Franz Liszt: Die Sinfonischen Dichtungen und Sinfonien

  • Zu Sinopoli kann ich nichts sagen - ich habe von diesem Dirigenten keine Aufnahmen.
    Der Grund dafür ist allerdings profan und beinahe lächerlich (ich mache es kurz): Sinopoli sieht haargenau so aus wie ein ehemaliger Bademeister(Doppelgänger) in Siegburg, der mich als Kind immer mit seinem Gemecker genervt hatte - diese Fratze kann und will ich nicht mehr sehen ....

    Aha. Jetzt dämmert mir auch endlich, warum Du Schubert’s Neunte (DV 944) mit Sinopoli nicht kennst … :pfeif:


    Mit einer solchen Einstellung kann man allerdings auch einiges verpassen … 8)

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Ich habe diese RCA-Aufnahme in einer wiederum anderen Kopplung auf einer RCA-VICS-LP mit dem Totentanz (mit Janis/Reiner) und der Rachmaninow-Toteninsel gekoppelt - das Cover dieser wunderbaren Reiner-LP ist das Böcklin-Gemälde der Toteninsel, das mein Avatar ziert und das ich auch in Öl im Wohnzimmer hängen habe (eine weitere Version des Gemäldes von meiner Mutter, die Malerin ist).


    Freut mich das Du auch die fabelhafte Qualität der Aufnahme Cherkassky/Karajan (DG) der Ungantischen Fantasie für Klavier und Orchester*Fantasie über ungarische Volksmelodien mit meiner Einschätzung teilst.


    Lieber Wolfgang,
    durch diese bravouröse Liszt-Aufnahme mit Karajan bin ich vor Jahrzehnten zum Shura Cherkassky-Fan geworden. Ich sammele alles, was ich von diesem Wunderpianisten bekommen kann (habe ihn zum Glück auch noch live erleben dürfen). Damit stehe ich bei Tamino aber wohl weitgehend allein - oder gibt es vielleicht doch noch mehr beinharte Cherkassky-Fans hier?


    Das Böcklin-Gemälde "Die Toteninsel", welches die Sinfonische Dichtung von Rachmaninow inspirierte, habe ich mir ehrfurchtsvoll in Leipzig angesehen, als die dortige Gemäldegalerie noch im rechten Flügel des ehemaligen Reichsgerichtsgebäudes untergebracht war. Für mich als Jurist war das ein besonderer Moment: im ehemaligen Reichsgericht zu sein - und dort dann noch ein Gemälde vorzufinden (ich wusste vorher nicht, dass es zum Leipziger Sammlungsbestand gehört), welches einen meiner Lieblingskomponisten so sehr faszinierte, dass er Musik daraus machte.


    Weil Du den Totentanz für Klavier und Orchester erwähnst: die grandiose Living Stereo-Aufnahme mit Byron Janis und Fritz Reiner habe ich natürlich auch, allerdings in einer anderen Kopplung als Du:

    Die "Toteninsel" von Rachmaninow ist auf dieser CD übrigens ebenfalls enthalten. Eine tolle CD!
    Herzliche Grüße
    Swjatoslaw

  • Lieber Swjatoslaw,


    zumindest kann ich sagen, dass mir die CD mit den Chopin-Sonaten nr, 2 und Nr. r sowie der Fantaisei in d-moll op. 49 sehr gut gefällt.


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    Da ich, was Pianisten betrifft, an sehr vielen Fronten kämpfe, muss ich mir die Dinge erst so nach und nach erarbeiten.


    Aber das ficht uns ja nicht an, woll?


    Liebe Grüße


    Willi ?(

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Mal ganz grundsätzlich angefangen: Die Faust Symphonie ist über weite Strecken für mich belanglos. Das Ende finde ich grandios und überwältigend.
    Ich besitze zwei Aufnahmen, einmal Karajan, ein oder zweimal gehört aber er kommt nicht an gegen Riccardo Muti, das höre ich schon ab und an, aber eben nur wegen des Endes.
    Irgendein Programm kann ich abgesehen vom Text mal wieder nicht erkennen. bin wahrscheinlich programmtaum, wo ich sowieso schon gesichtsblind bin.
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • zumindest kann ich sagen, dass mir die CD mit den Chopin-Sonaten nr, 2 und Nr. r sowie der Fantaisei in d-moll op. 49 sehr gut gefällt.


