Mein Weg zur Kammermusik

  • Viele von uns haben diesen Weg ja noch überhaupt nicht gesucht- geschweige denn gefunden.


    Aber andere haben sicher Schlüsselerlebnisse gehabt, die den Zugang zur Kammermusik erleichtert haben, sei es über einen Freund, eine große Liebe, ein Stück im Radio, oder einfach so.


    Wie kamt Ihr denn zur Kammermusik ?


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    Was nennst Du Kammermusik? Alles in kleine Besetzung? Oder Quartette bzw Trios für Streicher? Klaviertrios? Usw...


    Ich kann mit Trios/Quartetten für Streicher nichts beginnen. Dagegen finde ich Klaviertrios HIMMLISCH. Ich kam dazu weil ich mal eine LP von Beaux Arts Trio hörte, die von Haydn einige Klaviertrios spielten. Und auch Violine+Klavier Sonaten mag ich gerne.


    LG, Paul

  • Hallo,


    so richtig eingefunden habe ich mich immer noch nicht in dieses Metier. Aber durch zwei Auslöser beschäftige ich mich seit einigen Jahren mehr mit Kammermusik:


    In Dortmund gab es drei Saisons lang eine sehr verdienstvolle und sorgfältig ausgewählte Reihe von Kammerkonzerten im Harenberg-Haus: Next Generation I bis III: Hier konnte man für kleines Geld eine Menge hochkarätigen Nachwuchs hören, die inzwischen längst ganz oben angekommen sind: z.B. Daniel-Müller-Schott, Julia Fischer, Yuya Wang, Fauré-Quartett usw. usw. Die Reihe wurde begleitet jeweils durch ausführliche und sehr sachkomptetente Begleitbücher, die mir heute
    noch als Nachschlagewerke dienen. Außerdem gab es zum Abschluss immer ein Künstlergespräch, und die Begeisterung der großartigen jungen Künstler muss einfach auf einen überspringen.


    Vor Jahren las ich den Roman "Verwandte Stimmen" des von mir sehr geschätzten Autors Vikram Seth. Da geht es um einen jungen Mann und das Streichquartett, in dem er spielt. Dieses Buch macht große Lust auf Kammermusik und ist sehr zu empfehlen.


    Ihr seht, ein eher emotionaler als kognitiver Zugang zur Kammermusik, er funktioniert aber dennoch so weit, dass ich einige Werke sehr lieben gelernt habe, z.B. Haydns Streichquartette op. 76 und Brahms' KLaviertrios bis -quintette. Außerdem mag ich sehr Kammermusik mit Block- und Querflöte sowie Klarinette, von ganz unterschiedlichen Komponisten.


    Grüße


    tukan

  • Zitat

    Original von tukan
    Vor Jahren las ich den Roman "Verwandte Stimmen" des von mir sehr geschätzten Autors Vikram Seth. Da geht es um einen jungen Mann und das Streichquartett, in dem er spielt. Dieses Buch macht große Lust auf Kammermusik und ist sehr zu empfehlen.


    Die junge Frau, die Klavier spielt (und mit dem Protagonisten im Trio gespielt hat) sollte man vielleicht nicht komplett unterschlagen.. ;)


    Ich habe Kammermusik eigentlich nie als so abgetrennt wahrgenommen wie das vielen zu gehen scheint. Gewiß hat man als erstes hauptsächlich bekannte Orchesterwerke und Konzerte kennengelernt. Aber ich habe Werke wie Mozarts Klarinettenquintett oder Brahms' Klavierquintett und einige Streichquartette Beethovens schon als Teenager, nur wenige Jahre nachdem ich überhaupt Klassik entdeckt hatte, gern gehört. Ich kann mich nicht erinnern, was das allererste bewußt wahrgenommene Kammermusikwerk gewesen ist; könnte auch das Forellenquintett oder ein Mozart-Quartett gewesen sein.
    Mit Musik für Klavier solo, teils auch Lied und Oper habe ich mich wesentlich schwerer getan. Mit 18 habe ich eine Gesamtaufnahme von Beethovens Quartetten gekauft, die Klaviersonaten hatte ich erst ca. 7 Jahre später komplett, auch wenn ich die bekanntesten natürlich schon kannte. Noch 'schwieriger' war z.B. Klavier solo von Bach, Chopin, Schumann, etwa in dieser Reihenfolge.


