Literarische Empfehlungen - was lese ich gerade


  • Die 1945 geborene Christa Widlund-Broer hat unter dem Pseudonym Anna Enquist diese Wiederkehr, oder besser die Erwartung der Wiederkehr in einer Art beschrieben, die unter die Haut geht. Ein Buch, das das Leben der Elisabeth Batts, der zurückgelassenen Ehefrau des berühmten Seefahrers und Entdeckers James Cook schildert, eines Seefahrers, der als armer Bauernsohn schließlich als Admiral zu den höchsten Kreisen der Gesellschaft aufsteigt. Ein Buch das zeigt, dass bei den Großen der Gesellschaft des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts das Wort Ehre noch Bedeutung hat, selbst wenn das eigene Lebensglück damit zugrunde geht.
    Ein Buch, das ich nicht nur einmal gelesen habe.

  • Und die drei oder vier Ripley-Fortsetzungen fand ich auch zumindest lesenswert, auch wenn sich natürlich relativ ähnliche Situationen wiederholen. Beim letzten "Ripley under Water" bin ich aber nicht sicher, ob ich es gelesen habe, da mein Sammelband (der hat aber anscheinend schon bald 20 Jahre und mehrere Umzüge überstanden, wurde immer als behaltenswert eingestuft) nur die ersten vier enthält.


    Ich lese gerade einen SciFi-Klassiker - seit vielen Jahren versuche ich, wenigstens ein paar Klassiker dieses Genres (ebenso Fantasy) aufzuholen - : "The High Crusade" von Poul Anderson. Sehr unterhaltsam, wenn auch vielleicht ein bißchen zu deutlich als "Gegenmodell" zu Twains "Yankee aus Connecticut an König Artus Hof entworfen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes,


    "Ripley's Game" werde ich auf jeden Fall noch lesen, da mir die Verfilmung mit Ganz/Hopper damals sehr gut gefallen hat.


    Viele Grüße
    Frank

  • Und die drei oder vier Ripley-Fortsetzungen fand ich auch zumindest lesenswert, auch wenn sich natürlich relativ ähnliche Situationen wiederholen. Beim letzten "Ripley under Water" bin ich aber nicht sicher, ob ich es gelesen habe, da mein Sammelband (der hat aber anscheinend schon bald 20 Jahre und mehrere Umzüge überstanden, wurde immer als behaltenswert eingestuft) nur die ersten vier enthält.


    Ich lese gerade einen SciFi-Klassiker - seit vielen Jahren versuche ich, wenigstens ein paar Klassiker dieses Genres (ebenso Fantasy) aufzuholen - : "The High Crusade" von Poul Anderson. Sehr unterhaltsam, wenn auch vielleicht ein bißchen zu deutlich als "Gegenmodell" zu Twains "Yankee aus Connecticut an König Artus Hof entworfen.


    Hallo, Johannes! "Dune" und der ganze Bradbury sind so meine Sience-Fiction Klassiker; der beste Roman aber ist für mich "The Left Hand of Darkness" von Ursula LeGuin, das im Deutschen "Der Winterplanet" heißt. 4x gelesen!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Ich habe ja hier eine Reihe vorgestellt, die ich mal "Kleine, feine Romane" nennen möchte (siehe dazu Beitrag 2492).
    Das waren Eichendorffs "Taugenichts", "Shopgirl" von Steve Martin, "Das Treffen in Telgte" von Grass, "Am Wege" von Herman Bang, "Der Trafikant" von Robert Seethaler, "Stoner" von John Williams, "The Painted Veil" und "The Narrow Corner" von Somerset Maugham und "Monsignore Quixote" von Graham Greene.