    51GQ34VGXHL._SL500_AA300_.jpg

    Hallo Willi,


    ich kenne nur die Aufnahme der b-moll-Sonate, wenn es diese ist - von ihm gibt es ja nur Konzertmitschnitte - wirklich ganz toll! Musik, spontan und kreativ aus dem Augenblick geboren. Diese Spielweise kommt allerdings nicht von ungefähr - da folgt er seinem Lehrer Josef Hofmann. Die Aufnahem scheint allerdings vergriffen zu sein - auf normalen Kanälen kommt man da z. Zt. wohl nicht dran.


    Beste Grüße
    Holger

  • Jetzt dachtze ich vorher: da ist ja mal wieder ein Interssanter Beitrag über die Liszt-Dichtungen/Werke ! :evil: Und da lese ich was über Chopin - OT !
    OK, Chopin war Zeitgenosse von Liszt - Beide schätzen sich gegenseitig sehr !


    Zum Thema:


    Hallo Klaus,


    Du kannst von Programmmusik nicht erwarten, dass Dir der Inhalt beim Hören von selber in den Schoß fällt ! Da solltest Du generell erst einmal l e s e n. Im Normalfall hilft oft das Textheft weiter, wenn nicht die Satzbezeichnungen schon ausreichen. Sonst greifst Du bitte - vorher- zum Konzertführer.
    Die Faust-Sinfonie als belanglos abzuhaken ist ohne vorherige Beschäftigung mit dem Material bei Dir auch nicht verwunderlich. Und den Schluss, den Du so toll findest - :D auf den kann ich manchmal verzichten ... aber ich höre die Faust-Sinfonie generell dann auch bis zum Schluss.


    Eine der eingebungsvollsten Aufnahmen ist die mit Ansermet / Orchestre de la Suisse Romande (Decca -SXL- Doppel-LP) - hier zieht mich sogar der Tenor Werner Krenn am Schluss in den Bann (...hinan !). Das sind Plattenedelsteine, die in meiner verblieben heute recht übersichtlich gewordenen LP-Sammlung ewig verblieben sind.


    Auf CD habe ich die ebenso gute TOP-Aufnahme mit Solti / CSO (Decca) --- :thumbup: Von wem sonst ? Ist doch klar !
    Die schlägt von der Interpretation in die gleiche Richtung wie Ansermet, sodass beim Hören dieser Aufnahmen dieses Werk niemals mit "belanglosen Inhalten" belegt werden könnte. Aufnahmen wie Sinopoli oder Bernstein wirken auf mich fremd ... Masur (EMI) ist bei mir in der grossen Liszt-Orchesterwerke-GA Masurs auch enthalten und soweit gut.

    Die Abb und ein früheres Statement zur Solti-Aufnahme findest Du in Beitrag 57.


    Das ist die CD-Ausgabe von Ansermet:



    Decca, 1963, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Jetzt wird es evtl. ein Thread über Programmmusik:
    Ich lese schon die Textheftchen oder besorge mir die Inhalte anderweitig. Aber ich kriege halt selten Bezug dazu. Z.B. Manfred Symphonie "Jetzt müsste er also in der Höhle sein...". Ich kriege das schon raus, aber es hat meist nichts mit der Musik zu tun. Und beim FAust ist das extrem. Ich mag Goethes Faust schon sehr, aber es gibt in meinem emotionalen Erleben da keinen Gleichklang. Die Symbolik erscheint mir als nicht schlüssig. Wenn die Synphonie "Hänsel und Gretel" hieße, hätte ich bis zum Text keinerlei andere Empfindungen.
    Hinzu kommt wohl noch eine sowieso schwache Affinität zu Liszt :pinch:


    Vielleicht fehlt mir aber auch da eine Art von Bildung. Bei Peter und der Wolf kriege ich es noch ganz gut hin :pfeif:
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Zitat

    teleton: Jetzt dachte ich vorher: da ist mal wieder ein interessanter Beitrag über die Liszt-Dichtungen-Werke...