    Mir ist stilistische Zugänglichkeit (was immer genau das sei) irgendwie immer wichtiger gewesen als Besetzung. Auch wenn es sicher nicht ganz so zugänglich war, wie die restlichen Beethoven-Sinfonien, nachdem ich 3,5,6,9 kennengelernt hatte, lag mir ein Beethoven-Quartett ein wenig näher als eine Sinfonie von Bruckner und sehr viel faßlicher als Mahler oder gar Tristan oder unverständliche Klangwolken wie La Mer.


    Ich halte es auch für ein Gerücht, daß hier ein besonders intellektueller Zugang notwendig sei. (Die Kunst der Fuge habe ich mir ebenfalls mit 17 oder so gekauft, das fand ich ziemlich langweilig, trotz abwechslungsreicher Ensemblebesetzung...) Zwar habe ich mich damals selbstverständlich auch mit den musikalischen Formen und ein bißchen Theorie (macht man auch in der Schule) befaßt, aber damit hätten mir Beethovens oder Schuberts Klaviersonaten ja erst recht eingängig sein müssen. Dennoch empfand ich Klavier solo sehr lange als "monoton", tendenziell langweilig. Ich kann das heute nicht mehr so leicht nachvollziehen, aber die Neigung hielt auch nach Jahren des Klassikhörens noch an.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Mit Musik für Klavier solo, teils auch Lied und Oper habe ich mich wesentlich schwerer getan.


    Und das wiederum ist mir geläufig. Jeder hat so seine eigenen Zugänge.


    LG, Paul

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  • Initialzündung? Ich glaube, das ist übertrieben. Ich habe irgendwann neugierig damit begonnen, Kammermusik zu hören, fand das gut und habe also damit weitergemacht... ;)


    Na schön, ganz so einfach war es natürlich nicht. Kaiser- und Jagdquartett kenne ich schon ewig, aber abgesehen davon habe ich dann irgendwann eine Komplettsammlung der Quartette Beethovens beschafft. Die haben mich in ihrer Gesamtheit weder abgeschreckt noch vom Hocker gehauen - ein paar, wie 18,1, 59,1 und 74 sind dabei gewesen, die mir von Anfang an gut gefallen haben, aber eine Offenbarung war meines Lieblingskomponisten Quartettschaffen damals für mich nicht.
    Ein wenig später kamen dann die späten Quartette Mozarts dazu (ab KV 384, dazu 515 und 516), und da hat es dann gefunkt! Das schon bekannte Jagdquartett erwies sich als gar nicht so typisch, die anderen Quartette strotzten nämlich teilweise derart vor Chromatik und komplexer Polyphonie, dass ich zum quasi allerersten Mal bei Mozartwerken beim ersten Hören das Gefühl hatte, nicht mitzukommen...
    Das hat mich überrascht, beeindruckt und zum Weiterhören animiert - während eingängigere Mozartwerke zu der Zeit von mir (vor)schnell als "banal" zur Seite gelegt wurden :untertauch: -, und Quartett für Quartett haben sie sich erschlossen (als letztes noch nicht ganz vollständig KV 464, obwohl ich glaube zu verstehen, wieso dieses Quartett so großartig ist).
    Danach kam dann die Brilliant-Brahms-Box mit seiner kompletten Kammermusik und damit der erste Kontakt mit Besetzungen für Klavier - auch diese Werke brauchten teilweise ein bisschen Zeit, teilweise (Streichquartette) bis heute. Aber spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte ich Lunte gerochen: Es folgten Schubert (die späten Quartette) und Haydn (op. 76, 77), und spätestens damit war die Kammermusik bei mir Gattung Nr. 1 geworden.


    Interessanterweise tue ich mir, ebenso wie Johannes dereinst, mit Soloklaviermusik wesentlich schwerer, zum Beispiel bei Schubert und Schumann, deren mir bekannte Kammermusik ich sehr schätze.



    Gruß,
    Frank.

  • Auch ich habe die Klassische Musik mit Orchesterwerken und dann mit Opern kennen- und liebengelernt. Allerdings kann ich mich sehr gut an mein erstes bewusstes Wahrnehmen oder gar Hören eines Kammermusikwerkes erinnern, das mich ganz besonders fesselte: Beethovens Streichquartett op. 127. Nie werde ich die jugendliche Faszination für die Maestoso-Einleitung und das sofort danach folgende leichte Hauptthema vergessen.


