Protestanten) Texten, kann man schon mal die Wände hochgehen und einen Schlegel genervt zur Seite legen, aber nicht, weil man von der Vergangenheit nichts wissen will, oder die 'alten Werte' (was genau das auch immer sein mag) verachtet und nun RTL2 anschaltet, sondern, um z.B. ein paar Philosophische Untersuchungen von Wittgenstein zu lesen und sich nicht mit den mystizistischen Irrationalitäten außeinandersetzen möchte.
    Die Wahrheit ist aber, dass wir in der Schule nur Wissensbrocken schlucken dürfen, und nicht die Möglichkeit haben, sie zu kauen, so dass wir aber den Weg, gute Noten zu erhalten, sehr leicht beschreiten können, indem wir diese Brocken wieder unverdaut hervorbringen. Die Entwicklung von Urteilskraft und die Bildung der Persönlichkeit stagnieren nicht nur, nein, sofern man nicht zu den Überfliegern gehört, ist es eine fortwährende Demütigung. Die Kunst besteht also darin, sich von der Schule weitestgehend abzukoppeln, um sich nicht z.B. die Literatur durch die Schulgermanisten verderben zu lassen.
    Vielleicht könntest Du mir noch ein paar Beispiele nennen, bei welchen deutlich wird, "daß viel Junge Leute wieder an alten Zeiten interessiert sind und deren Ästhetik schätzen."


    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Hallo bubba


    Zitat

    Die Wahrheit ist aber, dass wir in der Schule nur Wissensbrocken schlucken dürfen, und nicht die Möglichkeit haben, sie zu kauen, so dass wir aber den Weg, gute Noten zu erhalten, sehr leicht beschreiten können, indem wir diese Brocken wieder unverdaut hervorbringen.


    Man sieht, dass du dich zumindest nicht vom Deutsch-Unterricht abgekoppelt hast, denn die obige Formulierung war gekonnt! Ich glaube aber, dass du in diesem Fall den falschen Baum anbellst.
    Die Schule kann in vielen Fällen - auch in deutscher Literatur - nicht viel mehr tun, als eine Übersicht über das bestehende Angebot machen, wenn möglich auf anregende Weise - quasi als Apéritiv. Für die Verdauung muss dann schon der Schüler selber sorgen. Das kann ihm nicht abgenommen werden, und soll es auch nicht. Denn auch vorverdautes Wissen geht im Allgemeinen beim einen Ohr hinein und beim anderen wieder heraus, während die mühsam selbst erworbenen Erkenntnisse, so klein sie sein mögen, bleibenden Wert haben.


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • jetzt simma aber schon weit weg gekommen, vom einsamen wanderer -war aber anregend zu lesen (logisch bei dem niwo hier :]).


    ich möchte mich jetzt aber an die seite freds, des letzten der tribunen stellen, der im september des vorjahres von einer selbstmörder-darstellung geschrieben hat. sein fragezeichen nach "bitter" mag sich nicht nur darauf beziehen, dass manchen der tod auch süß vorkommen kann, sondern dass das ende der reise nicht gedichtet/komponiert wurde.
    es gibt eine doppel-cd mit einem vortrag von erwin ringel, in welchem dieser sehr klar die suizidalen aspekte darstellt. robert holl singt dazwischen d 911.


    von meinen (ca. 20) aufnahmen möchte ich empfehlen:
    (ebenfalls) julius patzak/jörg demus, für die anhänger der genius loci theorie
    und thomas allen/roger vignoles, als beispiel für einen nichtdeutschsprachigen, der ein "wahres" weltkulturerbe ohne probleme "rüberbringen" kann.


    im übrigen stimme ich sagittarius zu.

  • Hallo observator,


    suizidale Aspekte mögen durchaus vorhanden sein und man könnte wahrscheinlich lange darüber diskutieren, ob sie in der Musik mehr oder weniger als im Text vorhanden sind (Patzaks Wanderer hat noch soviel Lebenskraft, dass er nur eines geeigneten Strohhalmes bedürfte, um aus der Todesspirale herauszukommen, bei anderen Interpretationen läuft es wie auf einer schiefen Ebene ab).
    Aber für mich lebt der Wanderer noch am Schluss der Winterreise, während am Ende der schönen Müllerin der Protagonist ins Wasser gegangen ist. So viel steht für mich fest.


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Manchmal geht man mit sehr geringen Erwartungen an ein Werk … und wird dann schier überwältigt. So erging es mir mit der Winterreise. Ursprünglich wollte ich mir die Richter/Schreier-Aufnahme zulegen – und das im Grunde nur, um meine Richter-Sammlung zu erweitern. Wie in einem anderen Thread erwähnt, ist diese Einspielung jedoch momentan nur sehr schwer zu bekommen. Also hörte ich im Geschäft in die Pears/Britten- und in die Quasthoff-Aufnahme hinein. Quasthoffs Stimme lag mir überhaupt nicht, weshalb ich mich für Pears entschied.