    Tut mir Leid, lieber Wolfgang, dass ich da vor einem kanppen Jahr in diese off-toppic-Diskussion mit verwickelt war, aber ich stand damals in regem Gedankenaustausch mit Swjatoslaw, und da kam irgendwie auch die Rede auf Shura Cherkassky.


    Meine erste Aufnahme von Franz Liszt überhaupt war vor Jahrzehnten, damals noch auf LP "Les Préludes", natürlich mit Herbert von Karajan und den Berliner Philharmonikern. Trotz ihres zeitweiligen "braunen" Missbrauchs halte ich sie nach wie vor für eines der schönsten Werke von Franz Liszt. Schönere Melodien sind ihm kaum je wieder eingefallen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Jetzt wird es evtl. ein Thread über Programmmusik:
    Ich lese schon die Textheftchen oder besorge mir die Inhalte anderweitig. Aber ich kriege halt selten Bezug dazu. Z.B. Manfred Symphonie "Jetzt müsste er also in der Höhle sein...". Ich kriege das schon raus, aber es hat meist nichts mit der Musik zu tun. Und beim FAust ist das extrem. Ich mag Goethes Faust schon sehr, aber es gibt in meinem emotionalen Erleben da keinen Gleichklang. Die Symbolik erscheint mir als nicht schlüssig. Wenn die Synphonie "Hänsel und Gretel" hieße, hätte ich bis zum Text keinerlei andere Empfindungen.
    Hinzu kommt wohl noch eine sowieso schwache Affinität zu Liszt :pinch:


    Vielleicht fehlt mir aber auch da eine Art von Bildung. Bei Peter und der Wolf kriege ich es noch ganz gut hin :pfeif:
    Tschö
    Klaus

    Hallo Klaus,


    mit der Programmmusik ist das eine komplexe Sache. Liszt hat ja nicht nur "Symphonische Dichtungen" komponiert, sondern auch die philosophische Idee dazu entwickelt. Es ging darum, die Musik, die bei Kant etwa den untersten Rang unter den Künsten einnimmt, zu emanzipieren und mit den großen Dichtungen auf eine Stufe zu stellen: Homer, Dante, Goethe usw. Der musikalischen Form soll ein "Inhalt", eine "poetische Idee" gegeben werden. Die meisten Sujets sind so gewählt, daß der Hörer mit ihnen vertraut ist, also keine Mühe hat, die Musik darauf zu beziehen, jedenfalls zur Zeit von Liszt. Da müssen wir uns heute leider oft etwas lesend bemühen, um den Bezug herzustellen. Ein verbreitetes Mißverständnis von Programmmusik ist, daß sie einfach nur eine Geschichte "nacherzählt". So einfach und trivial ist das aber nicht: Es gibt die Dichtung und die Musik, beide sind selbständig und es entsteht aus der Beziehung etwas "Drittes". Es ist also ein sowohl mitfühlender als auch mitdenkender Hörer gefragt, der deuten und Bezüge herstellen kann.


    Beste Grüße
    Holger

  • Seit einiger Zeit habe ich einiges vom vorgenannten gehört, vor allem die Faust-Symphonie ist mir immer lieber geworden.
    So besitze ich z.B. diese.



    Und jetzt ist auch die Dante-Symphonie eingetroffen und wird erstmalig gehört.