    Das Besondere hierbei war, so bin ich mir heute fast sicher, die Intimität und die Durchsichtigkeit des Akkords. Es war nicht ein breiter anonymer Klang, sondern das Nebeneinander von vier Streichern, unglaublich lebendig, durchdringend, beweglich und intim.


    Ich glaube, das war mein Schlüsselerlebnis; von da an habe ich eindeutig dem Ausdruck und dem Klang der Kammermusik den Vorzug gegeben.


    Ich denke, dass dies auch mit meinem Charakter zu tun hat; die Kommunikation in kleinen Gruppen ziehe ich der Masse um mich herum bei Weitem vor.


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • ... brauchte ich einen Extra-Weg zur Kammermusik ??
    Meine Erinnerung sagt mir NEE :D


    - in meiner Jugend hatte ich (im Stadttheater Schweinfurt, einer reinen Gastspiel-Bühne) lange Jahre ein 8teiliges Konzert-Abo,
    in dem - ganz anders als dort heute - die Kammermusik sehr ordentlich vertreten war, oft genug mit Interpreten
    aus der damaligen (Mitte/Ende 70er) 1.Liga (Brigitte Fassbender, Beaux Arts Trio, Melos Quartett ... )
    ... und mit den Jahren fand ich diese Erlebnisse faszinierender als die eindringlichsten Orchesterkonzerte....


    - mein langjähriger Geigenlehrer hatte mir immer wieder mal Pianisten und Geiger ans Herz gelegt, die ich mir doch nach Möglichkeit
    - sei`s live, sei`s per Konserve - anhören sollte...
    Danach hab ich mich gerne gerichtet,
    wobei ich - wohl fast eher unbewußt - beim LP-Kauf zwischen Konzerten und Sonaten recht regelmäßig gependelt bin...


    Tinnitus-bedingt (u. er ist nicht grade leise ... kann ich euch aber flüstern :wacky:) besuchte ich bald jährlich weniger und weniger Orchesterkonzerte
    (einzig die Oper macht da eine Ausnahme - DIESE Faszination ist doch bis ins Hier und Jetzt gar zu groß !),
    was über kurz oder lang auch ziemlich auf meine CD-Sammlung abgefärbt hat...
    ------------- ist aber schon ein andres Thema :pfeif:


    guts nächtle.........
    micha

  • Für mich war das Schlüsselerlebnis, ja eine Offenbahrung, 1977 mit etwa 16 jahren der langsame Satz aus Beethoven's op .132 - Danksagung eines Genesenden an die Gottheit - für mich immer noch das größte Kammermusikwerk überhaupt. Sehr schnell habe ich dann alle Quartette von Beethoven lieben gelernt (außer op. 18, mit denen ich immer noch relativ wenig anfangen kann) und dann die späte Kammermusik von Schubert, dann die von Dvorak und dann die von Mozart.
    Erst vor wenigen Jahren habe ich dann sehr spät die Quartette und Klaviertrios von Mendelssohn lieben gelernt, was meiner Liebe zur Kammermusik nochmal einen richtigen Schub gegeben hat.
    Heute höre ich mehr Kammer- und Klaviermusik als Orchesterwerke, weil sie mich einfach noch direkter und tiefer - einfach persöhnlicher - anspricht.


    gerd

    "When I was deep in poverty, you taught me how to give" Bob Dylan

    Einmal editiert, zuletzt von gerdprengel ()

  • Meine grosse Liebe zur Kammermusik - da muss ich weit ausholen.


    Als Jahrgang 1940 wuchs ich in Graz mit Schlagern, Rock und etwas Jazz auf. Beim Bundesheer, das ich in der Nähe von Schwechat absolvierte, erhielt ich gelegentlich Stehplatzkarten für die Staatsoper, und diese Erlebnisse haben mich derart geprägt, dass ich auch heute noch ein grosser Opernfan bin - in den 60er-Jahren durfte ich Karajan, Böhm, Krips, Bernstein oder Sänger wie Nilsson, Ludwig, Price, Simionato, del Monaco, Corelli, Bastianini, Gobbi, Schwarzkopf, della Casa, Dermota, Wunderlich, Gedda, London, Hotter, Frick, Moll, Adam usw. quasi in Hülle und Fülle erleben - eine unbeschreiblich einzigartige Epoche!


    Durch meine Liebe zum Jazz besuchte ich auch die Konzerte von Stéphane Grappelli in Wien, und sein unglaublich luzides Geigenspiel nahm mich von Anfang an gefangen, und so fand ich den Weg zu den Violinen und auch zu den restlichen Streichinstrumenten. Da war dann der Weg zur Kammermusik, wo natürlich auch die restlichen Instrumente dazukamen, gar nicht weit.