    Heute kommt dies dazu:



    Dieses Buch erschien 1926 und wurde jetzt bei dtv wieder herausgebracht. Stilistisch ist es ungewöhnlich gut geschrieben, aber das sind die hier empfohlenen Romane alle.
    Klabund schreibt zu diesem Buch:


    "Der Roman schildert das Leben und die Menschen einer kleinen österreichischen Provinzstadt mit wundervoller seelischer Akribie. Es ist österreichisch im Stil, im Milieu, in der melancholischen Grandezza, mit der Schlamperei, Fortwursteln, Untergang und Verwesung überglänzt werden. Ein ganz sinnliches Buch, das nachdenklich, ein tristes Buch, das heiter, ein heiteres Buch, das traurig stimmt."
    Wie übrigens noch in dieser Zeit vor dem 2. Weltkrieg Wien die absolute Metropole der K.u.K-Monarchie war, erfährt man außer in diesem Buch auch in Janaceks Jenufa. Als Jenufa schwanger wird, wird sie angeblich nach Wien geschickt.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Für uns Leser ist es immer wieder ein aufregender Moment, einen neuen Schriftsteller zu entdecken, der so gut ist, dass man alles von ihm lesen möchte. Dieser Schriftsteller ist Argentinier, und von Südamerika, und besonders von südamerikanischer Literatur, wissen wir meist nicht viel. Er heißt Ricardo Piglia und wird in liebevollen Bänden von Wagenbach vertrieben.
    "Brennender Zaster" ist ein wüstes Drama um einen Bankraub, in dem die Täter von vorneherein bekannt sind. Ein Bankraub wie eine Schlacht.

    "Der Goldschmied" ist eine Sammlung von Kurzgeschichten, die zu den besten Kurzgeschichten gehören, die ich kenne, und ich kenne sehr, sehr viele davon, vor allem amerikanische.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Hallo zusammen,


    Nach Freiheit und den Korrekturen arbeite ich mich weiter nach hinten vor, in Sachen Jonathan Franzen. Dieser Roman changiert etwas unentschlossen zwischen Familien- und Liebesdrama sowie Thriller (mit leicht wissenschaftlicher) Prägung. Obwohl offensichtlich nicht so beliebt, bei den Kritikern, wie die späteren Erfolgsbücher, ist Schweres Beben IMHO ebenfalls eine Top-Empfehlung. Wie auch in den bekannteren Werken, greift Franzen kritisch gesellschaftliche Themen (Abtreibung, mal wieder die Umweltverschmutzung, Kapitalismuskritik) auf und fasst diese in eine beeindruckende Sprache und eine ansprechende Story, die den Leser bei der Stange hält, trotz aller epischen Breite der Erzählung. Dabei gelingen ihm manchmal Sätze, die man sich am liebsten Einrahmen und an die Wand hängen würde. Beim lesen überkommt mich nicht selten die Versuchung, einzelne Sätze im Buch zu unterstreichen...
    Für Freunde seiner erfolgreichen Romane ist auch Schweres Beben ein Pflichtkauf, der auch allen anderen Leser empfohlen sei, die gleichzeitig nach unterhaltender wie anspruchsvoller Literatur suchen.

    Viele Grüße
    Frank

  • Und noch eins:


    Mein erstes Buch, dass ich von Truman Capote gelesen habe. Wahrscheinlich auch nicht das Letzte. Zumindest Kaltblütig und Tiffany reizen mich durchaus. Ich würde die Story nicht als "dünn" bezeichnen, sie steht jedoch deutlich erkennbar weniger im Fokus des Autors. Die Geschichte lebt von der Idee der (sexuellen) Identitätssuche seiner Charaktere und wird interessant durch die Figuren sowie Capotes extravaganten Schreibstil. Erstaunlich, dass es sich um den Debüt-Roman eines Anfang Zwanzigjährigen handelt! Weniger durchgeistigten Lesern, wie z. B. mir, mag sich Vieles nicht auf Anhieb erschließen. Der Roman liefert vielmehr Stoff für eingehendere Befassung und Analyse. Andererseits kann man ihn wegen seines Stils auch sehr gut "einfach nur unterhaltend" lesen. Die Atmosphäre scheint mir an vielen Stellen etwas Albtraumhaftes zu haben. Mir kam häufiger in den Sinn, dass im Falle einer Verfilmung David Lynch ein idealer Regisseur für eine Umsetzung sein könnte.