    Das ist ja alles nicht gerade filigran angedeutet, sondern da wird mit dem dicken Pinsel gearbeitet - was ja nicht schlecht sein muss.
    Zugegebenermaßen finde ich den Zusammenhang zu den literarischen Sujets doch teilweise weit hergeholt (Auch habe ich es bisher nicht geschaft, das Inferno zu lesen, nach ein paar Seiten wird es mir immer zu mühselig). Aber die Idee mit der Hölle, bzw. dem Fegefeuer kommt doch recht deutlich rüber. Man kann das sehr gut hören. Den Vergleich mit z.B. Zarathustra von Strauß hält die Musik m.E. nicht aus, dazu ist sie zu Effektbeladen, aber so als Knallbonbon nach einem anstrengenden Tag passt das schon ganz gut.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo Klaus,


    die Dante Sinfonie (1856) schätze ich auch ausserordentlich. Diese ist ja auch in einer anständigen Aufnahme in der Masur-Liszt-GA (EMI) enthalten.
    :thumbup: Aber die von Dir gezeigte Aufnahme mit Boris Khaikin ist wirklich der Hammer. Diese Aufnahme habe ich "nur" als meine Erstaufnahme auf einer EURODISC_LP.


    Da kann ich nur Danke für die INFO sagen , dass diese Aufnahme jetzt auch auf CD erhältlich ist (und sogar preiswert). Bei keiner Aufnahme wird im Inferno mehr deutlich, wie sehr Liszt in einer Passage bereits Schostakowitsch vorwegnahm (oder Schosty hatte diese Passage in ähnlicher Weise übernommen ?!?).



    Bei jpc ist als Aufnahmedatum das jahr 00 = 2000 angegeben. Das kann schonmal gar nicht stimmen, weil ich meine Eurodisc-LP dieser Aufnahme bereits seit den 80er-Jahren habe - und da war Khaikin bereits "ein alter Knochen", aber er hat´s drauf ! Bei der Eurodisc - LP ist (wie fast immer) kein Aufnahmedatum angegeben. Ich schätze vom Melodiya-Klang her = 70er-Jahre.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Bei näherem Nachsehen habe ich in meiner Sammlung in dieser Beecham-Box die Faust-Symphonie mit Alexander Young, Tenor, der Beeacham Choral Society und dem Royal Philharmonic Orchestra, aufgenommen im April und Oktober 1958.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich hab sie direkt noch mal gehört. Das ist schon ein ziemlicher Hammer. Vor allem direkt der Anfang, wenn das Blech und die Pauken einem erstmal ordentlich was auf die Ohren geben. Jungejunge!
    Erstaunlich allerdings die versöhnlichen Töne, die im ersten SAtz später anklingen. Das klingt dann gar nicht mehr nach Hölle, echt auszuhalten... Wie kommt denn das? Denn das Paradies gehört doch offensichtlich nicht zum Programm (Wär wahrscheinlich auch zu langweilig).


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Die Aufnahme der "Dante-Symphonie" von Boris Chaikin (1904—1978) soll aus dem Jahre 1977 sein, soviel ich auf die Schnelle herausfinden konnte.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • steht jedenfalls nirgendwo auf der CD oder im Booklet.

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Rund ein Jahrzehnt ist dieser Thread alt und er ist eigentlich sehr interessant, Generationen von Tamino-Mitgliedern - ehemalige und heutige haben sich recht allgemein zu diesem Thema geäussert. Nun ist seit eineindhalb Jahren Sendepause. Mich selbst hat Liszts orchestrales Schaffen lange sehr wenig interessiert. Irgendwann habe ich einige seiner Sinfonischen Dichtungen gehört, allen voran natürlich "Les Preludes", denn das war in meiner Jugend auf einer "Privilege" Serie der Deutschen Grammophon enthalten, und diese Serie war die "Budgetserie" der DGG in den Jahren um 1970.....