    Heute, knapp vor meinem Siebziger, muss ich bekennen, dass ein Leben ohne all diese mannigfachen Arten von Musik für mich unvorstellbar wäre.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

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  • Meine Liebe zur Kammermusik kommt aus eigener Ausübung. Als Jugendlicher durfte ich in Meerbusch mit lieben Mitschülerinnen und -schülern in einem Bläserquintett musizieren.
    Bisweilen hatten wir auch ein Klavier dabei.
    Wir sind aufgetreten, haben an Wettbewerben und Konzertreisen teilgenommen.


    Diese Erlebnisse haben mich nachhaltig für mein Leben geprägt, unserem Leiter und Lehrer (glaube nicht, dass er hier mitliest...) schulde ich dafür aufrichtigen und herzlichen Dank!


    Wir spielten Mozart (Klavierquintett - eines meiner Lieblingsstücke überhaupt), Danzi, Haydn, Ligeti, Hindemith etc.


    In großen Besetzungen dann die Gran Partita in der Fassung mit Kontrafagott, Richard Strauss, Werner Egk, Dvorak, Brahms etc.


    Deshalb verbindet mich auch heute noch mit der Kammermusik mit Bläserbeteiligung die innigste Verbindung.

  • Kammermusik – ein Begriff mit persönlicher Note


    Da in meiner Kindheit die einzige Musikquelle zuerst nur das Klavier meiner Mutter war und auch später haben wir zu Hause praktisch nur „klassische Musik” im Rundfunk gehört, habe ich die Musik, die wir hörten, nicht als ”Kammermusik” oder „Orchestermusik” usw. eingestuft (ausgenommen die Opernsendungen, die eine besondere Kategorie bedeuteten). Wir waren froh, dass wir Musik hören konnten, das war die Möglichkeit, die „Außenwelt” aus unserer kleinen Welt auszuschließen. Trotzdem muss ich bis heute, wenn ich den Ausdruck „Kammermusik” höre, immer wieder an ein lustiges (damals eher trauriges) Erlebnis denken, vielleicht findet Ihr das auch lustig.


    Als fleißiges Mädchen habe ich auch Klavier spielen gelernt und in der Musikschule haben wir auch bald mit den anderen Instrumenten zusammen kleinere Stücke gespielt. Das war gut. Aber ich war immer furchtbar scheu und ängstlich und die obligatorischen Prüfungskonzerte waren eine ewige Plage für mich. Was aber noch viel schlimmer war, das waren die offiziellen Auftritte vor einem noch größeren Publikum. Sobald mein Klassenlehrer in der Schule erfahren hatte, dass jemand ein Instrument spielen lernt, war das unumgänglich, dies für die verschiedensten Schulfeste auszubeuten. So kam es zu einem gemeinsamen Auftritt mit einer Violinistin, einem Mädchen aus der Parallelklasse, mit der wir früher kaum üben konnten. Wir beide waren offensichtlich so aufgeregt, dass wir nicht hörten, was wir selber gespielt haben, von der anderen ganz zu schweigen. Ich habe nur feststellen müssen, dass ich das Stück schon beendet habe, während meine Partnerin noch immer fiedelte… Allerdings war das Publikum im Turnsaal, wo das Fest veranstaltet wurde und wo die Kinder schwatzten (die Lehrkräfte nicht weniger…) und der Straßenlärm zu hören war, nicht besonders empört, möglicherweise haben manche sogar gedacht, dass das so ganz in Ordnung war. Aber für mich war und ist das eine Kammer-Katastrophe geblieben…


    Was jedoch nichts daran geändert hat, dass Kammermusik – Sonaten, Trios, Quartette und und und… bis hin zu dem Spiel der variablen kleinen Kammerorchester -- für mich bis heute wichtiger und bestimmender ist als alle anderen musikalischen Erlebnisse.


