Der Musiker Gräber

  • Ich weiß zwar, dass, eben weil die Familie nach der Emigration lange Zeit in Sorengo lebte, der Wunsch, in der Schweiz begraben zu sein, eigentlich naheliegend war. Aber warum ausgerechnet auf dem Friedhof von St. Abbondio in Gentilino, am Hang der Collina d´Oro? Den kenne ich als kleine sepulchrale Idylle zwar gut, die kleine Kirche mit ihrem zypressengesäumten Zuweg gegenüber hat mich immer wieder beeindruckt, - das aber kann doch für Bruno Walter nicht das Motiv gewesen sein, dort seine letzte Ruhestätte zu finden?!


    Das Zitat stammt von einem Beitrag (Nr. 309), der im Oktober 2015 eingestellt wurde. Vordem hatte moderato (Nr. 306) ein Foto vom Grab Bruno Walters gezeigt.
    Heute ist der Geburtstag von Bruno Walter, ein Anlass, etwas mehr über sein Leben auszusagen.



    Wenn man auf der Suche nach dem Friedhof von unten kommt, bietet sich zunächst dieses Bild, links der Straße; auf der rechten Straßenseite befindet sich der Friedhof mit den Gräbern von Hermann Hesse und Bruno Walter.



    Gegenüber der Zypressenallee befindet sich der Friedhofseingang. Gleich nach dem Eingang findet man eine Stele mit dem Friedhofsplan und der Bezeichnung von Gräbern bekannter Persönlichkeiten. Zum Grab von Bruno Walter hält man sich links, das Grab von Hermann Hesse befindet sich auf der rechten Seite des Friedhofs.




    Sein Geburtsname war Bruno Walter Schlesinger; er stammte aus einer deutsch-jüdischen Familie und war das zweite von insgesamt drei Kindern seiner Eltern. In der Nähe vom Alexanderplatz wurde er geboren. Der Vater war Buchhalter, die Mutter spielte Klavier, sie hatte am Sternschen Konservatorium studiert. Noch im Kindesalter, mit acht Jahren, begann Bruno mit dem Klavierstudium und hatte schon als Neunjähriger seinen ersten öffentlichen Auftritt als Pianist. Etwas später kam das Interesse am Dirigieren dazu, was wesentlich durch die Bewunderung des jungen Bruno Walter Schlesinger für den Dirigenten Hans von Bülow geweckt wurde, als er diesen mit den Berliner Philharmonikern hörte.


    Seine erste Anstellung fand Bruno Walter Schlesinger am Kölner Opernhaus als Korrepetitor; dort wurde er von dem wendigen Hamburger Opernchef Bernhard Pollini entdeckt und für die Spielzeit 1894/95 nach Hamburg geholt, wo Gustav Mahler zu dieser Zeit Kapellmeister war. Mahler fand Gefallen an dem jungen Mann, dessen Wirken für ihn eine wesentliche Erleichterung bedeutete, weil dieser immer mehr Aufgaben übernahm; bald war er zum Chordirektor aufgestiegen und wurde in seinem letzten Hamburger Vertragsjahr sogar noch Kapellmeister. Seit diesen Tagen entwickelte sich ein freundschaftliches Vertrauensverhältnis der beiden Musiker zueinander - nach Mahlers Tod galt Bruno Walter als der kompetenteste Interpret von Mahlers Werken.
    Mahler erkannte die große dirigentische Begabung des um sechzehn Jahren Jüngeren und förderte dessen Karriere nach Kräften und ebnete dem jungen Mann den Weg nach Breslau. Zu diesem Zeitpunkt verabschiedet sich der aufstrebende Dirigent von dem Namen Schlesinger und nennt sich fortan Bruno Walter. Es folgte ein Wechsel nach Preßburg, und vor seinem Engagement ins damals russische Riga konvertierte Walter zum Katholizismus.


    Erst 1901 folgt er Gustav Mahler, der in Wien Operndirektor geworden war, in die österreichische Metropole. Neben seinem Familiennamen legt er nun auch noch seinen Bart ab, denn Mahler gab ihm praktisch den dienstlichen Befehl: »Rasieren Sie Ihren Bart ab, ehe Sie in Wien eintreffen«. Der Herr Hofoperndirektor hatte den nunmehr 24-jährigen Bruno Walter als Kapellmeister engagiert. Auch im privaten Bereich gibt es für Walter eine Veränderung, er heiratet die Sopranistin Elsa Korneck.
    Zu dieser Zeit komponiert Walter auch noch und arbeitet eng mit Musikern wie zum Beispiel Schönberg und Zemlinsky zusammen.


    Zwölf Jahre war Bruno Walter in Wien Erster Kapellmeister, dann wechselte er nach München, wo Felix Mottl 1911 überraschend gestorben war. Richard Strauss hatte den Wiener Kapellmeister empfohlen. Bereits am 20. November 1911 fand in der Münchner Tonhalle die Uraufführung von Mahlers »Das Lied von der Erde« statt, dessen Aufführung Gustav Mahler nicht mehr erleben konnte, es war Bruno Walter vorbehalten dieses Werk aus der Taufe zu heben.
    Schon vor seinem offiziellen Amtsantritt - im Verlauf der Münchner Festspiele 1912 - hatte er dort einige Aufführungen dirigiert. Nun war Walter an einem großen Ziel angelangt, er hatte die musikalische Leitung eines großen und bedeutenden Opernhauses inne.
    Und Bruno Walter setzt hier Maßstäbe; er leitet im Mai1914 die Münchner Erstaufführung des »Parsifal« - die Schutzfrist war gerade abgelaufen, denn vordem war das Werk ausschließlich dem Aufführungsort Bayreuth vorbehalten.


    Walter fühlte sich aber auch den zeitgenössischen Werken verpflichtet. So kommt es dann auch 1917 in München zur Uraufführung von Pfitzners Werk »Palestrina«. Bruno Walter ist seit Jahren mit Hans Pfitzner befreundet, in späteren Jahren muss diese Freundschaft dann einiges aushalten.


    Walter hatte in München großen Erfolg, hatte vieles voran gebracht, dirigierte an drei Opernhäusern und hat die Presse begeistert. Außerhalb Münchens entwickelte Walter zudem eine ausgedehnte Gastspieltätigkeit und dirigiert in Berlin, Österreich, Italien, Frankreich, England ...
    Aber das konnte auf Dauer nicht so bleiben, die Stimmung trübte sich in München ein, einmal mehr kam es zum Disput über die richtige Wagner-Interpretation. Thomas Mann sieht sich genötigt seinen Nachbarn - die Familien leben dicht beieinander - öffentlich zu verteidigen.
    Die Probleme in München summierten sich, da war Antisemitismus, wirtschaftliche Schwierigkeiten und einiges mehr; Bruno Walter wurde krank, der rechte Arm war betroffen, Walter konnte und mochte nicht mehr, im Oktober 1922 stellte er sein Amt zur Verfügung.


    Im Februar 1923 hatte Walter mit dem New York Symphonie Orchestra sein Debüt in der Carnegie Hall und war in vielen amerikanischen Städten und Kanada auch mit anderen Orchestern präsent.


    Ab 1925 ist Bruno WalterGeneralmusikdirektor der Städtischen Oper Berlin-Charlottenburg, also wieder in seiner Heimatstadt tätig, wo er diese Position bis 1929 ausübt. 1925-37 dirigiert er auch bei den Salzburger Festspielen und im Sommer 1926 erstmals an der Mailänder Scala.
    Als Bruno Walter die Städtische Oper Berlin verlässt und 1929 in Leipzig Nachfolger von Furtwängler als Gewandhauskapellmeister wird, sind ihm hier nur wenige Jahre vergönnt, das politische Umfeld verdüsterte sich immer mehr. Am 7. März 1933 gab es bereits an der Dresdner Oper einen Riesenskandal, als der Dirigent Fritz Busch bei einer »Rigoletto«-Aufführung am Dirigieren gehindert wurde.
    Als Bruno Walter am 16. März 1933 zu seinem Arbeitsplatz im Gewandhaus wollte, um ein Konzert zu dirigieren, durfte er auf Anordnung der Polizei das Haus nicht mehr betreten, als Grund nannte die Behörde »die Volksstimmung«.
    Bruno Walter konnte noch erleben, dass ihm 1957 der Arthur-Nikisch-Preis der Stadt Leipzig zuerkannt wurde und er im September 1961 die Anerkennung als Ehrenmitglied des Gewandhaus-Orchesters erhielt.


    Bruno Walter hatte sich einen guten Namen erarbeitet und somit keine Schwierigkeit im Ausland seinen Beruf auszuüben und sich dort bejubeln zu lassen. »Deutschland hat seinen größten Dirigenten dem Rest der Welt geschenkt«, schrieb eine englische Zeitung. In Amsterdam bereitete man ihm einen überwältigenden Empfang, 1934-1938 war er Gastdirigent beim Concertgebouw Orchester in Amsterdam; und auch das Wiener Publikum applaudierte beim ersten Konzert des aus Deutschland vertriebenen Dirigenten eine halbe Stunde lang. Walter ging nach Österreich, nach Wien, wo er sich eigentlich nicht fremd fühlen musste, von 1936 bis 1938 war er ja bereits Dirigent an der Wiener Staatsoper gewesen.
    1944 schreibt Bruno Walter in seinen Erinnerungen, dass er seiner Seele nach ein Wiener gewesen sei; den Wiener Philharmonikern vermachte er testamentarisch 60 000 Dollar.


    1938 erreicht ihn auf einer Konzertreise in Amsterdam die Nachricht, dass die deutsche Wehrmacht in Österreich einmarschiert ist, was dort von einer erklecklichen Mehrheit freudig begrüßt wurde. Nach dem erfolgten »Anschluss« lebte Walter mit seiner Familie bis 1939 in Lugano. Ein Schicksalsschlag von besonderer Wucht traf Walters Familie im August 1939. Tochter Gretel war seit 1933 mit dem Filmproduzenten Robert Neppach verheiratet, die Ehe war nicht glücklich. Gretel hatte ihren Ehemann verlassen und eine Beziehung zu dem italienischen Opernsänger Ezio Pinza - der ein ganz großer Sänger war - aufgebaut.


    Neppach hatte seine Frau zu einer Aussprache nach Zürich gebeten. Erika Mann, die alte Freundin aus Münchner Jugendtagen, hatte Gretel in böser Vorahnung noch von diesem Treffen abgeraten, erfolglos - Neppach erschießt seine Frau und dann sich selbst. Erika und ihr Bruder Golo nehmen an der Trauerfeier teil; auch Arturo Toscanini und Adolf Busch waren unter den Trauergästen. Bruno Walter spielte sich und den Anwesenden zum Trost den ersten Satz aus Beethovens Mondscheinsonate.
    1942 stand Walter am Pult der »Met« in New York und dirigierte »Don Giovanni«, der Bariton Ezio Pinza sang die Titelrolle ...


    1939 verlässt Bruno Walter Europa; von Genua aus geht es mit dem Schiff nach Amerika, wo sich die Familie in Los Angeles im Stadtteil Beverly Hills niederlässt. Dort trifft man viele andere emigrierte Künstler – teilweise kannte man sich seit Jahrzehnten. In den 1920er Jahren war Thomas Mann in München ein Nachbar von Walter gewesen, nun wohnten sie in Kalifornien auch nicht allzu weit voneinander entfernt.
    Da Bruno Walter schon vor seiner Emigration ein international bekannter Dirigent war, half ihm seine Bekanntheit beruflich schnell in den USA Fuß zu fassen. Er hatte Angebote der größten Orchester der USA und widmete sich neben dem großen sinfonischen Repertoire vor allem dem Komponisten Gustav Mahler. Los Angeles und New York wurden zu seinen wichtigsten Auftrittsorten, darüber hinaus dirigierte er in weiteren Städten der USA und in Kanada.


    Schätzungen gehen davon aus, dass in der Zeit des »Dritten Reiches« mindestens 1500 europäische Musiker über den Atlantik geflüchtet sind, man spricht vom größten Talenttransfer der Weltgeschichte.
    Als Walter floh, war Arnold Schönberg schon seit fünf Jahren in den USA. Dort, in Kalifornien, lebten inzwischen auch die Komponisten Erich Wolfgang Korngold und (zeitweilig) Hanns Eisler, während Paul Hindemith 1940 nach Connecticut ging. Im selben Jahr kamen Darius Milhaud aus Frankreich und Béla Bartók aus Ungarn. Es kamen Igor Strawinsky, Kurt Weill , die Dirigenten Otto Klemperer und Erich Leinsdorf, Pianisten wie Rudolf Serkin und Arthur Schnabel, Geiger wie Adolph Busch und Bronislav Huberman und ganze Ensembles wie das Kolisch-Quartett aus Wien . Dazu berühmte Musiker des leichten Genres, der Operettenkönig Emmerich Kálmán oder Friedrich Hollaender, der Komponist des Blauen Engels, und rund neunzig Musikwissenschaftler.


    Im privaten Bereich konnten die Walters in Amerika an die alte Tradition der guten Nachbarschaft aus Münchner Tagen anknüpfen. Zwischen Thomas Mann und Bruno Walter hatte sich eine Freundschaft entwickelt, die nach außen dadurch sichtbar wurde, dass man sich duzte. Bruno Walter beriet auch Thomas Mann in Sachen Musik, bevor Adorno in dieser Funktion tätig war.
    Mit Bruno Walters Ehe stand es zu dieser Zeit offenbar nicht zum Besten, was durch eine Äußerung Thomas Manns dokumentiert ist, der Walters Ehe als »Waltersche Hölle« bezeichnete.


    In dieser Situation hatte nun Erika Mann ihren großen Auftritt, sie verliebte sich in Bruno Walter, eigentlich bewunderte sie schon als Zehnjährige in München den berühmten Nachbarn, aber jetzt war Erika Mitte dreißig und Bruno Walter Mitte sechzig. Erika Mann hatte vordem einige Liebschaften, war mit Gustav Gründgens verheiratet gewesen, aber Bruno Walter war die Liebe ihres Lebens. Sie selbst bezeichnete das alles als ein »Feistes Stück aus des Teufels Tollkiste«. Für das Liebespaar war das ein Ritt auf der Rasierklinge, niemand durfte etwas davon erfahren, dennoch kannte Erikas Mutter das Geheimnis ... gegenüber dem Hausherrn galt die allerhöchste Geheimhaltungsstufe, Thomas Mann hatte von all dem nicht die leiseste Ahnung. Walters Frau Elsa hatte zumindest eine Ahnung, denn es soll im Hause Walter 1944 zu heftigen Szenen gekommen sein.
    Erika Mann und Bruno Walter hatten ihre heimliche Beziehung bereits beendet, als sich der Zustand von Walters Ehefrau immer mehr verschlechterte. Nach mehrmonatigem Siechtum starb Elsa Walter 1945 an den Folgen eines Schlaganfalls, aber Bruno Walter mochte keine neue Ehe eingehen. Als er zusammen mit seiner Tochter Lotte zu Konzerten nach Zürich und Wien reiste, fühlte sich Erika beiseitegeschoben und war gekränkt. Bruno Walter wollte wieder in die alte Position der väterlichen Freundschaft zurückkehren.


    Nach außen wurde das so sichtbar, dass er die Sängerin Delia Reinhardt, die er schon 1915 entdeckt hatte, und die schon in München seine Geliebte war, zu sich nach Kalifornien holte und ihr ganz in seiner Nähe ein Haus kaufte. Delia Reinhardt sang bis in die frühen 1930er Jahre an fast allen bedeutenden Opernhäusern; 1922-24 stand sie in zehn großen Partien auf der Bühne der Metropolitan Oper New York. 1943 verlor sie bei einem Bombenangriff in Berlin ihr gesamtes Hab und Gut. Durch die Vermittlung von Richard Strauss fand sie bei einer Sängerin in Garmisch-Partenkirchen eine Bleibe. Hier machte sie Bekanntschaft mit dem Dichter Oskar Franz Wienert, der ihr Einblicke in die Anthroposophie vermittelte.
    Da ihre Stimme nicht mehr tragfähig war, wandte sie sich der Malerei zu und gab ihr anthroposophisches Wissen an Bruno Walter weiter, der sich diesen Gedanken gegenüber sehr aufgeschlossen zeigte. In seinem Buch »Von der Musik und vom Musizieren« findet sich am Ende ein Bekenntnis zur Anthroposophie.


    Der 80. Geburtstag von Thomas Mann war eine große Sache, drei Tage lang wurde gefeiert, in der Schweiz, wohin die Manns inzwischen zurückgekehrt waren. Auch im Zürcher Schauspielhaus wurde gefeiert; Überraschungsgast war Bruno Walter, der eigens zu diesem Termin aus Amerika eingeflogen war, um auf der Bühne Mozarts Kleine Nachtmusik zu dirigieren.


    Auch Bruno Walter kam wieder für immer in die Schweiz zurück. Seinem Wunsch entsprechend, wurde er auf dem Friedhof Sant´ Abbondio in Gentilino, nahe Montagnola, zu seiner letzten Ruhe gebracht. Die Beisetzung der Urne erfolgte durch den Priester der Christengemeinschaft Rudolf Mayer.



    Das Foto zeigt den Zustand des Grabes im Sommer 2017, vermutlich ist eine Neuanlage geplant ...



    Aus den Daten ergibt sich, dass das Grab seit 1939 bestehen könnte.

  • Lieber hart,


    danke für Deinen umfassenden Beitrag zu Bruno Walter. Immer, wenn ich im Gewandhaus bin, stehe ich staunend und bewundernd vor der Gedenktafel derer, die als Gewandhauskapellmeister Geschichte geschrieben haben. Die Klangfülle der Namen ist für mich immer ein Beweis dafür, daß das GWO in seiner langen Geschichte immer zu den führenden Orchestern der Welt gehört hat und immer noch gehört.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Vielen Dank, lieber hart. Du hast mir die Wiederbegegnung mit einem Ort und mit einer Person ermöglicht, die zu den bedeutsamen Erfahrungen in einer nun lange zurückliegenden Lebenszeit gehören. Zu meinen unzähligen Fahrten nach Italien gehörte auf der Rückreise obligatorisch die Rast in Montagnola mit dem Besuch der „Casa rossa“ Hesses und seines Grabes auf dem Friedhof in Sant´ Abbondio. Bei den letzten Reisen hab ich das dann allerdings unterlassen. Die Verwandlung, die die ehedem so stille Welt dort genommen hatte, war zu verstörend und deprimierend.


    So, wie auf Deinem Foto zu sehen, sah die Grabstätte übrigens nicht aus, als ich in den späten sechziger Jahren erstmals davorstand. Es gab nur den Grabstein, schlicht eingefasst und ohne Buchsbaumhecke drumherum. Selbst an das Kreuz daneben kann ich mich nicht erinnern. Diese Unscheinbarkeit an abgelegen stillem Ort war es ja, was mich so in Erstaunen versetzte, so dass ich´s gar nicht glauben wollte, als mein Blick beim Schlendern über den Friedhof zufällig auf den Grabstein mit dem Namen „Bruno Walter“ fiel.

  • Ich besitze zwar auch einige Fotos von Grabstätten berühmter Komponisten sowohl aus Wien als auch Berlin, aber von der Tatsache mal abgesehen, dass sie nach über 40 Jahren recht unansehnlich sind, wüßte ich sie hier im Forum auch nicht einzustellen. Die Technik halt...


    Ich restauriere gerne alte Bilder. Wenn "unansehnlich" bedeutet, dass sie etwa rot- oder gelb- oder blaustichig sind, oder Kratzer oder so drauf sind, kann ich ja versuchen sie zu reparieren.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Zu diesem Nachtrag ist mir zumute:
    Das, was hart hier in diesem Thread zum Tamino-Forum beiträgt, ist, wie mir gerade aus gegebenem Anlass auf nachdrückliche Weise bewusst wurde, eine überaus verdienstvolle und uns alle bereichernde Sache, für die man sich gar nicht genug bedanken kann.

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  • Wenn man so einen kompetenten und ortskundigen Leser hat, fordert der gespendete Beifall natürlich eine Zugabe heraus - hier noch eine Totalansicht vom derzeitigen Zustand der Grabanlage Bruno Walters und eine aktuelle Ansicht des Grabes von Hermann Hesse, der hier ja weit prominenter ist als Bruno Walter.




  • Liebe Taminos,


    diesen Sommer verbrachte ich mal wieder in Schweden - eine kleine Rundreise führte mich von Malmö, nach Göteborg, von dort nach Stockholm und in letzter Etappe wieder in den Süden nach Ystad. Auf jener Etappe machte ich einen kleinen Stop im Örtchen Gryt, direkt an der schwedischen Ostküste. Hier reiht sich Schäreninsel an Schäreninsel - und eine dieser zahlreichen Insel bekam der Komponist Ture Rangström vom schwedischen Staat geschenkt. Rangström, der als "Sturm- und Drangström" als einer der großen Spätromantiker seines Landes in die Musikgeschichte einging, liebt das Meer, die Inseln und das Segeln. Wohl deshalb hat man ihn nach seinem langen Krebsleiden in Gryt bestattet, von wo er immer seine Überfahrt auf die Inseln began. Das Meer spielte auch in seinem Schaffen eine große Rolle. So schrieb er beispielsweise die sinfonische Dichtung "Havet sjungar" (Das Meer singt) oder seinen großen Gesangszyklus "Havets sommar" (Sommer am Meer). Heute ist es jedoch in ersten Linie in Deutschland aufgrund seiner hoch expressiven Sinfonien bekannt, während sein Heimatland ihn als Liedkomponist schätzt. Seine erfolgreiche Oper "Kronbruden" wurde erst dieses Jahr aufgeführt und zeichnet ihn erneut als großen Tonkünstler aus.
    Rangströms Grab ist schlicht, es befindet sich ganz am äußersten Rand des alten Friedhofs, hinter der Kapelle im Schatten von Bäumen.







    LG Christian


  • Zum heutigen Todestag von Katharina Klafsky



    Wenn man das gewaltige künstlerische Schaffen von Katharina Klafsky Revue passieren lässt, könnte man ein ungewöhnlich langes Leben vermuten, aber die Sängerin durfte nur 41 Jahre alt werden.


    Ihr Geburtsort liegt im heutigen Ungarn, unweit der Grenze zu Österreich. Sie war armer Leute Kind, der Vater war Schuhmacher. Als Achtjährige sang sie bereits im Kirchenchor und wurde mitunter schon mit kleinen Sopran- und Altsoli betraut, so dass auch fremde Musiker, die am Ort weilten, auf die Stimme aufmerksam wurden.
    In dieser Zeit starb Katharinas Mutter. Als der Vater 1870 nochmals heiratete, drängte es Katharina hinaus in die weite Welt, aber zunächst kam sie nur bis Ödenburg, dem heutigen Sopron, wo sie als Hausgehilfin arbeitete. Schon nach einigen Wochen zog sie weiter nach Wien, wo sie eine Stelle als Kindermädchen fand. Dort hörten die Hausbewohner den Gesang des Mädchens offenbar als außergewöhnlich und nannten sie »Nachtigall«.
    Auch ihre Arbeitgeberin erkannte das Talent und empfahl sie dem Organisten der St. Elisabeth-Kirche, der dem Mädchen entsprechende musikalische Weiterbildung vermittelte und sie weiterempfahl. So kam sie1873 unter die Fittiche von Wilhelm Hasemann, der Direktor der Komischen Oper Wien war. Nach einem Jahr erhielt sie hier als Chorsängerin ein Monatsgehalt von 30 Gulden.
    Der Konzertmeister Joseph Hellmesberger vermittelte Katharina an die damals sehr bekannte Wiener Gesangspädagogin Mathilde Marchesi de Castrone, die aus Frankfurt stammte und ursprünglich Graumann hieß; das Geld für diesen Unterricht wurde durch Spenden wohlhabender Leute aufgebracht.


    Nach zwei Jahren kehrte Katharina Klafsky Wien den Rücken; sie hatte eine Anstellung als Choristin am Salzburger Stadttheater gefunden, wo sie aber auch schon in kleineren Solo-Rollen hervortreten durfte und zum Beispiel die erste Brautjungfer im »Freischütz« singen durfte. Das monatliche Einkommen beträgt hier immerhin 49 Gulden und 50 Kreuzer, es wäre interessant zu erfahren, warum das keine runden 50 Gulden sein durften ...


    1876 heiratet die junge Sängerin den Kaufmann Liebermann; das Paar zieht nach Leipzig, Katharina bekommt in dieser Zeit zwei Söhne, dann ist diese Ehe aber recht bald zerbrochen und wird geschieden.
    Der Leipziger Theaterdirektor Angelo Neumann engagiert Katharina Klafsky für den Chor und kleinere Rollen. Auch in Leipzig feilte sie weiter an ihrer Gesangsqualität und sang 1879 ihre erste größere Rolle, das war die Waltraute. In der folgenden Zeit sang sie in Leipzig die Brangäne in der Premiere von Wagners »Tristan und Isolde« und gab sehr erfolgreich die Venus in »Tannhäuser«.
    Eine Tournee brachte sie in der Saison 1882/83 nach Breslau, Danzig, Berlin und Turin, wo sie so schwer erkrankte, dass sie ihre Bühnentätigkeit unterbrechen musste. Gegen den Rat der Ärzte kehrte sie zu ihren Kindern, die in Pflege waren, nach Leipzig zurück und nahm ein Engagement in Bremen an. Ihr erster Auftritt dort, im September 1883, als Leonore in »Fidelio«, war ein voller Erfolg.
    Dieser Erfolg kam nicht von ungefähr, stets arbeitete die Sängerin an der Vervollkommnung ihrer Gesangstechnik und holte sich das notwendige Rüstzeug bei Joseph Sucher, Friedrich Rebling, Paul Geisler und Julius Hey.


    In der Folgezeit wuchs der Bekanntheitsgrad von Katharina Klafsky durch Gastspiele in Hamburg, Berlin und Wien, die von namhaften Kritikern mitunter enthusiastisch kommentiert wurden. So schrieb der bekannte Komponist und Musikschriftsteller Ludwig Meinardus:


    »Frau Klafsky zeigte sich in der Partie der Leonore als ein seltenes, hochbedeutendes Gesangs-Genie, das es vermag, die heftigsten wie die leisesten Erschütterungen auf der Harfe eines tiefangelegten Gemütslebens erklingen zu lassen. Man bewegte sich mit ihr stets in der Sphäre tiefster Ergriffenheit.«


    Nachdem sie in der Wintersaison 1885/86 sechzigmal aufgetreten war, betrat sie Ende April 1886 vorerst das letzte Mal die Bühne in Bremen, aber kehrte immer mal wieder zu Gastvorstellungen nach Bremen zurück. In Bremen hatte sie den Bariton Franz Greve kennengelernt, einen gebürtigen Westfalen, der vordem an den Theatern in Zürich, Mainz und Basel beschäftigt war und 1885 an das Bremer Haus kam. Man fand aneinander Gefallen, das nächste gemeinsame Engagement war in Hamburg, dort wurde geheiratet und zu den beiden Söhnen aus erster Ehe gesellte sich dann noch eine Tochter.


    Katharinas Antrittsrolle an der Hamburger Oper war die Isolde in »Tristan«; sie blieb dem Haus bis 1895 erhalten und befand sich nun auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Auch Franz Greve konnte in Hamburg erfolgreiche Auftritte in maßgebenden Rollen verbuchen, aber er musste die Bühne, erst 48-jährig, für immer verlassen, er starb am 12. Mai 1892.
    Nach dem Tod ihres Gatten blieb Katharina Klafsky - sie hatte immer an ihrem angestammten Namen festgehalten - für einige Monate der Bühne fern.
    Als sie nach dieser Auszeit wieder die Bühne betrat, soll der Jubel so groß gewesen sein, dass der Kapellmeister eine Pause einlegen musste. Auch bei Gastspielen in London, Wien und anderen bedeutenden Stätten konnte sie sich des Beifalls sicher sein.
    Nach ihrem Auftritt in der Wiener Hofoper schrieb der gefürchtete Eduard Hanslick:
    »Wenn ich die Klafsky höre, vergisst mein Herz, dass ich Hände zum Klatschen habe.«


    1894 heiratet die nun Weltberühmte zum dritten Male, der Kapellmeister Otto Lohse wird ihr dritter Ehemann.
    1896 reiste das Paar in die Vereinigten Staaten, um der Damrosch Opera Company beizutreten, Amerika lockte die Primadonna so sehr, dass sie gegenüber Hamburg sogar vertragsbrüchig wurde. Diese Amerika-Tournee war für Katharina Klafsky ein wahrer Triumphzug; in den acht Monaten ihres USA-Aufenthalts trat sie 76 Mal auf: Boston, Buffalo, Chicago, Cincinnati, Detroit, New Orleans, New York, Philadelphia, Washington ...


    Natürlich hatte die New Yorker »Met« auch schon ein Auge auf diese attraktive Primadonna geworfen, das Engagement für die Saison 1896/97 war so gut wie perfekt, auch der Gatte sollte als Dirigent an die New Yorker Oper kommen.


    Mit Pollini konnten in Hamburg die Querelen wegen des Vertragsbruchs gütlich beigelegt werden, Pollini war froh, seinen Star wieder an Bord zu haben.
    Ende August 1896 stand sie wieder als Elisabeth in »Tannhäuser« auf der Bühne und Gustav Mahler, der Dirigent des Abends, musste des langanhaltenden Beifalls wegen, für einige Minuten pausieren. Mit der Leonore in Beethovens »Fidelio« endete am 11. September 1896 die Karriere einer großen Sängerin.
    Ein schwerer Sturz, noch drüben in Amerika, hatte eine Gehirnerkrankung verursacht, die eine Operation erforderlich machte. Nach der Operation besserte sich zunächst ihr Zustand etwas, aber es kamen andere Komplikationen dazu und nach einigen Tagen der Bewusstlosigkeit starb Katharina Klafsky am Nachmittag des 22. September - drei Tage nach ihrem 41. Geburtstag in der Blüte ihres Lebens.


    Die musikalische Welt war erschüttert und die öffentlichen Trauerfeierlichkeiten erreichten Dimensionen, die heute kaum noch vorstellbar sind und zeigen aber auch, welchen Stellenwert diese Art Kultur damals in der Gesellschaft hatte.
    Im Trauerhaus, in der Klosterallee zu Hamburg, hatte man sie wunschgemäß im weißen Büßergewand der Elisabeth, der sie im »Tannhäuser« so oft ihre Stimme gab, aufgebahrt. Berichte übermitteln weitere Einzelheiten:


    »Der Leichenwagen war mit sechs Pferden bespannt. Dahinter schritten der Gatte und die Kinder sowie mehr als 10.000 Verehrer. Massen standen Spalier, als ob ein Gewaltiger dieser Erde einen Triumphzug hielte. Prof. Sittard sprach in der Friedhofskapelle: "Wahrheit des künstlerischen Ausdrucks, ein gänzliches Aufgehen in den darzustellenden Charakteren und ein Gestalten derselben von innen heraus, tiefe und wahre Leidenschaft, hinreißende Gewalt der Innerlichkeit: das waren die Faktoren, die Katharina Klafsky zur großen Künstlerin machten.«


    Als der Sarg ins Grab gesenkt wurde, spielte die Musikkapelle Mendelssohns »Es ist bestimmt in Gottes Rat.«


    Und heute? Wer kennt noch ihren Namen? Im offiziellen Friedhofsplan wird die Grablage mit X 5, 408/409 bezeichnet, es wird auch darauf hingewiesen, dass der Grabstein nur mit dem Namen »Katharina« bezeichnet wird, aber er ist am ausgewiesenen Platz nicht zu finden.



    Neben Katharina Klafsky findet man hier auch Henny Wolff und Helga Pilarczyk



    Auf diesen Metallblättern ist nachzulesen, was die Verstorbenen zu Lebzeiten geleistet haben.


    Damit Andenken an einst bekannte Persönlichkeiten erhalten werden können, haben sich Frauen zusammengefunden, die Grabsteine aufgelassener Gräber vor der Entsorgung retten, um diese im »Garten der Frauen« aufzustellen. Vom *Haupteingang aus gesehen, geht man die zunächst schnurgerade Cordesallee entlang, bis zum Wasserturm, dann zeigt ein Hinweisschild nach links. Dort ist auch der Haltepunkt der Buslinie 170, die innerhalb dieses großen Friedhofs verkehrt.
    *Friedhof Hamburg-Ohlsdorf, Fuhlsbütteler Straße 756


  • Zum heutigen Todestag von Marie Wilt



    Geburtsjahr und Herkunft von Marie Wilt werden in der Literatur unterschiedlich dargestellt, ich habe das mal einfach vom Grabstein so abgeschrieben, stimmen muss es nicht unbedingt und ist wohl auch nicht so wichtig, wenn man einer Sängerin gedenken möchte. Wer den Ereignissen vor mehr als hundert Jahren nachspürt, erkennt, dass dieses Leben weder einen guten Anfang noch ein gutes Ende hatte. In der Mitte stand jedoch Erfolg, Ruhm und Reichtum.


    Der als recht kritischer Kritiker bekannte Eduard Hanslick schrieb zwar auch kritisch über Marie Wilt, stellte die Sängerin aber ganz klar als etwas Besonderes heraus:


    »Dass die Wilt ihr mächtiges Organ für den Koloraturgesang ebenso geschult hatte, wie für den breiten, pathetischen Vortrag, und imstande war, in den "Hugenotten" nach Belieben die Valentine oder die Königin zu singen, das allein würde sie zu einer seltenen Erscheinung in der Theatergeschichte stempeln.«


    Wie war das nun, mit der Herkunft und Entwicklung der berühmten Primadonna?


    Da gibt es eine schlechte Kopie aus dem Feuilleton einer Wiener Zeitung von 1909, die das in Frakturschrift so darstellt:


    »Marie Wilt wurde als armer Leute Kind am 30. Januar 1834 in Wien geboren, ihr Name war Liebenthal. Der im Jahre 1836 in Wien herrschenden Cholera erlag auch ihre Mutter, und an der Leiche derselben in einer Dachkammer fand der Arzt Dr. Wilhelm v. Prokobevera das zweijährige, frische, blonde Kind und tief ergriffen von dem namenlosen Elend, brachte er es zu seiner Schwester, der Gattin des als Maler nicht unbedeutenden Rentiers Herrn Tremier. Die mildherzige, in kinderloser Ehe lebende Dame nahm die Kleine zu sich und erzog sie sorgfältig und liebevoll wie ein eigenes Kind. Übrigens hat Herr Tremier den ergreifenden Moment der Auffindung der kleinen Marie an der Leiche ihrer Mutter in der ärmlichen Dachkammer in einem Ölgemälde, das sich im Besitze der Tochter, der Sängerin Frau Direktor Göttinger, befindet, der Nachwelt überliefert.«


    Der Name des Doktors kann auch geringfügig anders lauten, da ist die Wiedergabe einer schlechten Kopie problematisch, aber in den wesentlichen Punkten stimmt die Übertragung.