    Viele Grüße
    Frank

  • "Kaltblütig" habe ich vor vielleicht 20 Jahren gelesen und würde es durchaus empfehlen (ist, glaube ich, das einzige, was ich je von Capote gelesen habe).
    Allerdings kann man die Sensation, die das vor ca. 50 Jahren ausgelöst haben muss, nach hunderten oder tausenden von "kaltschnäuzig", a la Polizeibericht erzählten Thrillern und Kriminalromanen vermutlich nur noch ansatzweise nachvollziehen. Ein bißchen wie bei Le Sacre du Printemps. ;)


    Von Franzen habe ich zwei oder so ungelesen im Regal...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Mal wieder eine Empfehlung für Sparefrohs:



    Nicht nur amüsant, sondern in der Schilderung allgemeiner und spezieller, d.h. militärischer menschlicher Dummheit auch sehr bitter. Bevor man das Buch liest, sollte man sich vollkommen von den filmisch geprägten Heinz Rühmann-Vorstellungen trennen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Dein Urteil über das Buch teile ich vollkommen, lieber Michael. Vielleicht sollte man noch die grandiosen Zeichnungen erwähnen, die Josef Lada dazu gemacht hat. Auch dein Urteil über Rühmann stimmt so völlig, Rühmann konnte nur Feuerzangenbowle. Kennst du die Serie mit Fritz Muliar?
    Noch ein Tipp: Helmut Qualtinger hat Schwejk-Szenen gelesen, ach was: dargestellt. Diese CD ist bei Amazon leicht zu finden. Da ich keine Bestellnummer fand, solltet ihr dort selbst nachsehen. Dazu ist die CD noch sehr billig.
    Da wir gerade bei Qualtinger sind: ich empfehle jedem, sich die 5 CDs zuzulegen, die Qualtinger besprochen hat mit Szenen aus den "Letzten Tagen der Menschheit". Dieses Werk übrigens entspricht in seiner Bitterkeit dem Werk Haseks.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Noch ein Tipp: Helmut Qualtinger hat Schwejk-Szenen gelesen, ach was: dargestellt. Diese CD ist bei Amazon leicht zu finden. Da ich keine Bestellnummer fand, solltet ihr dort selbst nachsehen. Dazu ist die CD noch sehr billig.


    Da kann ich aushelfen, die CD befindet sich inzwischen auf meiner Wunschliste:



    Dein Urteil über das Buch teile ich vollkommen, lieber Michael. Vielleicht sollte man noch die grandiosen Zeichnungen erwähnen, die Josef Lada dazu gemacht hat. Auch dein Urteil über Rühmann stimmt so völlig, Rühmann konnte nur Feuerzangenbowle. Kennst du die Serie mit Fritz Muliar?


    Ebenfalls auf der Wunschliste:



    Und Muliar hat (natürlich) auch Teile des Romas eingelesen



    Ich stelle übrigens fest, dass ich anscheinend zufällig in eine Tschechische-Phase geraten bin, denn vor dem Schweijk las ich



    und parallel habe ich Stachs hoch gelobte Kafka-Biographie auf dem Schreibtisch liegen.


    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Der vorletzte Grisham, "Gray Mountain", war eine ziemliche Enttäuschung. Der neue Roman aber, "The Rogue Lawyer" ist wieder sehr interessant und spannend, vor allem, da der Held der ganzen Geschichte nicht der sonstige Gutmensch-Anwalt ist, sondern eben ein rogue lawyer. Rogue heißt hier etwa Schmierenanwalt oder skrupelloser Anwalt. Das Wort ist gebildet nach dem Wort "rogue cop", was "korrupter Bulle" bedeutet.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)