    :yes: :hello: KP

  • habe ich den Zugang zur Kammermusik gefunden. Seine Klaviertrios und später die grossen Quartette Op. 20, 33 und 76 haben es mir wirklich angetan. Einer meiner ersten gezielten Kammermusik Beschaffungen - und das für teures Geld - war:


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    Haydn's und Schubert's Kammermusik sind klar meine Favoriten und da hat es bei mir selbst ein Mozart oder sogar Brahms und Schuman schwer. Beethoven ist für mich immer noch eine Nummer zu "gross :huh:" in den Quartetten, ich liebe aber seine Klaviertrios, Cello- und Violinsonaten. Als zweites "Standbein" interessiere ich mich für alle Kammermusik mit Klavierbesetzung - wenn's schön ist , gerne auch neue Musik


    Kammermusik speziell klassischer und romantischer Prägung gehören seit meinen Klassikanfängen anfangs 90ziger Jahre zu meiner absoluten Lieblingsmusik. Und daran wird sich auch in Zukunft nicht viel ändern...


    Freundliche Grüsse

    "Die Welt ward ihm Klavier. In Terzen, Quinten, Oktaven sprang sein Denken, Dur und Moll spannte sein Herz."
    Carl Sternheim

  • Mein Weg zur Kammermusik verlief etwas kurios. Ich habe sozusagen das Pferd von hinten aufgezäumt und meinen „Einstieg“ über Bela Bartok gefunden, und das nicht einmal freiwillig, sondern eher gezwungenermaßen. Im Rahmen meines Schulmusikstudiums bzw. meiner Referendarzeit musste ich mich mit den sog. „Sternchenwerken“ im damaligen Baden-Württembergischen Lehrplan vertraut machen. Eines davon war die „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ von Bela Bartok, das mich unglaublich faszinierte – ich muss hinzufügen, dass ich außer ein paar Stücken aus dem „Mikrokosmos“ von diesem Komponisten nichts – sprichwörtlich nichts! – kannte. Dies bewog mich nun, mich mit dem Oeuvre von Bartok näher auseinanderzusetzen, und so stieß ich, zumal als absoluter Klavier-Freak, unweigerlich auf die „Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug“. Das Erlebnis des „Ersten Hörens“ dieses Werks werde ich nie vergessen! So etwas „Unerhörtes“ hatte ich noch nie vorher gehört. Klar, das eine oder andere Streichquartett schon mal, aber dieses „Gekratze“ ging mir fürchterlich auf den Geist. Ich habe mir dann, ausgehend von der Bartok-Erfahrung, zunächst Kammermusikwerke mit Klavier-Beteiligung erschlossen, und da war das Nächstliegende natürlich das „Forellenquintett“ von Schubert; und was ich ganz besonders zu lieben gelernt habe, sind die Klavierquartette WoO 36 von L. v. Beethoven (Wie ich in einem anderen Thread schon sagte, ist es mir unbegreiflich, dass der Meister diesen wunderbaren Stücken nicht die Ehre einer Opus-Zahl hat zukommen lassen). Mittlerweile – man wird älter und verständiger – kann ich mich eigentlich mit jeder Art von Kammermusik, also auch mit dem früher zumindest „problematischen“ Streichquartett, anfreunden; mit großem Vergnügen hörte ich jetzt gerade wieder das Klarinettenquintett von Mozart oder die Bläserquintette von Danzi, gerade letztere ein musikalischer Hochgenuss!
    Allerdings muss ich trotz alledem sagen, dass die Kammermusik für mich persönlich immer noch ein wenig im Schatten der sinfonischen Musik steht; wenn ich also vor meinem CD-Regal stehe und überlege, „was könnte ich denn jetzt wohl hören?“, greife ich dann doch eher zu einer Sinfonie oder einem Klavierkonzert als beispielsweise zu einem Streichquartett. Aber der Anteil der Kammermusik ist im Laufe der Zeit doch beträchtlich angestiegen!

    Viele Grüße aus dem schönen Odenwald, harry

      Pianomania: Als ich Deinen Beitrag nochmals etwas genauer gelesen hatte, stellte ich ja durchaus eine Übereinstimmung unserer Vorlieben (Klavier!) fest. Falls Du die Bartok-Sonate noch nicht kennen solltest: Ganz schnell besorgen (Es gibt eine sehr gute Aufnahme mit den Pekinel-Schwestern; noch besser fand ich eine alte Aufnahme mit den Kontarsky-Brüdern auf einer Schallplatte bei Wergo). Wenn Du generell auch an „Neuer“ bzw. „Neuerer“ Musik interessiert bist, empfehle ich Dir die „Kammermusiken“ von Paul Hindemith oder „Die Geschichte vom Soldaten“ (allerdings mit Sprechstimme) von Igor Strawinsky.