    Zur guten Erziehung eines heranwachsenden Mädchens zählte damals auch das erlernen des Klavierspiels, welches der jungen Marie offensichtlich lag. Aber eigentlich wollte sie schon mit fünfzehn Sängerin werden. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch an dem vernichtenden Urteil eines Gesangsexperten, der attestierte, dass sie gar keine Stimme habe.


    So wurde aus der verhinderten Sängerin 1862 zunächst die Ehefrau des Bauingenieurs Franz Wilt. Aus dieser Verbindung, die keinen Bestand über längere Zeit hatte, ging eine Tochter hervor, die den Opernsänger Heinrich Gottinger heiratete, der später Direktor der Grazer Oper wurde und nach seiner aktiven Bühnenzeit als Professor am Wiener Konservatorium wirkte.


    Marie Wilt fühlte sich in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter und auch im fernen Dalmatien, wo ihr Mann damals beruflich tätig war, nicht so recht wohl und betrieb ihre Gesangsstudien autodidaktisch, und kehrte schließlich nach Wien zurück. Nach einer langwierigen Halsentzündung sondierte sie die Möglichkeiten doch noch professionell singen zu können; so kam es auch zum Kontakt mit dem Wiener Singverein. Johann von Herbeck, damals ein bedeutender Mann in der Musikszene, übertrug der Marie Wilt kleinere Solopartien in Oratorien und empfahl ihr zwecks Stimmbildung den renommierten Gesangspädagogen Josef Gänsbacher. Als Marie Wilt schon über dreißig war, ergab sich ein Vorsingen bei der erfolgreichen Mezzosopranistin Désirée Artôt de Padilla, die nicht nur auf den Opernbühnen Europas erfolgreich war, Tschaikowski soll mal in sie verliebt gewesen sein.
    Von dieser erfolgreichen Sängerin - die selbst einmal Schülerin der legendären Pauline Viardot-Garcia war - ermuntert, strebte nun Marie Wilt äußerst motiviert eine Gesangskarriere an.
    1865 debütierte sie in Graz als Donna Anna in Mozarts »Don Giovanni«. Dieses Debüt war so gut gelungen, dass sie unmittelbar danach ihr erstes Engagement an der Covent Garden Opera in London antrat. Ein Gastspiel in Berlin, wo sie als Donna Anna auftrat, musste sie wegen einer Kohlenoxyd-Vergiftung vorzeitig abbrechen. Aber kurz darauf konnte sie ihre Aktivitäten wieder uneingeschränkt aufnehmen und von Erfolg zu Erfolg eilen. Sie kehrte dann auch wieder nach Wien zurück und wurde dort 1869 mit dem Titel einer Kammersängerin geschmückt; 1871 wurde sie zum Ehrenmitglied der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien ernannt. Bis 1878 war sie am k. k. Hofoperntheater engagiert; in diesem Jahr wurde auch ihre Ehe geschieden. Gerade in ihrer Zeit an der Wiener Oper war Marie Wilt auch an vielen wichtigen Uraufführungen beteiligt.


    Nach ihrer Wiener Zeit sang sie für zwei Jahre vorwiegend Wagner-Rollen am Opernhaus in Leipzig. Danach folgte für drei Jahre ein Engagement an der Frankfurter Oper und Gastspiele an anderen bedeutenden Häusern. Erst 1886 kam sie noch einmal für eine Spielzeit an die Wiener Oper zurück, wo man sie zum Ehrenmitglied ernannte.
    Sie hatte ja erst relativ spät die Bühne betreten und war dann sehr rasch eine bedeutende Sängerin geworden, von der man stets Höchstleistungen erwartete. Diese physischen und psychischen Anstrengungen hatten zu viel Kraft gefordert und so verabschiedete sie sich mit erst 54 Jahren von der Bühne. Aber auch im schon fortgeschrittenen Alter soll sie noch über eine jugendlich klingende Stimme verfügt haben.


    Stimmlich konnte sie in ihrer Glanzzeit praktisch alles bewältigen, aber eine exzellente Bühnenfigur war sie nicht. Marie Wilt hatte nicht nur eine große Stimme, sondern auch eine außergewöhnliche Körperfülle, über die dann auch entsprechend gelästert wurde, dazu kam eine gewisse Derbheit in der Alltagssprache, die bei einer Frau Kammersängerin etwas überraschte. Sie lebte nach Beendigung ihrer Laufbahn in der Nähe ihrer Tochter bei Graz.


    Im privaten Bereich nahte das Unglück in Gestalt eines 30-jährigen Philologen und Germanisten, in den sich die nicht mehr so junge Frau unglücklich verliebte, aber ihre Gefühle wurden nicht erwidert. Zunehmend litt sie unter Depressionen, aus denen dann auch ein Aufenthalt in einer Nervenheilanstalt resultierte. Die späte Liebe und ein letzter Auftrittsversuch, im Juli 1891 in Salzburg, bei dem ihre Stimme überfordert war, brachte sie der Katastrophe immer näher.


    Unter dem Datum 24. September 1891 erschien in der »Neue Freie Presse« Wien:


    »Eine Künstlerin, welche durch Decennien zu den gefeiertesten Erscheinungen der Opernbühne gehörte, die Kammersängerin Frau Marie Wilt, hat heute Nachmittags ihrem Leben freiwillig ein Ende gemacht. Nachdem sie sich von einer glänzenden Bühnenlaufbahn zurückgezogen, war Frau Wilt mannigfachen seelischen Aufregungen unterworfen und mußte wiederholt zur Wiederherstellung ihrer erschütterten Nerven Heilanstalten aufsuchen. Ihr Zustand schwankte in der letzten Zeit zwischen tiefster melancholischer Verstimmung und heftig gegen ihr Schicksal sich aufbäumender Exaltation. Es herrscht kein Zweifel, daß die unglückliche Sängerin ihre schreckliche That in geistiger Verstörung ausgeführt hat. Es war wie ein Riß in ihrem Leben, als die Natur, welche ihr die kostbarsten Gaben in die Kehle gelegt und ihrem Bühnenleben eine ungewöhnliche Dauer beschert hatte, zuletzt sich weigerte, auch dem Alter dieselbe Schönheit und Fülle des Klanges zu schenken ...«


    Am 24. September 1891 stürzte sie sich nachmittags vom 4. Stockwerk im »Zwettelhof« - in der Nähe der Stephanskirche - in den Lichthof.
    Vom Giebel des Musikvereins-Gebäudes wehte eine große schwarze Fahne anlässlich des Todes des Ehrenmitglieds Marie Wilt.


    Zentralfriedhof Wien
    Ehrengrab - 32A, Nummer 43


  • Zum heutigen Geburtstag von Felix Draeseke


    Felix Draeseke entstammte einer alten evangelischen Pastorenfamilie. Sein Vater war Hofprediger in Coburg gewesen, wo ihm der Sohn Felix 1835 geboren wurde; Felix´ Mutter
    starb wenige Tage nach der Geburt des Kindes, das dann von den Schwestern seines Vaters aufgezogen wurde. Seine Kindheit verbrachte der Knabe im seiner Geburtsstadt nahe gelegenen Ort Rodach.


    Als erste Komposition Draesekes gilt »Kleiner Marsch«, 1843 zum Geburtstag des Vaters komponiert, wenn man auf die Jahreszahl schaut bemerkt man, dass das noch kein reifes Werk sein konnte.
    Ab 1850 wurde er von einem Flötisten der Schlosskapelle unterrichtet.
    1852 begann sein Studium am Leipziger Konservatorium, zu dem er keine besondere Liebe entwickeln konnte, weil ihm das Ganze zu konservativ erschien. Das Institut bescheinigt dann auch sehr vielsagend:
    Sowohl »kräftiges Talent« als auch »eigentümliche Kunstanschauung«
    Allein zu seinem Lehrer Franz Brendel hatte er einen guten Draht, weil dieser recht fortschrittliche Gedanken entwickelte und ihm dann auch später Gelegenheit gab, in seiner Zeitschrift »Neue Zeitschrift für Musik« mit spitzer Feder als Kritiker tätig zu sein. Auch in den »Anregungen für Kunst, Leben und Wissenschaft« propagierte Draeseke die neue Musik, was zur Folge hatte, dass er sich im vorwiegend konservativen Leipzig eine Reihe von Feinden schuf.


    Zu Pfingsten 1852 besuchte der angehende Musiker Draeseke in Weimar eine von Lszt geleitete »Lohengrin«-Aufführung, die ihn zu einem begeisterten Anhänger der neudeutschen Schule werden ließ.
    Hinzu kam, dass Draeseke 1853 bei einem Besuch in Berlin Hans von Bülow kennen lernte, dessen musikalische Bestrebungen auch in Richtung Liszt und Wagner gingen.
    Einige Jahre später ergab sich eine Freundschaft zu Liszt; als Bülow 1857 ein Treffen zwischen Draeseke und Liszt arrangierte zeigte sich Liszt von Draesekes erstem Opernwerk »König Sigurd«, das fast fertiggestellt war, beeindruckt.
    In Weimarer Künstlerkreisen war Draeseke auch unter dem Namen »Recke« bekannt, was auf seine stämmige Figur abzielte, aber Zeitgenossen überlieferten, dass in Draesekes ganzer Art etwas Markiges und Reckenhaftes zu bemerken war.


    Durch die Vermittlung von Franz Liszt ist der 24-jährige Felix Draeseke im Sommer des Jahres 1859 von Richard Wagner zu einem Besuch in Luzern eingeladen worden. Das war aber nicht etwa nur eine Stippvisite bei Wagner, es kam ein enger Kontakt über einige Tage hinweg zustande, bei dem man sich auch auf Wanderungen und Spaziergängen intensiv austauschte, und eines Abends empfängt ihn Wagner mit den Worten: »Warten Sie noch einen Augenblick, eben wird der "Tristan" fertig!«


    Draesekes enthusiastisches Wirken in Wort und Ton als Vertreter der Neudeutschen Schule gipfelte in der Aufführung seines »Germania-Marsches«. Im August 1861 kam es bei der zweiten Weimarer Tonkünstlerversammlung zum Eklat, als Draeseke sein Werk zur Aufführung brachte. Die Verrisse waren praktisch überall zu lesen, das war keine Werbung für die neue Musik, die nun ganz allgemein geschädigt war.


    Draeseke zog die Konsequenzen und übersiedelte in die Schweiz, aber nicht etwa nach Luzern, sondern dort, wo das Land zu Ende ist - erst nach Yverdon bei Lausanne, dann nach Lausanne, wo er am Konservatorium Klavier unterrichtete, aber auch im nahen Genf entstanden Kompositionen.
    In seiner Schweizer Zeit - er blieb immerhin bis 1876 in seinem selbstgewählten Exil - unternahm er Reisen nach Frankreich, Italien, Spanien und sogar Nordafrika.


    Obwohl er in der Rückschau seine Zeit in der Schweiz als »verlorene Zeit« bezeichnete, entstanden Stücke, die auch heute noch als bedeutend gelten, wie zum Beispiel seine Klavierkomposition der Sonate op. 6, die zu den wichtigen Klavierwerken des 19. Jahrhunderts zählt.


    Etwas einfach ausgedrückt war es so, dass sich Draeseke zwischen alle Stühle gesetzt hatte - in seiner Anfangszeit war er zu modern, und danach wurde kritisiert, dass er sich wieder der traditionellen Gattung zugewandt habe. Zu diesem Sachverhalt wird ein Ausspruch von Liszt kolportiert, wonach aus dem Löwen Draeseke ein Kaninchen geworden sei.


    1876 ging es wieder nach Deutschland zurück, zunächst nach Coburg, dann erfolgte der Umzug nach Dresden. Hier gestaltete sich sein Neuanfang zunächst - was das Einkommen betraf - etwas holprig, weil er sein Einkommen aus der Unterrichtung privater Schüler bezog; Draeseke unterrichtete zunächst an der Rollfußschen Musikakademie und widmete sich seiner Kompositionsarbeit. 1884 erfolgte dann seine Berufung an das königliche Konservatorium in Dresden, seit 1892 war ihm sogar gestattet sich Professor zu nennen.
    1894 endete für Felix Draeseke das Junggesellendasein, im schon etwas fortgeschrittenen Alter heiratete er eine ehemalige Kompositionsschülerin, eine Menge Briefe dokumentieren eine glückliche Ehe.
    Es macht wenig Sinn, hier auf alle Werke Draeskes einzugehen, das lässt sich an anderer Stelle besser nachschlagen, aber man kann grob feststellen, dass in Draesekes Gesamtwerk sein Vokalschaffen fast gleichberechtigt neben dem Komplex der Instrumentalwerke steht.
    Seine insgesamt acht Opern waren nie populär, auch wenn Liszt von seiner ersten - »König Sigurd« - so begeistert war. Wie Wagner auch, schrieb Draeseke seine Operntexte selbst.


    Anders sieht es bei seinen kirchenmusikalischen Werken aus. Sein umfassendstes Werk war der Oratorienzyklus »Christus«, im Ausmaß auf kirchenmusikalischem Gebiet ein dramatisches Gegenstück zu Wagners Ring des Niebelungen oder der epigonalen Tetralogie der »Homerischen Welt« von August Bungert. Die Oratorien-Tetralogie »Christus« entsteht in den Jahren 1895 bis 1899.
    Wenn Draeseke auch nicht die Familientradition fortsetzte und Geistlicher wurde, so zeigen seine zahlreichen religiösen Kompositionen, dass er seiner Kirche nahestand.
    Unter seinen vier Sinfonien dürfte wohl die »Sinfonia tragica« den ersten Rang einnehmen.


    1906 erregte Draeseke mal wieder - an seine jungen Jahre anknüpfend - mit spitzer Feder in Fachkreisen Aufsehen, als er seinen Mahnruf »Die Konfusion in der Musik« veröffentlichte, was heftige Diskussionen zur Folge hatte. Draesekes Pamphlet beginnt folgendermaßen:
    »Angesichts der traurigen Zustände, in denen sich die heutige Musik befindet, sind wir wohl berechtigt, von Konfusion zu reden ...«


    Die Situation war damals so, dass Felix Draeseke zwar als lehrender Professor hoch geachtet und geehrt war, aber trotz umjubelter Aufführungen seiner »Sinfonia tragica« unter den großen Dirigenten der Zeit, wie zum Beispiel Hans von Bülow, Ernst von Schuch oder Arthur Nikisch, unter den gespielten Komponisten nie ganz vorne stand. In seiner Streitschrift hatte Draeseke Richard Strauss angegriffen, natürlich ohne dessen Name zu nennen und Strauss - getroffene Hunde bellen - keilte entsprechend zurück, setzte sich aber viele Jahre nach Draesekes Tod für die Aufführung seiner Werke ein, was vielleicht auch etwas mit Politik zu tun hatte ...


    In seinen alten Tagen, er war inzwischen 77 Jahre alt und fast taub geworden - eine Gehörkrankheit plagte ihn seit Kindheitstagen und wurde immer schlimmer - , drängten ihn Freunde, seiner dritten Sinfonie noch ein Vierte hinzuzufügen. So entstand sein letztes Werk, die »Sinfonia comica«, mit diesem humoristischen Werk verabschiedete sich Draeseke, die Aufführung 1914 erlebte er nicht mehr. Draeseke hatte das Stück in Taubheit komponiert, wie Beethoven, und tat dies humoristisch, wie der alte Verdi.


    In einem Nachruf schreibt die Zeitung unter anderem am 27. Februar 1913:


    »Der bekannte Komponist Geh. Hofrat Professor Felix Dräseke in Dresden, ein Coburger Kind, ist gestern früh im Alter von 78 Jahren einer Lungenentzündung erlegen. Dräseke ist unter den Komponisten unserer Epoche eine der interessantesten Figuren gewesen. Er hat den ganzen Kampf um Wagner und Liszt seinerzeit miterlebt und auch selbst durch kritische Aufsätze über beide Komponisten wie überhaupt über Neuerscheinungen in der musikalischen Welt einen nicht zu verkennenden Einfluß auf die Gestaltung der Musikgeschichte ausgeübt ...«


    Etwa zwanzig Jahre später wurde Felix Dreaseke dann wieder stark beachtet, man hatte in ihm einen »der artreinsten deutschen Musiker« und das »Ideal eines deutschen Künstlers, eines von Moll nach Dur durchstoßenden germanischen Musikers« entdeckt.
    Auch die Musik von Draesekes ehemaligem Freund, Franz Liszt, »Les Préludes«, stand damals in hohem ansehen ...



    Man geht durch diesen Torbogen hindurch und wendet sich nach links zu Draesekes Stein,
    fast auf gleicher Höhe - rechts davon, im Urnenhain - steht die Urne von Kammersänger Karl Scheidemantel.


    Praktischer Hinweis:
    Adresse: 01279 Dresden, Wehlener Straße 15
    Der Städtische Friedhof und Urnenhain Tolkewitz ist ein Waldfriedhof im Dresdner Stadtteil Tolkewitz, auf dem ausschließlich Urnenbestattungen stattfinden. Der Friedhof liegt direkt neben dem Johannisfriedhof.
    Auf dem Friedhofsplan hat das Grab von Felix Draeseke die Nummer 33 und befindet sich links von der Feierhalle, etwa 250 Meter vom Haupteingang entfernt.

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  • Heute vor 183 Jahren trug man in Paris unter großer Anteilnahme von Vertretern der Künste und Wissenschaft, den Komponisten François-Adrien Boieldieu zu Grabe.


    Für die religiöse Feier im Invalidendom hatte Cherubini ein Requiem komponiert, das dem Erzbischof von Paris nicht genehm war, so dass dieser das Mitwirken von Frauenstimmen im c-moll Requiem kritisierte, woraufhin Cherubini seine zweite Totenmesse für dreistimmigen Männerchor und Orchester schrieb.


    François-Adrien Boieldieu kam in gut geordneten Verhältnissen zur Welt, Sein Vater war Sekretär des Erzbischofs von Rouen und seine Mutter betrieb eine gutgehende Modehandlung, auch seine Verwandten genossen ein entsprechendes Ansehen in der Stadt.


    Dem Vater blieb das musikalische Talent seines Sohnes nicht verborgen, als Chorknabe am Dom von Rouen hatte »le petit Boiel«, wie man ihn scherzhaft nannte, erste Berührung mit der Musik. Der Vater stützte das erkennbare Talent und gab seinen Sohn zur Ausbildung an Charles Broche, der als Musiker einen hervorragenden Ruf hatte und Organist an der Kathedrale von Rouen war.
    Diese Lehrzeit war für den jungen Boieldieu kein Zuckerschlecken, denn er wohnte auch bei seinem Meister und war also gänzlich unter dessen Fuchtel. Aber Broche war nicht nur ein guter Musiker, sondern auch ein großer Säufer. In entsprechendem Zustand soll Meister Broche nicht nur launisch und heftig, sondern zuweilen auch richtig brutal gewesen sein. Ein Vorfall soll sich in etwa so abgespielt haben:


    »Was ist eine Quinte?« soll der trunkene Broche einst seinen Schüler angeschrien haben, und da dieser verlegen schwieg, warf er ihn ohne Weiteres kopfüber die Treppe hinunter und befahl ihm, sie mit seiner Händen wieder emporzusteigen. »Das ist c!« rief er, als der Junge zitternd die erste Stufe heraufstieg; »das ist d, e, f, g!« rief er bei der zweiten, dritten, vierten und fünften. »Wie viel Schritte hast du nun gemacht?« fragte er dann. »Fünf!« lautete die Antwort. »Nun merke dir also, dass die Stufen c bis g eine Quinte bilden!« Und um seiner Lehre noch mehr Nachdruck zu geben, bekräftigte er dieselbe noch durch eine derbe Ohrfeige.


    Einmal saß Boche an einem hohen Festtag in der Schenke und vergaß darüber seine Organisten-Pflichten. Erst zögerlich, dann mit Gottvertrauen, vertrat der Schüler seinen Meister so, dass es der Gemeinde nicht möglich war einen Unterschied zu hörten.
    Glückliche Stunden konnte le petit Boiel erleben, wenn er einen Freund Broches abends ins Theater begleiten durfte, während Meister Broche im Orchester Dienst tat. Hier hörte der junge Boieldieu Opern von Monsigny, Grétry, Méhul ... und war begeistert.
    Als Adrien einmal versehentlich ein Instrument mit Tinte besudelte, schwante ihm nichts Gutes und er setzte spontan einen schon lange gehegten Plan in die Tat um und floh vor Boches Zorn nach Paris.


    Adrians Vater schickte einen Boten hinterher, der den Jungen mit etwas Geld und Empfehlungsschreiben versorgte. Auf diese Weise fand er dann in der großen, fremden Stadt Unterschlupf bei Verwandten.
    Im Jahr 1793 kehrt er wieder in seine Vaterstadt zurück; denn in Paris herrschte der Terror, wogegen es in Rouen ruhiger war. Im November des gleichen Jahres feierte er seinen ersten Erfolg mit der komischen Oper »La fille coupable«, wofür der Vater den Text verfasst hatte. Zwei Jahre später waren Sohn und Vater abermals mit der Oper »Rosalie et Mirza« erfolgreich.


    1795 zog es ihn dann wieder nach Paris, wo er Zugang zu dem Komponisten Hyacinthe Jadin erhielt, was sich in der Folgezeit als nützlich erwies. Durch Kompositionen von Romanzen – ein Genre, das zu jener Zeit seine höchste Blüte erlebte - wurde Boieldieu in Paris bekannt.


    Im Februar 1797 debütierte der kaum 21jährige Boieldieu zum ersten Male mit der einaktigen komischen Oper: »La famille suisse«, im Théâtre Feydeau, einer der angesehensten Pariser Opernbühnen. Dieses Werk gefiel so gut, dass es sehr viele Folgeaufführungen gab.
    Eigentlich hatte Boieldieu - wie er selbst feststellte - nie so recht komponieren gelernt, aber er kannte die Werke von Gluck, Mozart, Cherubini, Méhul, Grétry ... auswendig.
    Und er produzierte viel, In einem Zeitraum von fünfzehn Monaten hatte Boieldieu vier neue Opern an die Öffentlichkeit gebracht und daneben noch eine Anzahl kleinerer Vokal- und Instrumentalkompositionen geschaffen.


    Im Jahre 1800 hatte man Boieldieu als Professor für das Pianofortespiel an das Conservatoire de musique berufen, was für den nunmehr Fünfundzwanzigjährigen beachtlich war.
    Natürlich gab es bei der Menge seiner Opern auch Kompositionen, die nicht den ganz strahlenden Erfolg hatten, wie zum Beispiel seine 3-aktike Oper »Beniowski«, von der Boieldieus Biograf Héquet sagt, dass das Libretto: Alexandre Duvals äußerst schwach sei, er bezeichnet es als »Machwerk«
    Man denkt zwar bei Boieldieu in der Regel an den Opernkomponisten, aber er schrieb auch Kammermusik und unter dem Einfluss und der Bekanntschaft zu Sébastien Erard wohl auch das Harfenkonzert C-Dur.
    Aber gleich sein nächstes Werk war ein glücklicher Erfolg, »Der Kalif von Bagdad«. Schon die Ouvertüre lässt aufhorchen und die Arie der Késie »De tous les pays«, die den musikalischen Stil der verschiedenen Nationen imitiert, versetzten das Publikum in Entzücken. Der »Kalif« wird über vierzig Jahre lang an der Opéra comique gespielt und erreicht in dieser Zeit fast achthundert Aufführungen.
    Aber immer noch ist Boieldieu am Lernen, meint aber, dass ihm sein gehobener Wissensstand die Leichtigkeit des Komponierens genommen habe. Zweieinhalb Jahre hält sich der erfolgreiche Komponist von der Bühne fern. Cherubini, der ihm eigentlich musikalisch überlegen war, was Boieldieu auch wusste, hatte ihm ins Gewissen geredet, und Boieldieu hatte dagegen keinerlei Einwände erhoben.


    Sein Schaffen tendiert jetzt nach italienischen Vorbildern und er nimmt den Geist der Opera buffa begierig auf. In einem Pariser Bericht der »Allgemeinen musikalischen Zeitung« von 1807 wird der Vorwurf erhoben, dass Boieldieu mit Nocolo Isouart und anderen gemeinsam die französische Oper »entnationalisiere«. Aber er hatte sein Publikum, das seine Werke mochte und war im Bereich der Opéra comiqueg, in des Wortes wahrster Bedeutung, tonangebend. Dass er in dieser komfortablen Situation Paris verließ, hatte rein private Gründe.


    Er wurde mit der schönen und gefeierten Tänzerin Clotilde Mafleurai, die an der Oper tätig war, etwas vertraulich und hat die Dame im März 1802 geheiratet. Schon etwa nach einem Ehejahr, vielleicht auch schon früher, hing der Haussegen schief und Boieldieu suchte möglichst weit von seiner Angetrauten fortzukommen. So reiste er zusammen mit zwei befreundeten Musikvirtuosen nach St. Petersburg. Ohne irgendwelche Sicherheiten zog er gen Russland, aber Kaiser Alexander zögerte nicht lange und ernannte Boieldieu sowohl zum Kapellmeister als auch zum Leiter des kaiserlichen Theaters, mit der Auflage, alljährlich drei Opern zu schreiben.
    Während man sich als Franzose in der gehobenen russischen Gesellschaft wohlfühlen konnte, weil dort die französische Sprache zum guten Ton gehörte, beeinträchtigten die klimatischen Bedingungen in Russland Boieldieus Gesundheit. Dazu kam, dass sich auch das politische Klima veränderte und man bei genauer Beobachtung einen heraufziehenden Krieg ahnen konnte.


    So kehrte Adrien Boieldieu Russland den Rücken und kam 1811 wieder nach Paris, wo sich seit seinem Weggang einiges verändert hatte, auch was das Theaterleben betraf. So war es zum Beispiel nur noch der der Opéra und Opéra comique gestattet, neue musikalische Werke aufzuführen.


    Boieldieu war in Paris recht bald wieder gut im Geschäft; schon im April 1812 war an der Opéra-comique die Uraufführung seines neuen Stückes »Jean de Paris«, ein Werk, das dem Komponisten André-Ernest-Modeste Grétry gewidmet war. Wiederum konnte er damit einen großen Erfolg verbuchen, das Stück hielt sich bis 1863 auf dem Spielplan; auch außerhalb Frankreichs macht das Werk Furore.


    Und Boieldieu arbeitete weiter, schuf Werk um Werk, und wurde sogar noch pädagogisch tätig, 1817 erfolgte seine Berufung als Mitglied des Institut de France. Durch die viele Arbeit und auch durch seinen Aufenthalt in Russland, war er gesundheitlich angeschlagen; deshalb hatte man ihm gestattet, seine Schüler privat in seinem Hause unterrichten zu dürfen. Er entfloh dem umtriebigen Paris und siedelte sich etwa 15 Kilometer von Paris entfernt an.
    Über die Art seines Unterrichts gibt es sogar Berichte eines seiner Schüler - Adolph Adam - die aussagen, dass er sich lobend über Grétry und Rossini äußert, was am Conservatorium nicht en vogue war. Er scheint bei seinen Schülern sehr beliebt gewesen zu sein.


    Boieldieu komponierte weiterhin eine Menge gefälliger Stücke und bekam Anerkennung und Auszeichnungen, aber der Höhepunkt seines Lebens war dann am 25. Dezember 1825 gekommen, es war der Tag der Uraufführung seiner dreiaktigen Oper »La dame blanche«.
    Das Werk gilt seither als eine der wichtigsten französischen Opern und Hauptwerk der Gattung Opéra comique. Einige Superlative zu dem Erfolg der Oper wären zu nennen, als Beispiel soll dienen, dass »La dame blanche« am selben Theater schon 1862 zum tausendsten Male über die Bühne ging, ein Erfolg, der weit über die Lebenszeit des Komponisten hinausging.
    Als Carl Maria von Weber 1826 auf der Durchreise nach London Boieldieus »La dame blanche« zwei Monate nach der Premiere an der Opéra comique hörte, war er derartig begeistert, dass er sofort an Heinrich Marschner in Dresden schrieb: »Welch charmante Musik! Nichts Schöneres wurde seit Mozarts "Figaro" geschrieben. Sofort übersetzen und herausbringen! Welcher Fund für unser Repertoire!« Auch Richard Wagner war angetan.
    Eine Gegenstimme - ganz allgemein zu Boildieus Musik - kam von Berlioz, der eine Armut der Tonalität kritisierte, aber Boieldieu war eben ein Mann der Melodie ...


    Nachdem Boieldieus Frau, die Tänzerin, von der er seit seiner St. Petersburger Zeit getrennt lebte, 1826 gestorben war, heiratete er am 23. Januar 1827 seine Konkubine, die Sängerin Jenny Phillis-Bertin.


    Nach dem überwältigenden Erfolg der weißen Dame, kam mit Boieldieus nächster Oper »Deux nuits« die herbe Enttäuschung, er hatte seinen Zenit überschritten, das Publikum erwartete noch Größeres und reagierte enttäuscht. Ihm, dem vom jahrelangen Erfolg Verwöhnten, schlug das auf die Gesundheit, welche sich zusehends verschlechterte; seine Stimme wurde infolge eines Luftröhrenleidens immer schwächer, so dass er am Konservatorium nicht mehr unterrichten konnte.
    Die Julirevolution 1830 verschlechterte auch noch seine finanzielle Situation, weil er seiner einträglichen Hofämter beraubt wurde. Auf ärztliches Anraten hielt er sich lange Zeit in Südfrankreich, den Pyrenäen und in Pisa auf. Erst im Spätsommer 1833 kehrte er nach Paris zurück. Aus dem Fonds der beaux-arts ließ man ihm 3000 Francs zukommen, die er allerdings nicht mehr so richtig genießen konnte. Im Sommer 1834 begab er sich nochmals nach dem Süden und suchte Heilung bei den Quellen von Eaux-Bonnes, einem kleinen Pyrenäen-Badeort, und glaubte sogar etwas Heilung zu spüren, aber das war ein Trugschluss. Auf der Durchreise durch Bordeaux erkrankte er so schwer, dass man um sein Leben bangte, aber nochmals konnte er sich etwas erholen und nach Paris zurückkehren, genauer gesagt, in sein Landhaus in Jarcy bei Brunoy, wo Adrien Boieldieu am Nachmittag des 8. Oktober 1834 starb. Die Trauerfeier fand am 14. Oktober in Paris, seiner langjährigen Wirkungsstätte, statt, aber es gab auch noch eine Beisetzungsfeier in seiner Heimatstadt Rouen, über die damals in vielen Blättern berichtet wurde; als Beispiel sei hier einer dieser Berichte zitiert:


    »Das Herz Boieldieu´s, welches des Komponisten Witwe Rouen, der Vaterstadt ihres Gatten, geschenkt hatte, und das seit 1834 in der dortigen Kirchhofskapelle aufbewahrt wurde, ist am 9. Juni in dem Monumente, welches die Stadt ihrem Landsmanne errichtet, beigesetzt worden. Die Witwe und ihr Sohn (Adrian Boieldieu) verrichteten selbst die feierliche Handlung in Gegenwart des Maire und vieler Einwohner Rouens.«



    An der Seite des Grabdenkmals erscheint die kontrastarme Schrift nur schemenhaft und ist schwer lesbar, aber es scheint so, als seien Boieldieus Opern hier aufgezählt.


    Praktische Hinweise:
    Das Grabmal befindet sich auf dem Friedhof Cimetière du Père-Lachaise (Division 11, etwa 300 Meter vom Haupteingang entfernt) in Paris -
    16, rue du Repos - erreichbar mit den Metro-Linien 2 oder 3.

  • Zum heutigen 180. Todestag



    Im Grab ruhen auch Hummels Ehefrau, die Schwiegertochter und zwei Enkelkinder.



    Das von Mohnkapseln umrahmte Bildnisrelief Hummels wurde nach einem Werk von Adolph Straube geschaffen. Es ist in Zinkguss gefertigt und blattvergoldet.


    Er war Klavierschüler Mozarts und mit Goethe befreundet, das zeigt schon an, dass J. N. Hummel zu den bedeutenden Persönlich gehört.


    Johann Nepomuks Geburtsstadt gehörte damals zu Ungarn und ist heute die slowakische Hauptstadt Bratislava, etwa eine Autostunde von Wien entfernt.
    Als achtjähriges Kind zog Johann Nepomuk mit seinen Eltern nach Wien, wo sein Vater, Johannes Hummel, der Geiger und Kapellmeister war, als Kapellmeister am von Emanuel Schikaneder geleiteten Theater an der Wieden engagiert war.


    Natürlich wurde der Knabe von seinem Vater an die Musik herangeführt, und die besondere Begabung des Jungen kam zutage. Ab 1786 war Johann Nepomuk Klavierschüler bei W. A. Mozart, in dessen Haus er zwei Jahre verbrachte. Recht bald startet er seine Karriere als pianistisches Wunderkind. Bereits 1787 konzertierte er unter Mozarts Betreuung in Dresden.
    Schon im folgenden Jahr unternimmt er zusammen mit seinem Vater ausgedehnte Konzertreisen, die ihn unter anderem auch nach Prag, Deutschland, Dänemark, England und die Niederlande führen.


    Wieder mit reichen Erfahrungen nach Wien zurückgekehrt, setzt er seine Studien bei Johann Georg Albrechtsberger, Antonio Salieri und Joseph Haydn fort. Auch bei Haydns »Salomon-Konzerten« in London hatte J. N. Hummel 1792 mitgewirkt.
    Auf Empfehlung von Meister Haydn kam der 26-jährige Hummel als »Concertmeister« der Fürstlich Esterházyschen Hofkapelle nach Eisenstadt. Hier sollte Hummel als Assistent und Vertreter Haydns wirken, aber da Haydn meist abwesend war, gestaltete sich Hummels Arbeit praktisch so, dass er an die Stelle Haydns getreten war, Hummel legte sich da zunächst mächtig ins Zeug, aber zum Kapellmeister konnte er bei Hofe nicht aufrücken, weil amtlicherseits Haydn diese Position innehatte.


    Das muss den selbstbewussten Hummel, der ja bereits beifallsumrauschte Konzert-Fernreisen hinter sich gebracht hatte, irgendwie gewurmt haben, denn er betrieb seine Amtsgeschäfte eher lässig; für den Esterházyschen Hof war Hummel hauptsächlich als Komponist von Kirchenmusik tätig, interessierte sich aber intensiv für das, was in Wien angesagt war. Es gab ein längeres Hin und Her, das dann schließlich 1811 mit der Entlassung Hummels endete.
    Er ging wieder nach Wien zurück, wo er seinen Lebensunterhalt durch Unterrichten sicherte und sich der Komposition von Klaviermusik widmete. Wenn man seine Klaviermusik betrachtet, stellen seine Kompositionen eine Art Bindeglied zwischen Mozart und Chopin dar.
    Hummel hat ja keine Sinfonien geschrieben, sondern vorwiegend Klaviermusik und sich in diesem Genre eher den leichteren Dingen zugewandt.


    1812 lernte Hummel die Sängerin Elisabeth Röckel kennen, die er am 16. Mai 1813 heiratet. Die Trauung fand in der Wiener Pfarrkirche St. Joseph statt; einer der Trauzeugen war Antonio Salieri. Nichts Genaues weiß man nicht, aber es gibt Vermutungen, dass Elisabeth Röckel Beethovens »Elise« sein könnte, weil diese sich zwar Elisabeth nennt, aber bei der Taufe ihres ersten Kindes vom Pfarrer des Stephansdoms als »Maria Eva Elise« registriert wurde.


    Unbestritten ist, dass beide Beethoven gut kannten. Beethoven und Hummel achteten sich gegenseitig; in der Literatur findet sich die vielsagende Formulierung, dass sie sich in »kriesenanfälliger Freundschaft« verbunden waren. Als Hummel 1816 Wien verließ, schrieb Beethoven für ihn als Abschiedsgruß den Kanon »Ars longa, vita brevis« (WoO 170).
    Die Situation in Wien war so, dass sich um Beethoven und Hummel zwei Lager gebildet hatten, die für eine Konkurrenzsituation standen. Die Anhänger Hummels warfen Beethovens Spiel Mangel an Klarheit vor und die Beethoven-Anhänger kritisierten die monotone Spielweise Hummels.
    Man kann heute zwar solche Dinge lesen, sich aber kein eigenes Urteil bilden. Tatsache ist, dass der Name Beethoven heute einen weltweiten Bekanntheitsgrad hat, während der Name Hummels im Laufe der Jahre verblasst ist.
    Im März 1827 reiste Hummel mit seiner Frau und dem Schüler Ferdinand Hiller nochmal nach Wien und besuchten den todkranken Beethoven. Hummel nahm dann auch an der Beerdigung Beethovens nicht nur teil, sondern bereicherte die Feier durch sein Improvisationstalent. Gesichert ist heute, dass der finanziell besser gestellte Hummel Beethoven unterstützte.


    Als Hummel die Sängerin Elisabeth Röckel heiratete, war er in Wien als privater Musiklehrer tätig und kehrte erst 1814 wieder aufs Konzertpodium zurück.
    1816 trat er dann in Stuttgart die Nachfolge Konradin Kreutzers als Kapellmeister an; seine Frau soll dort auch noch zwei Auftritte gehabt haben, dann gab es Querelen mit der Intendanz, was zur Folge hatte, dass sie sich ganz von der Bühne zurück zog. Aber die Arbeitsbedingungen in Stuttgart verleideten auch dem Gatten eine längerfristige Tätigkeit in der Stadt, es gab erhebliche Schwierigkeiten mit der Kulturbürokratie. Wie in Eisenstadt auch, schied er hier im Unfrieden.


    Nach dem kurzen Stuttgarter Engagement wurde Johann Nepomuk Hummel im Februar 1819 zum Hofkapellmeister in Weimar berufen. Die Situation in Weimar war so, dass dort Kapellmeister Müller gestorben war und man nach einem namhaften Nachfolger suchte. In die engere Wahl kamen Carl Maria von Weber in Dresden, Peter Joseph von Lindpainter in München und Johann Nepomuk Hummel in Stuttgart. Der damals Berühmteste war Hummel. Man kann sich in Weimar Hummel nur leisten, weil Maria Pawlowna, Großfürstin von Russland und Schwester des Zaren, - eine Stütze des Weimarer Kulturlebens - einen beträchtlichen Teil von Hummels Jahresgehalt, das waren üppige 1.800 Taler, aus ihrer Privatschatulle beisteuert.
    Der Herr Hofkapellmeister gehört zu den ausgewählten Gästen Goethes, der ihn als »unser nicht hoch genug zu preisender Kapellmeister« schätzt. Hummel besitzt in Weimar ein stattliches Haus mit angebautem Konzertsaal, wo er ab 1823 musikalische Soiréen gibt.


    Das Weimarer Amt bietet zudem auch noch die Vergünstigung von drei Monaten garantiertem Urlaub im Jahr, was Hummel für ausgedehnte Konzertreisen nutzen kann. Er kommt nochmal viel herum: nach Russland, den Niederlanden, Polen, England ...
    Seine letzte Konzerttournee nach Wien konnte dort keine Begeisterungsstürme mehr entfachen, die Zeit war weiter geschritten, sein Klavierspiel war aus der Mode gekommen. Er bevorzugte weiterhin die leichtgängigen und hell klingenden Wiener Hammerflügel, wogegen sich inzwischen in der Konzertszene die dynamischeren englischen und französischen Instrumente durchgesetzt hatten.


    Insgesamt war seine Lebensleistung beachtlich; neben seiner frühen und glanzvollen Pianistenkarriere, hat er eine Menge Kompositionen hinterlassen und in den 18 Jahren seines Weimarer Wirkens 78 Opernerst- und -uraufführungen am Hoftheater verantwortet.


    Praktische Hinweise:
    Die Friedhofsadresse lautet: Berkaer Straße 43, 99425 Weimar
    Wenn man vor dem Gebäude der Fürstengruft steht und auf den Eingang blickt, wendet man sich etwa 50 Meter nach rechts und kommt zur Grabanlage der Familie Goethe. Dort wendet man sich am leicht ansteigenden Weg 70 Schritte nach links und findet das Grab direkt an der westlichen Mauer.



    Diese russisch orthodoxe Kirche wurde - um 1860 - als Grabkapelle für die russische Großfürstin Maria Pawlowna errichtet. Sie befindet sich auf dem historischen Friedhof in Weimar, direkt hinter der Fürstengruft, in der auch Goethes Sarg steht, und ist mit dieser unterirdisch verbunden.


  • Zum heutigen Geburtstag des Musikers Ferdinand von Hiller



    Ferdinand von Hiller nimmt in der Musikgeschichte eine ganz eigenartige Position ein. Wird sein Name genannt, so erzeugt das beim »normalen« Musikfreund oft die Frage, wer war denn das?
    Nun, er war Komponist, Interpret und Musikvermittler. Soll der letztgenannte Begriff erläutert werden, ist zu vermitteln, dass Hiller musikpädagogisch, musikschriftstellerisch und musikorganisatorisch tätig war. Einmalig ist wohl seine Korrespondenz von mehr als 10.000 Briefen, die 34 Bände füllen. Und Hiller korrespondierte nicht mit Krethi und Plethi, da sind fast alle vertreten, die damals in der Musikwelt einen großen Namen hatten und natürlich war das nicht nur auf Musiker beschränkt, Hiller korrespondierte auch mit herausragenden Vertretern der anderen Künste.
    In seinem Nachlass finden sich seine seit1842 geführten Tagebücher, ein Autographenalbum und vieles mehr, was für die Musikforschung eine schier unerschöpfliche Fundgrube ist ...


    Ein kurzer Abriss zum Leben und Wirken des Ferdinand von Hiller


    Der kleine Ferdinand hatte hervorragende Starthilfen ins Leben. Er wurde in eine wohlhabende Familie hineingeboren, sein Vater war der jüdische Kaufmann Justus Hiller. Schon der junge Ferdinand hatte von Kindesbeinen an Kontakt zu großen Musikern, denn die Herren Spohr und Moscheles verkehrten in seinem Elternhaus.
    Diese hochqualifizierten Besucher erkannten die besondere Begabung des Jungen und die betuchten Eltern konnte es ermöglichen, dass ihr Sohn bei Aloys Schmitt eine ordentliche musikalische Unterweisung bekommen konnte. Aloys Schmitt war nicht irgendein Musiklehrer, sondern ein Musiker, der ein ganz ansehnliches Wirkungsfeld hatte, er machte seinen Schüler auch mit Felix Mendelssohn Bartholdy bekannt, als die Familie Mendelssohn 1822 auf ihrer Schweiz-Reise in Frankfurt war.
    Ferdinands nächster Lehrer war eine europäische Berühmtheit; sein Vater schickte den Jungen zu Johann Nepomuk Hummel nach Weimar, eine erste Adresse!
    In Weimar ergab es sich dann, dass der Klavierschüler Hiller dem großen Johann Wolfgang von Goethe Hummels Klavierkonzert in a-Moll vorspielen durfte - Goethe schreibt dem jungen Pianisten in Anerkennung seines Talents sogar einen Achtzeiler in sein Album.
    Im Frühjahr 1827 reist er mit den Hummels bei schlechten Wetterbedingungen nach Wien, um dort den schwerkranken Beethoven zu besuchen, und der junge Hiller lernte dort sogar noch Franz Schubert kennen.


    Wenn man Ferdinand Hillers Leben und Wirken überblickt, ist es fast unglaublich, mit wie vielen berühmten Leuten er zusammentraf und auch noch umfangreich korrespondierte.


    Im Oktober 1828 reist Hiller nach Paris und bleibt dort für die Dauer von acht Jahren. Hier trifft sich zu dieser Zeit fast alles, was in der musikalischen Welt einen Namen hatte:
    Hector Berlioz, Frédéric Chopin, Franz Liszt, Luigi Cherubini, Giacomo Meyerbeer, Gioachino Rossini ...
    Natürlich nimmt er an dort gängigen Salons teil, der Aufstieg des Frankfurter Bankhauses Rothschild strahlt bis Paris, so ganz unbekannt ist der Name Hiller in Jakob Rothschilds Salon nicht, auf dieser Basis konnten wichtige Kontakte geknüpft werden.
    Ferdinand Hiller bietet dabei - unter anderem - auch die französische Erstaufführung von Beethovens 5. Klavierkonzert an.


    Zu Beginn des Jahres1830 übernimmt Hiller, aufgrund seiner umfassenden Kenntnisse der Werke J. S. Bachs, an dem Institut »royale de musique classique et religieuse« für kurze Zeit sogar eine Professur für Orgelspiel.
    Mit Chopin schließt er eine enge Freundschaft - die über Chopins Tod hinaus Bestand hat - und man widmet sich gegenseitig seine Werke.
    1833 beeindruckt Hiller als Komponist im Pariser Konservatorium, wo neben anderen Werken auch seine 2. Symphonie aufgeführt wird.


    Als sein Vater starb, kehrte er für kurze Zeit nach Frankfurt zurück und übernimmt dort 1836/37 den Cäcilienverein. Nach diesem kurzen Zwischenspiel reist Hiller nach Italien, wo er sich bis 1842 überwiegend aufhält. Hiller wollte die Kompositionen der klassischen Vokalpolyphonie vor Ort studieren und tat dies unter fachkundigster Anleitung, vor allem durch Abbate Baini, der als Koryphäe der Palestrina-Forschung galt. Hiller konnte sogar den Proben der päpstlichen Kapelle beiwohnen.


    Am 8. Januar 1839 wird in Mailand seine Oper »La Romilda« aufgeführt , aber diesem Werk ist kein Erfolg beschieden, die Oper fällt - trotz der Empfehlung Rossinis - durch.
    Einen sehr großen Erfolg konnte Hiller jedoch mit seinem Oratorium »Die Zerstörung Jerusalems« verbuchen, das er im Gewandhaus zu Leipzig zum ersten Male aufführte, und das anschließend in vielen europäischen Konzertsälen aufgeführt wurde - dann verschwand es von den Spielplänen und war über mehr als hundert Jahre nicht mehr zu hören.


    1840 heiratet Hiller die 20-jährige polnische Sängerin Antolka Hogé, die unter anderem auch an der Mailänder Scala engagiert war. Mendelssohn muss wohl über Hillers Frau eine negative Bemerkung gemacht haben, die zum irreparablen Bruch der Freundschaft führte. Dessen ungeachtet pries Hiller nach dem frühen Tod Mendelssohns dessen musikalische Qualitäten, das war keine Frage.
    Vordem ist diese Freundschaft vielfach belegt; anlässlich der Hochzeit Mendelssohns komponierte Hiller 1837 das Hochzeitslied »Weibliche Matadore« und leitete bei den Hochzeitsfeierlichkeiten einen kleinen Chor, der das Lied vortrug. Einige Jahre später, 1843/44, hatte Mendelssohn in Berlin zu tun und Hiller übernahm das Gewandhausorchester in Vertretung.


    Schumann und Hiller begegneten sich zu dieser Zeit erstmals, als Hiller sich dann 1844 in Dresden niederließ, intensivierte sich seine Freundschaft mit den Schumanns.
    In Dresden hatte Hiller 1845 einen Debattierclub geistreicher Leute gegründet, den man »Hillerkränzchen« nannte, Robert Schumann und Richard Wagner waren hier auch dabei, wobei letzterer in diesem Zirkel einmal seinen »Lohengrin«-Text vorlas.
    In Dresden etablierte Hiller auch noch die Abonnementskonzerte und war danach dann in Düsseldorf als Vertretungsdirigent tätig.


    Mehr als drei Jahrzehnte, nämlich von1850 bis 1884, wirkte Ferdinand Hiller in Köln als Städtischer Kapellmeister und machte sich einen Namen als Gründer und Direktor des Konservatoriums. Die Gürzenichkonzerte standen ebenfalls unter seiner Leitung, hier bot er erstrangige Solisten auf.
    Unter seiner Ägide war in Köln und im Rheinland musikalisch einiges geboten! Hiller übernahm viele Male die Leitung der Niederrheinischen Musikfeste, die ein Niveau hatten, von dem man heute nur noch träumen kann ...
    Allein wenn man sieht, welche Persönlichkeiten jeweils die Leitung innehatten, lässt sich in etwa erahnen, was da so geboten war: Felix Mendelssohn Bartholdy, Franz Lachner, Johannes Brahms, Richard Strauss ...
    Als Solisten traten Künstler auf wie zum Beispiel: Jenny Lind, Clara Schumann, Joseph Joachim, Marie Wilt ... und schließlich auch - 1877 - Guiseppe Verdi mit einem Gastauftritt als Dirigent seiner »Messa da Requiem«


    Aber Hiller beschränkte sich nicht nur auf seine Tätigkeit im Rheinland, er unternahm noch Konzertreisen in zahlreiche europäische Länder, 1851/52 war er zum Beispiel Dirigent an der Italienischen Oper in Paris.
    Im Laufe seines Lebens erhielt Hiller zahlreiche Ehrungen; zwei dieser Würdigungen seien hier genannt: 1868 verlieh ihm die Universität Bonn den Ehrendoktortitel und ab 1875 durfte er sich Ferdinand von Hiller nennen.
    In einem Konzert der Sing-Akademie zu Berlin, war unter anderem der »Song of Victory« zu hören, ein Lied, das Hiller 1871 aus Anlass des gerade beendeten Deutsch-Französischen Krieges komponiert hatte und das ihm - weil er es dem deutschen Kaiser gewidmet hatte - den Adelstitel bescherte.


    Ferdinand von Hiller zählte in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu den renommiertesten, einflussreichsten und vielseitigsten Persönlichkeiten des deutschen und internationalen Musiklebens. Nun scheint es verwunderlich, dass ein so vielseitiger Musiker, der ein ausgezeichneter Pianist, Dirigent, Musikschriftsteller und Organisator war, heute weitgehend unbekannt ist. Das dürfte zunächst etwas mit der »Neudeutschen Schule« zu tun haben, die sich zum Ende der 1850er Jahre in Weimar etabliert hatte - man stufte nach diesen Maßstäben Hiller, der die romantische Richtung vertrat, als konservativ ein. Er hinterließ mehr als zweihundert Werke, sein Œuvre weist allein 6 Opern auf, dazu kommen Kompositionen praktisch aller Musikgattungen, sogar eine Operette ...
    Und Hiller gab sein musikalisches Wissen weiter, seine bekanntesten Schüler sind Engelbert Humperdinck und Max Bruch.



    Von der Trauerhalle aus geht man auf dieses Denkmal zu, ganz in der Nähe ist übrigens auch das Grab von Wolfgang Anheisser.


    Praktische Hinweise:
    Das Grab befindet sich auf dem Melaten-Friedhof in Köln, Aachener Str. 204, 50931 Köln
    Ferdinand von Hillers Ruhestätte ist am besten zu erreichen, wenn man den Eingang an der Pius Straße benutzt, wo sich auch die Trauerhalle befindet. Auf dem recht breiten Weg geht man geradeaus auf ein großes Denkmal zu und wendet sich dort nach rechts; nach wenigen Schritten findet man dann auf der linken Seite das Grab von Ferdinand von Hiller.

  • Wie schon häufiger geäußert: Herzlichen Dank, lieber hart, für die Bilder über die Grabstätten großer Künstler und die ausführlichen Kommentare. Kürzlich hatte ich Gelegenheit zusammen mit Frau Ursula Moll, der Witwe des berühmten Bassisten Kurt Moll, die Grabstätte von Kammersänger Kurt Moll auf dem Melaten-Friedhof in Köln zu besuchen. Es ist ein sehr großes Grab auf dem bereits ein denkmalgeschütztes Monument steht, das erhalten werden muss. Die Planungen, wie das Grab von Kurt Moll gestaltet werden soll, geben Anlass zu der Hoffnung, dass eine besonders würdige Gedenkstätte entstehen wird. Nicht weit davon ist das Grab von Wolfgang Anheisser. Wenn die Grabstätte fertig ist, wirst Du lieber hart diese sicherlich in Deine Beiträge aufnehmen. Da niemand prädestinierter ist dies zu tun, überlasse ich mit Freude die Würdigung Dir.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Es ist ein sehr großes Grab auf dem bereits ein denkmalgeschütztes Monument steht, das erhalten werden muss.




    Lieber Operus,
    natürlich bin ich am Grab von Kurt Moll nicht vorbei gegangen ...
    In der Tat ist das ein sehr schönes und altehrwürdiges Grab, das diesem großen Künstler angemessen ist.

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  • Zum heutigen Todestag von August Bungert



    Friedrich August Bungert, so die vollständige Schreibweise seines Namens, wuchs in wohlhabenden Verhältnissen mit zwei jüngeren Schwestern auf. Sein Vater, Hermann Bungert, war von Beruf Färber, hatte sich dann aber in verschiedenen Sparten kaufmännisch betätigt und es zu einen gewissen Wohlstand gebracht, seine Frau ist früh gestorben.
    Der Berufswunsch von August, Musiker zu werden, passte dem Vater überhaupt nicht, er hätte seinen Sohn lieber als tüchtigen Kaufmann oder Arzt gesehen.


    Schon in seiner Gymnasialzeit fiel Augusts musikalisches Talent seinem Lehrer auf. Nach seinem gymnasialen Abschluss kehrte der junge Bungert dem Vaterhaus den Rücken und nahm seinen Wohnsitz in Köln, das eine knappe Autostunde entfernt ist, er war 16 Jahren alt.
    Dort besuchte er das Konservatorium und war Schüler von Hubert Ferdinand Kufferath, dessen Bruder, Heinrich Kufferath, den Jungen im Gymnasium unterrichtet hatte.
    Nun geschah es, dass Mathilde Bruch, des Komponisten Max Bruch innig geliebte Schwester, die er »Till« nannte, vom »Conservatoire de Paris« den Auftrag hatte, einen begabten Musiker für eine Ausbildung in Paris auszuwählen. Seine Reaktion auf diese Wahl schildert Bungert selbst so:


    »Ohne Überlegung sagte ich sofort zu. Galt doch Paris vor 1866 als künstlerischer Mittelpunkt, den jeder ausübende Musiker besucht haben musste, um zu Ruf und Ansehen zu gelangen«


    Als der Sohn sich dann in Paris finanziell mit dem erteilen von Klavierstunden über Wasser halten musste, bewog das den Vater dann doch, eine kleine Unterstützung nach Paris zu transferieren. In Paris kam der junge Bungert zwar mit berühmten Namen wie zum Beispiel Rossini, Auber, Berlioz ... in Tuchfühlung, aber zu intensiven Kontakten reichte es offenbar nicht, weshalb Bungert 1869 wieder nach Deutschland zurückkehrte. In Bad Kreuznach nahm er eine Stelle als Chorleiter an und avancierte später dann zum Direktor des Kurorchesters.
    Und er kam hier auch zumindest in die Nähe der Wagnerschen Gedankenwelt mit seinem dramatisches Festspiel für das deutsche Volk »Hutten und Sickingen«, op. 40, welches in einem eigens dafür errichteten Festspielhaus in Kreuznach, anlässlich der Einweihung des Cauerschen Denkmals auf der Ebernburg bei Münster am Stein, insgesamt 24 Vorstellungen erlebte.
    Bungert begeisterte aber die Musikfreunde auch durch Klavierkonzerte und Aufführungen von Werken wie zum Beispiel Händels »Messias« oder Haydns »Schöpfung« und »Jahreszeiten«, Kurkonzerte im üblichen Sinne dürften das nicht gewesen sein.


    Diese Tätigkeit übte er bis 1874 aus, dann hatte er genug und übersiedelte nach Berlin, um bei dem Komponisten und Musikpädagogen Friedrich Kiel weitere Studien zu betreiben. Kiel war zuerst Lehrer am Sternschen Konservatorium, dann an der Akademischen Hochschule für Musik und besaß einen ausgezeichneten Ruf.


    In Berlin konnte Bungert für sein Klavierquartett Es-Dur op. 18 in einem Wettbewerb eine beachtliche Anerkennung erringen; eines der Jury-Mitglieder war immerhin Johannes Brahms. Das Preisgeld ermöglichte Bungert 1879 eine erste Italienreise mit seiner Schwester Mathilde. Dieser Reise sollten noch viele folgen. Da ist 1885 ein Sommeraufenthalt in Pegli, 15 km westlich von Genua, die Mietwohnung wird für 30 Jahre zur Dauereinrichtung, hier arbeitet er von 1888 bis 1892 an dem Zyklus »Homerische Welt«. Bei diesen Aufenthaltern lernt Bungert auch Friedrich Nietzsche und Guiseppe Verdi kennen.
    In Pegli schrieb er auch die Oper »Aurora«, deren Uraufführung 1884 in Leipzig stattfand.
    Aber eine für Bungerts späteres Leben ganz wichtige Sache war, dass er in Italien die Königin von Rumänien, Elisabeth de Wied, die als Carmen Sylva bekannt ist, trifft. Dank Sylva gewann er schließlich den begehrten Zugang zum höchsten Adel. Bungert war regelmäßig Gast in den königlichen Burgen von Wied und in den schwedischen und rumänischen Königshöfen.


    Die Königin dichtete und Bungert vertonte ihre Lyrik, sein Œuvre umfasst immerhin 362 Lieder, die meisten zwar königlichen Ursprungs, aber auch Texte von Goethe, Heine, Uhland, Lenau, Storm ... Fachleute meinen, dass wohl seine rheinischen Volkslieder das gewesen sind, was ihm wirklich lag.
    Eine der weltbesten Sängerinnen der Zeit, Lotte Lehmann, war eine glühende Bungert-Verehrerin, die Bayreuther Brünnhilde des Jahres 1896, schätzte seine Lieder.
    Nach ihrer physischen Erschöpfung im Winter 1892 beschäftigte sie sich intensiv mit den Liedern August Bungerts, viele auf Texte von Carmen Sylva 1893 war sie Gast der Königin auf Schloss Segenhaus bei Neuwied am Rhein, in der Folge entwickelte sich eine Freundschaft mit der dichtenden Monarchin.


    Ab 1896 wurden die vier Teile seines Hauptwerkes, des Opernzyklus »Homerische Welt« in Dresden uraufgeführt. Was die weiteren Aufführungen betrifft, gehen die Angaben in der Literatur weit auseinander.
    WIKIPEDIA meint:


    »Bis 1910 folgten mehr als 100 weitere Aufführungen in ganz Europa. Bungert galt in dieser Zeit als Antipode von Richard Wagner. Wagners Werke hatten Themen aus der nordischen Mythologie zum Gegenstand, Bungerts Libretti bezogen ihre Stoffe hingegen aus der griechischen Klassik.«


    Der Autor Jürgen Gauert meint dagegen:


    »Die Hamburger Oper spielte die drei ersten Opern in den darauf folgenden Jahren nach. In Berlin kam es 1899 dagegen nur zu einer Inszenierung von „Odysseus Heimkehr“ Wegen der mangelnden kompositorischen Qualität kam es dort und an anderen Bühnen zu keinen weiteren Einstudierungen.«

    »Homerische Welt«


    Teil I: »Kirke« (Vorspiel: »Polyphemos«, Musik-Tragödie in drei Akten, op. 30/1
    Uraufführung: 29. Januar 1898, Hofoper Dresden
    Teil II: »Nausikaa« Vorspiel: »Die Sirenen und Odysseus' Strandung«, Musik-Tragödie in drei Akten, op. 30/2
    Uraufführung: 1887, Leipzig Erstfassung
    Uraufführung: 20. März 1901, Hofoper Dresden Zweitfassung
    Teil III: »Odysseus' Heimkehr« Vorspiel: »Telemachos' Ausfahrt«, Musik-Tragödie in drei Akten, op. 30/3
    Uraufführung: 12. Dezember 1896, Hofoper Dresden
    Teil IV: »Odysseus' Tod« Vorspiel: »Telegonos' Abschied« Musik-Tragödie in drei Akten, op. 30/4
    Uraufführung: 30. Oktober 1903, Hofoper Dresden


    Der Komponist sprach vom Riesenwerk seines Lebens; dass er sich an Richard Wagner orientierte ist offensichtlich, auch der Text stammt aus eigener Feder. Da wird es dann mitunter etwas peinlich und die Kritik stürzt sich natürlich auf einen Satz aus »Odysseus Heimkehr«
    Man muss das aber bei einem Grabbesuch nicht plakativ hervorholen, zumal wenn man das Gesamtwerk eines Menschen nicht gründlich kennt.


    1911 erhielt Bungert eine Professur an der Universität Leipzig und hielt dort mehrere Vorträge zu seiner Arbeit. 1912 begann der Kurort Wiesbaden ein Bungert-Festival, das viel Interesse weckte.
    Bereits 1897 schrieb Bungert einen Brief an den Oberbürgermeister des Kurorts Godesberg und regte an, »ein Festspielhaus ersten Ranges« zu bauen; er wollte, auch ganz wie Richard Wagner, den Bau durch Spenden finanzieren, die Stadt sollte lediglich das Grundstück zur Verfügung stellen. Bungert wollte hier sein monumentales Werk in Szene setzen, aber auch anderen großen Meistern ein Forum bieten. das Grundstück am Rheinufer war bereits erworben, aber sowohl finanzielle Engpässe als auch Antipathien verhinderten schließlich, dass dieser Plan umgesetzt werden konnte.


    Da lief die Sache mit Bungerts Villa am Rheinufer von Leutersdorf wesentlich besser. 1894 übertrug ihm Sylva das Eigentum an einem Haus mit großem Garten, ein Kölner Architekt hat es im ionischen Stil garniert. Der Komponist sparte an nichts und stattete das Haus mit teuren Möbeln, Kunstwerken und Souvenirs aus. Schon 1890 hatte ihm Sylva einen teuren Bechstein-Flügel spendiert. In dieser Zeit konnte er seine größten künstlerischen Triumphe feiern, besonders mit der Vertonung von Sylvas Poesie und seinen Rhein-Liedern.


    August Bungert starb nach längerer Krankheit am 26. Oktober 1915 in seinem Haus in Leutesdorf, man sagt, er sei verbittert gewesen und habe am Ende seiner Tage einsam gelebt. Als evangelischer Christ durfte er nicht auf dem Friedhof im streng katholischen Leutesdorf beerdigt werden. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Feldkirchen in Neuwied.



    Praktischer Hinweis:
    56567 Neuwied-Feldkirchen, etwa 7 Kilometer von der Stadt Neuwied entfernt
    Das Grabdenkmal findet man gleich am rechten Rand, nachdem man an den kleinen Gebäuden vorbeigegangen ist.




  • Gedenken zum heutigen Geburtstag von Carlotta Patti


    Bei Sängerinnen mit dem Namen Patti kann es schwierig werden, diese auseinander zu halten, denn alle waren herausragende Leistungsträger in Sachen Gesang. Neben Carlotta Patti gibt es noch ihre Schwester Amelia Patti (1831-1915), und die berühmteste der drei Schwestern war unbestritten Adelina Patti (1843-1919), deren Lebenslauf aus einer Anhäufung von Superlativen besteht.


    Carlotta Pattis Mutter, Chiesa Barili-Patti, hieß mit ihrem Mädchennamen Caterina Chiesa und heiratete in erster Ehe den Komponisten und Gesangslehrer Francisco Barili.
    Nach dem Tod ihres ersten Ehemannes heiratete die verwitwete Sängerin 1830 den Tenor Salvatore Patti, der sich auch als Regisseur betätigte.
    Aus der ersten Ehe von Carlottas Mutter gingen eine Opernsängerin und drei Opernsänger hervor, der Ehe mit Salvatore Patti entstammten die drei berühmten Patti-Töchter. Es wird äußerst kompliziert, wenn man darstellen soll, wer mit wem auf der Opernbühne stand ...


    Aber Carlotta Pattis bevorzugtes Wirkungsfeld war eigentlich nicht die Opernbühne, sondern der Konzertsaal. Schon im Kindesalter hatte sie einen unglücklichen häuslichen Unfall gehabt, aus dem eine Gehbehinderung resultierte, die immerhin so ausgeprägt war, dass sie beim Aufstieg zum Podium von ihrem Begleiter gestützt wurde.
    Aber wenn sie erst mal da oben stand, war sie in der Lage ihr Publikum zu begeistern, was aus Berichten hervorgeht, die bekunden, dass sie es 1865 in Wien fertigbrachte, innerhalb von vier Wochen vierzehn gut besuchte Konzerte zu geben.


    Carlotta Patti studierte zunächst bei dem berühmten Henri Herz Klavier und wechselte erst später zum Gesang. 1861 debütierte sie in New York sehr erfolgreich in einem Konzert in der dortigen Academy of Music. Man sagt, dass sie über einen Koloratursopran verfügte, für den es keine technischen Schwierigkeiten gab.
    1863 war sie erstmals in England zu hören, und zwar in einem Konzert in der Londoner Covent Garden Oper. Auch in anderen europäischen Musikmetropolen war sie gefragt und begab sich dann auch auf ausgedehnte Tourneen durch Nord- und Südamerika; 1880 bereiste die Sängerin sogar das ferne Australien.
    1879 heiratete sie den belgischen Cellisten Ernest de Munk, der ebenfalls einer hochmusikalischen Familie entstammte.


    Auch im Falle Carlotta Patti ist man mangels vorhandener Schallplattenaufnahmen auf die Kritik kompetenter Zeitgenossen angewiesen, weshalb hier ein Ausschnitt aus der Beurteilung von Eduard Hanslick angeboten wird, wohlwissend, dass Hanslick natürlich, wie fast alle Kritiker, einer bestimmten Richtung den Vorzug gab.


    Eduard Hanslick:
    »Wir haben uns mit der Stimme Carlotta Patti´s viel mehr befreundet, sie in den späteren Concerten schöner und volltönender gefunden, als am ersten Abend. Hin und wieder, z. B. in Gounod´s "Ave Maria," verrieth ein Ton von überraschender Kraft, daß diese silbertönige Stimme auch nach Seite des Volumens weniger stiefmütterlich bedacht sei, als sie in der Regel scheint. Diese und ähnliche Wahrnehmungen flößten uns Respect ein vor ihrem streng eingehaltenen Princip: Maß zu halten, die reine Schönheit des Tons niemals zu alteriren. Carlotta Patti vermeidet, auch nur der Grenze des Schreiens sich zu nähern, und wird, beiläufig gesagt, trotz ihrer angestrengten Thätigkeit ihre Stimme ohne Zweifel lange bewahren. Hierin erscheint sie als Zögling der besten italienischen Schule. Kein Zweifel, daß ihre leidenschaftslose Ruhe dieses Maßhalten sehr erleichtert, aber blos als "Kälte" können wir nicht mehr betrachten, was sich uns als ein consequentes - sei es auch einseitig ausgebildetes - Schönheitsprincip erwiesen hat. Es ist dasselbe Princip des reinen Wohllauts, das die Linien einer italienischen Melodie in schöner sanfter Rundung zieht. Ebensowenig als wir die Patti schreien oder meckern hörten, haben wir sie im Vortrag jemals übertrieben oder affectiert, in Haltung und Miene grimassirend gesehen. Bei Wagstücken wie das "Lachlied" oder der "Carneval von Venedig" will dies nicht wenig sagen.«


    Mit dem »Lachlied« meint Hanslick die Arie »C'est l'histoire amoureuse« aus dem ersten Akt von Daniel François Esprit Aubers Oper »Manon Lescaut«.
    Carlotta Pattis bevorzugte Partien waren die des italienischen Belcanto und eben auch Bravurstücke der französischen Musik, wo sie mit ihrer unwahrscheinlichen Höhe Triumphe feiern konnte. Man bezeichnete ihre Stimme als »silberglöckchenartig« und sprach von einem kalten, gläsernen Glanz. Es scheint also keine große, aber eine absolut exakt geführte und höhensichere Stimme gewesen zu sein.
    Gemanagt wurde die Sängerin von Bernard Ullman, einem recht agilen Impresario, der auch die Sängerin Henriette Sontag und die Pianisten Sigismund Thalberg und Henri Herz, vor allem in den USA ins rechte Licht rückte.
    Carlotta Patti unterrichtete nach ihrer aktiven Zeit noch in ihrem Haus in der Rue Pierre-Charron, unweit der Avenue Champs-Élysées.


    Praktischer Hinweis:
    Carlotta Patti hat ihr Grab auf dem Cimetiére de Montmartre - Division 28
    Adresse: 20 Avenue Rachel, 75018 Paris


  • Zum heutigen Geburtstag von Vincenzo Bellini




    Auf der Säule sind - lorbeerbekränzt - Städtenamen eingegraben, zu denen Bellini besonderen Bezug hatte: VIENNE, PARIS, LONDRES ...


    Die genetischen Veranlagungen des in der Nacht vom 2. zum 3. November 1801 geborenen Vincenzo waren zumindest im musikalischen Bereich hervorragend; der erstgeborene Sohn wurde in eine musikalisch äußerst begabte Familie hineingeboren, da waren nämlich sowohl sein Vater als auch der Großvater Kathedralkapellmeister. In einem solchen Umfeld blieb die außergewöhnliche Begabung des Knaben nicht verborgen und wurde entsprechend gefördert; zudem bekam er eine humanistische Ausbildung. Schon mit fünf Jahren spielte er Klavier und machte ein Jahr später bereits erste Kompositionsversuche, legt dann aber als Zwölfjähriger schon seine erste Vertonung eines geistlichen Textes vor.