    Beim ersten Anhören daheim dann die große Überraschung: Pears und Britten sind m.E. ein fantastisches Team (die kleinen Aussprachefehler stören mich übrigens überhaupt nicht). Aber nicht nur das: Es ist unglaublich ergreifend, wie diese geschundene Seele durch die Winterlandschaft wandert; so voller Einsamkeit, Leid und Schmerzen. Sie vermag zwar noch einige Hoffnungsschimmer wahrzunehmen, am Ende fügt sie sich jedoch in die Vorstellung, dass nur der Tod Erlösung bedeuten kann.


    Ich denke übrigens nicht – wie hier angedeutet -, dass es um Suizid geht. Dieser Reisende sehnt sich schon nach Ruhe und dem Ende seiner Qualen, aber das Symbol des Leiermanns am Ende und der Text…


    „Wunderlicher Alter,
    soll ich mit dir gehen?
    Willst zu meinen Liedern
    deine Leier drehn?“


    … bedeuten für mich, dass sich hier ein Mensch resignierend gefügt hat in sein trauriges Schicksal.


    Gruß, Cosima

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  • Zitat

    Original von Cosima
    Es ist unglaublich ergreifend, wie diese geschundene Seele durch die Winterlandschaft wandert; so voller Einsamkeit, Leid und Schmerzen. Cosima


    ja, vor allem bei dem unübertroffenen "stich" (letzte zeile in rast)


    :beatnik:

  • Liebe Cosima,


    ob es hier um Suizid geht ist wirklich nicht ganz sicher, aber die Grundstimmung des lyrischen ichs ist so abgrundtief düster, dass ich mir Selbstmord zumindest vorstellen kann. Von der tiefsitzenden Melancholie zum Selbstmord ist es dem Vernehmen nach nicht so weit.


    Peter Schreier habe ich vor Jahren einmal mit der Winterreise im Konzert gehört, wer am Klavier saß weiß ich nicht mehr. Ich muß ja zugeben, dass ich vorher leichte Vorurteile gegenüber einem Tenor in der "Winterreise" hatte. Es muß einfach eine ausdrucksstarke Baritonstimme a la Dieskau sein- dachte ich vor dem Konzert.


    Nach dem letzten Stück passierte etwas was ich vorher noch nicht erlebt hatte. Eine atemlose Stille, niemand traute sich zu applaudieren, es dauerte wie es mir schien ewig- bis der Beifall einsetzte.


    Wo ist denn die Aufnahme mit Pears erschienen?


    Grüße,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Salut,


    ich habe heute meinen CD-Findungs-Tag, nächste Entdeckung:



    Claudio Desderi • Bariton
    Dino Ciani • Pianoforte


    Es handelt sich um Live-Aufnahmen von 1973 und 1974.


    Im Codaex-Katalog steht übrigens: "FRANZ SCHUBERT [1685-1759]" :D


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Kennt jemand die Winterreise von Kurt Moll? Die würde mich echt interessieren, ist aber extrem teuer mit € 40,00.


    Ich sehe übrigens grade, dass Alfred sein Bild vom Cover dieser Winterreise übernommen hat, oder gibt es da andere Verbindungen? ;-)

  • Lieber Theiresias,


    Euro 40, das kann nur ein Irrtum sein.
    Wenn es wahr wäre, dann Interpret Schubert (hatte Bariton-Stimme, ich erinnere mich noch)

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Eine Interessante Palette an Aufnahmen wird hier vorgestellt. M.E. fehlt jedoch ein sehr wichtiger Interpret: Siegried Lorenz. Er hat sowohl "Winterreise" als auch "Müllerin" in den 80er Jahren aufgenommen (Klavier: Norman Shetler). Beide Aufnahmen sind bei Berlin Classics wiederveröffentlicht worden. Ich finde die Aufnahmen besser als Wunderlichs oder Preys "Müllerin" oder DFD "Winterreise" (mit Moore, DG - andere von DFD kenne ich nicht).


    Lorenz gelingt es ideal, einerseits singend den Text auszudeuten, andererseits Gesangslinien intakt zu halten. Die Aussprache ist ideal (maximale Textverständlichkeit, ohne DFDs Übertreibungen), die Stimme klingt frisch (intakter als Preys oder DFDs), kurzum: meine Lieblingsaufnahme!