  • Hallo,


    mein erster intensiver Zsammenstoß mit Kammermusik war live. Ein Stück für Violine und Cello, eingebettet in einer Silvesterveranstaltung. Ich komme aus der Rock-Pop-Jazz Ecke und konnte bis vor vier Jahren nichts mit Klassik anfangen. Aber das Spiel der beiden Instrumente hat mich förmlich gepackt. Erstmal habe ich dann "Querbeet" gehört und bin dann schnell bei Beethoven "hängen" geblieben.


    Heute höre ich immer noch gerne Pop-Rock-Jazz, aber Beethoven ist ganz klar die Krone meiner Musiksammlung. Und was wäre Ludwig van ohne Kammermusik?


    Viele Grüße Thomas

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  • Pianomania: Als ich Deinen Beitrag nochmals etwas genauer gelesen hatte, stellte ich ja durchaus eine Übereinstimmung unserer Vorlieben (Klavier!) fest. Falls Du die Bartok-Sonate noch nicht kennen solltest: Ganz schnell besorgen (Es gibt eine sehr gute Aufnahme mit den Pekinel-Schwestern; noch besser fand ich eine alte Aufnahme mit den Kontarsky-Brüdern auf einer Schallplatte bei Wergo). Wenn Du generell auch an „Neuer“ bzw. „Neuerer“ Musik interessiert bist, empfehle ich Dir die „Kammermusiken“ von Paul Hindemith oder „Die Geschichte vom Soldaten“ (allerdings mit Sprechstimme) von Igor Strawinsky.

    Lieber Harry


    Herzlichen Dank für Deinen tollen Tipp mit Bartok. Die Sonate kenne ich wirklich noch nicht und ich werde dies auf alle Fälle nachholen. Bartok's berühmte Streichquartette habe ich zwar als CDs, aber bei seiner Klaviermusik habe ich wohl geschlafen tze,tze,tze... :sleeping: . Die Penikel-Schwestern und Kontarsky-Brüder kenne ich leider noch nicht und werde bei diesen Aufnahmen sicherlich reinhören. Von Paul Hindemith schätzte ich die 3 Klaviersonaten dank Glenn Gould. Dein Hinweis zu Hindemith's Kammermusik nehme ich sehr gerne mit. Super, so viel spannende und vielseite Musik und einfach nie genügend Zeit... :S


    Schönes Wochenende und viele Grüsse in den schönen Odenwald


    Pianomania

    "Die Welt ward ihm Klavier. In Terzen, Quinten, Oktaven sprang sein Denken, Dur und Moll spannte sein Herz."
    Carl Sternheim

  • Hallo Pianomania,


    eine kleine Korrektur und Ergänzung zu meinem Beitrag:
    1) Ich habe die Pekinels gedanklich mit den Labèque-Schwestern verwechselt. Allerdings halte ich durchaus für möglich, dass auch Süher und Güher Pekinel die Sonate aufgenommen haben; kann ich jetzt auf die Schnelle nicht feststellen. Ich besitze die Aufnahme mit Katia und Marielle Labèque und finde sie sehr gut.
    2) Die Aufnahme der Kontarskis besitze ich auf einer uralten Vinyl-Platte von Wergo. Ob diese Aufnahme jemals auf CD umgeschnitten wurde, weiß ich leider nicht. Alfons und Aloys Kontarski sind wohl das bedeutendste Klavier-Duo der 50er - 70er Jahre (zumindest in Deutschland) und vor allem für ihren Einstz für die Neue Musik (Boulez: Structures!) berühmt. Für weitere Informationen einfach mal bei Wiki nachschauen.


    Viele grüße und schönes Rest-Wochenende,
    harry

  • Ein nicht zu unterschätzender Grund, warum ich zur Kammermusik, sinfonischer Musik und Solistenkonzerten "auswich", war der Umstand, dass ich von den grauslichen Ergüssen diverser Mainstream-Regisseure in der Oper einfach die Nase voll hatte und mich hierorts ausschließlich auf die Musik konzentrieren kann - den Opernvernichtern sei Dank!



    Dieser Thread wurde an dieser Stelle getrennt, wird an anderer Stelle:
    nämlich
    (Link folgt) fortgesetzt - hier gehts weiter mit KAMMERMUSIK
    MOD 001 - Alfred

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Da ich verschiedene Holzblas-Instrumente beherrsche, lag es nahe, mich mit Kammermusik-Werken zu beschäftigen. Es ist für mich als Amateur immer wieder eine Freude und ein Genuss, wenn ich mit anderen Musikern in kleiner Besetzung spiele.