    Aber nicht nur seine Familie förderte die musikalische Entwicklung des Jungen, die Stadt Catania unterstützte die Bemühungen ebenso, und auch die Herzogin von Sammartino war auf das heranreifende Talent aufmerksam geworden. Die Dame konnte es einrichten, dass der gerade mal 18 Jahre junge Bellini ins Konservatorium S. Sebastiano von Neapel aufgenommen wurde.
    Noch in seiner neapolitanischen Studienzeit, wo er Symphonien, Messen und andere Musikstücke komponiert, debütierte er 1825 am Sebastian-Kolleg mit seiner ersten Oper, »Adelson e Salvini«, die er dort als seine Abschlussarbeit zur Aufführung brachte.
    Ein Jahr später konnte er seine zweite Oper »Bianca e Fernando« bereits am angesehenen San-Carlo-Theater Neapel, dem Hoftheater der Bourbonen, aufführen, wo das Stück zumindest so gut aufgenommen wurde, dass sich ihm die Tür zur Mailänder Scala öffnete. Dort debütierte er 1827 mit seiner Oper »Il Pirata« und hatte damit einen ungeheuren Erfolg. Den Text zu diesem Werk lieferte der Librettist Felice Romani, der einen wesentlichen Anteil an Bellinis Erfolg hatte.
    Die Existenz dieser Erfolgsoper ist sogar noch kurz vor Goethes Tod bis nach Weimar gedrungen; Goethes langjähriger Freund, musikalischer Berater und berliner Horchposten, Carl Friedrich Zelter, hatte »Il Pirata« im Januar 1832 in Berlin gehört und war schwer beeindruckt.
    Aber da war Bellini schon längst zu weiteren Erfolgen geeilt und hatte im Februar 1829 an der Scala seine neue Oper »La Straniera« auf die Bühne gebracht und konnte seinen Erfolg an der Scala wiederholen, nun war ihm der Durchbruch endgültig gelungen.
    Mit »Zaira«, einer Oper. die er dann im Mai 1929 in Parma zur Aufführung brachte, war ihm kein Erfolg beschieden, das Werk fiel durch, wie man zu sagen pflegt.
    Seiner Weiterentwicklung tat das aber keinen Abbruch, Bellini konnte Ansprüche stellen und ein fruchtbares Umfeld zur Entstehung seiner nächsten Opern schaffen.»I Capuleti e i Montecchi« (Romeo und Julia) war sein nächster Wurf, wobei er praktisch dachte und Versatzstücke aus »Zaira« einfach einbaute. Das störte aber bei der Premiere am Teatro La Fenice niemand.


    «La sonnambula» (Die Nachtwandlerin), hieß das nun folgende Werk mit der Originalbezeichnung »Melodramma«, das am 6. März 1831 im Teatro Carcano in Mailand uraufgeführt wurde. Es gibt Berichte, die aussagen, dass Bellini eine Gage durchsetzen konnte, die Rossinis Spitzenhonorar weit übertraf.
    Anfang Januar 1831 hatte Bellini mit der Komposition begonnen, die er in knapp zwei Monaten am Comer See beendete. Sie trug seinen Ruhm weit über Mailand hinaus, nicht zuletzt deswegen, weil die zweite Giuditta seines Lebens, die Sopranistin Pasta, die Hauptrolle übernahm. Das Landgut der Pasta befand sich in unmittelbarer Nähe des Anwesens von Giuditta Turina.


    Diese Erfolgsserie hatte natürlich auch in Bellinis Lebensstil seine Spuren hinterlassen, man bedenke, dass er mit seinem ersten großen Erfolg, also der Oper »Il Pirata«, gerade mal 26 Jahre alt war. Wenn ein so erfolgreicher junger Mann auch noch als schöne Gestalt gesehen werden konnte, war es nicht verwunderlich, dass er auch bei der Damenwelt einigen Erfolg hatte.
    Da war zunächst die um zwei Jahre jüngere Giuditta Turina, Tochter des reichen Mailänder Seidenhändlers Giuseppe Cantú, die 17-jahrig mit dem Grafen Turina verheiratet wurde.
    Giuditta hatte ihrem Grafen innerlich schon längst ade gesagt, als sie Bellini am Comer See traf, wo die Dame umfangreichen Landbesitz hatte. Giuditta Turina war für Bellini keine flüchtige Begegnung, die junge Frau regte den Komponisten auch zu der Oper »La Straniera« an, die ihr auch gewidmet wurde. Diese Verbindung hatte etwa sechs Jahre Bestand.
    Rein beruflich hatte es der Komponist selbstverständlich auch mit Sängerinnen zu tun, für die er die herrlichsten Stücke schrieb; es wäre fast einem Wunder gleichgekommen, wenn man sich da nur auf das rein musikalische konzentriert hätte. 1830, während einer Reise nach Venedig, unterhielt Bellini Liebesbeziehungen zu den zwei Sängerinnen Giuditta Grisi und Brigida Lorenzani.


    Der Comer See muss Vincenzo Bellini auf ganz besondere Weise beflügelt haben, denn in 1831 entstand nicht nur «La sonnambula», sondern auch Bellinis absolutes Spitzenwerk »Norma«.
    Wer nun vermutet, dass im Folgenden von überschäumendem Jubel bei der Aufführung am Teatro alla Scala berichtet wird, ist enttäuscht. »Fiasco! Fiasco! Glanzvolles Fiasco!«, schrieb Bellini an einen Freund. Das Werk wurde vermutlich von Gegnern Bellinis, wahrscheinlich gegen Bezahlung - was damals nicht unüblich war -, ausgepfiffen. Als sich dann auch bei der zweiten Aufführung kein Erfolg einstellte und auch die Aufführungen in Neapel und Venedig eher kühl aufgenommen wurden, war die Enttäuschung des Erfolgsverwöhnten groß.
    Dessen ungeachtet, war er aber immer noch ein Komponist, der sich einen guten Namen gemacht hatte. Als solcher reiste er im Januar 1832 zusammen mit Giuditta Turina nach Neapel, wo er als nun Berühmter mit allen möglichen Ehren empfangen wurde.
    Während Giuditta zurück blieb, reiste Bellini Ende Februar mit einem Freund feudal nach Catania weiter - in einer mit vier Schimmeln bespannten Karosse geleitete man ihn von Messina nach Catania. Seine Familie stellte erstaunt fest, dass der Sohn in seiner Heimat zum »Halbgott« gemacht wurde. Etwa fünf Wochen verbrachte er in seinem Elternhaus und wurde in der Heimatstadt mit Ehrungen geradezu überschüttet.
    Er reiste zum Comer See zurück und konnte mit der Zeit beobachten, dass sich seine Oper »Norma« doch auf den Spielplänen durchzusetzen begann.


    Zwar war »Norma« 1833 auch schon in Wien aufgeführt worden, aber erst als die große Ausnahmesängerin Maria Malibran im Teatro San Carlo in Neapel die Titelfigur sang, begann für dieses Werk die Erfolgsgeschichte. Danach verbreitete sich die Oper zunächst in Italien; dann hörte man »Norma« in London und Paris mit Giuditta Pasta unter Bellinis Leitung.
    Die Erfolgsgeschichte setzte sich nach Bellinis frühem Tod fort.1854 konnte man »Norma« sogar im fernen New York hören. Auch Sängerinnen des 19. Jahrhunderts wie Giuditta Grisi, Jenny Lind ... und in viel späteren Jahren Maria Callas - kaum eine Sängerin der Operngeschichte hatte eine solch innige Beziehung zu der Rolle der Norma wie Maria Callas.


    In Bellinis Liebesleben gab es Trübungen, er trennte sich von Giuditta Turina und es ging das Gerücht, dass er die vermögende Tochter der Pasta »heirathe«. Die Scheidung der Giuditta Turina hatte einigen Staub aufgewirbelt, was den Vergötterten bewog, sich aus dem Staube zu machen.
    Seine nächste Oper »Beatrice di Tenda« kam in Venedig heraus, wobei das sachverständige Publikum anscheinend viel Musik aus »Norma« erkannte und meinte, dass man dann keiner neuen Oper bedürfe und gleich »Norma« spielen könne. Auch mit dem Librettisten Romani gab es Unstimmigkeiten.
    Also setzte man sich aus Italien ab und ließ sich zunächst in London mit »Norma« und »Beatrice di Tenda« feiern. Während er hier noch einstudierte und dirigierte, eröffnete sich für Bellini die Möglichkeit eine neue Oper für Paris fertigzustellen.


    Die Trennung von Giuditta Turina, das das politische Klima in Italien und das äußerst attraktive musikalische Umfeld in Paris, bewogen Bellini einen längeren Aufenthalt dort ins Auge zu fassen oder sich vielleicht dauerhaft dort niederzulassen.


    Im Spätsommer kommt Vincenzo Bellini ruhmbeladen nach Paris, wo sich auch andere Berühmtheiten der Zeit aufhielten: Berlioz, Paganini, Liszt, Chopin und Meyerbeer... auch sein Rivale Gaetano Donizetti war am Théâtre Italien mit engagiert, dem Rossini vorstand. Dort hatten sich auch viele gute italienische Stimmen versammelt.
    Bellini konnte sich in seinem Starruhm sonnen, war in den Pariser Salons gerne gesehen und erhielt sogar das Kreuz der Ehrenlegion aus der Hand der Königin von Frankreich, die eine geborene Sizilianerin war. Auguren glaubten zu wissen, dass Verhandlungen mit der Grand’Opera im Gange waren, auch ein weiteres Opernprojekt sei angedacht worden, sagt man ...


    In Paris verfügte Bellini nur über eine kleine Wohnung. Er wohnte außerhalb von Paris, in Puteaux, westlich von Paris, wo er in einem Landhaus logierte, in welchem sich der englische Geschäftsmann Mr. Lewys eingemietet hatte. Eigentümer des Anwesens war ein Musikprofessor namens Legigan.
    Wie auch schon in London und anderswo, wurde Bellini in der besseren Gesellschaft herumgereicht. Schließlich kam noch 1834 ein Opernvertrag mit dem italienischen Theater in Paris zustande, der die Aufführung von »I puritani« vorsah. Außergewöhnlich lange wurde am Text herumgebastelt, das zugrundeliegende Textbuch des Grafen Carlo Popoli erwies sich als schwach. Aber dann hatte sich der Komponist mit seinem ehemaligen Librettisten wieder versöhnt und er konnte das Werk bis Ende 1834 fertigstellen.
    Es muss ein wahres Bellini-Festival in Paris gewesen sein, denn man gab vor der Uraufführung der »Puritaner«, als Einstimmung auf das Ereignis, noch die Opern »La Straniera« und «La sonnambula». Waren schon diese Aufführungen umjubelt, muss die Uraufführung von »I puritani« die höchstmögliche Begeisterungsstufe erreicht haben, wozu auch die Leistung der Sängerin Giulia Grisi beigetragen haben mag.


    Im Spätsommer 1835 drang nach Paris die Kunde, dass Vincenzo Bellini da draußen in Puteaux erkrankt sei. Eine Fürstin veranlasste, dass ein Doktor nach dem Kranken sah; das ärztliche Bulletin war zunächst eher optimistisch gehalten, wurde dann aber recht bald besorgniserregend.
    In der Zeitung vom Donnerstag, 24. September, erfuhren die Leser, dass Vincenzo Bellini um 4 Uhr am vorhergehenden Tag gestorben war.
    Um seinen Tod bildeten sich viele Legenden, auch eine Vergiftung wurde in Erwägung gezogen, was zur Folge hatte, dass eine Autopsie vorgenommen wurde (die Ärzte Andreas Otte und Konrad Wink haben das Krankheitsbild aus heutiger Sicht in dem Buch »Krankheiten großer Musiker«, analysiert.)


    Der 2. Oktober soll ein verregneter Tag gewesen sein, als man für den großen Komponisten eine pompöse Trauerfeier im Invalidendom ausrichtete. Alles was Rang und Namen hatte war vertreten, insbesondere die Künstler, die auch den Sarg in einem langen Zug von Karossen zum Le Cimetière du Père-Lachaise begleiteten. Eine Kapelle von 120 Musikern ging dem Trauerzug voran. Am Grab segnete der hochbetagte Luigi Cherubini den Sarg.


    Rossini informierte die Familie in Catania und ordnete den Nachlass, der einen Wert von etwa 40.000 Franken darstellte. An vielen Orten in Italien wurde seiner gedacht und am Teatro San Carlo gab man »Norma«.


    Aber damit war die Geschichte noch lange nicht zu Ende. Bellinis Freund, Florimo, hatte angeregt, den großen Sohn der Stadt Catania heimzuholen. Und so geschah es dann auch nach 41 Jahren. Die vorliegenden Berichte schildern die Fahrt des toten Bellini sehr anschaulich und detailliert.


    Am 15. September 1876 hat man den Sarg aus dem Pariser Grab entnommen und auf eine Bahre geladen, die von acht schwarzen Rössern zum Bahnhof gezogen wurde. An Italiens Grenze hielt der Zug an und in jeder größeren Stadt auch, wobei stets entsprechende Feierlichkeiten abgehalten wurden.
    Eine Armada von hundert schwarzen Barken begleitete den Dampfer, der den Sarg von Reggio nach Sizilien überführte und in Catania unter Salutschüssen vor Anker ging.
    Man hatte das prächtigste Schiff der Flotte ausgesucht und in der Stadt läuteten alle Glocken; im Dom gab es groß angelegte Feierlichkeiten. Vincenzo Bellini hatte endlich nach Hause gefunden.



    Zwei Marmorengel tragen Bellini in den Himmel hinauf ...


    Aber immer noch konnte kein Schlusspunkt gesetzt werden. 1959 wurde der Leichnam noch einmal exhumiert, weil man festgestellt hatte, dass der Sarg in Verfall geriet. Nun ruht Vincenzo Bellini auf einem Monument aus Marmor und Bronze, Giovanni Battista Tassara hat es entworfen. Die Inschrift nimmt Bezug auf die kurze Lebensspanne des Komponisten Vincenzo Bellini, die noch nicht einmal volle 35 Jahre erreichte. Sie stammt aus «La sonnambula»: »Ah! non si credea mirarti si presto estinto, o fiore …« – (»O weh! Wir hätten nicht gedacht, dass du so früh verwelkst, du Blume …«)



    »Ah! non credea mirarti, si presto estinto o fiore«


    Praktischer Hinweis:
    Das verlassene Grabdenkmal befindet sich auf dem Pariser Cimetière du Père-Lachaise (Division 11), etwa 300 Meter vom Haupteingang entfernt.
    16, rue du Repos - erreichbar mit den Metro-Linien 2 oder 3.


  • Zum heutigen Todestag von Max Alvary, dessen Grab man leicht übersehen kann ...




    Sein bürgerlicher Name war eigentlich Maximilian Achenbach, von Beruf Architekt und Sohn eines berühmten Vaters. Kunstkenner werden sofort an das A und O der Landschaftsmalerei denken; an die Brüder Andreas und Oswald Achenbach.
    Der um zwölf Jahre ältere Andreas Achenbach war der Vater von Maximilian Achenbach, der sich dann als Opernsänger Max Alvary nannte.


    Maximilian hatte die zeichnerische Begabung vom Vater geerbt. Der Knabe fiel aber auch durch seine wohlklingende Stimme auf. Die Eltern hatten ihn in die Schule der Jesuitenpater nach Vaugirard bei Paris gegeben, dort sang er im Knabenchor. Weitere schulische Bildung erwarb er sich in einem Internat bei London. So gerüstet, konnte Maximilian Achenbach das Polytechnikum in Aachen besuchen. Seinen Militärdienst leistete er bei den Düsseldorfer Husaren ab, danach war er erfolgreicher Architekt. Er baute Villen am Rhein und hätte es auch in diesem Beruf mit großer Wahrscheinlichkeit zu Wohlstand bringen können.


    Neben seinen architektonischen Schöpfungen fiel, zunächst im Freundes- und Bekanntenkreis, seine wohlklingende Singstimme auf. Im Rheinland fällt eine solche Begabung noch schneller auf als andernorts. Sein Freundeskreis ermunterten ihn Berufssänger zu werden, aber Maximilians Vater mochte von einer Planung in dieser Richtung absolut nichts wissen, zumal Andreas Achenbach grundsätzlich nichts vom Theater hielt, wenn er sich schon mal mit dem Theater befasste, dann in Form lächerlicher Karikaturen der Bühnenakteure.


    Max Alvary war nicht nur mit einer außergewöhnlichen Stimme ausgestattet; spätere Rezensionen lobten in aller Regel seine Kombination von sängerischer und schauspielerischer Leistung, mitunter wurde auch darauf hingewiesen, dass der Sänger eine besondere Ausstrahlung auf die Damenwelt habe.
    Bei einer Dame ist es offensichtlich, der 22-jährige Maximilian Achenbach verlobte sich mit der 15-jährigen Thekla Thomas, die er in Düsseldorf kennengelernt hatte. Die Familien von Braut und Bräutigam waren strikt gegen diese Verbindung. Die Achenbachs waren sehr katholisch, um mit den Worten von Cosima Wagner zu sprechen, »ultramontan«. Thekla stammte aus einer guten schlesischen Familie und war protestantisch. 1879 wurde trotz dieser Hindernisse geheiratet. Diese Verbindung scheint auch ohne den elterlichen Segen funktioniert zu haben, denn einige Jahre später war der Tenor Vater von neun Kindern.


    Die Alten Achenbachs hatten ihrem Sohn eine erstklassige Schulbildung zukommen lassen und ihm das Architektur-Studium ermöglicht, aber sie hatten keine Lust, ihrem Sprössling auch noch auf die Bühne zu helfen. Aber Maximilian war nun mal an gute Ausbildung gewöhnt, so wurde sein erster Lehrer im neuen Beruf der alte Lamperti in Mailand. Maximilians Großmutter scheint die Mailänder Studien finanziert zu haben. Mit diesen Erfahrungen kam Achenbach zu Julius Stockhausen - einem ganz großen Sänger seiner Zeit - nach Berlin.


    Hatte er bisher Beifall im Freundeskreis erhalten, galt es nun vor größerem Publikum zu bestehen und mit dem Singen auch Geld zu verdienen. Bei einem Vorsingen am Hoftheater in Weimar konnte er erreichen, dass man ihn zunächst für eine Probevorstellung auf die Bühne ließ. Er lernte sehr kurzfristig die Rolle des Alessandro Stradella und debütierte in Flotows gleichnamiger Oper so erfolgreich, dass hieraus ein festes Engagement wurde. Um den berühmten Familienname nicht zu »beschädigen« trat er in Weimar unter dem Namen Max Anders auf.


    Trotz des Pseudonyms war Andreas Achenbach bitterböse und brach die Beziehungen zu seinem Sohn ab. Unter diesen Umständen wurde dann der Opernsänger Max Alvary »geboren«.
    In seiner Weimarer Zeit sang er eine Fülle von Partien vorwiegend im lyrischen Fach, wie Tamino in »Die Zauberflöte«, Ferrando in »Cosi fan tutte« oder Don José in »Carmen«.
    In Wagner-Opern blieben die großen Rollen außen vor; er beschränkte sich auf Steuermann in »Der fliegende Holländer«, Melot in »Tristan und Isolde« und Walther von der Vogelweide in »Tannhäuser«.
    Natürlich registrierte er dabei, was die Sänger der großen Wagner-Partien so drauf hatten und antichambrierte bei der Intendanz, ob sich diesbezüglich eine Möglichkeit ergeben könnte als Heldentenor zu agieren. Die Theaterleitung holte aber den vier Jahre älteren Gustav Memmler aus Hamburg.
    Das war für den selbstbewussten Alvary der Anlass, seinen Weimarer Vertrag zu kündigen. Ein Vorsingen in Leipzig brachte kein Engagement, umso erfolgreicher gestaltete sich das Vorsingen bei einem Theateragenten. 1885 bot man ihm ein Engagement an der New Yorker Metropolitan Opera an, wo damals Frank Damrosch Opernchef war. Am 25. November debütierte Alvary als Don José in »Carmen«, als zweite Rolle an diesem Haus sang er, an der Seite der berühmten Lilli Lehmann, in Goldmarks Oper »Die Königin von Saba« den Assad.
    Im Januar 1886 wurde Max Alvary die Titelpartie in Gounods »Faust« übertragen und in Chicago stand er dann erstmals in einer großen Wagner-Rolle, nämlich als Lohengrin auf der Bühne. Der Florestan in Beethovens »Fidelio« kam hinzu und der Stolzing in den »Meistersingern«.


    Der 9. November 1887 war ein ganz besonderer beruflicher Höhepunkt im Leben des Opernsängers Max Alvary. Zu diesem Termin fand in New York die Erstaufführung von Richard Wagners »Siegfried« statt, natürlich sang er die Hauptrolle und machte das so gut, dass er im fernen Land zum Star wurde.
    Und er trat als Tabubrecher auf, denn bisher war es ein ungeschriebenes Gesetz, dass Wagner-Helden mit Bart auftraten, um damit ihre Männlichkeit noch optisch zu unterstreichen. Auch auf die obligaten fleischfarbenen Beinkleider verzichtete der Neuerer und zeigte echtes nacktes Bein. Diese neue Kleiderordnung dehnte Alvary auch auf seine anderen Wagner-Helden aus.


    Nach knappen vier Jahren Amerika, wollte Max Alvary nach Deutschland zurück und gastierte zunächst in Hamburg in verschiedenen Wagner-Partien. Danach folgten Auftritte in München, was dort einen Kritiker zu folgendem Text bewog:


    »Da kam aus Amerika ein junger deutscher Sänger und sang seinen Jung-Siegfried bartlos, in einer sorgfältig einstudierten Maske, mit jugendlicher Elastizität und Begeisterung – und München war – ‚weg’. Das heißt vornehmlich die Jugend beiderlei Geschlechts. Max Alvary war auf der Szene eben eine Erscheinung von oft idealer Schönheit. Seine Kostüme und Requisiten hatte er selbst entworfen und anfertigen lassen. Ja, er schleppte sogar einen eigenen Schmiedeherd aus New York mit sich herum. Reifere Hörer hatten in seinem Gesang verschiedenes auszusetzen, und nicht immer zu Unrecht.«


    Bei einer dieser Aufführungen saß auch die Bayreuther Gralshüterin Cosima Wagner im Publikum und war im Prinzip mit dem Gehörten und Gesehenen einverstanden, war sich jedoch ihrer Sache nicht ganz sicher und schrieb im Frühjahr 1890 an Richard Strauss, der damals eng mit Bayreuth verbunden war:


    »Alvary ist eine höchst erfreuliche menschliche Erscheinung, ein Mann von Ernst und Intelligenz. Was ihm stimmlich fehlt, ist das gewisse Etwas; ich wüsste es nicht näher zu bezeichnen.«


    Da im Sommer 1890 in Bayreuth keine Festspiele stattfanden, lud Cosima Wagner einige Sängerinnen und Sänger nach Bayreuth ein. Das war so eine Art Sängerschulung auf den speziellen Bayreuther Stil, bei der Julius Kniese eine wesentliche Rolle spielte; die Wagner-Witwe strebte eine Art Musteraufführungen an, an denen sich der Rest der Welt orientieren sollte, heute nennt man das Franchising.
    Cosima Wagner arbeitete mit Alvary vierzehn Tage lang am Studium des Tristan und war von dieser Zusammenarbeit recht angetan, gegenüber einer Freundin lobte sie seinen Eifer, seine Intelligenz und Bescheidenheit.


    Für 1891 waren dann wieder Festspiele angesetzt und man hatte Max Alvary als Tristan und Tannhäuser verpflichtet, wobei geplant war, dass Alvary sich die Vorstellungen von »Tannhäuser« mit Hermann Winkelmann teilen sollte. Die Partie der Elisabeth wurde von der jungen Sopranistin Pauline de Ahna gestaltet, der späteren Frau Strauss.


    Einerseits trat mit Alvary kein Anfänger in Sachen Wagner-Gesang an, dieser Mann hatte in der Neuen Welt stets umjubelt Wagner gesungen, andererseits war hier in Bayreuth der reine Quell, wer wollte der Wagner-Witwe, der Tochter eines Franz Liszt, die Sachkenntnis absprechen?
    Der erfolgsgewohnte Sänger hatte sich in seiner amerikanischen Zeit einen eigenen Stil zugelegt, da war nicht nur der bartlose Auftritt, Alvary hatte auch seine eigenen Kostüme entworfen und Frau Wagner hatte mühevoll und aufwändig mittelalterliche Kostüme studiert und mochte ihre Ideen natürlich nicht einfach über Bord werfen. Um es kurz zu sagen: es gab Krach. Cosima Wagner warf Alvary vor, dass seine Darstellung des Tannhäuser ein Hohn gewesen sei, aber die Entschuldigung erfolgte auf dem Fuße, vielleicht hatte Frau Wagner die Kritik in der »Neuen Berliner Musikzeitung« gelesen:


    »Herr Alvary ist einer der interessantesten Darsteller des Tannhäuser, der mir je vorgekommen ist. Seine Leistung aus der Person heraus war so ganz eines mit derselben, dass man sie nur individuell auffassen kann. Das, was Herr Alvary bietet, deckt sich genau mit dem, was der Schöpfer des musikalischen Dramas verlangt, so genau, dass individuelle und Wagnerische Auffassung aufs Engste verbunden erscheinen – die Leistung ist also stilvoll im wahrsten Sinne des Wortes. Man muss es gesehen haben, wie sich dieser Tannhäuser nach Wolframs Lied im zweiten Aufzuge emporrichtet, das Auge voll flammender Begeisterung, um begreifen zu lernen, dass Tannhäuser seine Göttin verteidigen muss bis zum Untergang. Dazu singt Herr Alvary außerordentlich schön, die Stimme, obwohl nicht groß, ist doch so tragfähig, dass sie den größten Orchesterstürmen trotzt.«


    Trotz dieser guten Kritik, zog Cosima Wagner Alvary als Darsteller des Tannhäuser aus dem Verkehr. Die Tenöre Hermann Winkelmann und Heinrich Zeller hielten sich in Bayreuth zur Übernahme bereit. Als dann Winkelmann eine Vorstellung absagen musste, bat man Alvary, aber nun mochte er nicht mehr und verwies auf seine Tristan-Belastung. Trotz diesen erheblichen Differenzen sang Alvary im Festspielsommer 1891 unter dem Dirigat von Felix Mottl den Tristan, seine Isolde war Rosa Sucher.
    Für die Bayreuth-Saison 1892 forderte Alvary vorab ein klärendes Gespräch, das nicht zustande kam und aus Weimar, wo Richard Strauss musikalischer Leiter war, drangen Stänkereien gegen Alvary nach Bayreuth, Strauss sah seinen Schützling Heinrich Zeller als den besseren Mann.
    Inzwischen hatte Alvary in London sehr erfolgreich Wagner gesungen, sich aber, da aus Bayreuth kein positiver Bescheid auf seinen Vorschlag kam, entschlossen Bayreuth für den Sommer 1892 abzusagen, er schrieb an den Verwaltungsdirektor:


    »Der Ärger, der mir im vorigen Sommer den Aufenthalt in Bayreuth und die Freude an der Arbeit gründlich verleideten, der gehässige Ton, in dem zum Beispiel intime Äußerungen von Frau Wagner in Wahnfried von Herrn Strauss kolportiert und aufgebauscht wurden, dieses Alles deutet gar nicht darauf hin, dass die Verhältnisse im nächsten Sommer für mich erfreulicher zu werden versprächen. Wenn ich mich nicht mit ganzer Freudigkeit der Sache widmen kann, und schon im Voraus sehe, wie meine Rückkehr nach Bayreuth von Leuten, die in Wahnfried zu den Intimen gehören, mit scheelen Augen angesehen und nur angesichts der zwingenden Verhältnisse als zulässig betrachtet wird, so muss mir ja alle Lust vergehen, und Sie werden mir zugeben müssen, dass ich es da vorziehe, meine vier Wochen Ferien auch wirklich auszunutzen, anstatt zu riskieren, den alten Intrigen zu begegnen. Es ist wohl kaum jemand mit solch freudigen und selbstlosen Wünschen und Hoffnungen nach Bayreuth gekommen und so ernüchtert von Dannen gezogen wie ich. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus – Ihr aufrichtig ergebener Max Alvary.«


    Besser als mit Richard Strauss, kam Alvary mit Gustav Mahler zurecht, der in Hamburg wirkte, aber die beiden arbeiteten auch in London zusammen. Obwohl Alvary meist im Wagner-Fach sang, konnte man ihn auch mal als Turiddu oder Max in Webers »Freischütz« hören.
    Seine Paraderolle blieb aber der Siegfried, den man auch in Mannheim hören wollte, es war im November 1893, als der berühmte Siegfried verspätet mit der Bahn in Mannheim eintraf.
    Bei der Probe passierte dann das Unglück, als Siegfried über den Drachen sprang, aber die Mannheimer Drachenhöhle keinen festen Boden hatte, sondern tückischerweise nur mit Leinwand bespannt war - der Sänger stürzte vier Meter in die Unterbühne und zog sich dabei erhebliche Beinverletzungen zu. Alvary erholte sich aber wieder von diesem Unfall und konnte seine Bühnentätigkeit fortsetzen. Dennoch kam es zu einer Schadensersatzklage und der Rechtsstreit zog sich so viele Jahre hin, dass der Verunglückte das Prozessende nicht mehr erleben konnte, erst dann wurden der Familie eine Entschädigung von 18.000 Goldmark zugesprochen.


    Zum Beginn des Jahres 1894 konnte er aber seine Bühnentätigkeit wieder aufnehmen, sang unter Mahler wieder den Tristan in Hamburg und gastierte in Ring-Aufführungen abermals in London. Auch nach New York kam er noch zweimal zurück.


    Privat hatte er sich in Thüringen ein Anwesen ersungen. In Groß-Tabarz hatte er ein Grundstück ins Herz geschlossen, das dem Herzog von Coburg und Gotha gehörte und eigentlich unverkäuflich war. Der »Met«-Star musste zwei Mal kostenlos in Gotha singen, dann durfte er bauen, einen Architekten brauchte er dazu nicht. Das von ihm erbaute Thüringer Bauernhaus hatte er innen mit erlesenem Geschmack ausgestattet. Seine Kinderschar fühlte sich dort recht wohl, Tochter Thekla hatte sogar eine prominente Patentante - Cosima Wagner.
    Die Alvary-Villa blieb bis 1913 im Familienbesitz und wechselte dann mehrfach den Besitzer, heute ist dort ein Kulturinstitut untergebracht.


    Als Max Alvary längst ein berühmter Sänger war, konnte auch eine Versöhnung mit dem Vater stattfinden, der nun akzeptierte, dass es neben der Malerei noch andere ernstzunehmende Künste gab.
    Durch sein Architekturstudium und der praktischen Umsetzung seiner Entwürfe, hatte Maximilian Achenbach vermutlich einen anderen gedanklichen Radius in gestalterischen Dingen, als die meisten anderen Sänger, was dann schließlich beim Disput in Bayreuth zum Ausdruck kam. Der Dirigent Hans von Bülow, vormals Gatte von Cosima Wagner, charakterisierte den Sänger recht treffen, als er schrieb:


    »Ein Künstler wie Max Alvary ist weder Komet noch Planet oder gar Trabant, die mit geliehenem Licht arbeiten. Er ist eine Sonne für sich und strahlt eigenes Licht aus. Licht vom eigenen Licht!«


    Auf einer Buchseite des Münchner Hotels »Vier Jahreszeiten« findet man in der dynamischen Handschrift von Alvary-Achenbach im März 1890 den Eintrag:


    »Aller Anfang ist schwer! Nur in der Kunst, da kommen die Schwierigkeiten erst später«,
    der Mann wusste von was er schrieb ...


    Die beim Mannheimer Sturz zugezogenen Verletzungen machten sich immer wieder bemerkbar, sodass erneut Operationen notwendig wurden. Alvary reduzierte die Anzahl seiner Auftritte stark. Anlässlich der niederländischen Erstaufführung von »Tristan und Isolde« sang er nochmals 1896 diese schwere Rolle in Amsterdam. Sein letzter Auftritt war im Mai 1896 in Hamburg, wo man ihn nochmal als Siegfried in der »Götterdämmerung« hören konnte. Den Jung-Siegfried sang Alvary in seiner relativ kurzen Kariere etwa hundertmal.


    Max Alvary wurde auf dem Ohlsdorfer Friedhof bestattet, am Grab spielte man Siegfrieds Trauermarsch aus der »Götterdämmerung«.


    Praktischer Hinweis:
    Friedhof Hamburg-Ohlsdorf, Fuhlsbütteler Straße 756 - Grablage G10 (74-76)
    Man benutzt vom Friedhofseingang her am besten die Bergstraße und kann sich als grobem Anhaltspunkt in Richtung »Rosenhain« orientieren, aber Alvarys Grab liegt ganz nahe an der Bergstraße.

  • Komponist - Musikverleger - Klavierbauer



    Zum heutigen Todestag von Ignaz Pleyel





    Ignaz Joseph Pleyl war das neunte Kind seiner Eltern und wurde in einem kleinen Weinort mit etwa120 Häusern geboren; der Vater, Martin Peyl, war Schulmeister, die Mutter, Anna Theresia, entstammte sehr wahrscheinlich der höheren Gesellschaft, man glaubt herausgefunden zu haben, dass sie eine verstoßene und enterbte Adelstochter des Grafen von Schallenberg war. Anna Theresia starb bereits im Herbst 1759 im Alter von 36 Jahren und schon Anfang 1760 heiratete der Vater noch einmal, Ignaz bekommt eine Stiefmutter.
    Ignaz´ Vater war nicht nur Schulmeister, sondern auch Regens-Chori, also Chordirigent der katholischen Kirche. Unter diesen Umständen erkannte man recht bald die musikalische Begabung des Knaben; der Vater nimmt ihn zum Orgelspiel mit und ermöglicht ihm den ersten Violinunterricht. Wenn man die Kindheit und Jugend von Ignaz genauer betrachtet, gewinnt man den Eindruck, dass die Adelsverwandten vom Hintergrund aus den Jungen im Auge behalten haben.


    Mit 14 reist Ignaz nach Wien, eine Reise, die mit der Kutsche damals in etwa sechs Stunden zu bewältigen ist, was für den in einem kleinen Ort aufgewachsenen Jungen eine große Umstellung bedeutet, denn in der großen Stadt tat sich damals viel Neues.
    Man hatte es so eingerichtet, dass er zu Johann Baptist Vanhal, einem sehr renommierten freischaffenden Musiker und Pädagogen kam, der ihn professionell unterrichtete. Vanhal war ein böhmischer Komponist und einer der ersten Musiker, die sich ausschließlich durch den Erlös ihrer Kompositionen und dem Unterrichten von Schülern ihren Lebensunterhalt verdienten. Vanhal pflegte mit Wolfgang Amadé Mozart und Joseph Haydn das Spielen von Streichquartetten, ein schlechter Umgang war das nicht. Wenn nun dieser Vanhal von den Fortschritten seines Zöglings angetan war, dann hatte dies allerhand zu bedeuten. Das alles wurde auch von adligen Augen beobachtet, die an der Förderung des jungen Mannes interessiert waren. Vanhal war ernsthaft erkrankt und so wird Pleyl nach etwa einjähriger Ausbildung eine Stufe höher gereicht, das war Joseph Haydn, der Ignaz Pleyl als Schüler aufnimmt. Der Graf schickt nun Ignaz Pleyl mit einem Kutschengespann zu Joseph Haydn auf das Sommerschloss der Esterházys nach Schloss Esterháza, wo Haydn als Kapellmeister der Fürsten Esterházy amtiert.
    Für Lehrtätigkeit, Unterkunft und Logis bezahlt Graf Erdödy jährlich 100 Louis d´or an Haydn. Es war damals üblich, dass Lehrlinge in diesem Metier auch als Notenkopisten eingesetzt wurden, aber auch im Haushalt mithelfen mussten.
    Neben der Musik - Im Laufe der Ausbildung bei Haydn lernt Pleyl ausgezeichnet Klavier und Violine spielen - konnte er auch hochrangige Persönlichkeiten seiner Zeit in dieser Umgebung kennenlernen; so schaute zum Beispiel auch mal Christoph Willibald Gluck vorbei. Mit der Zeit avancierte Pleyl zum Lieblingsschüler Haydns.
    Im Alter von 19 Jahren erscheinen Pleyls erste ernst zu nehmenden Kompositionen, so zum Beispiel, die Marionettenoper »Die Fee Urgele« oder »Was den Damen so gefällt«. In einem Manuskript von 1776 fügt er erstmals seinem bisher geführten Namen noch ein zweites »e« hinzu und nennt sich fortan Pleyel.


    Playels Mäzen, der Graf Erdödy, beruft seinen Schützling als Kapellmeister nach Preßburg (heute Bratislava). Der Graf ist musikbegeistert und unterhält drei Kapellen und eine Operntruppe. Obwohl Pleyel noch nicht so lange in Preßburg weilt, liebäugelt er mit einer Bildungsreise nach Italien, was sein Graf zunächst verständlicherweise für keine gute Idee hält, aber schließlich einwilligt und diese Bildungsreise großzügig unterstützt - schließlich reist Pleyel dann mehrmals nach Italien, wobei er nicht als Tourist unterwegs ist, denn dabei entstehen einige Werke, wie zum Beispiel seine 1785 im Teatro San Carlo in Neapel mit großem Erfolg uraufgeführte Oper »Ifigenia in Aulide«. Auf seinen Italienreisen findet auch ein reger Austausch mit den Musikgrößen des Landes statt. Musikkenner sagen, dass bei Pleyel zwar Haydns Einfluss erkennbar ist, er aber von Italien beeinflusst, eine leichtflüssige Art bei seinen Kompositionen hinzugekommen sei.
    Schließlich wurde Ignaz Pleyel auch von Wolfgang Amadé Mozart nicht übersehen, denn dieser schrieb 1784 einen Brief an seinen Vater Leopold, der als hohes Lob gelten kann:


    »Dann sind dermalen Quartetten heraus von einem gewissen Pleyel; dieser ist ein Scolar von Joseph Haydn. Wenn sie selbige noch nicht kennen, dann suchen Sie sie zu bekommen; es ist der Mühe werth. Sie sind sehr gut geschrieben und sehr angenehm. Er wird seinen Meister gleich heraus kennen. Gut und glücklich für die Musik, wenn Pleyel seiner Zeit imstande ist, uns Haydn zu remplacieren.«


    Durch die Vermittlung von Prinz Louis von Rohan wird Pleyel zunächst in Straßburg Vizekapellmeister, das war etwa 1783 und im September 1789, nach dem Tod seines Vorgängers, schließlich Münster-Kapellmeister. In seiner Straßburger Zeit schrieb Pleyel zahlreiche Sakralkompositionen, von denen allerdings viele bei einem Brand im Münster vernichtet wurden.
    Pleyels Tätigkeit beschränkte sich keineswegs nur auf das Münster; mit seinem Kollegen am Straßburger Temple Neuf, der lutherischen Kirche, veranstaltet er beachtliche Konzertreihen.


    In Straßburg lernte Pleyel 1787 eine junge Dame kennen, die er im Januar 1788 zum Traualtar führte, noch im Dezember dieses Jahres wird ihnen ein Sohn geboren, der die Bestrebungen seines Vaters einmal fortführen wird, Camille, nennt man ihn; er wird ein epochaler Klavierbauer und begnadeter Pianist.


    In Frankreich waren unruhige Zeiten angebrochen, Paris war zwar weit weg, aber die Revolution erreichte auch Straßburg. Es traf sich in dieser Zeit gut, dass Pleyel eine Einladung nach London hatte. Was er nicht ahnte - er sollte von seinem Konzertagenten, Wilhelm Cramer, gegen seinen alten Lehrer Haydn als Konkurrent in Stellung gebracht werden.
    Haydn, der seit dem Tod seines Dienstherren Fürst Nikolaus Esterhazy an seinem alten Arbeitsplatz keine Aufgaben mehr hatte, wurde durch ein lukratives Angebot von 5000 Gulden, das der Impressario Johann Peter Salomon unterbreitete, nach London gelockt. London war damals noch vor Paris die wichtigste europäische Metropole, die mit gut einer Million Einwohnern Wien fast um das Vierfache übertraf. Und es war auch eine gänzlich andere Struktur, denn hier hatte nicht der Hof und der Adel das Sagen, die Kultur wurde von den Bürgern getragen.
    Haydn war dort begehrt und verehrt, seine Konzerte waren stets ausverkauft, die Damenwelt lag ihm zu Füßen und Oxford ernannte ihn zum Ehrendoktor. Dies alles war dem Konkurrenten Wilhelm Cramer, dem Impressario der Professional Concerts, ein Dorn im Auge. Cramer versuchte Haydn herabzuwürdigen, spielte auf sein fortgeschrittenes Alter an und bot dagegen Pleyel mit allen Vorzügen der Jugend auf.
    Als nun Ignaz Pleyel fast genau ein Jahr nach Haydn in London eintraf, war die scharf beobachtende Presse sehr erstaunt darüber, dass sich die beiden Musiker prächtig verstanden; zu Heilig Abend hatten sie zusammen bei Pleyel gespeist und an Silvester waren die beiden zusammen im Theater.
    Bei all dem musste Haydn dennoch den Konkurrenzdruck des Jüngeren gespürt haben, wie eine Äußerung von ihm zeigt:


    »Kein Tag, ja gar keinen Tag bin ich ohne Arbeit, meine Arbeiten erschweren sich durch die Ankunft meines Schülers Pleyel. Er kam mit einer Menge neuer Kompositionen, welche er schon lange vorhero gefertigt hat. Er versprach demnach, alle Abende ein neues Stück zu geben.«


    Diesem Wettstreit hat die Welt die Sinfonie mit dem Paukenschlag zu verdanken, auch Pleyel war von diesem Einfall seines Meisters begeistert und eine Dame soll in Ohnmacht gefallen sein.
    Fünf Monate weilte Ignaz Pleyel in London, dann trat er mit 1200 Pfund im Reisegepäck die Heimreise nach Frankreich an.


    Zuhause hatte sich seit seiner Abwesenheit einiges dramatisch verändert, auch in Straßburg war die Revolution nun in vollem Gange; einige von Pleyels Freunden waren auf der Flucht vor der Guillotine, deren Opfer auch Pleyel selbst fast geworden wäre, dazu brauchte es damals nicht viel. Gerade in Verbindung mit dem Namen Pleyel ist erwähnenswert, dass ausgerechnet ein deutscher Klavierbauer die Guillotine konstruiert hatte, er hieß Tobias Schmidt.
    Sieben Mal wurde Pleyel beim Komitee für öffentliche Sicherheit angezeigt und denunziert. Da kam einiges zusammen - man hielt ihn für einen ausländischen Spion, für einen der verhassten Aristokraten, dann wieder für einen Mann der Kirche, denn er war schließlich Münsterkapellmeister gewesen. Vermutlich hatte er auch noch Kontakte zu dem geflohenen Bischof von Straßburg. Woher hatte Pleyel das viele Geld, mit dem er sein Gut in Ittenwiller finanzierte? Pleyel musste fliehen, um sich vor dem sicheren Tod zu retten. Als er in Sorge um seine Familie zurückkehrte, wurde er verhaftet und eingekerkert.
    Nun ging es um Kopf und Kragen! In siebentägiger Tag- und Nachtarbeit komponierte er unter strengster Bewachung eine bombastische Hymne auf die Revolution.
    An den Straßenrändern Straßburgs lagen etwa 900 beschlagnahmte Kirchenglocken, die zu Kanonen und Münzen umgegossen werden sollten. Pleyel wählte davon sieben aus und ließ sie wieder ins Münster hängen. Seine »Hymne auf die Revolution vom 10. August« wurde zum Jahrestag an drei hintereinander folgenden Abenden aufgeführt. Das gigantische Werk fand großen Anklang und die Begeisterung war überschäumend, der clevere Pleyel wusste genau, was die Anführer der Arbeiter und Kleinbürger hören wollten. Man befahl alle Musiker und Choristen des Departements nach Straßburg. Als flankierende Maßnahme wurde das Werk noch von Kanonenschüssen und Gewehrsalven begleitet


    In seiner Heimat war Pleyel nun zur »persona non grata« geworden, Österreich verhängte ein Einreiseverbot gegen ihn; erst im Jahre 1805 wurde dem inzwischen 48-jährigen Komponisten wieder erlaubt in sein Heimatland einzureisen. Sein Sohn Camille begleitete ihn und glaubte festgestellt zu haben, dass Beethoven nicht fehlerlos spielt ...


    Schon in den 1780er Jahren hatte Pleyel mit dem Gedanken gespielt, sein eigener Verleger zu werden. Nun sollte der frühe Gedanke in die Tat umgesetzt werden. 1795 verkaufte er sein Landgut im Elsass und siedelte im Frühjahr nach Paris um.
    Dort gründete er 1797, zusammen mit seinem Schwager Jean Daniel Schäffer, den Verlag »Chez Pleyel«. Dieser Verlag gab etwa 4000 Musikwerke heraus. Er verlegte natürlich Haydn, Mozart, Beethoven, Hummel ... und mit ganz besonderem Interesse Boccherini.
    Gemeinsam mit dem damals berühmten Pianisten Jan Ladislaus Dussek gab Pleyel auch eine Klavierschule heraus: »Nuovelle Méthode de Pianoforte, contenant les principes du doigté«


    Inzwischen war bei Ignaz Pleyel die Idee gereift eine Klaviermanufaktur zu gründen; 1807 erweiterte er sein Unternehmen um diesen Geschäftszweig. Seine Klaviere mit der englischen Mechanik wurden besonders von den Komponisten der Romantik hoch geschätzt.
    1808 stellte man bereits fünfzig Instrumente her und 1834 waren es bereits tausend Klaviere, die das Werk verließen.
    Pleyels ältester Sohn erlernte den Klavierbau erst in London, dann im väterlichen Betrieb und trat 1815 in die Firma ein, die er 1824 übernahm. Ignaz Pleyel lässt sich auf seinem Landgut in Saint-Prix, à côté de Montmorency 15 km nördlich von Paris nieder. Er erlebte noch die Hochzeit seines Sohnes Camille mit Marie-Félicité Denise Moké, der ehemaligen Verlobten von Hector Berlioz, aber diese Verbindung hat keinen Bestand.


    Was heute noch Bestand hat, ist der Konzertsaal »Salle Pleyel« in Paris, Spielstätte des Orchestre de Paris und des Orchestre Philharmonique de Radio France. Außerdem gastiert hier regelmäßig das London Symphony Orchestra.


    Von Ignaz Pleyel am 19. Oktober 1827 ursprünglich als Salon gegründet, entstand dann 1839 nach Plänen seines Sohnes Camille Pleyel ein erstes eigenes Gebäude in der Rue Rochechouart, nahe der Klaviermanufaktur Pleyel. Die Liste der hier bisher aufgetretenen Musiker ist beeindruckend. Im Laufe der langen Geschichte hat sich allerhand verändert, der heutige Bau resultiert aus einer Modernisierung in den Jahren von 2002 und 2006.


    An seinem Lebensabend auf die Zeit blickend, meint Ignaz Joseph Pleyel:


    »Haydn war der Vater von uns allen. Er und Mozart beherrschten den ganzen Genius ihres Zeitalters. Sie waren die letzten Meister, welche fühlten und andere fühlen ließen, dass der Zweck der Musik kein anderer ist, als das Herz zu rühren.«


    Obwohl primär als Klavierbauer bekannt, komponierte er in seiner ersten Lebenshälfte immerhin: 41 Symphonien, 6 Symphonies Concertantes, 8 Solokonzerte, 1 Nonett, Oktette, 1 Septett, Sextette, 17 Quintette, 85 Quartette, 64 Trios, 64 Duos, Solowerke, 2 Opern, Lieder, Kantaten und Sakralmusik.


    Mit 74 Jahren starb Ignaz Pleyel nach dreimonatigem Leiden in Paris. Im Kreise namhafter Musiker hat er seine letzte Ruhe gefunden. Die Säule hebt sich deutlich von den anderen Grabformen ab. Nur 15 Schritte sind es zum Grab von Vincenzo Belini, aber der ist dort schon 1876 wieder ausgezogen.



    Carrefour du Grand Rond / Rond-Point Casimir Perier - kann als grober Orientierungspunkt dienen, ganz in der Nähe befindet sich das Gräberfeld 13.


    Praktischer Hinweis:
    Das Grabdenkmal von Ignaz Pleyel befindet sich auf dem Pariser Cimetière du Père-Lachaise, 16, rue du Repos - erreichbar mit den Metro-Linien 2 oder 3


    Man geht vom Haupteingang aus die Avenue Principale geradeaus, die sich dann gabelt, wobei Treppen weiter nach oben führen. Bei Chapelle biegt man nach rechts ab und gelangt zur Division 13, wo man die Grabsäule findet. Es gibt auch einen geringfügig kürzeren Weg, aber der ist schwieriger zu beschreiben.

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  • Zum heutigen Todestag von Sena Jurinac - Eine silberne Rose hat bei Sena Jurinac eine besondere Bedeutung und Symbolik




    Eigentlich hieß sie ursprünglich Srebrenka Klementina Kristina Jurinac, hatte jedoch nur ihren Vornamen Srebrenka in Gebrauch, als sie 1945 als junge Sängerin nach Wien kam. Srebrenka bedeutet so viel wie »die Silberne«. Weil die Büro-Dame an der Wiener Staatsoper vor allem mit der Aussprache des Vornamens nicht zurechtkam, bastelten die Damen den dann so bekannt werdenden und einprägsamen Vornamen »Sena«.


    Srebrenkas Vater war noch k. und k. Regimentsarzt, als er heiratete, aber der Erste Weltkrieg trennte das Paar. Vater Jurinac kam aus der Kriegsgefangenschaft, suchte seine Frau in Wien, und nahm sie mit nach Kroatien, ins damalige Jugoslawien, nach Varaždin, das in einem Duett in der Operette »Gräfin Mariza« zwar schön besungen wird, wo sich aber die Familie Jurinac nicht so recht wohlfühlte. Der Vater wurde nach Travnik in Bosnien versetzt.
    Sena Jurinac erklärte immer mit etwas Stolz, wenn man sie nach ihrem Geburtsort fragte, dass dort auch der Nobelpreisträger Ivo Andric geboren wurde.


    Die Mutter, eine waschechte Wienerin, war eher westlich orientiert und hatte unter dem Aufenthalt in Bosnien gelitten. Als man Papa Jurinac gar nach Montenegro versetzen wollte, hat er den Dienst quittiert. Es ging dann in die Nähe von Tuzla, nach Lukavac, wo Srebrenka die Volksschule besuchte; danach dann das Gymnasium in Zagreb.
    Ihre Mutter drängte Srebrenka zum Klavierspiel, aber sie war kein Wunderkind und empfand das ständige Üben als Qual. Viel lieber hätte sie mit den andern Kindern gespielt, die mehr dem Arbeitermilieu entstammten und deren Eltern keine Ambitionen in diese Richtung hatten.
    Srebrenkas Gymnasium war eine Klosterschule, wo es sehr streng zuging, so dass Srebrenkas Mutter diese sonderbare Pädagogik auch etwas kritisch sah und ihre Tochter noch nebenbei heimlich in eine rhythmische Tanzschule schickte. Diese Tanzschule bekam nun Gelegenheit nach Rotterdam zu fahren, um dort südslawische Tänze aufzuführen, das war schon was, für Mädchen in der damaligen Zeit! Trotz aller Heimlichtuerei bekam die Klosterschule Wind von der Sache und warf das Mädchen ob dieses Teufelszeugs aus der Schule.


    Im Nachhinein stellte sich aber heraus, dass diese Reise nach Rotterdam für das Mädchen ein reiner Glücksfall war, der noch seine Früchte tragen sollte. Diese Rotterdam-Reise unterschied sich grundsätzlich von den Gepflogenheiten der Klosterschule, die jungen Leute sangen und johlten auf der Fahrt, was das Zeug hielt und Srebrenka wurde ständig dazu aufgefordert als Vorsängerin zu agieren. Der mitreisende Kapellmeister, der das Orchester in Rotterdam geleitet hat, bemerkte, dass hier eine nicht alltägliche Stimme zu hören war. Wieder zu Hause angekommen, ging der Mann zu Srebrenkas Mutter und riet dazu, das Mädchen unbedingt singen lernen zu lassen.
    Die Mutter fiel aus allen Wolken, für sie war Sängerin kein Beruf; die Eltern wollten für ihre Tochter nur das Beste. Der Vater dachte an ein Medizinstudium, die Mutter stellte sich die Tochter als Dolmetscherin vor, da sie ja zweisprachig aufgewachsen war. Für beide Elternvorschläge hatte die Tochter nichts übrig, sie wollte Sängerin werden.
    Sie studierte ein paar Lieder ein, sinnigerweise auch Schuberts »Wohin?« und begab sich zu einer Gesangslehrerin, die Srebrenka Jurinac dann auch an die Musikhochschule gebracht hat.


    Aus dieser Schule holte man sie im Frühjahr 1942 heraus, weil man ein erstes Blumenmädchen benötigte und auch eine tüchtige Stimme für den Chor brauchte, Ende Mai stand sie dann erstmals als Sängerin auf einer Bühne.
    Ihr Debüt in einer tragenden Rolle war aber die Mimi in »La Bohéme«, wobei das Stück in kroatischer Sprache gesungen wurde. Es folgten »Die verkaufte Braut«, Margarete in »Faust« ...
    Bei einer »Faust«-Aufführung in Zagreb kam es dann tatsächlich zu Handgreiflichkeiten. Der Tenor kam seiner Partnerin etwas näher, als es die Rollengestaltung erforderte; kaum hatte sich der Vorhang geschlossen, bekam »Faust« von der Jurinac drei Ohrfeigen verpasst, sonst passierte dem zudringlichen Sänger nichts, aber Srebrenka Jurinac wurde zu einer empfindlichen Geldstrafe verdonnert und die Sache wurde noch in der Presse breitgetreten, man meinte sie solle ins Kloster gehen, aber da kam sie ja gerade her ...


    Natürlich sah sie sich nach besseren Bedingungen um; es kam unter widrigen Umständen zu einem Vorsingen in München. Die Nachtruhe war durch Fliegeralarm beträchtlich gestört und um zehn Uhr musste sie bei Clemens Krauss vorsingen. Dieser entließ sie mit den Worten:
    »Sie sind noch etwas jung, Fräulein. Lernen´s noch was! Vielleicht treffen wir uns ja wieder.« - und sie trafen sich dann in Wien tatsächlich wieder.


    Ihr nächster Vorsingtermin war an der Wiener Staatsoper, aber vorgesehen war sie für die Volksoper. Nun musste sie zunächst einmal vielen anderen Kapellmeistern vorsingen, bis es endlich soweit war, dass sie sich auf der großen Bühne vor Direktor Dr. Karl Böhm produzieren durfte; dieser erinnerte sich:


    »Als 1944 unter anderen Kandidaten ein gewisser Srebrenka (ich konnte ihren Namen nicht aussprechen) Jurinac sang, hörte ich ihr mit großem Interesse zu. Ich habe seit langem keine so schöne Stimme südlicher Klangfarbe mehr gehört. Als damaliger Direktor der Oper entschied ich mich fest, dieses musikalische Juwel an das von mir geleitete Haus zu binden ...«


    Sie sang Pamina »Ach, ich fühl's«, die Agate aus dem »Freischütz« und »Elsas Traum«, dann fragte Böhm, ob sie noch was zum Vorsingen habe, was sie verneinte, aber auf Böhms drängen auf ein weiteres Probestück, die Butterfly-Arie auf Kroatisch anbot; sie hatte ja in Zagreb alles in kroatischer Sprache einstudiert. Nach einer Denkpause kam von unten: »Na, singen´s halt Kroatisch.« Danach wurde sie gefragt, ob sie Interesse hätte an der Wiener Staatsoper engagiert zu werden - welch eine Frage ...


    Als Srebrenka Jurinac in Wien ankam, lag der große Weltkrieg in seinen letzten Zuckungen, das Opernhaus wurde schon drei Tage nach ihrer Ankunft geschlossen. Einen Vertrag in der üblichen Weise abzuschließen, ließen die Umstände nicht zu, damit sie nicht ganz mittellos dastand, gewährte man ihr eine Unterstützung von monatlich 300 Mark. Mit den Modalitäten des Vertragsabschlusses entstand dann auch der neue Vorname »Sena«; Böhms Sekretärin darf als Taufpatin gelten.
    Die Fliegerangriffe nahmen zu und die Kelleraufenthalte in der Staatsoper auch. Nachdem die Spielstätte zerbombt war, kamen die Russen nach Wien und forderten mit der Pistole, dass zum 1. Mai 1945 hier eine Oper aufgeführt wird, im Anblick der Pistole wurden künstlerische Bedenken hintenan gestellt, Srebrenka Jurinac lernte binnen zehn Tagen die Rolle des Cherubino. Allzu viel Personal stand nicht mehr zur Verfügung, aber man brachte es zu Wege, mit sparsamsten Mitteln einen »Figaro« auf die Bühne zu stellen. Trotz aller Mängel, wurden aber auch andere Stücke wie »Bohéme«, »Verkaufte Braut«, »Fledermaus« ... gebracht.
    Die Vorstellungen gingen nachmittags um drei los, weil abends um sieben niemand mehr auf der Straße sein durfte.


    Aus diesen Umständen heraus wurde schließlich das legendäre Wiener Mozart-Ensemble geboren. Mozarts Musik kam der Stimme Jurinacs sehr entgegen, sie war nicht bei Cherubino stehen geblieben, sondern sang mit der Zeit fast alle Mozart-Rollen.
    Die erste Hosenrolle des Cherubino war aus einem Zufall entstanden, aber im Laufe ihrer Karriere galt Sena Jurinac dann als Spezialistin für Hosenrollen.


    Interessant ist auch, dass die junge Frau Jurinac den »Rosenkavalier« überhaupt nicht mochte. Die Dresdner Oper war 1942, mit Böhm am Pult, zu einem Gastspiel in Zagreb gewesen. Später, in reiferen Jahren, sagte Jurinac rückblickend: »Als ich diese Oper sah, sagte ich mir, nein, diese Musik ist unmöglich. Dieses Stück muss ich nie mehr sehen und werde es auch auf keinen Fall eines Tages singen!« Die sich im Laufe der Zeit entwickelnden Tatsachen sahen allerdings ganz anders aus.


    Allein an der Wiener Staatsoper gab sie von 1948 bis 1963 achtzig Mal den Octavian und fast fünfzigmal schlüpfte sie in die Rolle der Marschallin. Ihre Hauptkomponisten waren Mozart und Strauss. Eine Spezialität der Jurinac, mit ihrem slawischen Hintergrund, waren natürlich Smetanas Marenka in »Die verkaufte Braut«, Tschaikowskys Tatjana in »Eugen Onegin«, die Lisa in »Pique-Dame« oder Mussorgskys Marina in »Boris Godunov«, die sie in Salzburg unter Karajan sang und Jánaceks »Jenufa«.
    Auch bei dieser Interpretin ist es müßig, alle bekannten Opernhäuser und Festspielorte aufzuzählen, in denen sie sang, sie sang praktisch überall, so auch in Australien und am Teatro Colón in Buenos Aires, aber nicht an der Metropolitan Opera New York.
    1958 sollte sie dort bei der Uraufführung von Samuel Barbers Oper »Vanessa« die Titelrolle singen, sagte dann aber ihre Mitwirkung wegen Krankheit ab, sie war offenbar in einer schwierigen Lebensphase und zu der Musik des Werkes scheint sie auch keinen Zugang gefunden zu haben. Auf die häufige Frage nach ihrer Lieblingsrolle antwortete sie stets, dass sie nur Lieblingsrollen habe - die Vanessa war es eben nicht.


    In einer so langen und erfolgreichen Karriere, die fast vier Jahrzehnte überspannte, gab es aber auch Krisen und Enttäuschungen. Gerade in ihren ersten Wiener Jahren überforderte sie ihre Stimme, als sie im Jahr, zum Teil unter widrigen Bedingungen, 150 Vorstellungen sang.
    In Madrid und San Francisco gab das Publikum sein Missfallen kund, weil es mit Jurinacs Darstellung der Butterfly nicht einverstanden war. Das scheint verwunderlich, da Sena Jurinac gerade als Sänger-Darstellerin gerühmt wurde. Sie sagte zur Darstellung ihrer Butterfly, dass sie einer Verkitschung dieser Rolle entgegenwirken wollte und sie in dieser Figur eher eine italienische Isolde sehe.
    Im Stuttgarter »Winterbayreuth« hatte Frau Jurinac auch als Gast mit Wieland Wagner zu tun, dessen statischer Inszenierungsstil ihr jedoch nicht zusagte; wie sie einmal bemerkte, wollte er sie gotisch haben, aber sie sei eher eine barocke Figur.


    Im Juni 1953 heiratete Sena Jurinac in Lewes, unweit von Glyndebourne, ihren Kollegen, den um zwei Jahren jüngeren Bass-Bariton Sesto Bruscantini. Am selben Abend traten die Neuvermählten dann in »Cosi fan tutte« auf. Diese Künstlerehe wurde aber nach drei Jahren wieder geschieden. Seit 1965 hieß die Sängerin dann Sena Jurinac-Lederle. Nach einem Konzert in Augsburg hatte sie den Arzt Dr. Josef Lederle kennen gelernt und ist dort »picken geblieben«, wie sie sich als Wahlwienerin ausdrückte.


    Man hat ihr vorgerechnet, dass sie insgesamt 69 Partien gesungen hat, sie selbst konnte das kaum glauben, aber Sängerkarrieren begannen zu Jurinacs Zeiten beträchtlich früher als heute. Die Naturstimme der Jurinac machte es möglich, dass sie in einem recht breiten Spektrum eingesetzt werden konnte, dann kommt da einiges an Partien zusammen. In einem Interview nannte sie einmal Beispiele, die aufzeigen, wie früh auch Kollegen von ihr schon auf der Bühne standen, sie selbst war mit 23 in Wien, Siepi hat mit 22 schon an der Scala gesungen und Berry war bereits mit 19 Jahren an der Wiener Staatsoper.
    Dabei erwähnte sie auch mit einem gewissen Stolz, dass sie den später so großen Pavarotti in Wien aus der Taufe gehoben habe, wo sie in seinen Anfängerjahren neben ihm die Mimi gesungen hat, ja sogar mit Helge Rosvaenge hatte sie noch in »Bohemé« auf der Bühne gesungen.


    Als Marschallin, in der von ihr vor 40 Jahren noch so ungeliebten Oper »Der Rosenkavalier«, verabschiedete sich Sena Jurinac am Samstag, 20. November 1982 vom Publikum der Wiener Staatsoper. Kurt Moll sang den Baron Ochs auf Lerchenau und in Jurinacs langjährige Paraderolle des Octavian, war Agnes Baltsa geschlüpft.
    An der Wiener Staatsoper, wo auch die Aufführungen im Ausweichquartier mitzuzählen sind, sind insgesamt 1252 Auftritte in 46 verschiedenen Partien verzeichnet. In ihrer 37 Jahre währenden Karriere hatte sie mit vielen namhaften Dirigenten, wie zum Beispiel Karl Böhm, Clemens Krauss, Fritz Busch, Josef Krips, Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan, Otto Klemperer, Hans Knappertsbusch, Erich Kleiber, Carlo Kleiber, Erich Leinsdorf, Georg Solti ... zusammengearbeitet.


    In den nun folgenden Jahren widmete sie sich dem Nachwuchs, saß als Jurorin in Gesangswettbewerben, unterrichtete an der Musikhochschule Zürich und gab Meisterkurse, wobei sie sich mehr als Beraterin verstand und nicht in erster Linie als Gesangpädagogin.


    Einer dieser Nachgewachsenen ist der Tenor Piotr Beczala, der einmal sagte, dass er es Sena Jurinac zu verdanken habe, dass aus ihm ein anständiger Sänger geworden ist:


    »Dass ich überhaupt Sänger wurde, kann man sogar sagen. Ich habe wie viele Anfänger zu sehr auf meinen Instinkt und meine Stimmgewalt vertraut. Aber als junger Sänger zwischen 20 und 25 muss man erst singen lernen, man kann eine Karriere nicht mit Puccini anfangen. Ich hatte meine stimmlichen Probleme, zum Beispiel hatte ich keine Höhe als Student. Das Ergebnis war, dass ich viel zu schwere Arien gesungen habe, weil die etwas tiefer liegen. Sena Jurinac hat mir das mit deutlichen Worten ausgetrieben. Sie hat wörtlich gesagt: »Weg mit Puccini, her mit Mozart!« Obwohl für mich »Il mio tesoro« viel schwieriger zu singen war als Cavaradossi, wusste ich sofort, dass sie Recht hatte und dass der Weg länger und steiniger ist, als ich mir vorgestellt hatte. Ohne Sena Jurinac, wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.«


    Als Dr. Lederle, der Mann von Sena Jurinac, starb, zog sie sich weitgehend aus dem öffentlichen Leben zurück. Ihr 90. Geburtstag erregte im Kulturleben noch einige Aufmerksamkeit, aber der Pfarrer, der sie an ihrem Ehrentag besuchte, berichtete, dass sie da schon sehr schwach gewesen sei.
    Wenige Wochen nach ihrem Geburtstag ist sie dann in Neusäß, einer Stadt am Nordwestrand von Augsburg, im Ortsteil Hainhofen, gestorben. Sie starb am Fest der Heiligen Cäcilia, Patronin der Musik.
    Die Trauerfeier fand am Samstag, 26. November 2011, um 18:00 Uhr, in der Kirche St. Stephan in Hainhofen statt; noch ein Gedenken am Friedhof, dann trat sie ihre letzte Reise nach Wien an, wo in der Michaelerkirche am 16. Dezember ein Seelenamt gehalten wurde, in der Kirche, in welcher vermutlich im Dezember 1791 erstmals Mozarts Requiem zur Aufführung kam. Anschließend wurde Sena Jurinacs Urne im Grab ihrer Mutter beigesetzt.


    Bei ihrem letzten Liederabend in Augsburg, hatte der junge Reinhard Kammler die Noten umgeblättert, in der Zwischenzeit ist er Domkapellmeister. Nun war er überrascht, dass Sena Jurinac seine Augsburger Domsingknaben mit einem Teil ihres Erbes bedacht hat.


    Praktischer Hinweis:
    Friedhof Döbling, Hartäckerstraße 65, 1190 Wien
    Das Grab von Sena Jurinac findet man in Gruppe 38, Reihe 9, Nummer 1
    Man geht vom Haupteingang aus bis zum Kreuz bei den Feldern 8 und11, dort wendet man sich nach rechts, Richtung Felix-Dahn-Straße, die den Friedhof im Westen begrenzt.


  • Zum heutigen Geburtstag von Ludwig Thuille



    Ludwig Wilhelm Andreas Maria Thuille, so sein vollständiger Taufname, wurde schon in seiner Kindheit vom Schicksal hart angefasst; mit fünf Jahren verlor es seine Mutter und als er elf war, starb auch noch sein Vater, der als Kunst-, Buch- und Musikalienhändler tätig war.
    Ein Onkel in Kremsmünster nahm sich kurz vor dem Tod des Vaters des Jungen an; er konnte im dortigen Stiftsgymnasium als Sängerknabe einen Freiplatz bekommen, wo er neben dem Gymnasium auch Unterricht in Klavier und Violine erhielt.


    Ab 1876 kümmerte sich in Innsbruck Pauline Nagiller, die Witwe des Tiroler Komponisten Matthäus Nagiller, um das Wohl des jungen Mannes. Matthias Nagiller war im Sommer 1874 gestorben und hatte sich insbesondere in Innsbruck und Umgebung durch großartige Musikaufführungen einen Namen gemacht, als Komponist widmete sich Nagiller hauptsächlich der Kirchenmusik und schuf Messen und Chorgesänge.
    Pauline Nagiller holt Thuille als 15-jährigen Vollwaisen nach Innsbruck. Durch sie lernt er auch die Familie Strauss kennen. Sie sorgt dafür, dass ihr Schützling Unterricht durch den Bruckner-Schüler Josef Pembauer erhält. Erste Lied- und Klavierkompositionen entstehen. Pembauer empfiehlt den begabten Jungen zu Josef Rheinberger nach München. Ab 1879 studiert er dort an der Königlichen Musikschule. Nach nur drei Jahren beendete er sein offizielles Studium bravourös mit dem Vortrag eines von ihm selbst komponierten Klavierkonzertes.
    Obwohl Rheinbergers Schüler ihrem Lehrer, wegen dessen Pedanterie, den Spitznamen »Fugenseppel« verpasst hatten, studierte Thuille noch bei Rheinberger privat weiter. Rheinberger sorgte dann auch dafür, dass Thuille schon 1883 eine Berufung als Klavier- und Harmonielehrer an die Münchner Musikschule erhielt.


    Richard Strauss lernt der um drei Jahre ältere Ludwig Thuille kennen, als Richard so um die 14 war und ihm damals von München nach Innsbruck schrieb, dass er kaum die Ankunft seines »liebsten, besten, schönsten, herrlichsten Ludwig« erwarten könne. Da durfte der ältere Freund schon mal einen kritischen Blick auf die kompositorischen Erzeugnisse des Jüngeren werfen und dessen Ratschläge wurden dann auch angenommen.
    Ludwig Thuille ist wohl heute den meisten Musikfreunden vorrangig dadurch bekannt, dass sein Briefwechsel mit Strauss veröffentlicht wurde. In einschlägigen Publikationen wird dann die lebenslange Freundschaft der beiden hochleben lassen.
    Aber da gibt es daneben auch Briefe, die Thuille an seine Pflegemutter Pauline Nagiller schrieb, wo er sich mitunter recht drastisch äußert, dass der »unreife Kindskopf« wohl nie »etwas Besonderes leisten« werde. Trotz gewisser Vorteile, die Thuille aus der Bekanntschaft mit der Familie seines Freundes erwuchsen - er war immerhin bei Familie Strauss zu Gast und bekommt Konzertfreikarten zugesteckt - bezeichnet er die Familie als »Plebs«.
    Junge Leute drücken sich oft drastischer aus, als sie das im reifen Alter tun, und Thuille scheint damals musikalisch schon auf hohem Niveau gestanden zu haben, denn wer vor Rheinberger bestehen konnte, der musste schon was drauf haben.
    Als Strauss aus dem Kindesalter heraus war, gab es einen gediegenen fachlichen Austausch der Kompositionen, wobei auch Thuille durchaus durch Einwände des Jüngeren wuchs. Für einige Zeit konnte Thuille jedoch noch eindeutig die »Lehrerposition« gegenüber Strauss behaupten.
    Mit dieser Konstellation war es dann 1883 vorbei, als Richard Strauss zu einer längeren Reise nach Berlin aufbrach und Thuille in München zurückblieb.


    Als Nachfolger Rheinbergers übernahm Thuille 1903 die Leitung der Münchner Musikschule, die ab 1892 die Bezeichnung »Akademie der Tonkunst« führte. Schon seit 1888 wirkte er als Professor an dieser Institution.
    Während Richard Strauss im Folgenden öffentlichkeitswirksam seinen Bekanntheitsgrad beträchtlich erweiterte, leistete Thuille an der Musikschule mit Feuereifer ganz wertvolle pädagogische Arbeit, die auch heute noch allgemein anerkannt wird. Gemeinsam mit dem Musikschriftsteller Rudolf Louis hat Thuille eine Harmonielehre herausgegeben, die über viele Jahre als Standardwerk für Musikschaffende galt. Der Begriff »Münchner Schule« hatte seinen Ursprung in der Freundschaft der drei Komponisten Thuille, Strauss und Max von Schillings.
    Man zählt etwa 200 Schüler, die aus Ludwig Thuilles Musikerziehung ihren Nutzen ziehen konnten und in den Folgejahren als Multiplikatoren wirkten und eine ganze Musikergeneration beeinflussten. Man kann hier schlecht alle aufzählen, aber als Beispiele seien Walter Braunfels und Hermann Abendroth genannt, die später die Kölner Musikhochschule aus der Taufe hoben, Ernest Bloch, Julius Weismann ... - auch Lily Klee, die Gattin des damals noch nicht so berühmten Malers, die nach ihren Studien bei Thuille ihre Familie als Klavierlehrerin über Wasser halten musste.
    Trotz Harmonielehre, gab es jedoch auch Dissonanzen am Institut für Tonkunst; für drei Semester war Max Reger Kollege von Thuille, aber die beiden Herren mochten sich nicht; Reger fühlte sich von der »Thuille Clique« verfolgt, insbesondere von dem Kritiker Rudolf Louis.


    In München hatte sich auch eine ganz besondere Clique gebildet - in der Weinstube Leibenfrost traf sich eine Gruppe, die sich »Rittersche Tafelrunde« nannte. Der um etwa drei Jahrzehnte ältere und musikalisch erfahrene Alexander Ritter war Konzertmeister in Meiningen, wo er Strauss kennenlernte und ihn väterlich «mein liebes Sträusschen« nannte. Ritter war ein so überzeugter Wagner-Anhänger, dass er sogar eine Nichte Wagners geheiratet hatte ...
    Nach Bülows Rücktritt in Meiningen ging Ritter mit diesem und Richard Strauss 1886 nach München, wo er sich niederließ. Dort verkehrte er in der Familie Strauss und kam auch in nähere Beziehung zur »Münchner Schule« und Ludwig Thuille. Diese »Tafelrunde« hatte etwa über drei Jahre Bestand. Es war Ritter, der sowohl Strauss als auch Thuille den Weg als Komponisten wies.
    Strauss selbst stellt rückblickend fest:


    »Ihm verdanke ich, meinen dramatischen Beruf entdeckt zu haben. Ohne seinen Ansporn und seine Mitarbeit wäre ich, in meinem heillosen Respekt vor dem Riesenwerk Wagners, wohl kaum auf die Idee gekommen, eine Oper zu schreiben«


    Vermutlich war es auch Ritter, der Thuilles Interesse in Richtung Vokalmusik lenkte


    1887 heiratet Ludwig Thuille Emma Dietl und aus dieser Ehe gehen zwei Kinder hervor, der erstgeborene Sohn Eduard Eugen, der nur 21 Jahre alt werden durfte und die Tochter Hedwig, die dann den Thuille-Schüler Walter Courvoisier, einen Schweizer Komponisten, heiratete.


    Thuille war im Laufe seiner musikalischen Entwicklung den unterschiedlichsten Strömungen ausgesetzt. Am Anfang stand seine Ausbildung im mächtigen Barockkloster Kremsmünster, dann kam er, mit Bruckner im Kopf, zu Rheinberger nach München, der mit klassischen Formen arbeitete, und war dann durch den militanten Alexander Ritter in den Sog Wagnerscher Musik geraten.
    Noch 1884 verachtet Thuille Lszts 1. Klavierkonzert indem er es zum »Unglaublichsten, was ich mir überhaupt vorstellen kann – nämlich an Schundmäßigkeit« zählt. Nur fünf Jahre später hat sich bei ihm ein Wandel dergestalt vollzogen, dass er möglichst oft den »erhabenen Namen Lszt´s« auf den Programmen seiner eigenen Chorkonzerte erscheinen lässt. Aber so ganz fortschrittlich wollte Thuille offensichtlich dann doch nicht werden, denn sein Freund Strauss sieht 1890 Thuille noch als »ewigen Schumannianer und Nachtstückevortragskünstler« und ermuntert ihn, endlich einmal »gegenwärtig« zu komponieren.


    Ein musikalischer Revolutionär war Ludwig Thuille nicht, aber Uwe Friedrich (Deutschlandfunk) stellte einmal bezüglich der Aufführungshäufigkeit von Thuilles Kammermusik folgendes fest:


    »Auch die größten Kammermusikfachleute können durchs Leben gehen, ohne jemals ein Werk von Ludwig Thuille gehört zu haben. Hätte er wenigstens dieselben Instrumente verwendet wie Beethoven in seinem Septett oder Schubert in seinem Oktett, dann wäre Thuilles Sextett für Klavier und Bläserquintett sicher in Kombination mit diesen Standardwerken öfter zu hören. Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott, Horn und Klavier muss ein Kammermusikveranstalter hingegen erst mal zusammen bekommen.«


    Diese Schwierigkeiten bestehen bei einem Liederabend eindeutig nicht, aber in den über tausend Seiten von »Reclams Lied Führer« wird der Komponist von immerhin 90 Liedern nicht entsprechend gewürdigt und in aller Regel auch nicht bei der Gestaltung von Liederabend-Programmen.
    Angeregt durch Alexander Ritter, wandte sich Thuille um 1892 der Opern-Komposition zu. Alexander Ritter versteckte sich hinter dem Pseudonym »W. Ehm« und schrieb das Libretto zu Thuilles erster Oper »Theuerdank« nach der Vorlage eines Lustspiels. 1894 bewarb sich Thuille mit seiner Erstlingsoper um den »Prinz-Luitpold-Preis«, der mit 6.000 Mark dotiert war, was heute etwa 50. 000 Euro entspricht. Da es der Jury nicht möglich war, unter den 98 Einsendungen einen Sieger zu benennen, wurde der Preis im März 1896 zwischen Alexander Zemlinsky und Thuille geteilt, Zemlinsky war mit seiner Oper »Sarema« in den Wettbewerb gegangen.
    Als am 12. März 1897 »Theuerdank« unter der Stabführung von Richard Strauss am Nationaltheater München uraufgeführt wurde, bemerkte ein Kritiker, dass das eine »neudeutsche Schreibtisch-Oper« sei. Das Werk wurde nach nur vier Aufführungen vom Spielplan genommen.
    Dennoch schuf Thuille unmittelbar nach seinem Misserfolg in diesem Genre, die Oper »Lobetanz«, die am 6. Februar 1898 durch Felix Mottl am Karlsruher Hoftheater ihre sehr erfolgreiche Uraufführung erlebte. Und das war kein Eintagserfolg, noch im gleichen Jahr stand das Werk in Berlin auf dem Programm, 1899 in Zürich, 1901 in Wien und 1905 in Straßburg; sogar an der Zoppoter Waldoper wurde die Oper 1911 gespielt. »Lobetanz« schaffte dann später auch noch den Sprung in die Neue Welt, nach Philadelphia und an die New Yorker Metropolitan Opera, wo das Werk unter dem Titel »Merrydance« gespielt wurde.
    Die nächste Thuille-Oper ließ nicht lange auf sich warten, 1901 wurde sie unter dem Titel »Gugeline« aufgeführt, war aber kein Erfolg.
    Zu »Lobetanz« und »Gugeline« hatte Otto Julius Bierbaum - damals ein rühriger Literat in der modernen Münchner Szene - die Texte geliefert, Bierbaum war Jahrgang 1865, also etwas jünger als Thuille und es entwickelte sich zwischen den beiden eine freundschaftliche Beziehung.


    Nachdem »Gugeline« kein Erfolg beschieden war, wandte sich Ludwig Thuille wieder der Kammermusik zu, eine letzte Oper, »Der Heiligenschein«, blieb unvollendet und wurde 1910 posthum als Fragment aufgeführt. Im Wesentlichen schuf er bis zu seinem frühen Tode nur noch Kammermusik und Lieder.


    Wenn man die Opern mit dazu zählt, so überwiegt in Thuilles Schaffen die Vokalmusik. Einen beträchtlichen Teil machen die Sololieder aus, das sind 90 Lieder. Alexander Asteriades unterscheidet hierbei drei Schaffensperioden, in denen hauptsächlich Lieder entstanden sind:
    bis 1892, dann wieder 1898 bis 1902 und danach wieder in den letzten drei Jahren seines Lebens. Bei den von ihm dabei ausgewählten Textdichtern überwiegen bei weitem die Romantiker: Heine, Eichendorff, Rückert und Uhland; etwas überraschend sind nur fünf Lieder nach Texten von Bierbaum vertont, aber die Spitzenstellung als Textlieferant nimmt der Verwaltungsjurist und Mundartdichter Karl von Stieler ein, aber Mundart-Gedichte hat Thuille vom Stieler nicht vertont, sondern nur Hochdeutsch verfasste Stieler-Texte.


    Im Prinzip kann man von einer lebenslangen Freundschaft zwischen Thuille und Strauss sprechen; Strauss entfaltete eine größere Außenwirkung, die zwar bei Thuille auch gegeben war, aber hier eher indirekt, durch sein segensreiches pädagogisches Wirken.
    Bei ihren Liedvertonungen ist zu sehen, dass Strauss schon 1885 Beachtliches geleistet hatte, also Lieder komponiert, die heute noch stark beachtet werden, »Zueignung« war in den Konzertsälen ein »Hit«. In diesem Genre glauben Experten festgestellt zu haben, dass Thuille dem Text grundsätzlich mehr Bedeutung zumisst, als dies Strauss tut, dessen Lieder allerdings einen weit größere Bekanntheitsgrad erreicht haben.


    Diese Freundschaft zwischen Thuille und Strauss, die eine einseitige kurzfristige Trübung erfuhr, als der junge Thuille in Richard einen »Kindskopf« sah, ist durch regen Austausch im Erwachsenenalter belegt, »Don Juan« ist Ludwig Thuille gewidmet, man hat sich gegenseitig respektiert.
    Aber nun bekam diese Freundschaft eine ernstere Delle. Tausendsassa Bierbaum, der natürlich auch Kritiken schrieb, hatte im November 1903 in der »Allgemeinen Zeitung« eine Rezension der Orchesterballade op, 52 »Taillefer«, einem Werk von Richard Strauss, geschrieben. Bierbaum sparte nicht mit drastischen Formulierungen, es war ein totaler Verriss. Da Strauss von dem guten Verhältnis zwischen Thuille und Bierbaum wusste, glaubte er, dass sein alter Jugendfreund Ludwig in die Sache involviert sein könnte. Der verärgerte Strauss brach daraufhin seinen Kontakt zu den Münchner Freunden so gut wie ab, er ließ zwei Jahre lang nichts mehr von sich hören.
    Schließlich setzte sich Thuille am 9. Januar 1906 hin und schrieb einen ausführlichen Brief nach Berlin. Am 8. Februar antwortete Richard Strauss entsprechend, damit war die Sache bereinigt; es war auch höchste Zeit, die beiden Freunde haben sich nicht wiedergesehen.


    Ludwig Thuille hatte vormittags noch unterrichtet, fühlte sich unwohl und ging nach Hause, legte sich hin und starb. Die Ärzte stellten bei der Obduktion eine plötzliche Verengung der Herz-Arterie fest.


    Der aus Bozen stammende Publizist Herbert Rosendorfer schrieb zu Ludwig Thuille einmal:


    »Wie in vielen Fällen solcher "Kleinmeister" stellt man bei näherem Hinsehen und vor allem unvoreingenommenem Hinhören fest, dass diese leicht abschätzige Bezeichnung der Bedeutung und dem (in bestem Sinn) Unterhaltungswert der Werke nie gerecht wird. Die zweite Violinsonate schlägt Töne an, die vorher nicht gehört waren, die Lobetanz-Ouvertüre ist ein Juwel, das Sextett ein Meisterwerk. Wenn man die Bezeichnung "Kleinmeister" beibehalten will, halte ich es für richtig, die Betonung auf "Meister" zu legen.«



    Direkt unter den Lebensdaten von Ludwig Thuille steht der Name seines Schülers und späteren Schwiegersohns Walter Courvoisier, der 1931 starb.


    Walter Courvoisier wurde am 7. Februar 1875 in Riehen, nahe Basel, in einem Elternhaus geboren, das von medizinischer Thematik geprägt war, weil der Vater als Ordinarius der Chirurgie an der Universität Basel wirkte. Sohn Walter studierte also auch Medizin und konnte ab dem Jahr 1900 Dr. med. vor seinen Namen schreiben und war Assistenzarzt an der Chirurgischen Klinik des Basler Bürgerspitals. 1902 gab er seinen Arztberuf auf, um in München bei Ludwig Thuille Musik zu studieren, woraus sich freundschaftliche Kontakte ergaben.
    Zwei Jahre nach Thuilles Tod heiratet Walter Courvoisier die Tochter seines Lehrers, Hedwig Maria Thuille.
    1907/08 wurde ihm, zusammen mit Ernst Boehe, die Leitung der Volks-Symphoniekonzerte des Kaim Orchesters übertragen; einen 1908 erfolgten Ruf als Dirigent an die Dresdener Hofoper schlug er aus. 1910 berief ihn Felix  Mottl als Theorielehrer an die Akademie der Tonkunst in München, 1921 wurde er dort zum außerordentlichen, 1924 zum ordentlichen Professor für Komposition ernannt.
    In München war Courvoisier Wohnungsnachbar der Familie Mann; während im dritten Stock Courvoisiers Oper »Lancelot und Elaine« entsteht - eine Oper, deren Spur man heute kaum noch findet -, schrieb Thomas Mann ein Stockwerk tiefer an den ersten Kapiteln des »Zauberberg«.
    Walter Courvoisier starb am 27. Dezember 1931 in Locarno.


    Praktischer Hinweis:
    Das Grab befindet sich auf dem Alten Münchner Waldfriedhof, Fürstenrieder Straße 288
    Man geht vom Haupteingang etwa 200 Meter geradeaus, biegt beim Gräberfeld 36 nach rechts ab und findet dann nach etwa weiteren 200 Metern, die Gräberfelder 40.

  • Wann ist Georges Baklanoff tatsächlich geboren? Wenn man nicht direkt dabei war, ist man auf Informationen anderer Leute angewiesen. Manche Nachschlagewerke, auch Wikipedia, schreiben diese Zahl wohl vom Sängerlexikon Kutsch/Riemens ab, wo steht:
    Baklanoff, Georges, Bariton, * 23.12.1880 Riga (nach dem Gregorianischen Kalender 4.1.1881)
    Auch die Schreibweise des Namens wird unterschiedlich dargestellt; sein ursprünglicher Name soll Georgij Andrejewitsch Bakkis gewesen sein, andere Quellen sagen Alfons-Georg Bakkis, gelegentlich wird sein Name auch Baklanov geschrieben.
    Als relativ sichere Quelle bezüglich des Geburtsdatums kommt wohl die Inschrift auf dem sehr gepflegten Mausoleum infrage, aber auch die Passagierliste des Norddeutschen Lloyd, Bremen. Diese Liste dokumentiert, dass Georges Baklanoff (53), Anna Baklanoff (40) und Aglavain Balakoff (13) ab Hafen Bremen am 29. November 1935 Richtung New York gefahren sind, natürlich in der ersten Klasse. Max Schmeling war übrigens auch an Bord, aber das führt zu weit vom Thema ab ...



    Zum heutigen Todestag von Georges Baklanoff



    In Nachschlagewerken wird dargestellt, dass Baklanoffs Familie aus Lettland stammte und seine Eltern früh starben. Seit 1892 wurde er in Kiew erzogen, wo er auch Jura studierte, später dann in St. Petersburg. Baklanoff musste aber schließlich sein Jurastudium abbrechen, weil sein Vormund das Vermögen veruntreut hatte und daraufhin Selbstmord beging.
    Ippolyt Pryanischnikow, ein damals berühmter russischer Tenor, bildete den nun mittellosen Baklanoff für die Dauer von zwei Jahren kostenlos aus. Seit 1902 setzte er diese Ausbildung dann bei Vittorio Vanza in Mailand fort. Dann debütierte Baklanoff 1903 am Opernhaus in Kiew als Dämon in Rubinsteins gleichnamiger Oper.


    Nun, ein Lexikoneintrag kann natürlich nicht auf jedes Detail einer Biografie eingehen, aber es ist interessant nachzulesen wie Baklanoff selbst seinen Anfang als Opernsänger schildert:


    »In Kiew war es auch, wo ich plötzlich die Entdeckung machte, dass ich eine wohlklingende tenorale Stimme hatte; die baritonale Färbung kam erst später. Da trat ein für meine Zukunft entscheidendes Ereignis ein. Ich war im Opernhaus gewesen und hatte Anton Rubinsteins "Dämon" erlebt. Seit jenem Abendvollzog sich eine Wandlung in mir. So erfüllt war ich von der Musik, und dem Gesang, dass der Wunsch erwacht war, ebenfalls Sänger zu werden. Ich nahm Gesangsunterricht, und oft gab ich im Kreis der Kameraden Proben meines Könnens. Nach dem Abitur bezog ich die Wladimir-Universität in Kiew, um Jura zu studieren, kehrte aber dann nach Petersburg zurück, wo ich weiter studierte und nebenbei auch meine stimmliche Ausbildung fortsetzte. Mein Gesangslehrer, ein früherer kaiserlicher Sänger, hat sich meiner in rührender Weise angenommen. In den Universitätsferien nahm er mich mit auf seine Reisen, und so kamen wir auch nach Mailand, wo er mich mit dem ehemaligen Kapellmeister der Scala, Vittorio Vanzo, der auch Beziehungen zu Richard Wagner unterhalten hatte, bekannt machte.Vanzo hielt viel von meiner Stimme und gab mir einige Gesangsstunden, da erst lernte ich die große Bedeutung der italienischen Gesangsschule kennen. Nun waren die Würfel gefallen. Ichverließ, 20 Jahre alt, die Universität und nahm bei Vanzo regelmäßigen Unterricht. Und auch späterhin, wenn mich mein Weg nach Mailand führte, suchte ich den Meister auf, um mit ihm Partien einzustudieren, oder die Stimme überprüfen zu lassen. Nach zwei Jahren ging ich zurück nach Russland, nach Kiew. Der Kapellmeister der dortigen Oper, mit dem ich bekannt war, empfahl mich seinen Direktor, und eines Tages bestellte er mich zum Vorsingen.
    Sofort bot er mir ein Gastspiel an. Und wie merkwürdig es war jene Oper, die damals den unauslöschlichen Eindruck auf mich gemacht und die entscheidende Wendung in meinem Leben herbeigeführt hatte, der "Dämon". Ich war natürlich noch sehr unsicher, denn die Bühne bedeutete völliges Neuland für mich. Die Kritik stellte fest: Eine gute Stimme, aber der junge Sänger muss noch viel lernen. Das war der Anfang meiner Karriere. Der Direktor riet mir, erst einmal Erfahrungen zu sammeln und mein dürftiges Repertoire zu erweitern; mit meinen drei, vier Partien konnte ich noch nicht viel beginnen. Ich fing ganz unten an, bei einer Wandertruppe, einer regelrechten Schmiere. Erste Station war Kamenez-Podolsk, zwar Hauptstadt des Gouvernements Podolien, aber doch nur ein Ort von nur 3.500 Einwohnern. Alle drei bis vier Tage musste ich eine neue Rolle lernen, dabei war die Anleitung durch den Regisseur alles andere als instruktiv. Für ihn hatte der Alkohol mindestens das gleiche Interesse wie die Oper. Nein-, man konnte wirklich nicht viel lernen von diesem Regisseur! Ich hatte meinen Ehrenabend bekommen und dazu Tschaikowskys "Eugen Onegin" gewählt. Diese Partie war neu für mich, und so bat ich den Spielleiter, die Rolle doch einmal mit mir durchzugehen. "Das machen wir am Tag der Vorstellung", erklärte er. Zur verabredeten Zeit fand ich mich im Theater ein, da kam, mit einiger Verspätung und wieder alkoholisiert, der Regisseur. "Ja, wissen Sie" - so meinte er - , der wichtigste Moment in der Oper ist die Begegnung Onegin mit Tatjana. Wenn sie erscheint, nehmen Sie den Hut ab und begrüßen sie ehrerbietig - alles andere werden Sie heute Abend schon sehen!"Sprach´s und verschwand wieder. Das war so seine Art Regie zu führen.

    Nach sechs Wochen ging es nach der Hauptstadt des Gouvernments Wolhynien, Shitomir. Als dieses Gastspiel beendet war, sollte die Reise nach Riga gehen. Da ließ mich der Direktor kommen, zahlte mir meine Gage aus und fragte teilnahmsvoll: "Was werde Sie jetzt tun?"- Verdutzt sah ich ihn an: "Ich denke wir gehen nach Riga?" - Ja, gewiss, aber das ist eine Großstadt, und da können wir Sie doch nicht mitnehmen." Nun gut, dachte ich, setzte mich auf die Bahn, fuhr nach Moskau und sang dem Direktor eines Privattheaters vor. ER wollte mich erst in der Nachmittagsvorstellung hören, ehe er das Engagement perfekt machte. Jener Vorstellung wohnte nun auch der Direktor der Kaiserlichen Oper bei. In der Pause schickte er mir seine Karte in die Garderobe und bestellte mich in sein Büro. Nach dem Fiasko mit Riga machte ich mir keinerlei Illusionen, unterzeichnete nach Schluss der Aufführung den Kontrakt mit dem Privattheater, suchte aber am nächsten Tag die Kaiserliche Oper auf. "Ich engagiere Sie", erklärte der Direktor, zahlte die Konventionalstrafe für den Kontraktbruch, und so war ich mit dreiundzwanzig Jahren Mitglied der Kaiserlichen Oper Petersburg-Moskau. Der Traum von Kiew ging in Erfüllung. Es dauerte nicht lange, da besaß ich den Kammersänger-Titel, von dem ich in meiner Gymnasialzeit geträumt hatte. Der Weg ging weiter. Gastspielreisen führten mich durch die großen Städte Europas und Amerikas, und 1911 kam ich mit einer italienischen Stagione zum erstenmal nach Berlin. «


    Folgt man den einschlägigen Fachpublikationen, dann war da ein von 1905 bis 1907 währendes Engagement an der Kaiserlichen Oper Moskau. Als 1906 am Bolschoi-Theater Rachmaninows Einakter »Der geizige Ritter« und »Francesca da Rimini« uraufgeführt wurden, gehörte Baklanoff zu den Protagonisten.
    Auch an seiner nächsten Station, der Hofoper in St. Petersburg, durfte er eine Premiere singen, diesmal kein Einakter, sondern ein Werk von Wagnerschen Ausmaßen und dem sperrigen Titel:»Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch und der Jungfrau Fewronia« von Nikolaj Rimski-Korsakow; es war die letzte Oper des Komponisten, die Uraufführung fand am Mariinski-Theater in St. Petersburg statt. Soweit man das überblicken kann, bewegte sich Baklanoff bisher im Bereich der russischen Opern, die ja zeitlebens ein Aushängeschild seiner besonderen Interpretationen waren.


    Jetzt wandte sich der Sänger allmählich den europäischen Musikmetropolen zu, wo er Gastspiele an berühmten Häusern absolviert. An der Covent Garden Oper London hört man ihn 1910 als Rigoletto und Scarpia; an der New Yorker Metropolitan Oper soll er nur ein einziges Mal aufgetreten sein - als Rigoletto. Schon ist er wieder in Europa und feiert seine Triumphe in Paris, Wien, Frankfurt, Berlin, wo er 1911an der Komischen Oper als Rigoletto und Scarpia als Weltstar gefeiert wurde. Zur Zeit seiner Berliner Erfolge begeistert er aber auch das Publikum im fernen Boston, wo er während dreier Jahre, bis 1914 öfter zu hören ist.
    Nach der russischen Revolution 1917 wurde Georges Baklanoff amerikanischer Staatsbürger.
    In den1920er Jahren zeigt er viel Präsens in Amerika, wo er in den Jahren 1917 bis 1928 zu der Oper von Chicago einen besonders guten Kontakt pflegte. In dieser Dekade kamen viele neue Rollen hinzu, wie zum Beispiel der Mephisto in »Faust«, Escamillo, Amonasro, Renato ... und sogar den Wotan in der »Walküre« und den Telramund im »Lohengrin«.
    Endlich, in der Saison 1925/26, den Boris Godunow, eine Rolle, mit der er weltweit Triumphe feierte.
    Aber bei all dem verliert er Europa nicht aus den Augen, singt auch in Skandinavien, bei den Festspielen in Zoppot, wo er den Sebastiano in »Tiefland« gibt; das war 1932. Noch wird er nicht geahnt haben, dass seine letzte Ruhestätte nur wenige Schritte von der des Komponisten Eugen d´ Albert entfernt sein wird.


    Aus seinem privaten Bereich ist dürr vermerkt, dass Baklanoff zeitweilig mit der berühmten Sopranistin Lydia Lipkowska verheiratet war, von beiden sind auch Tonaufnahmen erhalten. Demnach war seine zweite Frau, die in Ludwigshafen geborene Schauspielerin Aenne Gebhard. 1922 kam Tochter Aglavaine zur Welt und in der Regel wurde der Sänger auf seinen Tourneen und Gastspielreisen von Frau und Kind begleitet, Frau Baklanoff soll auch die Funktion eines Impresario gehabt haben.
    Da auch die Familie eines Sängers nicht ständig unterwegs sein möchte, erwarben die Baklanoffs ein Anwesen im Brandenburgischen in der Nähe von Berlin, in Bruchmühle, etwa 40 Kilometer von den Berliner Opernhäusern entfernt. In der Ortschronik von Bruchmühle (der Ort hat heute knapp zweitausend Einwohner) heißt es:

    »In den zwanziger Jahren erwirbt der russische Kammersänger Georgi Andrejewitsch Baklanov ein Grundstück an der Altlandsberger Straße gegenüber dem Mühlengelände. Wie überliefert ist, bemüht er sich stets um ein soziales Engagement im Ort, das ihm viel Dankbarkeit bei den Einwohnern entgegen
    bringt.«


    Ein Schild des Jugend- und Kulturvereins Bruchmühle e.V. erteilt heute dem Ortsbesucher folgende Auskunft:


    »Die 1908 erbaute Villa, benannt nach dem russischen Opernsänger Georges Baklanoff, *04.01.1881 in Riga, † 06.12.1938 in Basel, ist eines der bemerkenswerten Gebäude in Bruchmühle. Der Bariton Baklanoff wurde durch seine Auftritte in den größten Opernhäusern Europas und Amerikas weltberühmt. Er lebte etwa seit1922 in Bruchmühle, erwarb das Haus 1930 und ließ es zu dem repräsentativen Gebäude mit Stuckverzierungen umbauen und vergrößern. In der Villa trafen sich zahlreiche Künstler und Aristokraten aus Berlin. 2010 wurde es komplett saniert.«


    An seinem Besitz in Bruchmühle, so erzählte man sich, soll er den Birkenhain sehr geschätzt haben, weil ihn das etwas an seine russische Heimat erinnert habe. Als Baklanoff 1932 ein Engagement in Basel annimmt, verlegt die Familie ihren Wohnsitz in die Schweiz.


    Baklanoff war seiner Zeit insofern voraus, dass er all seine Rollen stets in der Originalsprache sang, um den Intentionen der Komponisten zu entsprechen. Baklanoff liebte Sprachen und beherrschte neben seiner Muttersprache Italienisch, Französisch, Englisch und Deutsch. Seine darstellerische Kraft soll phänomenal gewesen sein. Die Schweizer Sängerin Erika Frauscher berichtete 1975 im Rückblick von einer gemeinsamen Arbeit:


    »Ich war im ersten Jahr meines Engagements und durfte schon mit zwei der Größten am Gesangshimmel singen: Georges Baklanoff und Salvatore Salvati. Salvati (von der Scala in Mailand) sang den italienisch, Baklanoff den Mephisto französisch und ich die Margarethe in deutscher Sprache. Ich hatte den großen russischen Sänger noch nie gesehen und ging vor Beginn der Vorstellung auf die Bühne. Da - mein Herz stand fast still - meinte ich plötzlich
    den leibhaftigen Satan vor mir zu sehen:
    Eine graue Riesengestalt mit blutleerem Gesicht und ebensolchen Händen in denen er das ominöse Schmuckkästchen hielt. Der Bann löste sich erst, als er in seinem Russisch-deutsch erklärte: Ich werrde Kästchen dorrt in die Ecke stellen!> In der Domszene stand er fast unkenntlich an der grauen Wand, wie eine Pfeilerfigur. Genial hatte er seinen grauen Mantel weit über den Sockel hinunterfallen lassen, so dass die ganze Überlänge gotischer Figuren vorgetäuscht war. Erschütternd war es, wie dann seine herrlich mächtige Stimme ertönte ...«


    Seine Stimme ist auf Tonträgern dokumentiert; erste Aufnahmen stammen von 1907, bei HMV entstanden 1919 weitere Aufnahmen und noch aus den 1930er Jahren sind Stücke erhalten. Jens Malte Fischer schreibt zu Baklanoffs Aufnahmen unter anderem:


    »... Baklanoff war außerdem im russischen wie im italienischer Repertoire gleichermaßen erfolgreich und erweist sich auf seinen Platten als Rigoletto, Jago und Renato als ebenso eindrucksvoll wie in den russischen Partien, wo allerdings (wie in der Titelrolle von Rubinsteins Dämon) eine starke Neigung zur Larmoyanz negativ auffällt.«


    Auch wenn man sich »Do not weep, my child« aus »Der Dämon« mehrmals anhört, muss man diese Meinung nicht unbedingt teilen, das ist wohl eine Sache des ganz persönlichen Geschmacks. In »Neue Zeitschrift für Musik« von 1914, findet man auf Seite 10 in einer Kritik von Edwin Janetschek die Passage:

    »Beide Meisterwerke erhielten noch ein besonderes Gepräge dadurch, dass kein Geringerer als der phänomenale russische Baritonist Baklanoff ihre Titelrollen darstellte. Wer diesen Meister des Gesanges und Spielers gehört und gesehen, wer sich an dieser von Kraft, Frische und Schönheit überströmenden Stimme gelabt hat, der weiß, welches Erlebnis ein Opernabend mit Baklanoff bedeutet.«


    Man hatte an der deutschen Oper in Prag einen Verdi-Zyklus ins Leben gerufen; mit den beiden Meisterwerken meinte der Rezensent die Neueinstudierungen »Othello« und »Falstaff«.


    Es ist eben grundsätzlich ein großer Unterschied, ob man eine Platte hört, die schon hundert oder mehr Jahre alt ist, oder ob man diese ganz Großen Sängerinnen und Sänger noch in Aktion erleben konnte - wohl in der Regel in einem Haus, das ein entsprechendes Ensemble zur Verfügung hatte und ein gewisses Raumerlebnis bot.


    Sehr lange konnte Georges Baklanoff die schöne Schweiz nicht mehr genießen; seine Umgebung registrierte, dass es dem Sänger zunehmend schlecht ging. In der Basler National-Zeitung vom 30. September 1975 erinnert sich Erika Becker-Frauscher:


    »Im Frühling 1938 sang Baklanoff in Basel nochmals den Mephisto. Er war leider sehr herzleidend, und nur noch mit ärztlicher Hilfe konnte er die Vorstellung zu Ende singen. Er sass auf der Bühne, so oft er nur konnte. Ich sehe ihn heute noch, wie er sich hohnlachend auf die Bank setzte, als ihm sein Verführungswerk gelungen war. Helma Varnai sang ganz ausgezeichnet die Margarethe, Armin Weltner den Valentin.
    Es war Baklanoffs letztes Auftreten. Im Dezember 1938 starb er. Gottfried Becker spielte ihm noch, auf Bitten seiner Gattin, am Totenlager die Hymne des alten Russlands, die Zarenhymne ...«





    An einem der schönsten Orte der Welt, in Morcote, im Schweizer Tessin, hat Georges Baklanoff seine letzte Ruhestätte. Marcote liegt zehn Kilometer südwestlich von Lugano im Südteil des Luganer Sees.
    Der historische Friedhof von Morcote liegt hoch über dem See. Das Gelände ist terrassenartig angelegt und hat eine große Anzahl handwerklich aufwändig gestalteter Grabdenkmale. Wer vom See her ziemlich direkt nach oben kommen möchte, steigt die monumentale Treppe mit 404 Stufen hinauf zur Kirche Santa Maria del Sasso, wo man ganz in der Nähe der Kirche auch das schlichte Grab von Eugen d´ Albert findet. Von dort aus geht man auf einem Terrassenband zwanzig Meter nach rechts, dann sind es noch 23 Stufen nach oben zum Grabmonument von Baklanoff.



    Der Eingangsbereich zum Friedhof


  • Zum heutigen Geburtstag von Walter Braunfels



    Walter war das jüngste Kind seiner Eltern, die vererbungsbedingten Anlagen waren von einer gewissen Exklusivität, die Mutter, Helene Braunfels, eine geborene Spohr, war die Großnichte des Komponisten Louis Spohr. Dass Helene Spohr sowohl mit Clara Schumann als auch mit Franz Liszt befreundet war, konnte sie zwar nicht an den Sohn vererben, aber dies zeigt an, dass in der Familie Musik eine besondere Rolle spielte.
    Walters Vater war der Jurist und Literaturwissenschaftler Ludwig Braunfels, der sich unter anderem auch als Übersetzer des »Don Quijote« sowie des »Nibelungenliedes« in der Kunstwelt einen Namen gemacht hatte.1835 war Vater Braunfels vom Judentum zum evangelischen Glauben konvertiert.1866 heiratete er in zweiter Ehe die um 32 Jahre jüngere Helene Spohr.


    Helene Braunfels war Schülerin von Franz Liszt und so war es naheliegend, dass sie die Begabung ihres Jüngsten erkannte und förderte. Mit sieben komponierte klein Walter schon ein Lied - »Der Alpenkönig«. Als er kaum zehn war, komponierte er bereits ein größeres Werk und wird dann schließlich als Zwölfjähriger ins Hoch´sche Konservatorium in Frankfurt aufgenommen.
    Als Walter Braunfels siebzehn war, kam von ihm die etwas überraschende Erklärung, dass er Jura und Volkswirtschaftslehre studieren wolle. Seiner Mutter erklärte er:
    »Wahrscheinlich bin ich schon begabt genug, um ein guter Musiker zu werden. Aber die Musik ist nicht schön genug, um ihr das Leben zu widmen.«
    1901 beginnt er das Studium der Nationalökonomie und der Rechte an der Universität Kiel, wobei er aber die Musik nie ganz aus den Augen verliert.
    Schon ein Jahr später sieht man Braunfels an der Münchner Universität, die ein ganz anderes künstlerisches Umfeld hat. Dort erlebt er eine »Tristan«-Aufführung, die ihn veranlasst sich doch wieder musikalisch zu orientieren.
    In Wien studiert er bei dem renommierten Theodor Leschetitzky Klavier und Theorie bei Karl Nawratil, der als Lehrer Arnold Schönbergs in die Musikgeschichte eingegangen ist. Ein Kompositionsunterricht bei dem ausgezeichneten Musikpädagogen Ludwig Thuille an der Akademie für Tonkunst in München schließt sich an. Dort gibt er auch seinen ersten öffentlichen Klavierabend, dem die Uraufführung seiner »Symphonischen Variationen über ein altfranzösisches Lied« in Lübeck folgt. Dieses Werk wird dann auch in Dresden, Wien, Berlin und München aufgeführt.


    Musiker haben auch ein Privatleben; in München lernt Walter Braunfels Bertel Hildebrand kennen. Diese Bertel Hildebrand ist nicht irgendwer, sondern die Tochter des führenden deutschen Bildhauers und Medailleurs Adolf von Hildebrand, der auch das Brahms-Denkmal in Meiningen gestaltet hat. Das Mädchen hatte aber nicht nur einen berühmten Vater, sondern war seit Februar 1902 mit Wilhelm Furtwängler verlobt, das größte Gemeinsame dieser Verbindung scheint gewesen zu sein, dass die Verlobten sich darin einig waren, dass ein Leben ohne Beethoven kein Leben sei ...
    Hildebrands Kinder waren alle künstlerisch begabt und praktizierende Musiker, Bertel war zum Beispiel Schülerin von Max Reger. Die Hildebrand-Töchter fanden zunehmend Gefallen am Katholizismus. Bertel von Hildebrand zog einige Jahre später daraus die Konsequenz, wurde katholisch und heiratete 1909 Walter Braunfels, der bewusst ein katholischer Komponist sein wollte, aber erst später konvertierte.


    Im Hochzeitsjahr wurde Braunfels erstes Opernwerk »Prinzessin Brambilla« aufgeführt; um die Uraufführung wetteiferten die Dirigenten Felix Mottl, zu dem Braunfels ein besonderes Verhältnis hatte, und Max von Schillings in Stuttgart. Durch besondere Umstände bedingt, erlebte die Oper dann am 25. März 1909 ihre erfolgreiche Uraufführung am Hoftheater Stuttgart.
    Seiner 1913 ebenfalls in Stuttgart uraufgeführten Oper »Ulenspiegel« war kein Erfolg beschieden. Schon 1913 Beginnt Braunfels mit der Komposition der Oper »Die Vögel«, ein lyrisch-phantastisches Spiel in zwei Aufzügen, wie auf dem Programm der Uraufführung am Nationaltheater München steht. Aber diese Uraufführung fand erst am 30. November 1920 statt. Am Pult stand Bruno Walter - Kriegszeiten sind für diese musikalische Pause verantwortlich.


    1915 kommt auch Werner Braunfels zum Fronteinsatz nach Frankreich, wird verwundet und entgeht nur um Haaresbreite dem Tod. Durch die furchtbaren Ereignisse traumatisiert, gilt das als ein Wendepunkt in seinem Leben. Braunfels Vater war einst evangelisch geworden, nun tritt der Sohn zum Katholizismus über.


    Heute wird der Begriff »Die Vögel« mit Alfred Hitchcocks Film assoziiert, damals war Braunfels Oper ein geradezu sensationeller Erfolg, die ausführenden Künstler waren erstrangig - Maria Ivogün und Karl Erb gehörten zu den Protagonisten - (und verlobten sich während der Probearbeiten).
    »Die Vögel« wurden alleine innerhalb eines Jahres in München fünfzigmal wiederholt. Der nun 38-jährige Braunfels hatte zu diesem Zeitpunkt den schon wesentlich älteren Richard Strauss bezüglich der Publikumsgunst verdrängt, die Kritiker priesen das Werk als »Göttermusik«; die großen Dirigenten, wie Fritz Busch, Hans Knappertsbusch, Wilhelm Furtwängler, Bruno Walter ... waren darum bemüht Werke des neu entdeckten Meisters aufzuführen.
    Dennoch sollte man das Ganze auch nicht zu euphorisch sehen, weil die Opernhäuser in dieser Zeit der Geldentwertung schwer zu kämpfen hatten und durch die Inflation, die schließlich 1923 mit der Entwertung der deutschen Währung endete, ihre traditionellen Besucherschichten verloren.


    Braunfels erarbeitete sich nun auch die anderen Musikgattungen vom Oratorium bis zum symphonischen Werk. Werner Braunfels war berühmt und begehrt, so begehrt, dass ihn 1923 sogar der ebenfalls aufstrebende Adolf Hitler aufsuchte, um bei ihm eine Hymne für seine nationalsozialistische Bewegung in Auftrag zu geben, aber die Herren hatten zu unterschiedliche Ansichten und konnten nicht miteinander ins Geschäft kommen, vom Namen des Komponisten her, hätt´s ja wunderbar gepasst (ein kleiner Scherz in ernster Sache) Hitler wurde noch berühmter als Braunfels und an diesen Folgen haben Braunfels Werke heute noch zu leiden.


    Seinen 50. Geburtstag konnte Braunfels noch genießen, man feierte ihn auch als Gründungsdirektor der Kölner Musikhochschule, die er auf Wunsch des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer aufgebaut hatte.
    Etwa ein halbes Jahr später wurden in Köln alle jüdischen Lehrer und Schüler von der Hochschule verwiesen, nach nationalsozialistischer Definition galt Braunfels als »Halbjude«.
    Am 24. März 1933 verlor er sein Amt, er wurde von der Universität »beurlaubt« und seine Werke wurden mit Aufführungsverbot belegt und es wurde ihm untersagt als Pianist öffentlich aufzutreten, sein Name wurde in Fachpublikationen gestrichen ... dies alles hatte jahrzehntelange Nachwirkungen, die bis in unsere Tage reichen.


    Er musste nun sein Kölner Haus weit unter Wert verkaufen, Freunde drängten ihn zur Emigration, aber er konnte sich nicht vorstellen Deutschland zu verlassen und fand zu seiner inneren Emigration. Im Herbst 1937 begab er sich mit seiner Familie nach Süddeutschland, an den Bodensee. In Süßenmühle bei Überlingen hatte er zwei Jahre zuvor einem Bauern ein Grundstück abgekauft.
    Hier komponierte er Werke, die in absehbarer Zeit nicht aufgeführt werden konnten, er produzierte für die Schublade. So entstanden eine Adventskantate, eine Weihnachtskantate, eine Osterkantate und zwei Opern. Ähnlich wie die Zäsur im Ersten Weltkrieg, war dies nun ein tiefer Einschnitt in seine Gefühlswelt und es entstand dabei eine Musik, die vermutlich unter anderen Umständen hätte nicht entstehen können.


    Für kurze Zeit sah Braunfels sogar einen Silberstreif am Horizont, Bruno Walter, der seit 1936 in Wien die Staatsoper leitete, zeigte großes Interesse Braunfels Oper »Der Traum ein Leben« aufzuführen, damals war es noch möglich, dass man sich im nahen Winterthur bei Werner Reinhart traf. Auch in Amsterdam waren noch Treffen mit Walter angedacht, die Vorbereitungen waren schon weit gediehen, endlich, im Oktober 1938 sollte das Werk in Wien aus der Taufe gehoben werden - am 12. März 1938 waren diese Planungen dann Makulatur.
    In den Jahren 1937-1943 entstand am idyllischen Bodensee die Oper »Szenen aus dem Leben der Heiligen Johanna«, draußen tobte der Krieg und drei Söhne der Familie waren bei der Wehrmacht.


    Nach Kriegsende kehrte Braunsfels wieder ins fast völlig zerstörte Köln zurück, wo ihn Konrad Adenauer erneut damit beauftragte die Kölner Musikhochschule aufzubauen, was ihm nicht nur aus materiellen Gründen Schwierigkeiten bereitete, denn da wurden allmählich immer mehr ehemalige Kollegen durchgewinkt, die sich die Jahre vorher ganz gut mit den Verhältnissen arrangiert hatten.
    Auch Günter Wand kam nach Köln zurück und wurde neuer Generalmusikdirektor und Gürzenich-Kapellmeister. Unter Wand wurden einige Werke Braunfels uraufgeführt, aber das waren eher lokale Ereignisse, die nicht mit einer weiten Verbreitung gleichgesetzt werden können. Es ist gut nachvollziehbar, dass ein Komponist in seiner Situation darauf brennt, endlich seine Musik zu hören und gespannt auf die allgemeine Reaktion und Fachkritik ist, aber da kam nicht viel Resonanz; die Erklärung scheint einfach - die Leute hatten damals andere Sorgen.
    1947 verhandelte Braunfels wegen der Uraufführung seiner 1935 entstandenen Mysterium-Oper »Verkündigung« anscheinend erfolgreich mit der Münchner Generalintendanz, die jedoch erst abwarten mochte was der ans Haus kommende neue Mann - das war Georg Solti, der durch die amerikanische Militärregierung für den abgesetzten Clemens Kraus kam - von der Sache hält. Solti lehnte Braunfels Werk mit der Begründung ab, dass es ihm »zu Deutsch« sei.


    Anlässlich seines 70. Geburtstages wurde der Komponist nochmals mit Ehrungen überschüttet; seine beiden wichtigsten für den Konzertsaal geschriebenen Werke wurden in Köln aufgeführt; die »Phantastischen Erscheinungen eines Themas von Hector Berlioz« und »Te Deum«.
    Werner Braunfels musste feststellen, dass sich seine Werke nur schwer gegenüber der favorisierten seriellen Musik behaupten konnten.


    Der Kunsthistoriker Wolfgang Braunfels, einer der fünf Söhne des Komponisten, stellte rückblickend einmal fest:


    »An äußeren Ehren und Anerkennung hat es dem Alternden nicht gefehlt. Aber sein Werk wurde nicht mehr verstanden. Eine jüngere Generation und eine neue internationale Musik, die zusammen mit ihm verboten gewesen war, drängten in den Vordergrund und lenkten die Aufmerksamkeit auf sich. Die Nation strebte auch geistig der Einordnung in größere Gemeinschaften entgegen. In einer Zeit, in der alles zu einer Weltkultur sich zusammenschloss und in der Deutschland es aufgegeben hatte, seine verlorene geistige Physiognomie zurückzugewinnen, war für einen Musiker, dessen Kunst in der alten Tradition des großen 19. Jahrhunderts wurzelte, kein Raum«


    Michael Braunfels, trat als einziges der fünf Kinder Werner Braunfels in die Fußstapfen seines Vaters und wurde Pianist und Komponist. Er starb im Alter von 98 Jahren; ihm gelang es in den 1990er Jahren, die Werke seines Vaters wieder etwas ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.
    Auch ein Enkel des Komponisten, der prominente Architekt, Stephan Braunfels, tut etwas für das Andenken seines Großvaters, er entwarf in der Spielzeit 2010/11 das Bühnenbild für die Inszenierung Oper »Ulenspiegel«.



    Wenn man den Haupteingang am Höninger Platz benutzt, kommt man zu einem großen Kreuz.



    Praktische Hinweise:
    Das Grab von Werner Braunfels findet man auf dem Kölner Südfriedhof, nahe der A 4 im Südwesten von Köln. Der Haupteingang befindet sich an der Kendernicher Straße.
    Wenn man den Haupteingang am Höninger Platz benutzt, kommt man zu einem großen Kreuz. Dahinter befindet sich eine runde Rasenfläche mit einem Baum in der Mitte. Dort biegt man links ab und kommt zum Feld 43.


  • Aussegnungshalle Waldfriedhof Traunstein



    Zum 100. Geburtstag der Sängerin
    Anmerkung: In vielen Publikationen wird das Sterbedatum mit 11. März angegeben



    Hanna war die jüngste von drei Töchtern, die einem Förster in der Oberpfalz geboren wurden. Der starb als Töchterchen Hanna erst zehn Jahre alt war. Die Mutter wird als willensstarke Persönlichkeit beschrieben.


    In München studierte Hanna Ludwig bei der Altistin Luise Willer, die an der Münchner Staatsoper lange Jahre eine Stütze des Hauses war, aber auch eine erfahrene Gastsängerin an anderen Bühnen. Daneben studierte Hanna Ludwig auch bei Rudolf Hartmann und war Schülerin der legendären Gesangspädagogin Martienssen-Lohmann.


    1949 gab sie ihr Debüt am Stadttheater von Koblenz und wechselte von dort - 1952-1953 - an das Theater in Freiburg im Breisgau; danach war Hanna Ludwig an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf-Duisburg zu hören. Auch Bayreuth war auf die Sängerin aufmerksam geworden; sie wurde zu den ersten Nachkriegsfestspielen dorthin eingeladen. Dort begann sie 1951 unter Knappertsbusch in »Parsifal« als 1. Knappe und Klingsors Zaubermädchen, also keine tragende Rollen - (Martha Mödl sang die Kundry, George London Amfortas und Wolfgang Windgassen Parsifal). 1952 in Bayreuth dann Wellgunde in »Götterdämmerung« und »Das Rheingold«, sowie Waltraute in »Die Walküre« und ihre Vorjahresrollen in »Parsifal«.


    In den Jahren 1956 bis 1958 stand sie in Rahmen von Gastspielen als Octavian in »Der Rosenkavalier« auf der Bühne der Wiener Staatsoper. Später dann nochmals als Jokaste in »Oedipus Rex« und als Komponist in »Ariadne auf Naxos«. 1959 wirkte Hanna Ludwig am Opernhaus Köln in der Uraufführung der Oper »Der Tod des Grigori Rasputin« von Nikolas Nabokov mit. Sie gab Gastspiele an der Mailänder Scala, am Teatro Fenice in Venedig, Amsterdam, Zürich ...


    Bei den Salzburger Festspielen 1963 sang Hanna Ludwig das Alt-Solo in Mozarts Requiem. Tourneen durch Nord- und Südamerika folgten, Japan, die Philippinen und weitere asiatische Länder wurden im Rahmen musikalischer Arbeit bereist. Schon recht früh in ihrer Karriere pflegte sie auch den Liedgesang. Sie hatte sich sowohl musikalisch als auch geografisch ein weites Tätigkeitsfeld erschlossen und man kann ihr auf vielen Platteneinspielungen in meist kleineren Rollen begegnen, in den großen Rollen, die sie ja auch sang, ist sie in Einspielungen kaum dokumentiert.


    Es kommt schon einmal vor, dass eine Singstimme verloren geht, aber bei Hanna Ludwig war das ein besonders dramatischer Vorgang; es wird berichtet, dass man sie bei einem Überfall würgte und sie auf diese Weise ihre Gesangsstimme verlor.
    Ab 1968 wandte sie sich verstärkt pädagogischen Aufgaben zu und hat sich als Lehrende einen beachtlichen Namen in der Fachwelt erworben. Sie war zunächst Professorin für Gesang und musikdramatische Darstellung am Hindemith-Konservatorium in Ankara; 1971 wurde sie als ordentliche Professorin an das Mozarteum Salzburg berufen; zu ihrem 80. Geburtstag hatte man Hanna Ludwig dort mit der Goldene Ehrenmedaille ausgezeichnet.
    Ihr pädagogischer Wirkungskreis war weit ausgedehnt, neben zahlreichen Seminaren und Meisterkursen in Europa, war sie auch als Lehrende wieder weltweit unterwegs. Sie betreute auch Bühnensänger - mal an der Oper in Oslo, mal an der »Met« in New York. Als sie einmal für 14 Tage eine Einladung an das Tschaikowsky-Konservatorium nach Moskau erhielt, soll an diesem Institut noch abends um elf das Licht gebrannt haben, Dienst nach Vorschrift war ihre Sache nicht.


    In einem Gespräch mit dem Publizisten Geerd Heinsen sagte sie einmal unter anderem:


    »Ich möchte jedem Schüler den individuellen Weg zu seiner sängerischen und künstlerischen Selbstverwirklichung zeigen und habe für meine Lehrweise herausgefunden, dass der Weg zum Sänger und Sängerdarsteller am effektivsten über die Dreiheit sängerische Bildung (Stimmtechnik), Künstlerbildung und Persönlichkeitsbildung als Einheit führt. Zunächst möchte ich sagen, was ich unter sängerischer Bildung verstehe. Ich finde, die Überbewertung des Begriffes Technik sollte mehr zurückgenommen werden, denn der Begriff Technik an sich ist leblos. Da der Stimmentfaltungs-Prozess jedoch organischer Natur ist, müssen wir die sogenannte Stimm-Technik musizierend zum Leben erwecken. Die eigene innere Musizierfreude und Musizierleidenschaft muss spürbar und hörbar werden und auf den Zuhörer über springen . Der ganze Mensch muss sich in der Präsenz, d. h. bewusst sängerisch-musikalisch und sprachlich zum Ausdruck bringen. Ich nenne es musizierende Technik«.


    Neben angehenden Sangeskünstlern hat sie auch erfahrene Kolleginnen und Kollegen beraten und galt in Fachkreisen auch als so eine Art »Stimmen-Reparaturbetrieb« in der Hegigasse zu Salzburg. Ihre wohl heute bekannteste Schülerin war die aus Günzburg stammende Kammersängerin Diana Damrau, die jedoch vorher lange von der rumänischen Opernsängerin Carmen Hanganu betreut wurde, aber in einem Meisterkurs bei Hanna Ludwig noch wesentliche Impulse mit auf ihren Weg bekam; sie charakterisierte ihre Lehrerin so:


    »Sie war durch und durch eine Künstlerpersönlichkeit und hat mir damit ein ganzes Universum eröffnet. Sie hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, nach der Schönheit und den Farben der Stimme zu suchen und das Verständnis für die Arbeit am Text geweckt. Sie hat mein Selbstbewusstsein aufgebaut. Das war wichtig, denn man kann nicht wegen jedes Pieps zum Lehrer rennen. Und sie hatte einen Hang zum Dramatischen. Alles musste bei ihr dramatisch sein.«


    Das Verhältnis der beiden war dann aber schlussendlich nicht ganz ungetrübt, weil die Schülerin fürchtete, dass ihre Lehrerin neben dem rein Fachlichen vielleicht zu viel Einfluss auf ihre menschliche Entwicklung nehmen könnte, aber es blieb trotzdem eine große Dankbarkeit für das bei Hanna Ludwig Erlernte.


    Praktischer Hinweis:
    Waldfriedhof 83278 Traunstein, Wasserburger Straße 94
    Die Grabstätte befindet sich in der Abteilung 28. Wenn man durch den Eingang am Parkplatz kommt, geht man gleich rechts der Mauer entlang bis zum Ende des Weges, und wendet sich dort nach links in Richtung Wald. In der vorletzten Abteilung findet man dann das Grab direkt links am Weg.

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  • Zum heutigen Todestag von Eduard Lassen




    Als Eduard zwei Jahre alt war übersiedelten seine Eltern von Kopenhagen nach Brüssel. Der Vater soll Präsident des »Consistoire Central Israélite de Belgique« gewesen sein. Im Alter von zwölf Jahren trat Eduard in das Brüsseler Konservatorium ein. Schon nach zweijährigem Studium konnte er sich den ersten Preis für Klavier sichern und 1849 wurde ihm der zweite Preis für Komposition zuerkannt. Dem folgten Preise in Gent und Antwerpen, und schließlich erhielt er 1851 sogar den »Prix de Rome« (dieser aus dem 17. Jahrhundert stammende Preis wurde erst seit 1803 auch für Musik vergeben und war für einen mehrjährigen Aufenthalt in Rom gedacht.) für seine Kantate »Le festin de Balthazar«; der Preis war mit einem Stipendium von 10.000 Francs verbunden, sein Auslandsaufenthalt sollte vier Jahre währen. Zunächst bereiste der 21-jährige Musiker Deutschland, wo er Düsseldorf, Kassel, Leipzig, Dresden, Berlin und Weimar besuchte. In Kassel kam es zu Kontakten mit Louis Spohr und in Weimar zu einem ersten Besuch bei Franz Liszt. Bis 1855 blieb er in Rom.


    Wieder nach Brüssel zurückgekehrt, bemühte er sich um die Aufführung seiner Oper »Le Roi Edgard«, aber dieses Projekt kam über die Aufführung der Ouvertüre nicht hinaus. Nun sandte Lassen die Partitur an Liszt, der Hand an die Umgestaltung des Werkes legte. Man brachte das in Belgien nicht erfolgreiche Stück 1857 unter dem neuen Titel »Landgraf Ludwigs Brautfahrt« mit beachtlichem Erfolg heraus, die Uraufführung leitete der Komponist selbst.
    Offenbar war auch der Großherzog von Sachsen-Weimar- Eisenach beeindruckt, denn Lassen wurde nun fest als Hofkapellmeister angestellt, wobei er sich das Amt zunächst mit Carl Stör teilte. Am 2. Dezember 1877 dirigierte Lassen am Weimarer Theater die Uraufführung von Camille Saint-Saëns' Oper »Samson und Dalila«, wobei in deutscher Sprache gesungen wurde, deren französische Aufführung erfolgte erst dreizehn Jahre später.
    Nachdem Stör 1889 gestorben war, wurde Richard Strauss im Herbst 1889 dessen Nachfolger, Hans von Bülow hatte Strauss empfohlen und Lassen akzeptierte den jungen Richard Strauss ebenso und zeigte sich sehr kollegial, als Strauss 1891/92 schwer erkrankte und zu einer längeren Genesungsreise nach Süden aufbrach, die ihn bis nach Ägypten führte.


    Lassen war nicht nur ein ganz hervorragender Pianist, sondern auch ein guter Dirigent. Als Opernkomponist trat er noch mit seiner Oper »Frauenlob« hervor, die 1860 in Weimar aufgeführt wurde und diesem Opernwerk folgte 1865 »Le Captiv« mit Premieren in Brüssel und Weimar. Lassen war eine anerkannte Musikerpersönlichkeit und insbesondere in Weimar hochgeschätzt; fast 35 Jahre hindurch war er an der Weimarer Oper angestellt. Seine Opernwerke wurden zwar erfolgreich uraufgeführt, aber ein lange anhaltender Erfolg war ihnen nicht beschieden.


    Nachhaltiger waren seine Schauspielmusiken und Lieder. Heute ist zwar bekannt, dass er dreizehn solcher Schauspielmusiken geschrieben hat, - damals waren auch Aufführungen üblich, die Wort und Gesang, Melodram und Zwischenakt-Musiken vereinten - bekannt geworden ist aber die zu Lassens Lebzeiten wirklich sehr populäre Musik zu Goethes Faust. I. und II.
    Anlass war die Säkularfeier zu Goethes erstmaliger Ankunft in Weimar 1775. Otto Devrient brachte am 6. und 7. Mai 1876 als erste Inszenierung beide »Faust«-Teile in einem zwölfstündigen Doppelabend auf die Bühne.


    Auch das einfache Volk war von dieser Aufführung begeistert, weil es die Handlung so besser verstehen konnte, es war möglich, auf drei Etagen hintereinander emporzusteigen, selbst Erdbeben, Feuerschlünde und Wasserfälle konnten im Wechsel gezeigt werden. Diese Aufführung erregte im gesamten deutschen Sprachraum Aufsehen und gelangte auch an zahlreichen anderen Bühnen zu großen Erfolgen. Nach der Uraufführung folgten Aufführungen in Düsseldorf, Breslau und Mainz. Lassens Musik wurde aber auch in andere Inszenierungen übernommen und gelangte so bis nach Stockholm, London und St. Petersburg. Etwa über drei Jahrzehnte hatte Lassens Komposition daran einen erklecklichen Anteil. Selbst außerhalb der Theateraufführungen hatte Lassens »Faust«-Musik etwa bis 1935 Bestand. Neuerdings ist zumindest ein Teil davon wieder auf Tonträgern erhältlich.
    Lassens Schauspielmusik zu »Faust« wurde zur Zeit ihrer Erstehung sowohl in Musik- und Theaterzeitschriften als auch in der Tagespresse ausführlich besprochen, was vordem eigentlich nicht üblich war, weil man die für eine bestimmte Aufführung herangezogene Schauspielmusik kaum erwähnte, und ausführlich besprochen wurde sie gleich gar nicht, sie galt als nebensächliches Beiwerk.
    Einer der ersten Rezensenten, der sachkundige Louis Köhler, arbeitete damals die besondere Stellung von Lassens Bühnenmusik zu »Faust« so heraus:


    »Eduard Lassen ist der Erste, der, in Folge höherer Anregungen, die gesamte Faustdichtung in beiden Theilen mit Musik versah, also nicht nur einzelne Scenen und Momente componirte, welche den Musiker anregen konnten, sondern durchweg und überall da, wo die Musik nur auch ein äußerliches Ankommen finden konnte, soweit dabei die Dichtung als recitirendes Drama und nicht als Oper gelten sollte.«


    Bei einer Versammlung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins, die vom 26. bis 29. Mai 1870 in Weimar stattfand, ein Festival, das im Zeichen von Beethovens hundertstem Geburtstag stand, huldigten einige Komponisten wie zum Beispiel Joachim Raff, Gustav Weber und Carl Goldmark dem Altmeister Beethoven, so auch Eduard Lassen. Das Musikfest wurde abgeschlossen mit der Uraufführung von Lassens »Beethoven-Ouvertüre«, dem Vortrag eines Gedichts von Friedrich von Bodenstedt und am Ende Liszts Festkantate.
    Lassens Beitrag wurde recht unterschiedlich bewertet; während die »Neue Zeitschrift für Musik« Lassens Ouvertüre als das ideell maßvollste und formell gelungenste von allen neuen Orchesterwerken erklärte, welche während des Tonkünstlerfestes zu Gehör gekommen sind, meinte der Rezensent der holländischen Musikzeitschrift »Caecilia«, dass es nicht zu akzeptieren sei, dass Lassen lediglich mit großer Fertigkeit Beethovenstücke verarbeitet habe und bezeichnete den Titel »Beethovenouvertüre« als anmaßend.


    Ein nicht unwesentlicher Teil seines musikalischen Schaffens war dem Lied vorbehalten; als Liedkomponist war Lassen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Seine Lieder sind bewusst im schlichten Stil gehalten und stellen so eine Art Verbindung aus Volks- und Kunstlied dar. Die Sopranistin Christine Wolff hat sich intensiv mit Lassens Liedschaffen befasst und kam bei ihrer Zählung auf beachtliche 270 Lieder. Frau Wolff meint in der Zusammenfassung zu den Lassen-Liedern:


    »Sie sind wunderschön, mit gewissem Sentiment, sehr angenehm zu hören und zu singen. Sie entführen in eine Welt, die durch Leben, Technik und musikalische Entwicklungen des 20./21.Jahrhunderts - uns weit entfernt scheint.«


    Lassen vertonte Verse von Heinrich Heine, Eduard Mörike, Emanuel Geibel und Joseph von Eichendorff. Die Noten waren so gesetzt, dass diese Lieder auch von Stimmen gesungen werden konnten, die nicht professionell geschult waren.
    Sogar Thomas Mann war der Name Eduard Lassen ein Begriff, denn er erinnerte sich daran, dass seine Mutter, die, wie er sagt, »eine kleine, aber überaus angenehme und liebliche Stimme hatte« - ihm und auch bei Hauskonzerten - Lieder von Eduard Lassen sang. Der zwanzigjährige Thomas Mann rechnet Eduard Lassen zu seinen Lieblingskomponisten und Lassen konnte diesen Status auch halten als Thomas Mann schon im reifen Alter war; besonders die Heine-Vertonungen hatten es ihm angetan, zum Beispiel »Mit deinen blauen Augen«


    Eduard Lassen starb als geachteter und bekannter Musiker in Weimar, wo er eine erhebliche lokale Bedeutung hatte; die Universität Jena verlieh ihm 1883 den Dr. phil. h. c., aber recht bald verblasste sein Ruhm, die politischen Verhältnisse in den 1930er Jahren taten ihr Übriges, dass er vergessen wurde.


    Praktischer Hinweis:
    Friedhofsadresse: Berkaer Straße 4a, 99425 Weimar
    Das Grab befindet sich weit ab von denen die als »prominent« in diversen Listen geführt werden. Am einfachsten kommt man zum Grab von Eduard Lassen, wenn man die relativ schmale Pforte an der Ecke Theodor-Hagen-Weg / Cranachstraße benutzt; man wendet sich etwa 70 Meter nach rechts und findet das Grab dann auf der linken Seite, gegenüber der Friedhofsmauer.



  • Zum heutigen Geburtstag von Daniel-François-Esprit Auber


    Wenn man vor dem Grab steht ist für den Besucher nicht erkennbar, dass es die Ruhestätte des einst so hochgeschätzten Komponisten ist. Nur mit optischen Hilfsmitteln lassen sich im oberen Bereich des Grabdenkmals schemenhaft Schriftzeichen erkennen.




    Dass das einmal ein beeindruckendes Grabdenkmal war, zeigt diese historische Abbildung von 1877.


    Auf der Informationstafel am Friedhofseingang findet man unter dem Buchstaben A diese fünf Namen:
    ALEIN
    ALPHAND Jean Charles
    APOLLINAIRE Guillaume
    ARAGO Francois
    ASTIER DE LA VIGERIE (d´) Emmanuel

    AUBER ist nicht dabei, die Auflistung geht mit BALZAC Honoré weiter... Auf die Tafel geschafft hat es - unter dem Buchstaben A - eine Musikerpersönlichkeit unserer Zeit, ein Stadtplaner, ein Dichter und Schriftsteller, ein Physiker und Astronom und schließlich ein Offizier und Journalist.


    In einer Encyclopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften oder Universal-Lexikon der Tonkunst (ein Supplement-Band), von Dr. Gustav Schilling 1842 - also noch zu Aubers Lebzeiten im Stuttgarter Verlag von Franz Heinrich Köhler erschienen -,ist zu Auber folgendes zu lesen:


    »Die Geschichte dieses Componisten, so wie sie im Lexikon steht, ermangelt einiger Bestimmtheit und Richtigkeit besonders in ihren chronologischen Theilen, die dann im Folgenden nachgeholt werden mögen. Auber ward nicht1780, sondern am 29sten Januar 1784 und zwar zu Caen auf einer Reise, die seine Eltern machten, geboren.«


    In alten Publikationen wird das Geburtsjahr von Auber auch schon mal mit 1779 und sogar 1795 angegeben. Inzwischen scheint man sich auf das Geburtsjahr 1782 geeinigt zu haben, aber diese Beispiele zeigen, dass es mitunter schwierig ist Sachverhalte richtig weiterzugeben.


    Bezüglich des Geburtsortes in der Normandie sind sich alle Quellen einig, und dass Aubers Vater ein wohlhabender Kunsthändler in Paris war, kann auch als gesichert gelten. Die Eltern waren auf Reisen, deshalb kam ihr Söhnchen in Caen zur Welt, fast hundert Jahre später wurde dort ein weiterer Komponist, Gabriel Dupont, geboren.
    Aubers Eltern sorgten für eine solide Ausbildung ihres Jungen, schon recht früh war bei ihrem Sohn sowohl eine zeichnerische als auch musikalische Begabung zu erkennen. Es wird berichtet, dass er drei Musikinstrumente beherrschte: den Bass, die Violine und das Piano, aber er dachte nicht daran die Musik zu seinem Beruf zu machen. Sein Ziel war es den Kaufmannsberuf ordentlich zu erlernen und dann in das Geschäft seines Vaters einzutreten. So schickte man ihn als er 18 Jahre alt war nach London, um sich in den kaufmännischen Kenntnissen zu vervollkommnen.
    Während er die doppelte Buchhaltung studierte, erholte er sich von der beruflichen Pflicht, indem er sich in seiner freien Zeit mit Musik befasste. Dem Wunsch seiner Freunde entsprechend komponierte er sogar ein paar Quartette. Diese Dilettanten-Musik wurde in einem kleinen Zirkel aufgeführt und machte auf die Zuhörer solchen Eindruck, dass man den angehenden Komponisten bestürmte, diese Erstversuche drucken zu lassen, aber der junge Auber war von seinen Werken nicht besonders überzeugt und scheute zunächst die Öffentlichkeit. Um nun dem Drängen der Freunde nachzugeben, wählte er einen Mittelweg, was bedeutete, dass er seine Erstlingswerke unter dem Pseudonym »Lamarre« - Jacques-Michel Hurel de Lamare war ein bekannter französischer Cellist - veröffentlichte.
    Nach zweijährigem Aufenthalt kam er von England nach Paris zurück. Sein kunstsinniger Vater war von den Kompositionen seines Sohnes so angetan, dass er seinen Filius animierte, die Partitur einer kleinen komischen Oper zu komponieren, das Werk trug den Titel »Die Schäferin als Kastellanin«, wie ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1838 berichtet. In Frakturschrift gesetzt heißt es dort weiter:


    »... aber dessen ungeachtet mußte Auber´s Vater von Neuem aufs lebhafteste in ihn dringen, ehe er sich entschloß, an zwei neuen Opern zu arbeiten, betitelt »Die Einquartierung« und »Testament und Liebesbrief«.


    Diese Darstellung findet sich in »Der Sammler«, einer wöchentlich erscheinenden Beilage der Augsburger Abendzeitung, ein Blatt zur Unterhaltung und Belehrung (Jahrgang 1838, Nr. 40), es handelt sich also um eine Veröffentlichung aus Aubers aktiver Zeit - 1837 wurde »Le domino noir« und 1839 »Le lac des fées« in Paris uraufgeführt.
    Der junge Auber musste praktisch von seiner Familie fast gezwungen werden, seine günstigen Anlagen auszubilden, aus vielen Künstlerbiografien geht oft hervor, dass die Sache gerade andersherum abläuft.


    1820 war für Auber ein verhängnisvolles Jahr. Sein Vater, der kurz vorher durch unglückliche Handelsspekulationen sein ganzes Vermögen verloren hatte, starb und hinterließ seinem Sohn kaum zwei- oder dreitausend Franken zu seinem Lebensunterhalt. Da er nun Vater und Vermögen verloren hatte, versuchte er eine Neuorientierung und dachte daran sich mit redlicher Arbeit sein tägliches Brot zu verdienen. Mehrere Monate lang suchte er in Paris eine bescheidene Stelle im Handel oder Bankgewerbe. Hätte Auber damals eine Stelle bekommen, wäre die Opernliteratur um einiges ärmer.
    In Ermangelung einer Stelle in diesem Bereich blieb ihm praktisch nichts anderes übrig als sich auf sein musikalisches Talent zu besinnen. Aber er nahm nicht etwa eine neue Komposition in Angriff, sondern erteilte Klavierunterricht, um seinen Lebensunterhalt zu sichern.
    Und wieder drängten ihn Freunde zum Komponieren, er selbst glaubte immer noch nicht so recht an sich, weil er wusste, oder ahnte, dass ein bisschen Talent noch keinen großen Komponisten macht. So begann nun der praktizierende Klavierlehrer bei Luigi Cherubini, der damals als einer der führenden Musiker galt, Unterricht zu nehmen.
    Zwischenzeitlich hatte man in Paris mit Erfolg seine Oper »Emma« aufgeführt, aber Auber war sich in seiner Analyse sicher, dass die liebenswürdige Sängerin Madame Boulanger, die mit ihrem Strohhut so reizend aussah, eine nicht unwesentliche Säule dieses Erfolges war.
    Also ließ er sich noch für weitere drei Jahre von Cherubini in die Geheimnisse der Harmonie und des Satzes einweisen.


    Nach »Emma« kamen die Opern »Leicester« oder »Le Chateau de Kenilworth« / »La neige« (Der Schnee) / »Le timide« (der Furchtsame) / »Leocadi« / »Fiorella« ... heraus - man kann da leicht den Überblick verlieren, denn Auber hat so etwa 50 Opern hinterlassen.


    In der bereits oben genannten Zeitschrift von 1838 findet man den folgenden Passus, der sich auf Cherubini und Auber bezieht:


    »Wie stolz muß der berühmte Direktor des musikalischen Konservatoriums jetzt auf seinen Schüler seyn , wenn er bedenkt, daß Auber die glückliche Vermählung von melodischem Gesang und kunstvoller Instrumentation vorzüglich seinen gründlichen Lehren und Unterweisungen zu danken hat! Denn man weiß nicht, was man an Auber´s Compositionen mehr bewundern soll, den Gesang oder die Begleitung, und der außerordentliche Erfolg des »Schwarzen Dominos«, der immer noch fortdauert und noch lange dauern wird, hat den Ruf des Komponisten, dem man schon so bedeutende Werke verdankte, noch mehr erhöht«


    In der Tat öffnete dem Komponisten diese Reihe erfolgreicher Opernaufführungen die Pforten der Königlichen musikalischen Akademie. Im großen Operntheater debütierte er mit der großen historischen Oper in fünf Akten »La Muette de Portici« (Die Stumme von Portici).
    Das war ein Riesenerfolg! Die Uraufführung fand am 29. Februar 1828 in der Opéra Le Peletier statt - das Palais Garnier konnte Auber nicht mehr kennenlernen. Bereits 1880 erlebte diese Oper ihre 500. Aufführung.
    »La Muette de Portici« beindruckte, ja begeisterte Richard Wagner, der Aubers Werk so ganz nach seinem eigenen Geschmack sah; da gab es spektakuläre Massen- und Kampfszenen und neben einer aufwändigen Bühnenausstattung auch noch eine beeindruckende Bühnentechnik.
    Seine Eindrücke hat er so beschrieben:

    »Ihren höchsten Höhepunkt erreichte die französische dramatische Musik in Auber's unübertrefflicher: "Stummen von Portici", - einem Nationalwerke, wie jede Nation höchstens nur Eines aufzuweisen hat. Diese stürmende Thatkraft, dieses Meer von Empfindungen und Leidenschaften, gemalt in den glühendsten Farben, durchdrungen von den eigensten Melodien, gemischt von Grazie und Gewalt, Anmuth und Heroismus (...). Es ist nicht anders zu sagen, mit diesem Werke hatte die neuere französische Schule ihre Spitze erreicht.«


    Später, in den »Erinnerungen«, präzisierte er seine Eindrücke und das, was für ihn wichtig war, unter anderem wie folgt:

    »Wie dem Süjet am Schrecklichsten, aber auch am Zartesten nichts fehlte, so ließ Auber seine Musik jeden Kontrast, jede Mischung, in Konturen und in einem Kolorit von so drastischer Deutlichkeit ausführen, dass man sich nicht entsinnen konnte, eben diese Deutlichkeit je so greifbar wahrgenommen zu haben; man hätte fast wirkliche Musik-Bilder vor sich zu sehen geglaubt, und der Begriff des Pittoresken in der Musik konnte hier leicht einen fördernden Anhalt finden, wenn er nicht dem bei weitem zutreffenderen der glücklichsten theatralischen Plastik zu weichen gehabt hätte.«


    »La Muette de Portici« kennzeichnet auch den Beginn der »Grand Opera«, die dann später unter Meyerbeer ihren Höhepunkt erlebte. Richard Wagner dürfte das Werk auch gefallen haben, weil es auch eine Revolution auslöste, solche Gedanken waren ihm ja nicht fremd. Dieses Stück wurde anlässlich seiner Brüsseler Erstaufführung in Gegenwart des niederländischen Königs 1830 zum politischen Zündstoff. Im stummen Fischermädchen Fenella glaubte das belgische Opernpublikum die eigene unterdrückte Nation verkörpert zu sehen. Das Duett Masaniello / Pietro, das im Namen der heiligen Vaterlandsliebe zum Aufstand aufruft und dabei textlich die Marseillaise zitiert, elektrisierte das Opernpublikum so sehr, dass es aus dem Theater stürmte und den Justizpalast besetzte. Diese Aufführung wurde somit zum Ausgangspunkt für die belgische Revolution von 1830, die zur erneuten Unabhängigkeit des Landes von den Niederlanden führte.


    Hier muss man nun einflechten, dass, ohne die Leistung des Komponisten schmälern zu wollen, dem Librettisten Eugène Scribe ein ganz wesentlicher Teil des Erfolges zukommt. Das muss einem ja erst einmal einfallen, die Opern-Titelheldin von einer Stummen darstellen zu lassen, aber dieser Scribe war marktbeherrschend, wie man sich das heute kaum vorstellen kann, er beherrschte das französische Theater etwa zwischen 1825 und 1860, bis ihm 1861 der Tod die Feder aus der Hand nahm.
    Einem Ondit zufolge soll Scribe seine Werke, die wie am Fließband entstanden, nicht selbst geschrieben haben, die Texte würden von Mitarbeitern stammen. Betrachtet man die Sache seriös, stellt man jedoch fest, dass dies so nicht zutreffend ist. Den Tatsachen entspricht, dass eine jährliche Hervorbringung von etwa zehn Bühnenwerken aller Art die Kräfte eines Einzelnen überfordert hätte. Natürlich hatte Scribe Mitarbeiter, aber er machte die Mitarbeit dieser Person dann deutlich und es hieß zum Beispiel im Untertitel des Stückes: »in Zusammenarbeit mit Monsieur Mélesville«, aber dennoch hielt der Chef alle Fäden in der Hand, es waren also schon eindeutig Scribe-Stücke.
    Scribe belieferte auch andere Komponisten, so zum Beispiel Boildieu, den er mit den Text zu »La Dame blanche« beglückte. Wie Dioskuren wirkten über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahrzehnten Giacomo Meyerbeer und Scribe zusammen, beide waren im gleichen Jahr geboren.


    Für Daniel-François-Esprit Auber stellte Scribe 38 Operntexte zur Verfügung. Da wurden dann mitunter auch Anleihen bei anderen Stoffen genommen, wie zum Beispiel bei »Le lac des fées«, eine Oper, die stark an den Undinen-Stoff erinnert und Köln zum Schauplatz hat.


    Es ist nicht möglich in diesem Rahmen auf alle Opern Aubers einzugehen, aber »Fra Diavolo«, am 28. Januar 1830 in der Opéra-Comique zu Paris uraufgeführt und schon am 3. August des gleichen Jahres in Berlin in Szene gesetzt, muss erwähnt werden, denn diese Oper war im deutschsprachigen Raum sehr beliebt, wobei sich in diesem Falle die Begeisterung Wagners in Grenzen hielt, obwohl auch dieses Stück etwas mit Revolution zu tun hat.
    »Fra Diavolo« (Bruder Teufel) gibt es in zahlreichen Einspielungen auf CD mit zum Teil erstklassigen Besetzungen, die Oper wird auch unter dem Titel »Das Gasthaus zu Terracina« angeboten, weil das Stück in dem zwischen Rom und Neapel gelegenen Ort Terracina spielt, was übrigens historisch verbürgt ist.


    Wenn man so über die lange Liste der Auber-Opern schaut, fällt der Titel »Gustave III. ou le bal masqué« auf, eine Auber-Oper die Anfang 1833 aufgeführt wurde; aus diesem Scribe-Stoff ging dann 26 Jahre später Verdis »Un ballo in maschera« hervor. Dann sticht auch der Titel »Manon Lescaut« ins Auge, wobei der Opernfreund dabei in aller Regel an Jules Massenet oder Puccini denkt, aber Auber war der erste, der zu diesem Stoff eine Oper schrieb, erst danach folgten Massenet, dann Puccini und in späterer Zeit Henze mit »Boulevard Solitude«


    Nach »Manon Lescaut«, die 1856 erstmals aufgeführt wurde, folgten noch vier Opernwerke, die man nicht mehr mit den großen Erfolgen Aubers gleichsetzen kann, aber immerhin ist die Ouvertüre von »Rêve d'amour«, seiner letzten Oper, die am 20. Dezember 1869 in der Opéra-Comique aus der Taufe gehoben wurde, noch heute zu hören.
    »Musikpäpste« kritisieren mitunter an Aubers Musik einfache Harmonik und unkomplizierten Orchestersatz, aber erwähnen lobend die eingängige Melodik. Weil seine Musik auf das Unterhaltungsbedürfnis des Bürgertums abzielte, wird er in unserer Zeit geringer geschätzt als zu seinen Lebzeiten und manchmal als »Kleinmeister« apostrophiert.


    Zu seinen Lebzeiten erfuhr Auber zahlreiche Ehrungen. 1825 wurde ihm die Ehre eines Ritters der Ehrenlegion zuteil, und als er 1842 zum Direktor des Konservatoriums ernannt wurde, hatte er seine bedeutendsten Werke bereits vollendet. Fünfzehn Jahre später berief ihn Napoleon III. zum kaiserlichen Hofkapellmeister. Auber war ein wohlhabender Komponist, aus einem Bericht der 1840er Jahre geht hervor, dass er Eigentümer von drei oder vier prächtigen Häusern im Pariser Viertel Saint-Georges ist.


    Musikalisch sei Daniel-François-Esprit Auber abschließend mit einem Zitat aus Cosima Wagners Tagebuch geehrt - da steht:


    »R. setzte sich ans Klavier, blätterte im Parsifal und spielte dabei Auber, das bringt ihn auf die Hervorhebung der Genialität, mit der Auber für die Trompete geschrieben hätte; er zeigt dagegen, wie gemein Meyerbeer im 5. Akt der "Hugenotten" dies nachgeahmt hätte.«


    Praktische Hinweise:
    Das Grabmal befindet sich auf dem Pariser Friedhof Cimetière du Père-Lachaise / Division 4, man geht vom Haupteingang aus auf der Avenue Principale geradeaus, lässt das verlassene Grabmal Rossinis links liegen und wählt dort wo sich der Weg spaltet, die rechte Variante. Aubers Grabmal ist etwa 200 Meter vom Haupteingang entfernt.
    Aubers Librettist Eugène Scribe wurde auf dem gleichen Friedhof beigesetzt, sein Grab findet man in der Abteilung 35.
    Paris -16, rue du Repos - erreichbar mit den Metro-Linien 2 oder 3


  • Zum heutigen Geburtstag von Waldemar Kmentt


    Waldemar Kmentt hatte 1947 seine Schulzeit beendet und strebte einem »Rekord« zu, der Ewigkeitswert haben könnte - aus seiner Gymnasialklasse gingen nämlich neben ihm noch zwei weitere Kammersänger hervor, das waren Eberhard Waechter und Fritz Uhl.


    Ursprünglich wollte Kmentt Pianist werden, bemerkte aber recht bald, dass die ihm gegebenen Hände nur für gutes Klavierspiel geeignet waren, aber für eine große Pianisten-Karriere nicht ausreichten. Ab 1949 studierte er an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien bei Elisabeth Radó, Adolf Vogel und Hans Duhan Gesang, da war er in allerbesten Händen.
    Als sein eigentliches Debüt gab er an, dass das ein Solopart in einem Chorwerk gewesen sei, dessen Komponist Matthias Hauer war, der als »Erfinder« der Zwölftonmusik gilt. Kmentt war, bevor er die Opernbühne betrat, Mitglied verschiedener Kammerchöre.


    So richtig ins Rampenlicht trat er dann, als er 1950 unter Karl Böhm mit dem Tenor-Solo in einer Aufführung von Beethovens 9. Sinfonie betraut wurde.
    Sein Hausdebüt am 26. Juni 1951 als Prinz in Prokofjews »Die Liebe zu den drei Orangen« gab er an der Wiener Staatsoper, die damals noch in der Volksoper untergebracht war. Eigentlich sollte in diesem Stück ein amerikanischer Tenor singen, aber der hatte sich mit der Direktion überworfen und alles hingeschmissen. Waldemar Kmentt studierte daraufhin diese Rolle in kurzer Zeit ein, so dass dies als sein Operndebüt gelten kann.
    Nachdem er recht erfolgreich einmal den erkrankten Anton Dermota vertreten hatte, war ihm der endgültige Durchbruch an diesem renommierten Haus gelungen, für einen Zeitraum von 35 Jahren galt er als der fast universell einsetzbare Haustenor der Wiener Staatsoper, denn sein Repertoire war ungemein breit gefächert. Kmentt war sehr wandlungsfähig und konnte scheinbar mühelos so unterschiedliche Figuren wie den Hans in »Die verkaufte Braut« als auch den Fürsten Schujski in »Boris Godunow« darstellen und singen. Man hat sage und schreibe 79 Rollen gezählt, die er in 1.480 Vorstellungen sang, eine ungeheure Lebensleistung.
    Einige wenige Zahlen sollen das noch näher beleuchten: Den Tamino in »Die Zauberflöte« sang er in 89 Vorstellungen, den Hans in »Die verkaufte Braut« 80 Mal und den Hoffmann in »Les contes d´ Hoffmann« 54 Mal.


    Dabei muss man aber feststellen, dass er bei all seinen Wiener Aktivitäten an praktisch allen bedeutenden Häusern und einigen Festspielorten auftrat. So sang er zum Beispiel Mozarts »Idomeneo« 1968 an der Mailänder Scala, und in Bayreuth unter Karl Böhm den Stolzing in den »Meistersingern« (wovon es einen hervorragenden Mitschnitt gibt). auch 1969 und 1970 ist er dort in dieser Rolle zu hören. Wolfgang Windgassen hatte ihm bei der Erarbeitung der Rolle kollegial geholfen und ihm sogar zur Pause ein anerkennendes Telegramm gesandt.
    Bereits 1962 hatte man Waldemar Kmentt zum Kammersänger ernannt, bei einer Feier seiner 50-jährigen Hauszugehörigkeit wurde ihm, der 1982 Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper wurde, 2001 das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen.
    Sein allerletzter Auftritt an der Wiener Staatsoper war dann am 25. November 2005 als Haushofmeister in »Ariadne auf Naxos«, diese Rolle hatte er sogar noch 2001 an der Metropolitan Opera New York gesungen, ein recht spätes Debüt an diesem berühmten Hause.


    Kmentt war auch als Konzert-Tenor sehr erfolgreich, von 1955 bis 1964 war er jährlich in den großen Konzertveranstaltungen bei den Salzburger Festspielen zu hören.
    Neben seiner aktiven Sängerlaufbahn war Waldemar Kmentt von 1977 bis 1995 ein sehr erfolgreicher Leiter der Abteilung Oper am Konservatorium der Stadt Wien; regelmäßig ging er mit den Studierenden auch auf Tournee. Auswärtigen Einladungen als Opernregisseur folgte er nur selten, mal »Il barbiere di Siviglia« in St. Gallen ... so richtig professionell. Aber er ging mit den Studierenden schon mal auf Tournee und da war er natürlich als Opernregisseur gefordert.
    Kmentt wirkte an der Opernschule kaum als Gesangslehrer, sondern brachte den angehenden Opernsängerinnen und Sängern primär bei, wie man auf einer Bühne agiert.


    Waldemar Kmentt hinterließ eine Fülle von Tondokumenten, welche die ganze Breite seines vielfältigen musikalischen Schaffens dokumentieren und der Nachwelt erhalten


    Der Bundespräsident von Österreich hat Kammersänger Waldemar Kmentt zum 85. Geburtstag ein Glückwunschreiben übermittelt und ihm für die »vielen unvergesslichen Stunden der Freude mit herrlicher Musik gedankt.»Durch Ihre Zusammenarbeit mit der Wiener Staatsoper haben Sie ganz entscheidend zum Ruf Österreichs als Musikland beigetragen«, so der Bundespräsident in seinem Schreiben.
    Seinen 86. Geburtstag erlebte Waldemar Kmentt nicht mehr, er starb wenige Tage vorher. Im Rückblick auf sein Leben konnte er aber zufrieden feststellen, dass er das Glück hatte, den allerletzten Zipfel der goldenen Wiener Opernzeit noch mitbekommen zu haben.


    Praktischer Hinweis:
    Sein Grab befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof, es ist das Ehrengrab 33 G - 83
    Die Gruppe 33 G findet man kurz vor der Kirche auf der linken Seite.



  • Zum heutigen Geburtstag von Hildegard Behrens


    Hildegard war das jüngste von sechs Kindern, es waren drei Jungs und drei Mädels. Marie-Luise, die um zehn Jahre ältere Schwester, überwachte kritisch die Gesangsqualität, wenn die Geschwister Hildegard und Otto Kanons von Johann Sebastian Bach einübten. Gelegentlich mäkelte Marie-Luise am Gesang der kleinen Schwester herum, während Ottos Stimmkultur höher eingeschätzt wurde.


    Aus dieser Darstellung geht hervor, dass Hildegard Behrens in ein musikalisch interessiertes Milieu hineingeboren wurde. Beide Eltern waren Ärzte. Der Vater, Dr. Dietrich Behrens, hatte in der friesischen Kleinstadt Varel als Vorstandsmitglied des Vereins für Kunst und Kultur ein gewichtiges Wort mitzureden. Dr. Behrens pflegte Verbindungen zu namhaften Künstlern, was für die Musikveranstaltungen am Ort von einiger Bedeutung war. Nach solchen Veranstaltungen waren diese Künstler dann auch im Doktorenhaus zu Gast; wenn Kinder in einer solchen Umgebung heranwachsen, dann ist es naheliegend, dass ein Interesse an kulturellen, beziehungsweise künstlerischen Dingen im besonderen Maße geweckt wird.
    Hausmusik war in dieser Familie ein großes Thema. Der Vater war Cellist in einem Streichquartett, das regelmäßig im Haus musizierte. Es war natürlich selbstverständlich, dass auch die Kinder ein Instrument erlernten. Für den Klavierunterricht war ein Fräulein Lieschner zuständig, die am Ort wohnte und darauf verweisen konnte, dass sie eine Schülerin von Walter Gieseking war. Ein Orchestermitglied des Oldenburgischen Staatsorchesters erteilte den Behrens-Kindern Violinunterricht.


    Hildegard konnte den Komfort genießen, dass die Schule in der unmittelbaren Nähe des Elternhauses lag. Während ihrer Schulzeit, die sie 1957 mit dem Abitur abschloss, sei Hildegard eine sehr selbstbewusste Schülerin gewesen, auch den Lehrern gegenüber - was sich unter dieser Formulierung auch verbergen mag - Hildegards Mitschülerinnen am Lothar-Meyer-Gymnasium erinnern es so.
    An ihrer Schule konnte sie im Rahmen von Schülertheater-Projekten schon erste schauspielerische Erfahrungen sammeln, als sie in dem auch heute noch gern gespielten Stück »Des Königs Schatten« (von Bernt von Heiseler) 1955 im überfüllten Saal des Allee-Hotels die Ghismonde gab, wurde das in der Lokalpresse lobend erwähnt.
    Erwähnenswert ist auch, dass an ihrer Schule ein außergewöhnlicher Musikpädagoge wirkte, der als ausgezeichneter Pianist und größter Musiktheoretiker der Stadt galt. Dieser Musiklehrer, Georg Molle, sein Name, besuchte auch eifrig die »Internationalen Ferienkurse für neue Musik« in Darmstadt. In seinem Unterricht zog er alle Register; sein besonderes Interesse galt der Oper, der von ihm gehaltene Unterricht muss recht lebendig und unterhaltsam gewesen sein, denn er führte ganze Bühnenwerke auf und scheute sich dabei nicht, neben den männlichen Partien auch die weiblichen Stimmen darzubieten, damit das besprochene Werk im Unterricht möglichst plastisch entstehen konnte. Da war also nicht nur ein ungewöhnliches Elternhaus, sondern auch noch ein weit über das normale Maß hinausgehender Musikunterricht.


    Nach dieser Entwicklungsschilderung muss eigentlich jedem Leser klar sein, dass nun im unmittelbar Folgenden die Darstellung einer Bühnenkarriere kommt. Dass das junge Fräulein, diese Bezeichnung war damals noch üblich, aber Juristin wurde, ist überraschend. Das Mädel wollte zunächst primär nur eins, schauen, was die Welt außerhalb Frieslands noch so zu bieten hatte.


    Es musste eigentlich nicht Jura sein, gerne wäre Hildegard Behrens auch Innenarchitektin geworden, wie man sieht, ein recht breites Spektrum an Berufswünschen. Als die Abiturientin eine Berufsberaterin konsultierte, empfahl diese, dem Studium der Innenarchitektur eine Maurer- oder Tischlerlehre voranzustellen. Diesem Rat wäre sie wahrscheinlich auch gefolgt, aber in diesem Falle hätte der Vater darauf bestanden, dass seine Tochter im heimatlichen Bereich bleibt - hier ist einzuflechten, dass Jugendliche vor 1975 erst mit 21 Jahren volljährig wurden.


    Aber wie oben bereits erwähnt, das Mädchen wollte weg aus Varel, also wurde weder gemauert noch getischlert, sie immatrikulierte sich an der Universität Freiburg, um das Jurastudium aufzunehmen. Dass sie als Studienort Freiburg wählte, kam nicht von ungefähr, zwei ihrer Brüder studierten bereits dort - Otto an der rechtswissenschaftlichen Fakultät und Wilhelm an der Musikhochschule, wo er später eine Professur für Klavier übernahm.
    Aber nicht etwa der Musikstudent Wilhelm, sondern der angehende Jurist Otto nahm seine Schwester zu den Proben des Freiburger Bachchores mit. Dieser Chor hatte unter seinem Dirigenten Theodor Egel, der mit der Sängerin Marga Höffgen verheiratet war, einen außerordentlich guten Ruf. Bei Aufführungen von Oratorien waren dann auch schon mal Solisten wie Agnes Giebel und Dietrich Fischer-Dieskau zu Gast.
    »Mit angeborenem Geltungsdrang«, wie Frau Behrens dann später bei der Schilderung ihres Werdegangs sagte, drängte sie in die erste Reihe. Aber nur in der ersten Reihe sein bringt nicht viel, wenn keine Stimme da ist. Dem Chorleiter blieb die stimmliche Qualität der jungen Frau Behrens nicht verborgen und er betraute sie mit kleineren solistischen Aufgaben.
    Bruder Wilhelm, der sich inzwischen in der Musikhochschule bestens auskannte, machte es möglich, dass seine Schwester mal so ein bisschen in den Musikunterricht hinein schnuppern konnte, sie selbst bezeichnete sich als »blinder Passagier« in der Musikabteilung der Hochschule. Allmählich entwickelte sich der Gedanke sich doch lieber mit Noten, anstatt der Paragrafen zu befassen. Sie legte noch ihr Referendarinnen-Examen ab, dann war Schluss mit den Rechtswissenschaften, sie wandte sich der Musik zu, wo ja bereits ein tragfähiges Fundament vorhanden war.


    Inzwischen war sie 26 Jahre alt geworden. Sie mietete sich ein Klavier und begann systematisch Gesang zu üben. Ines Leuwen war an der Hochschule ihre Gesangslehrerin, es sei ein ambivalentes Verhältnis gewesen, ist in einem Presseberichten zu lesen. Nach zweieinhalbjährigem Bemühen meinte Frau Leuwen: »Mädchen, sie sind ja technisch ganz unbegabt, lassen Sie das Singen.«
    Hier erinnert man sich an die oben zitierten Aussagen aus Hildegards Gymnasialzeit, wo man erfuhr, dass die Schülerin Hildegard Behrens sehr selbstbewusst war, auch den Lehrern gegenüber! In den Semesterferien übte die so geschmähte zu Hause in Varel Stimmakrobatik, sie selbst sagte: »Ich habe gebrüllt wie ein wildes Tier.« Erleichtert kam sie alsbald zu der Erkenntnis, dass sie eigentlich mit ihrer Stimme alles machen konnte, was sie nur wollte. Mit der festen Überzeugung - ich kann singen! - kehrte sie nach Freiburg zurück. Nun scheint auch die Lehrerin überzeugt und meint: »Ich muss gestehen, es ist der erste und einzige Fall, wo ich mich geirrt habe.«


    Der Oberspielleiter der Freiburger Bühnen machte die nun bereis 34-jährige Hildegard Behrens darauf aufmerksam, dass an der Deutschen Oper am Rhein eine Sopranistin gesucht wird. Sie fuhr hin, sang vor und wurde dann 1971 dorthin engagiert. Nach den ersten kleineren Rollen, die man ihr dort gab, folgte die Marie in Alban Bergs Oper Wozzeck. Als dann 1974 der damals die Musikwelt beherrschende Herbert von Karajan dort auftauchte und in die Proben zu »Wozzeck« hinein hörte, wo Behrens die Marie sang, glaubte er spontan seine zukünftige Salome gehört zu haben. Nun wurden ihre Rollen größer und 1974 wurde sie auch Mitglied der Frankfurter Oper und zwei Jahre später war Hildegard Behrens als Giorgetta in Puccinis »Il tabarro« (Der Mantel) an der New Yorker Metropolitan Opera zu hören. 1977 war endlich Karajans Salome-Projekt herangereift, nun sang sie die Salome bei den Salzburger Festspielen, damit war der Weg zu einer Weltkarriere geebnet. Dass es eine Weltkarriere war, geht schon aus der respektablen Liste der Dirigenten hervor, mit denen sie arbeitete:
    Leonard Bernstein, Karl Böhm, Christoph Eschenbach, Sir John Eliot Gardiner, Herbert von Karajan, Rafael Kubelík, James Levine, Lorin Maazel, Zubin Mehta, Seiji Ozawa, Esa-Pekka Salonen, Wolfgang Sawallisch, Giuseppe Sinopoli ... dazu kommen noch namhafte Regisseure wie Peter Busse, Volker Schlöndorff und Franco Zeffirelli ...


    Man kann hier den Pauschalsatz, dass sie an allen bedeutenden Häusern der Welt gesungen hat einfügen, aber um ihrer Erfolgsspur noch ein wenig im Detail zu folgen, sei die Serie von Fidelio-Aufführungen, die sie an der Seite von John Vickers sang, erwähnt. 1979 war sie dann unter Karl Böhm bei den Salzburger Festspielen als Ariadne zu hören. Ihr Bayreuth-Debüt gab sie 1983 als Brünnhilde. Eigentlich war sie eine lyrische Sopranistin. Ein Kritiker beschrieb das einmal so, dass sie zwar keine Hochdramatische war, auch keine Stimme mit Durchschlagskraft hatte, aber eine Energie besaß, die ihre Stimme ertüchtigte, selbst über den dicksten Strauss- und Wagnerorchestern wie eine glühende Feder zu schweben, und er stellt weiter fest, dass ihr das oft gelang, wenn auch nicht immer.
    Ab 1985 stand sie auch auf der Bühne der Wiener Staatsoper, erstmals als Brünnhilde in »Walküre«, letztmals am 3. November 2001, da gab Plácido Domingo den Siegmund.
    Insgesamt kam Hildegard Behrens auf 82 Vorstellungen in neun verschiedenen Rollen an diesem Haus. 1995 wurde sie zur Kammersängerin der Wiener Staatsoper ernannt.


    In den späteren Jahren wechselte sie ins Charakterfach und man hörte sie als Küsterin in Janáeks »Jenufa« und ähnlichen Rollen dieser Art. Als Krönung ihrer Karriere bezeichnete sie ihre Partie in der Oper »Cronaca del luogo« von Luciano Berio, die Berio eigens für sie komponiert hatte, das Stück war ein Auftragswerk der Salzburger Festspiele. Diese Oper, von der Berio sagte, dass es eigentlich eher eine »azione musicale« sei, wurde am 24. Juli zur Eröffnung der Salzburger Festspiele 1999 in der Felsenreitschule unter Ovationen uraufgeführt.


    In ihrer spät begonnenen internationalen Karriere eilte die Sängerin zwar weltweit von Erfolg zu Erfolg, aber die Beurteilung ihrer Leistung fiel nicht immer positiv aus, sie selbst betonte immer wieder - das war ihr Credo - «Ich finde jeden Ton schön, der wahrhaftig ist, ganz egal, ob er schön klingt oder nicht«


    Einige unterschiedliche Meinungen seien hier einmal gegeneinander gestellt:
    James Levine schwärmte: »Viele Sänger mögen tiefe Empfindungen haben, aber nur wenige besitzen die Fähigkeit, sie sichtbar zu machen. Hildegard hat dieses einzigartige Gesicht, auf dem innere Vorgänge zu sehen sind.«
    Stimmpapst Jürgen Kesting hingegen erlebte ihre Bayreuther Brünnhilde »in stimmlicher Hinsicht als Ritt über den Bodensee« und attestierte ihr »ausgesprochen störende Register-Divergenzen«.


    1996 feierte sie als Elektra in Salzburg Triumphe - »manchmal schien es sogar, als habe sie einen neuen, bewunderungswürdigen Bereich der Souveränität und der Zartheit hinzugewonnen«, schrieb Joachim Kaiser damals.


    Es ließen sich einige Seiten mit solchen unterschiedlichen Meinungen füllen; wenn man sich damit befasst wird deutlich, dass es bei dieser Sängerin einen sehr großen Unterschied macht, ob man nur die Stimme hört oder die Bühnenfigur live erlebt.


    Sie hatte ihr künstlerisches Tun einmal in den Zusammenhang mit ihrem absolvierten Jurastudium gestellt und das so formuliert:


    »Opern sind dramatische Geschichten von zwischenmenschlichen Konflikten, das ist wie bei Gerichtsfällen. Mit der Denkdisziplin, einen Fall von A bis Z gründlich und schlüssig durchzudenken, habe ich meine Rollen psychologisch erarbeitet.«


    Der altgediente Berliner Kritiker Klaus Geitel schrieb einmal, auf Frau Behrens bezogen: »Um sie war Gestaltungsmacht.«
    Zu einer »Elektra«-Aufführung in Trier war in der Kritik zu lesen: »Sie beherrscht die Szene jede Sekunde, und sei es nur mit dem Zucken eines Augenlids.«


    »Ich bin ein Gegenwartsmensch«, hat Hildegard Behrens stets auf Fragen zu ihren tiefsten Erlebnissen auf den Opernbühnen zwischen Mailänder Scala, New Yorker Met, Covent Garden London oder Bayreuth geantwortet. Mehr noch: »Ich fühle mich wie in einem Rennwagen, es geht immer vorwärts!« Da war sie schon 70 und pendelte oft noch zwischen ihrem Zuhause im US-Bundesstaat Virginia, den Wohnorten der Tochter in Wien, des Sohnes in München, einer Schwester in Cloppenburg und zu Auftritten.


    Ganz plötzlich ging es dann nicht mehr vorwärts; im August 2009 reiste sie zum ältesten Musikfestival nach Kusatsu in Japan, für die reisegewohnte Sängerin nichts Besonderes, ein Liederabend war geplant, Schubert, Mendelssohn und Spohr standen auf dem Programm; im Anschluss daran wollte sie einen Meisterkurs geben. Sie klagte über Unwohlsein, man brachte sie in eine Klinik nach Tokio und dort starb Hildegard Behrens an den Folgen eines Aneurysmas, einer Blutgefäßverletzung im Gehirn.


    Praktische Hinweise:
    Friedhof Varel, 26316 Varel, Oldenburger Straße 36
    Das Grab befindet sich im Feld G, Reihe 0443a, Stelle 001/002
    Auch der schon früher verstorbene Bruder Otto, der seiner Schwester erst die Welt des Gesangs erschloss, ist in dem Grab beigesetzt.


    In einigen Publikationen ist zu lesen, dass sich das Grab von Hildegard Behrens in Wien befindet, das ist offensichtlich unzutreffend.

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    Herzlichst
    Operus

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