    Gerade bei der Winterreise stellt sich natürlich die Frage nach der Funktion des Sängers: Soll er zuerst singen oder zuerst deuten (von Kesting im DFD-Kapitel seines Sänger-Buches ja breit diskutiert). Bei mir stellt sich Betroffenheit oder "innere Beteiligung" eher ein, wenn zuerst makellos gesungen wird und - beispielsweise - dynamische Ausdrucksmittel in den Fluss des Singens eingebunden werden. Überspitzt gesagt: Ich möchte einen Klavierlieder-Zyklus hören, kein Hörspiel. Und genau diesem Wunsch entsprechen Siegried Lorenz' Aufnahmen so vortrefflich. Völlig unterschätzt, dieser Ost-Berliner Bariton!


    Ähnliches gilt für Peter Schreiers Brahms- und Schumann-Aufnahmen.


    Freundliche Grüße


    Heinz Gelking


    Mal gucken, ob es klappt hier einen Link einzubauen: http://www.amazon.de/exec/obid…_0_40/302-9599199-1903204

  • Hallo allerseits!


    Ich habe jetzt die ersten zwei Lieder aus diesem Zyklus kennen gelernt und bin (doch recht erstaunlich) sehr angetan von diesem Werk. Ich bin ehrlich: Ich hätte es nicht gedacht.


    Zitat

    Original von Alfred
    Die Reihenfolge wie wir sie kennen, entspricht nicht der originalen, und es gab Versuche sie wiederherzustellen. Dabei stellte sich heraus, daß das nicht möglich war, so passten musikalisch nicht aneineander.



    Wäre es möglich, diese "korrekte" Reihenfolge zu nennen? Ich habe sie nirgends gefunden.
    Und mich würde es inhaltlich interessieren, inwiefern sich dort Veränderungen ergeben.
    Die musikalische Seite erwähnte ja Alfred schon.



    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

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  • Sagitt meint:


    ich bringe meinen Beitrag hier,obwohl er auch zu Konzert auf DVD gehören könnte; mögen es die Moderatoren entscheiden. Quasthoff uind Barenboim mit der Winterreise. Ein Ereignis,um das Ergebnis vorwegzunehmen. Es gibt nichts, was Quasthoff nicht kann, die tiefe Stimme hat er ohnehin, die Dramatik, ein deutlich verbesserte voix mixte für die lyrische Stimme. Sein zentrales Kapital ist , das Werk zu leben, nicht zu interpretieren. Seine Lebenserfahrung- 46 Jahre- steckt darin. Er verkörpert den Zyklus.Die Glaubwürdigkeit ist der zentrale Faktor des Wertes dieser Aufnahme. Ihm gleichberechtigt an der Seite Daniel Barenboim. Seine immense musikalische Bandbreite führt zu unglaublich feinen Differenzierungen. Auch sein Spektrum des Musizierens ist so vielfältig- man höre Lied Nr. 11 Frühlingstraum.
    Ich möchte schreiben, dies ist die aktuelle Referenzaufnahme !

  • Seit ich die Quasthoff-Aufnahme kenne,ist sie auch mein Favorit.Nicht nur wegen der ausgezeichneten Textdeklamation,sondern wegen der reifen Tongebung der sog.tiefen Lieder.Ich neige auch zu der Annahme,daß dieser "Zyklus schauerlicher Lieder"bei den Baritonen zuhause ist.
    Auch die sehr gute Prey/Sawallisch-Aufnahme von 1973 stärkt diese Meinung,wogegen Fischer-Dieskau/Moore von 1972 eine Grenzerfahrung für mich darstellt.Hier ist das Timbre des Sängers wesentlich heller als bei seinen früheren Aufnahmen,wogegen die Stimmveränderung bei Tenören eher gegenläufig ist.


    An Tenoraufnahmen gefällt mir die 1948 in Köln von PeterAnders/Günther Weissenborn gestaltete Interpretation recht gut.Außerdem die in der Lukaskirche Dresden entstandene DDR-Aufnahme von 1988 mit Eberhard Büchner/Norman Shetler.Die hohe Tessitura des Sängers bringt die eisige Winterkälte so gut zur Geltung,daß der Zuhörer fröstelt.Einschränkungen allerdings in der Tiefe(Nr.9etc).
    Nicht unerwähnt bleiben darf hier die Aufnahme mit Francisco Araiza/Lemaire von 1994,wovon es auch eine Fernsehaufzeichnung gab.Eine mustergültige Interpretation,die widerlegt,daß Tenöre nicht oder nur eingeschränkt winterreisentauglich seien.Deshalb darf auch darüber spekuliert werden,wie wohl die für 1967 geplante Aufnahme mit Wunderlich/Giesen angekommen wäre.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo zusammen,


    wie ich jüngst erfahren habe,hat ein Sammler aus den Niederlanden 289 verschiedene Aufnahmen der Winterreise zusammengetragen.Auf seiner hp sind alle mit Entstehungsjahr und Interpreten aufgelistet.