    Meine ersten Kammermusik-Aufnahme, die ich als Kind erstand, war die Original-Version des Carnaval des Animaux und das Septett op. 65 (in einer aparten Besetzung mit Trompete, Streichern und Klavier) von Camille Saint-Saens.


    Am liebsten spiele ich alles was Mozart, Brahms, Schumann, Schubert, Bach für Bläser und kleine Besetzung komponiert haben.
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Zu einer Gattung innerhalb der Kammermusik habe ich erst spät den Zugang gefunden: Das Streichtrio.


    Einem Komponisten bzw. seinem Meisterwerk habe ich den Zugang zum Streichtrio zu verdanken:


    Arnold Schönberg: Streichtrio op. 45.
    Diese Komposition setzte kraft seiner immensen Qualität, seiner Emotionalität dauerhafte Maßstäbe für diese Gattung der Kammermusik.
    http://www.youtube.com/watch?v=yDN93Ijomm4&feature=related“
    "www.youtube.com/watch?v=20vtpZLpZEE“


    51gv46wwu6L._SL500_AA300_.jpg


    zeitliich vor dem Schönbergsschen Streichtrio schrieb ein genialer Schüler dieses großen Meisters ein sehr gelungenes Streichtrio. Nikos Skalkottas (1904 - 1949): "www.youtube.com/watch?v=Ey_4AvFcbxg"



    Von einem sehr unbekannten Schüler Schönbergs Richard Hoffmann (1925 in Wien geboren, Assistent + Sekretär von Arnold Schönberg) stammt dieses Streichtrio.
    http://www.youtube.com/watch?v=dNZoVyi6TkY“
    http://www.youtube.com/watch?v=fzJvTwdBBMg“


    Italien wird in dieser Kammermusikgattung durch Gofffredo Petrassi und Camillo Togni vertreten:


    Etwas konservativer aber nicht minder bewegend ist Krzysztof Meyers Streichtrio. Die Anregung zu dieser Begegnung mit der Musik Meyers verdanke ich einen anderem Forianer


    Der Name Ferneyhough, der zu einem der wichtigsten lebenden Komponisten zu zurechnen ist darf keinesfalls fehlen


    http://www.youtube.com/watch?v=ITcY64aPmnI“
    http://www.youtube.com/watch?v=g-h5yFMSvL8&feature=related“
    http://www.youtube.com/watch?v=rvcZxealOqc&feature=related“



    http://www.youtube.com/watch?v=FCVY63T_VLY“


    sowie die viel zu unbekannnte Elisabeth Lutyens (1906-1983):


    Es ist zu vermuten, dass es vor allem den Komponisten des 20. und 21. Jahrhunderts gelang diese Gattung der Kammermusik zu beleben und damit einer nicht unbeträchtlichen Hörerschar den spezifischen Zugang zu dieser Form der kammermusik verschafften.
    :hello:

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  • Mein Weg zur Kammermusik begann mit Brahms, Beethoven und Joseph Haydn.
    Die Violin Sonaten von Beethoven gehören zu meinen Lieblingswerken :)


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    vg. Marco

  • Es hat 10 Beethovenquartette dafür gebraucht? ;)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Mein Einstieg, 10 LP-Kassette für DM 50, spätestens bei op. 127 war ich "hooked"


    51gQS+L74AL._SX300_.jpg


    41oEIfIc4ZL._SL500_.jpg


    Das sieht bei mir so aus (war allerdings viiiel teurer!).



    Es hat 10 Beethovenquartette dafür gebraucht? ;)

    Er hätte theoretisch ja auch mit der 6. LP beginnen können... :D

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ja, aber das hätte zumindest ich, wenn eine solche GA meine Erstbegegnung gewesen wäre, vermutlich nicht getan, sondern brav vorne angefangen.


    Tatsächlich war op.127 vermutlich eines der ersten beiden Quartette, die ich gehört habe, zusammen mit op.135 auf einer MusiCassette eines Freundes. Der hatte aber nur die und ich weiß nicht, warum gerade die. Da hat mir aber, glaube, ich op.135 eher gefallen, allein weil kürzer.

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

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  • Das sieht bei mir so aus (war allerdings viiiel teurer!).

