Dankenswerterweise hat "William B.A." heute auf den 33. Todestag von Gerhard Hüsch hingewiesen, der - zumindest in der heutigen Wahrnehmung - vor allem als bedeutender Liedinterpret in die Geschichte eingegangen ist. Dass das etwas ungerecht ist, beweist nicht nur sein wundervoller Papageno auf der legendären Beecham-Aufnahme, sondern auch die zahlreichen Opernpartien, die er - vornehmlich während seines Engagements an den beiden Berliner Häusern (erst dem Deutschen Opernhaus Charlottenburg, dann der Staatsoper) gesungen hat. Freilich hat er sich mit fortlaufender Dauer der Karriere auf Liederabende und Konzerte beschränkt. Auf "Youtube" findet man vor allem Beispiele für den Liedsänger Hüsch - ein Vergleich seiner Interpretation des "Erlkönigs" mit der Elisabeth Söderströms hätte sich durchaus angeboten, aber ich finde es interessanter, sich mit dem unbekannten Hüsch, dem Opernsänger, ein wenig zu beschäftigen: Neben den großen beiden Arabella-Mandryka-Szenen an der Seite von Tiana Lemnitz und "Papageno"-Auschnitten, gelangt man bei "Youtube" auf diese Weise relativ schnell zu einigen wenigen Wolfram-Ausschnitten, eine Partie, die er Anfang der 30er Jahre auch unter Arturo Toscanini in Bayreuth verkörpert hat.
In diesem Ausschnitt aus dem Beginn des 3. Aktes "Tannhäuser" begegnet man einer sehr weichen, warm timbrierten Stimme, die gleichzeitig über eine erstaunliche Fülle verfügt. Eine mangelnde Stimmgröße kann es also kaum gewesen sein, die ihn zum Abschied von der Opernbühne bewogen hat. Bereits die erste Phrase "Wohl wusst' ich hier sie im Gebet zu finden" ist vokallastig, die Konsonanten werden zwar geformt, die Textverständlichkeit ist gewährleistet, doch Wolframs Feststellung wird mit den Mitteln eines Sängers, nicht eines Redners getroffen.
Der kleine Ausbruch bei "Der Tod, den er ihr gab im Herzen..." wird auch weniger durch eine dynamische Steigerung als durch unmerklich mehr Spannung bei der Tonproduktion erzeugt - "dahingestreckt in brünst'gen Schmerzen" ertönt wieder mit beeindruckender Sonorität, allerdings ist hier gleichzeitig das starke Abdunkeln der Vokale zu konstatieren - das betrifft besonders die "e"s. Beeindruckend ist das lange legato und der lange Atem auf der Phrase "Fleht für sein Heil sie Tag und Nacht: o heil'ger Liebe e'wge Macht!", eine sängerische Demonstration der Stärke, die gleichzeitig etwas paradox erscheint, da Wolfram dieser bedingungslosen Liebe zu Tannhäuser ja doch zumindest zwiespältig gegenüber steht.
Der Aufbau der nächsten Sinneinheit ist durchaus logisch, die Feststellung, dass sie die Pilger aus Rom erwartet baut sich dynamisch kontinuierlich auf, um sich bei "ihr heil'gen, lasst erfüllt es sehen" mit ungeheurer Intensität seinen Höhepunkt zu erreichen - eine Bitte, die mit höchster Autorität vorgebracht wird. Das einmal wiederholte "o, wird ihr Lindrung nur erteilt!" klingt für meinen Geschmack etwas zu einförmig, zu sehr um den rechten Ton bemüht, hier verpasst es Hüsch der Wiederholung entgegengesetzte Farben zu geben, wie zum Beispiel eine skeptische und eine hoffnungsvolle.
Unter dem Strich für mich eine stimmlich beeindruckende Interpretation der Stelle, jedoch bleibt Hüsch als Wolfram immer in erster Linie Sänger. Fast hat man den Eindruck, er habe nicht gemerkt, dass der Sängerkrieg bereits vorüber ist und dass ihm niemand mehr zuhört. Ein paar innigere Töne, auch eine größere dynamische Abstufung der einzelnen Phrasen hätten seiner Interpretation aus meiner Sicht nicht geschadet - trotzdem ist er ein Sänger, mit dem die Beschäftigung auch heute noch sehr lohnt.