    Von der schönen Müllerin gelang es ihm bisher 160 Aufnahmen zu sammeln.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Sagitt meint:


    Fischer-Dieskau hatte in der Tat als junger Sänger eine tiefere Stimme,wie man an seiner Winterreise 1948 hören konnte oder auch an der Bach-Kantate BWV 4. 1950 sang er das tiefe E noch, in späteren Aufnahme oktavierte er die tiefen Töne.
    Wahrscheinlich hängt dies mit seiner Tätigkeit als Opernsänger zusammen. Er stand ja bereits 1948 als Renato im Maskenball auf der Bühne, eine Partie, die eine hohe baritonale Lage erforderlich macht.Der Intendant Tietjen soll ihn als " italienischen Bariton" tituliert haben und DFD übernahm das Urteil. Die Ausweitung nach oben führte aber zur Aufhellung der Stimme.
    Dies wiederum hatte die Folge, dass Zyklen wie die Dichterliebe sehr gut von ihm interpretiert werden konnten,weil die helle Farbe der Lieder durch ihn erhalten blieb ( 1958 mit Demus, eine absolute Sternstunde)

  • Hallo zusammen,


    gestern Abend strahlte BR Alpha einen Film aus mit dem Titel:"Winterreise - Schubert in Sibirien". Da wurde eine Konzertfahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Peking aufgezeichnet,die der junge Bariton Thomas Bauer mit seinem Lehrer und Klavierbegleiter Siegfried Mauser untenommen hat mit dem Schubertzyklus als Mittelpunkt multikultureller Kommunikation.
    Mein Eindruck: Da wächst ein Künstler heran,für den der Begriff Talent schon überholt ist,denn nach dem Gehörten ist das bereits ein Könner.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Das ist ja interessant.
    Ich finde der junge Dieskau eines geradezu tenoral Timbre haben, so leicht klingt seine Stimme verglichen mit z.B. Prey.
    Die damalige Wiedergabetechnik der Verstärker machte diese erste Aufnahmen von ihm wärmer, also dunkeler.


    Persönlich habe ich am Liebsten seine erste Stereo-aufnahme mit Gerald Moore auf HMV (rund '58??). Die finde ich viel schöner als die spätere bei DGG, gemacht als Moore nicht mehr aktiv als Begleiter war und kontraktuell nicht mehr bei HMV.


    Glücklicherweise habe ich diese Version auf CD.

  • Hallo ihr Lieben
    habe diese Woche eine für mich überragende Aufbahme der Winterreise kennengelernt:


    die Interpretation hat mich gefesselt, Klavier und Stimme harmonieren optimal miteinander und man versteht jedes Wort des Sängers (das ist ja nicht gerade selbstverständlich). Weikl und Deutsch haben mich vollkommen überzeugt .
    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:
    kennt ihr diese Aufnahme aus dem Jahr 1994 auch ?????
    lg
    :hello:
    d.

    Es gibt kaum etwas Schöneres, als dem Schweigen eines Dummkopfes zuzuhören

  • Sagitt meint:


    Die Entwicklung der Stimme von DFD würde ich anders einschätzen.Hört man frühe Aufnahmen von ihm, 1948 Winterreise und Schwanengesang, 1949 vier ernste Gesänge, 1950 Bach-Kantaten, dann höre ich eine dunkle Färbung, die später verloren geht. Wahrscheinlich dadurch, dass Fischer-Dieskau früh mit dem Opernfach anfing und bereits 1948 den Posa sang, sich selbst für einen italienischen Bariton hielt ( eine groteske Fehleinschätzung).
    Objektivieren kann ich den Eindruck dadurch, dass er in früheren Aufnahmen die tiefen Töne in den Bach-Kantaten sang, zB Ich freue mich auf meinen Tod in BWV 82, in späteren Aufnahmen diesen Ton oktavierte,obwohl nur ein tiefes G ist ( andere lassen Töne hineinmanipulieren, DFD oktaviert)

  • am besten Julius Patzak (fürs OHR)


    Ian Bostridge unter Regisseur David Alden (fürs AUGE, denn stimmlich kann er nicht mit den besten seiner Zunft mithalten, dies macht er jedoch durch seine Ausstrahlung fast wett) gibts auf DVD


    live einmal sehr schön gehört am Narzberggut bei St.Georgen im Attergau = GEHEIMTIP ATTERGAUER KULTURSOMMER

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Sagitt meint:


    Wir haben im Forum wohl eine Tenor-und eine Bariton-"Fraktion". Ich gehöre eindeutig zur letzteren. Die Winterreise ist ein Kranz düsterer Lieder, dazu passt für mich keine Tenor-Stimme. Wenn ich Peter Anders schätze,vor allem seine Aufnahme 1945 mit Michael Raucheisen,dann nicht wegen der Stimmlage,sondern wegen seiner Interpretation- die der Erschütterung des Zyklus adäquat ist.
    Sonst höre ich eher Hotter als Schreier,Quasthoff als Bostridge oder Pears.

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