    Bei mir auch, ich fand nur kein Bild. Die Kassette gab es bei 2001 für DM 50. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt Streichquartette "furchtbar" fand, ahnte ich irgendwie, dass sich das ändern könnte. Was es dann auch tat. :rolleyes:

  • Mein "Weg zur Kammermusik"? Sie war immer schon da! :)


    Vielleicht geht es Streichern oder Bläsern sowieso so ähnlich: Das Musizieren zu zweit oder dritt ist ganz selbstverständlich, schon im zweiten Unterrichtsjahr. An unseren Kindern sah ich, dass das inzwischen noch früher beginnt als bei mir damals.


    In meinem Geigenunterricht kamen Bearbeitungen für zwei Geigen ebenso häufig vor wie kleine Sonatinen mit Klavier. Ein Nachbar hat das Repertoire zur Flöte eröffnet, in der Schule gab es ein Kammerorchester, das ich in meinem letzten Schuljahr zu leiten die Ehre hatte.


    Ich hatte eine Geigenlehrerin und eine Musiklehrerin, die mir beide Lust auf Musik machten zwischen Chansons des 16. Jahrhunderts und Pendereckis Lukas-Passion; Musik aus vielen Zeiten in allen möglichen Besetzungen. Hinzu kam ein klasse Dirigent in meinem Sinfonieorchester, der mich musikalisch und persönlich sehr geprägt hat. Ich wurde also gut geleitet und bin den dreien heute noch sehr dankbar!


    Frühe Erfahrungen in der Kammermusik hatte ich mit Schuberts d-moll-Quartett und Mozarts Violinsonate A-Dur KV 305.

  • In meinem Beitrag 19 hatte ich beschrieben, dass es eine Aufnahme des Septettes von Camille Saint-Saens war, die die Kammermusiktüre mir öffnete. Weil ich mir das 1. Klavierkonzert Peter Tschaikowskys anschaffte, sah ich mich im Schallplattengeschäft um, was es von diesem Komponisten noch gab. Es war eine LP-Kassette mit den drei Streichquartetten des Russen. Die interpreten waren das Borodin-Quartett. Die habe ich rauf und runter gehört.


    Es müssen diese Aufnahmen gewesen sein, die heute in dieser CD-Box enthalten sind.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Mein Weg zur Klassik ging schon immer über Kammermusik und Klaviermusik. Sie ist seitdem mein steter musikalischer Begleiter. Ich kann mir ein Leben ohne Kammermusik gar nicht vorstellen. =O


    Vielleicht sollte ich ergänzen, dass ich diese Musik damals nicht bewusst als Kammermusik wahrgenommen habe, dazu war ich wohl zu klein. Das war eben diese seltsame Musik, die mir gefiel und meine Eltern nicht hatten (und wohl auch nicht sonderlich mochten). Der Einstieg waren


    Schuberts Forellenquintett und Der Tod und das Mädchen (Ich wußte damals nicht einmal so richtig, was ein Streichquartett eigentlich bedeutet!) und Mozarts Violinsonaten. Das Forellenquintett wurde meine große Liebe in der Version


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    mit Jörg Demus und Mitgliedern des Collegium Aureum (ich sprach an diversen Stellen schon davon).Tatsächlich habe ich nun auch noch meine erste Scheibe auf discogs wiedergefunden:


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    und danach kam


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    Die Platte mit dem Juilliard hatte mir jemand geschenkt, der meine Ambitionen wohl interessiert skurril fand und diese Platte wohl auch nicht mehr häufig hörte (sie war auch schon ein wenig angegriffen, wenn ich mich da noch richtig erinnere). Von Mozarts Violinsonaten hatte ich zwei oder drei Platten (genau weiß ich es leider nicht mehr) mit Ingrid Haebler und Henryk Szeryng


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    Das alles war damals für mich wundervolle Musik und ist es eigentlich bis heute geblieben ....



    Meine erste Orchestermusik kam vom Collegium Aureum und waren prachtvoll orchestrierte Suiten von Rameau ...


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    In der Pubertät gab es eine Phase wo ich es gerne laut hatte, da kam die Kammermusik ein wenig ins Hintertreffen. Da waren Mahler, Dvorak, Sibelius (auch Beethovens Sinfonien waren nicht schlecht!) die Stars. Auch Strauss und Tschaikowski und vor allem Strawinski (!) kamen zu Wort. Das Ganze noch mit Hard und Art-Rock zusammen war eine wilde Mischung, die wahrscheinlich das erreichte, was ich bezweckte .. :P


    Dann kamen Free-Jazz und dann romantische Virtuosität und dann wieder Kammermusik. Seitdem ist alles wieder gut ... :)

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