  • Diesen Roman habe ich aus einem öffentlichen Bücherschrank gefischt und mit etwas Skepsis begonnen, dann aber mit Begeisterung beendet. Dem Autor von "Topkapi" (bekannt durch die Hitchcock-Verfilmung, wenn auch allgemein als einer seiner weniger gelungenen Filme angesehen) ist hier ein spannender Spionage-Thriller gelungen. Die Story - entstanden 1938 - ist hervorragend in die Historie mit dem seinerzeit über Europa liegenden faschistischen Schatten eingebettet. Bemerkenswert erscheint mir der feinsinnige Humor, den Ambler in den Dialogen vor allem seiner Hauptfigur verpackt. Er befleißigt sich (vielleicht mag es auch der Übersetzung geschuldet sein) einer modern und gegenwärtig wirkenden Sprache, die bei mir ohne jede Eingewöhnung unmittelbar "greift" (ganz anders z. B. beim letzten von mir gelesenen Graham Greene, der etwas Eingewöhnung bedarf). Weiterhin sind seine Beobachtungsgabe und sein Sinn für's Detail Stärken, da sie immer der Geschichte dienlich scheinen.
    Ambler ist jedenfalls jemand, den ich gerne nochmals lesen werde.


    Viele Grüße
    Frank

  • Dem Autor von "Topkapi" (bekannt durch die Hitchcock-Verfilmung, wenn auch allgemein als einer seiner weniger gelungenen Filme angesehen)


    Der Film Topkapi mit Melina Mercuri, Maximilian Schell, Peter Ustinov und Robert Morley wurde von Jules Dassin inszeniert!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!



  • Das Taschenbuch lag im Hotel auf dem Stapel der gelesenen Bücher der Hotelgäste, die zum Lesen bereit lagen:


    Philip Roth: Der menschliche Makel Band 3 der amerikanischen Trilogie


    Ich hab die 400 Seiten "verschlungen" und konnte es nicht weglegen: Sehr empfehlenswert.
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928





  • Philip Roth: Der menschliche Makel Band 3 der amerikanischen Trilogie


    Ich hab die 400 Seiten "verschlungen" und konnte es nicht weglegen: Sehr empfehlenswert.
    .


    Dem kann ich nur beipflichten, lieber moderato, "The Human Stain" ist einer der ganz großen amerikanischen Romane der letzten Dekaden.


    Ich habe von meinem letzten London-Besuch einen ganzen Stapel von Büchern mitgebracht, den ich nun "abarbeite". Gerade beendet: "The Sense of an Ending" von Julian Barnes, einem der derzeit profiliertesten englischen Autoren. Ein sehr lesenswerter Roman, der sich mit Themen wie Altern, Erinnerung und Schuld befasst. Für diesen Roman gewann Barnes 2011 den Man Booker Preis, die bedeutendste literarische Auszeichnung im Vereinten Königreich:



    Vorher las ich ein weiteres Buch von Ian McEwan, der einer meiner Lieblingsschriftsteller ist - wieder einmal meisterhaft:


    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.


  • Eugen Drewermann bin ich anlässlich eines Vortrages, den er anlässlich des Erscheinens des Buches "Über die Unsterblichkeit der Tiere, Hoffnung für die leidende Kreatur" gehalten hatte, erstmals begegnet. Es war gegen Ende der Vortragsreise, seine Stimme war vom vielem Sprechen heiser. Er sprach 90 Minuten frei ohne Manuskript zum Thema, druckreif und klar disponiert.


    Ich habe manche seiner Schriften in meiner Bibliothek stehen und greife zu diesem schmalen Band.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • Er sprach 90 Minuten frei ohne Manuskript zum Thema, druckreif und klar disponiert.


    Ja, so habe ich ihn vor ein paar Jahren auch gehört und erlebt. Sehr beeindruckend. Er gehört zu den Autoren, mit deren Literatur man in Oberstufenkursen auch gut arbeiten kann. Vor allem die tiefenpsychologische Interpretation bekannter Texte, Märchen oder Bibel, kann man mit Schülern sehr gut erschließen, das sind sprachlich saubere und gut funktionierende, schlüssige Texte.