    Im Rahmen meiner Beschäftigung mit Raff kam mir die Idee allen Sinfonischen Dichtungen von Liszt ebenso einzelne Threads zu widmen, wie dies bei Raff der Fall war. Zunächst aber suchte ich, ob es derartiges nicht vielleicht schon gäbe. So fand ich diesen Thread. Er steht nicht in Konkurrenz zu der von mir geplanten Serie - Im Gegenteil. Er ist eine ideale Ergänzung. Hier kann bei Bedarf über die "Problematik" von Liszts Sinfonischen Dichtungen geschrieben werden - sie waren schon zu Lebzeiten des Komponisten angefeindet. Man sprach Liszt jegliches kompositorisches Talent ab, und behauptete sogar, Lisst verwechsle sein "Wollen" mit "Können" Vor allem Robert Schumann, er war ein bösartiger Musikkritiker mochte dias gesamte Genre "Sinfonische Dichtung" nicht und fällte dogmatisch klingende Werturteile, wo einem heute lediglich das Kopfschütteln kommt.....
    Der erste Thread der Neuen Serie, beginnend mit der Sinfonischen Dichtung Nr 1 geht noch heute nacht an den Start....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • So richtig erschlossen hat sich zB die Faust-Sinfonie erst durch diesen wundervollen Dirigenten , der auch viel zu früh verstorben ist. Er hat die Struktur dieses Brockens für mich erschlossen.

    Ataulfo Argenta mit dem Orchestre de Paris Conservatoire, eine Aufnahme von 1955 (die für ihr Alte erstaunlich gut klingt).
    Ich hatte das Glück, diese Box vor zwei Jahren für 4(!) Euro zu erstehen.
    Ataulfo Argenta ... einer der ganz ganz Großen, von denen man sich wünschen würde, dass sie länger hätten wirken können.

  • Franz Liszts Orchesterwerke stehen nach wie vor im Schatten anderer. Die sehr überschaubaren Reaktionen in den einzelnen Threads zu den Sinfonischen Dichtungen hier im Forum spiegeln diese Tendenz ziemlich gut wider. Nun kann man das aber kaum zum Vorwurf machen, schließlich waren auch für mich Liszts Tondichtungen – mit der einen Ausnahme "Les Préludes" – bis vor kurzem ein unbeschriebenes Blatt. Dabei ist da viel Hörenswertes dabei, das es wert wäre, seinen Weg ins Standardrepertoire zu finden.


    13 Sinfonische Dichtungen gibt es (nach der alten Zählung waren es nur zwölf, weil die letzte als "Irrung eines Greisen" abgetan wurde).


    Die herausragenden sind für mein Dafürhalten:


    - "Les Préludes"
    - "Tasso"
    - "Prometheus"
    - "Mazeppa"
    - "Hamlet"
    - "Orpheus"


    Für allemal hörenswert halte ich:


    - "Hunnenschlacht"
    - "Hungaria"
    - "Festklänge"
    - "Ce qu'on entend sur la montagne" (Bergsymphonie)
    - "Von der Wiege bis zum Grabe"


    Schwierig, weil nicht besonders zugänglich, sind m. E.:


    - "Die Ideale"
    - "Héroïde funèbre"


    Die erste Gruppe braucht wirklich keine Vergleiche scheuen. Diese Sinfonischen Dichtungen wurden auch am häufigsten eingespielt und liegen in zahlreichen Aufnahmen vor. "Les Préludes" ist zurecht als Liszts Meisterwerk anerkannt und führt den Reigen an.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Sinfonische dichtungen und Sinfonien mit historisch literarischen Bezügen (beispielsweise die Sinfonien zu Ovids "Metamorphosen") hatten imm den Hintergedanken, durch den "literarischen" oder "historischen" Bezug, das Interesse des Publikums zu wecken, ähnlich wie der Kunstkniff der Namensgebunf etlicher Haydn Sinfonien oder Beethoven Klaviersonaten.
    Das hat aber schinbar nich geklappt - zumindest nich bis in unser Jahrhundert.
    Die "Themen" verlangen vom Hörer eine gewisse Vorbildung, einige Kenntnisse der griechischen und römischen Mythologie, umd was in den vergangenen Jahrhunderten vielleicht (und da habe ich meine Zweifel) Interesse bein Publikum erweckt hat ist heute weitgehend wirkungslos, schon in unserer Generation . und in den folgenden schon überhaupt.
    Allerdings ist es verwunderlich, daß hier auch Liszt mit betroffen ist - war er doch im 19. Jahrhundert geradezu eine Ikone der klassischen Musik - ein Klassikpapst sozusagen.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Weil ich keinen speziellen Thread über Liszts 'Tasso: Lamento e trionfo' fand, möchte ich meine Eindrücke von dieser Sinfonischen Dichtung hier einstellen:


    Ich habe a.a.O. geschrieben, dass die Sinfonischen Dichtungen Liszts nur verständlich werden, wenn der Hörer den zugrundeliegenden Text kennt. Das war für mich bei der ‚Faust-Sinfonie‘ kein Problem, bei der ‚Dante-Sinfonie‘ aber schon schwieriger. Ohne mich über den Dichter zu informieren, wäre mir der Zugang zu Liszts Werk bestimmt nicht gelungen. Ebenso ging es mir jetzt bei ‚Tasso: Lamento e trionfo‘; ohne mich über den Dichter und Zeitgenossen Shakespeares zu informieren, hätte ich wahrscheinlich ratlos der Musik zugehört. Schließlich wusste ich nicht mehr über ihn, als dass er die vielfach vertonten Texte Gerusalemme liberata, das Ritterepos Rinaldo und das Schäferspiel Aminta geschrieben und Goethe ein Drama über ihn Dichter verfasst hat. Wikipedia und ein Lexikon haben mir etwas auf die Sprünge geholfen.


    Liszt hat zur ‚Tasso-Sinfonie‘ mitgeteilt, dass der Dichter in Ferrara liebte und litt, in Rom geächtet, noch heute aber in den Volksgesängen Venedigs weiterlebt. „Diese drei Momente musikalisch wiederzugeben, rief ich zuerst seinen großen Schatten herauf, wie er noch heute an den Lagunen Venedigs wandelt; dann erschien mir sein Antlitz, stolz und schwermütig den Festen Ferraras zuschauend, wo er sein Meisterwerk geschaffen, und ich folgte ihm endlich nach Rom, der ewigen Stadt, die ihm die Ruhmeskrone reichte und so den Märtyrer und Dichter in ihm feierte.“


    Wenn ich des Komponisten ‚Anleitung‘ folge, dann erscheint mir das den ersten Teil (Lamento) eröffnende Tasso-Thema mit seinen dumpf und in Triolen herabsinkende ‚Leitmotiv‘ als eine einzige Klage gegen das Leben zu sein. Wie sehr muss (für Liszt) der Dichter Tasso das Leben gehasst haben, dass er ihm dieses Thema mitgab? Es bleibt übrigens für die gesamte Sinfonische Dichtung bestimmend, wenn es auch in verschiedenen Harmonisierungen wiederkehrt, darunter auch hin und wieder in die Dur-Regionen wechselt. Dann ist plötzlich etwas Lebensbejahendes in den von Streichern umrauschten Blechbläserklängen vernehmbar, was bedeuten könnte, dass Liszt hier einen glanzvollen Auftritt am Hofe in Ferrara darstellen will - doch das Klagende, das Ringende drängt sich immer wieder quälend nach vorn.


    Hat das was mit der (ich sage mal: angeblichen) Affäre mit Leonora d’Este zu tun oder mit einem sich beim Dichter konkretisierenden Verfolgungswahn? Ich weiß nicht genug über Tassos Leben und schon gar nicht über Liszts Wissen, um beurteilen zu können, was der Komponist musikalisch sagen will. Aber eindeutig erscheint mir der triumphale Schluss mit seiner jubelnden Ausgelassenheit die Krönung nach einem leidvollen Leben darstellen zu wollen.


    Die Budapester Sinfoniker unter Árpád Joó haben mich in der Interpretation dieser Sinfonischen Dichtung überzeugt. Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass ich nur diese Einspielung besitze, Vergleiche also nicht vornehmen kann. Ich weiß auch nicht, ob ich das überhaupt noch will. Es mag sich aber ändern, wenn ich die weiteren Sinfonischen Dichtungen Liszts gehört habe…

    .