    Ich bin schon sehr gespannt auf:



    Ich nehme jetzt mit in den Urlaub:


    Thomas Hettche:

    Pfaueninsel


    und


    Norman Davies:

    Verschwundene Reiche


    Freundliche Grüße von der südlichen Nordsee sendet Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Ich habe in den Beiträgen 2404 2492 2493 und 2526 kleine, feine Romane und Erzählungen vorgestellt, insgesamt 13.
    Heute kommt eins dazu, das es sowohl auf Englisch gibt wie auch in einer sehr guten deutschen Übersetzung.




    Es erzählt das Schicksal eines Tagelöhners, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Eisenbahnarbeiter im Westen der USA arbeitet und ständig um seine Existenz kämpfen muss - und am Ende alles verliert.


    Dieses Buch ist in einer sorgfältigen Ausstattung bei Rowohlt erschienen, in einer vorzüglichen Übersetzung von Bettina Abarbanell.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Robert van Gulik (1910-1967) war ein holländischer Sinologe, der alte Aufzeichnungen über den Richter und Staatsmann Di zu Kriminalromanen verarbeitet hat. Der Richter ist echt, die Fälle erfunden, allerdings alten chinesischen Fällen nachempfunden. Es sind ziemlich viele Bände, die besonders schön vom Diogenes-Verlag ausgestattet wurden, dabei antiquarisch heute für ein Butterbrot zu haben. Es handelt sich um spannende Literatur, geschrieben mit einem großen stilistischen Können. Zusätzlich erhalten wir einen tiefen Eindruck in die chinesische Kultur und Verwaltung, der einen staunen lässt. Das letzte Mal, dass ich so gestaunt habe, waren die Bücher des Amerikaners Sinclair Lewis (der erste Nobelpreisträger der USA), aus denen hervorging, dass die Amerikaner in den Zwanzigern schon das technische und Lebensstandardniveau hatte, das wir erst in den Siebziger erreichen konnten.


    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Robert van Gulik (1910-1967) war ein holländischer Sinologe, der alte Aufzeichnungen über den Richter und Staatsmann Di zu Kriminalromanen verarbeitet hat. Der Richter ist echt, die Fälle erfunden, allerdings alten chinesischen Fällen nachempfunden. Es sind ziemlich viele Bände, die besonders schön vom Diogenes-Verlag ausgestattet wurden, dabei antiquarisch heute für ein Butterbrot zu haben. Es handelt sich um spannende Literatur, geschrieben mit einem großen stilistischen Können. Zusätzlich erhalten wir einen tiefen Eindruck in die chinesische Kultur und Verwaltung, der einen staunen lässt. [...]



    Diese Empfehlung kann ich nur "verdoppeln": Nach den vergangenen Herbst-Monaten genau das Richtige für den kommenden Winter ;)

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich wundere mich, dass einer meiner Lieblingsautoren, der Ukrainer Andrej Kurkow, der in Moskau lebt, hier noch nicht aufgetaucht ist. Es sind wunderbar erzählte, verrückte Geschichten, dazu sehr unterhaltsam. Man er fährt auch mehr über Russland, als wenn man Putin zuhört. Ich stelle hier nur seine ersten drei Bücher vor, die anderen sind auch bei Diogenes zu haben.


    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Ich habe nun folgende Biographie angefangen, die mir sehr zusagt.
    Es geht um eine deutsche Archäologin, die als Jüdin in den Museen Vatican angestellt wurde.
    Sie war eine der ersten weiblichen Angestellten im Vatikan überhaupt: Hermine Speier (1898–1989). 1928 war sie nach Rom ans Deutsche Archäologische Institut gegangen, 1934, verlor sie dort ihre Anstellung, trat aber im selben Jahr in den Dienst des Vatikan, wo sie vor ihrer Verfolgung geschützt wurde. Verlobt ist sie mit einem italienischen Nationalhelden: General Umberto Nobile, wird ihn aber nicht heiraten. Nach dem Krieg blieb sie Hermine Speier den Päpsten bis zu ihrer Pensionierung treu. Es mag eine eher unspektakuläre, leise Geschichte sein, aber sie ist faszinierend und gut erzählt.




    Ich habe viel Freude an diesem Buch




    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Angeregt durch diesen Thread las ich Abbitte von Ian McEwan. Er breitet vor dem Hintergrund des zweiten Weltkriegs eine tieftraurige, tragische Liebesgeschichte aus (jetzt nicht zwingend mein präferiertes Genre....), deren Plot durchdacht und schlüssig erzählt wird und den Leser gefangen und für seine Charakter einnimmt. McEwan gelingt es, einfühlsam und fern allen Schmonzettenniveaus, dass der Leser mitleidet. Eine Rolle mag hier die durchaus nicht unrealistisch erscheinende Story spielen, die - obwohl rein fiktional - sich so ereignet haben könnte. Dabei ist das literarische Level, der Umgang mit Sprache, wirklich herausragend, ohne den Fluß der Geschichte zu behindern oder "selbstverliebt verkopft" daherzukommen. Kein "Kritikerbuch", sondern ein "Leserbuch", über das auch der Rezensent eigentlich nur Lob ausschütten kann. Ich bin schlichtweg begeistert, was auch daran zu erkennen sein mag, dass ich den 500-Seiten-Roman an zwei (Krankenhaus-)Tagen verschlungen habe. Ganz sicher nicht mein letzter McEwan, denn derartige Unterhaltung findet man nicht so häufig!

    Viele Grüße
    Frank

  • Über Orgelmusik bin ich zu Albert Schweitzer gekommen, der ja nicht nur Pianist sondern auch Orgelrestaurator war.


    Die alten Orgeln waren ihm dabei heilig und er hat so manche dieser Instrumente vor dem Austausch retten können.


    Und wenn man mehr über die Person liest, erfährt man, daß sich Schweitzer auch als Theologe einen Namen gemacht hat.


    Das Medizinstudium kam erst zum Schluß, ein echtes Arbeitstier dieser Schweitzer, der mit wenigen Stunden Schlaf auskam.


    Seine "Gesammelten Werke in fünf Bänden" zeigen ein intensives Leben auf, geprägt von Fleiß, Können und eigenständigem Denken und Handeln.


    Über Band 3 "Geschichte der Leben-Jesus-Forschung" kam ich über Umwegen zu


    "Geschichte des Christentums" von Ernesto Buonaiuti.


    Wer sich die Zeit nimmt und dieses kritische Werk liest, dem wird der Unterschied zwischen der sogenannten "Frohen Botschaft" und der kirchlichen Lehre einprägsam vor die Augen gestellt.


    von Karl

  • Albert Schweitzer hatte viele Talente, er war Mediziner, Orgelspieler, Verfasser eines Bach-Buches. Eines der besten theologischen Bücher ist "Die Geschichte der Leben-Jesu-Forschung". Was ihn von den meisten Musikologen und Theologen unterschied, war, dass er richtig gut schreiben konnte.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Das Wort "faction" meint im Englischen: Unterabteilung, Splittergruppe, abgespaltene Gruppe. Ich verwende das Wort hier in einem ganz neuen Sinn, nämlich als eine Kontraktion der Wörter facts und fiction. Es gibt Autoren, die keine Berufsschriftsteller sind, sondern einen Beruf haben, nicht mal immer einen außergewöhnlichen. Bei ihrer Arbeit begegnen ihnen ungewöhnliche Geschichten, die sie dann literarisch verwerten, und zwar als Roman oder Kurzgeschichte. Früher hieß das "nach einer wahren Begebenheit". Ich denke, dass es sich hier um eine neue literarische Kategorie handelt. Die Voraussetzung dafür ist Souveränität im Beruf und die Fähigkeit, gut zu schreiben.
    Mein erstes Beispiel ist Frank Huyler, ein Klinikarzt, der mit "The Blood of Strangers" seine Erfahrungen aus seiner Klinik in Kurzgeschichten verarbeitet. Das Buch ist preiswert bei amazon oder jpc zu bekommen, allerdings nur auf englisch.


    Ein Bild gibt es leider nicht.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

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