    MUSIKWANDERER

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  • Weil ich keinen speziellen Thread über Liszts 'Tasso: Lamento e trionfo' fand


    Es gibt einen: Franz Liszt: Sinfonische Dichtung Nr 2 - Tasso S96


    Ich bat die Moderation bereits, die bestehenden Threads der Tondichtungen Nr. 1 bis 5 ins richtige Unterforum (nämlich dieses hier) zu verschieben. Unter den Komponisten findet man das kaum.


    (Idealerweise verschiebt man den vorherigen Post und löscht meinen danach.)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Danke, lieber Joseph, ich streue Asche auf mein Haupt (was auf meinem vollergrauten Haar nicht so auffällt) - der Blick in das Themenverzeichnis und dort auf die nach dem Alphabet sortierten Komponisten hätte sich gelohnt. Jetzt ist's für den 'Tasso' Beitrag zu spät. Ob eine Verschiebung möglich ist, kann ich nicht beurteilen, aber oft genug lese ich, dass es technische Probleme wegen der Zählungen gibt...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Seit gestern regnet's; vielleicht sollte man dankbar für das lebensnotwendige Nass sein, doch sind inzwischen viele Bäume schon ziemlich kahl und deshalb muss ich konstatieren, dass der Regen viel zu spät kommt. Doch lieber spät als überhaupt nicht. Jedenfalls ist das Wetter ideal für den Strohsack um mit übergestülptem Kopfhörer Musik zu genießen. Da habe ich mir gestern und heute aus dieser Box die Budapester Sinfoniker unter Árpád Joó Sinfonische Dichtungen angehört, die mir bisher unbekannt waren, nämlich 'Prometheus', 'Mazeppa', Festklänge' und 'Heldenklage'.


    Zu Prometheus habe ich mir angelesen, dass Liszt eine Ouvertüre und Chöre mit Orchester zu Herders 'Entfesselter Prometheus' komponiert hatte, die Ouvertüre dann später, von Joachim Raff instrumentiert, als selbstständige Sinfonische Dichtung veröffentlicht hat. Zwei Paukenwirbel, leise beginnend und im Fortissimo endend, leiten das Werk ein. Das Prometheus-Thema wird sodann vom Orchester mit voller Wucht, einem Titanen würdig, vorgestellt. Nachdem ich mir den griechischen Mythos nochmals durchgelesen habe, erscheint mir Liszts Deutung durchaus stimmig zu sein: Prometheus' Klagen an die Götter, deren Schweigen zu dessen Hilferufen, immer neues Aufschreien des gefesselten Titanen, seine langsam steigende Erkenntnis, ausharren zu müssen, um zu gewinnen, vermag mir der Komponist zu vermitteln. Auch die gewaltige Steigerung am Schluss, die des Titanen Befreiung - nach des Herakles mutigem Eingreifen (vermute ich mal, ohne Herders Text zu kennen) - musikalisch gut umsetzt, ist überzeugend. Und die Budapester unter Joó sind an dieser stimmigen Interpretation total beteiligt...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Für die "Zwei Episoden aus Lenau's Faust" von Liszt hat Musikwanderer ein eigenes Thema eröffnet. Dabei verwies er auch darauf, dass dieses Werk aus der ersten Weimarer Zeit Carl Tausig gewidmet ist. Der aus Warschau stammende Tausig galt als einer der eifrigsten Schüler von Liszt. Er wurde nur 29 Jahre alt und hatte nicht genügend Zeit, sei eigenes kompositorisches Talent zu entwickeln. Hinterlassen hat er Klavierbearbeitungen Liszt'scher Tondichtungen, die nach Angaben von Wikipedia unveröffentlicht geblieben seien. Das stimmt offenkundig nur beschränkt. Denn bereits 1992 legte das Label Etcetera die Traskriptionen von "Les Prèludes", "Hamlet", "Orpheus" und "Tasso", gespielt von Dennis Hennig, vor. Sie sind gut anzuhören.


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent