G.F. Händel: Tamerlano - Welche Aufnahme ist die Referenz?

  • Hallo, alle miteinander.


    Händels Oper "Tamerlano" dürfte zu den weniger bekannten des großen Barock-Meisters zählen. Nichts desto trotz gibt es einige Aufnahmen auf CD.


    Auf die Schnelle fand ich diese Aufnahmen:





    Kennt sich jemand hier mit diesem "Stiefkind" Händels besser aus als ich bzw. könnte jemand eine Empfehlung bzgl. der verschiedenen Aufnahmen machen?


    Mit den allerfreundlichsten Grüßen,
    Don Felipe

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Eure Majestät,


    leider waren wir von dem Werk wenig angetan, wir haben uns der Aufnahme des Meisters Gardiner bedient, da die Aufnahmen von Malgoire, der Präsident des Centre Musique Baroque de Versailles, schon zu häufig bei uns vertreten ist.


    Malgoire ist bei uns mit Rinaldo und Xerxes vertreten. Mit ihm macht man sicherlich nichts falsch, aber im Vergleich zu Einspielungen von René Jacobs fällt er natürlich ab.


    Die Pinock Aufnahme hört sich relativ vielversprechend an, da auch einige sehr gute Sänger hier vertreten sind.


    Alle drei Einspielungen wurden von Spezialisten Eingespielt, nur der direkte Vergleich wird Auskunft geben können.


    Zumindest können wir die Gardiner Einspielung gut heißen.
    Tamerlano ist sicherlich keines von Händels besten Werken, aber die Einspielung ist in Ordnung und eventuell besser als die Malgoire. Wir beziehen uns jetzt auf die anderen beiden Einspielungen, die doch einen deutlichen Interpretationstil erkennen lassen.

  • Monsieur Lully,


    wir danken Euch für Eure Hilfe. ;)
    Wir tendieren auch zur Pinnock-Aufnahme - aus irgendeinem Bachgefühl heraus.


    Ich weiß nicht, aber hat Herr Gardiner wieder mal gekürzt? :stumm:
    Das soll er nämlich bei Händels "Hercules" getan haben - davon halte ich absolut nichts, einfach nur widerlich, das macht ja das ganze Meisterwerk zunichte; da hilft dann auch die beste Einspielung nichts mehr...


    Mit den allerfreundlichsten Grüßen,
    Don Felipe

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Auch ich besitze die Gardiner-Aufnahme und bin zufrieden damit. Ob er gekürzt hat, kann ich nicht endgültig sagen, ein schneller Vergleich zwischen (online-)Tracklist und HWV geht jedenfalls in diese Richtung. Genaues folgt, sobald ich zuhause im booklet nachschauen kann.


    Deroselben weitere gnädigste Befehle mit allem Respekt erwartend, verbleibe bis an mein Ende, Ew. Hochfürstl. Durchlaucht u. s. w.


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Händel selbst hat Tamerlano wie kaum ein anderes seiner Werke umgearbeitet. Das Ganze ist ein großes Durcheinander an Streichungen und Neueinfügungen, sodass der Aufführende sich selbst erstmal entscheiden muß, was genau zur Aufführung kommt. Es gibt also nicht DIE Fassung. Gardiner und sein Team achten dabei auf die Schlüssigkeit und Dramatik der Handlung, ich finde ihre Argumentation jedenfalls nachvollziehbar. Am besten also, du legst dir alle Aufnahmen zu, wahrscheinllich hat jeder was anderes mit dem vorhandenen Material gemacht. :D


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

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  • Ich kann auch die Gardiner-Einspielung wärmstens empfehlen! Allein schon wegen des Counters Derek Lee Ragin, den ich sehr gerne höre - er hat eine sehr ausdrucksstarke, plastische Vortragsweise, kommt gut in affektgeladenen barocken Partien!


    "Tamerlano" ist von der Handlung her zur Abwechslung auch mal eine wirklich ungewöhnliche Oper: Es kommt selten vor, dass eine Hauptperson (hier der türkische Sultan Bajazet; darüberhinaus eine der seltenen großen barocken Tenorrollen!) am Ende stirbt! Also auch unter diesem Aspekt ist die Oper unbedingt zur näheren Beschäftigung empfohlen!


    @Felipe II:
    Da ja nun schon einige Zeit verstrichen ist, würde mich untertänigst interessieren, ob und wenn ja für welche der Aufnahmen sich Majestät nun entscheiden haben und wie sie den königlichen Lauschern denn behagt? :] :jubel: :]

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von Arietis
    Hallo,


    kennt jemant diese DVD?


    Ist sie zu empfehlen?


    Schwer zu sagen: ich liebe sie, weil ich die Aufführung gesehen habe (es ist eine Aufzeichnung aus dem Goethe-Theater Bad Lauchstädt von den Händel-Festspielen). Deshalb sehe ich sie weniger analytisch sondern erlebe meine glücklichen Emotionen von damals wieder. [Also: Kritiker könnte ich nie werden!:untertauch: ]


    Die Inszenierung ist sehr statisch, das kann man sehen wie man will: sie betont den Vorrang der Musik, oder wahlweise ist sie langatmig. Damals war ich begeistert und meine Frau eingeschlafen (was allerdings auch durch extrem hohe Temperaturen im Theater bedingt war).


    Insgesamt und ganz subjektiv: Empfehlung!


    Thomas

    "Dem Volke zur Freude und Erhebung"
    Widmung Georgs II am Giebel des Meininger Theaters

  • Ich besitze nur die Gardiner-Einspielung. Diese habe ich vor inzwischen über 10 Jahren mehrfach mit Begeisterung gehört. In Erinnerung geblieben ist mir besonders Derek Lee Ragin, den ich hier und zur gleichen Zeit auch in der Aufnahme der Oper Flavio sehr gerne hörte.


    Die Aufführung aus dem Goethe-Theater Bad Lauchstädt (von der DVD) wurde auch schon mal im Fernsehen gezeigt (3Sat oder Arte). Ich muss gestehen, dass ich - obwohl Händel-Fan - nach einiger Zeit gelangweilt ausgeschaltet habe um mir lieber was anderes von CD über Kopfhörer anzuhören. :stumm:


    Kann aber auch stimmungsabhängig gewesen sein. Mein Statement also bitte nicht überbewerten!


    Viele Grüße
    Frank


    P.S.: Das mit de Hitze im Goethe-Theater Bad Lauchstädt kenne ich auch aus persönlicher Erfahrung! ;)
    War leider nicht bei der Tamerlano-Aufführung.

    From harmony, from heavenly harmony
    this universal frame began.

  • Hallo,


    danke Euch beiden. Also "langweilig" und "langatmig" - das ist nichts für mich. Am liebsten wäre mir bei Barockoper auch eine barocke Ausführung, etwa wie bei 'Le Borugeios Gentilhomme' auf Alpha.



    Auch "statisch", aber keineswegs langweilig. Schade, dass sich keiner traut so etwas in der Art bei Händel zu machen. Am schlimmsten find ich ja Portierungen von Opern in irgendwelche Chefetagen usw. oder noch schlimmer in die 'Hinkel'-Zeit.


    Zitat

    Original von Frank1970
    Ich besitze nur die Gardiner-Einspielung. Diese habe ich vor inzwischen über 10 Jahren mehrfach mit Begeisterung gehört. In Erinnerung geblieben ist mir besonders Derek Lee Ragin, den ich hier und zur gleichen Zeit auch in der Aufnahme der Oper Flavio sehr gerne hörte..


    Ja, die ist wirklich sehr gut. Gardiner bewies bei den Kürzungen und Änderungen ein gutes Händchen (viele Veränderungen bei anderen Aufnahmen gelangen ihm nicht so gut).


    Gruß


    Jörg

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  • Ich fand diese Inszenierung auch sehr faszinierend und es ist eine Alternative zu dem bekannten Einerlei der Operninszenierungen.


    In Boston versucht man angeblich in dieser Hinsicht die Opern zu inszenieren, aber die Kostüme die man ja auf den CD's sehen kann sind obergrottig.


    Ich denke da muss einfach noch sehr viel passieren in Sachen Barockoper.


    Die Diskussion gehört zwar nicht hierher, aber ich glaube das dieses Vorturteil, dass für uns barockes Theaterspielen langweilig ist, unhaltbar ist, weil es eben noch nie wirklich ausprobiert worden ist. Die Inszenierung des "Bourgeois Gentilhomme" ist der erste Schritt gewesen.
    Der einzige Schwachpunkt ist die Choreographie, da hätte man sich durchaus stärker an die alten Choreographien halten können.



    Im Herbst 2008 wird mit der selben Truppe (dann aber Sänger statt Schauspieler) Lullys "Cadmus et Hermione" inszeniert. Das dürfte wieder sehr interessant werden.

  • Zitat

    Original von der Lullist


    Ich denke da muss einfach noch sehr viel passieren in Sachen Barockoper.
    Die Diskussion gehört zwar nicht hierher, aber ich glaube das dieses Vorturteil, dass für uns barockes Theaterspielen langweilig ist, unhaltbar ist, weil es eben noch nie wirklich ausprobiert worden ist. Die Inszenierung des "Bourgeois Gentilhomme" ist der erste Schritt gewesen.


    Richtig, nach der 'HIP'en Revolution in der Alten Musik, könnte das gleiche jetzt auch endlich mal im Theater passieren.

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Die Diskussion gehört zwar nicht hierher, aber ich glaube das dieses Vorturteil, dass für uns barockes Theaterspielen langweilig ist, unhaltbar ist, weil es eben noch nie wirklich ausprobiert worden ist.


    Es ist natürlich auch nicht leicht. Zur barocken Operninszenierung gehörte natürlich zwingend eine bestimmte, damals allgemein verständliche, festgelegte Gestik, die schon deshalb kaum wiederbelebt werden kann, weil es kaum Fachleute gibt, die sie kennen.


    Einen Eindruck davon bekam man im letzten Jahr in der Admeto-Inszenierung der Händelfestspiele Halle (auf DVD erhältlich), aks eine moderne Inszenierung mit barocker Gestik dargeboten wiurde. Ich fand das höchst interessant.


    Zurück noch mal zu Tamerlano: damit es keine Missverständnisse gibt: Ich fand es nicht langweilig.


    Thomas

    "Dem Volke zur Freude und Erhebung"
    Widmung Georgs II am Giebel des Meininger Theaters

  • Zitat

    Original von der Lullist



    Im Herbst 2008 wird mit der selben Truppe (dann aber Sänger statt Schauspieler) Lullys "Cadmus et Hermione" inszeniert. Das dürfte wieder sehr interessant werden.


    Hallo Lullist,


    die Aufführung ist bereits im Januar in Paris an der Opéra Comique. Ich überlege schon, ob ich im Januar nicht einen Kurzurlaub in Paris einplane...


    Das Begleitprogramm zu der Aufführung kann sich auch sehen lassen:
    - 5 Aufführungen von Cadmus et Hermione mit Dumestre in der Inszenierung von Lazare



    - Eine Ausstellung mit Szenen aus Ballets de Cour


    - Ein Kolloquium über die Erfindung der französischen Oper


    - Ein Zyklus von 5 Konzerten mit Dumestre und dem Poeme Harmonique (Le Lever du Roi)


    - 4 Aufführungen von Pierrot Cadmus, einer Parodie von Carolet von 1737, szenisch, die Ausführenden sind Poeme Harmoniique und Opera de Rouen


    - 2 Aufführungen von Le Carneval et la Folie, Opera Ballet von Destouches, szenisch mit Niquet


    Irgendwie wahnsinnig, was in Paris teilweise so auf die Beine gestellt wird...


    Viele Grüße,


    Melanie


  • Hallo Joerg,


    ganz subjektiv: Ja, ja, ja!


    Eine -sogar fuer den Tamerlano- erheblich zu statische Inszenierung.
    Eine -noch vorsichtig formuliert- gesanglich wie spielerisch fragwuerdige Besetzung fuer die Titelpartie.


    Aber: Graham Pushee als Andronicus. Sein "Benche mi sprezzi" ist zum Dahinschmelzen schoen, mir kommt jedes Mal ein Traenchen ins Auge (ich vermute, das liegt daran, dass meine Wohnung so staubig ist).


    Viele Gruesse vom
    aus beruflichen Gruenden lange abwesend gewesenen, aber sich jetzt wieder einfindenden


    Epi

    In the beginning the universe was created. This has made a lot of people very
    angry and is generally considered to have been a bad move. (Douglas Adams)

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  • Zitat von der Lullist

    Tamerlano ist sicherlich keines von Händels besten Werken

    Dem wiederspreche ich ganz vehement! *


    Premiere war im Jahre 1724 und im Jahre 1731 überarbeitet, *Tamerlano ist eine der reichsten und komplexesten von Händels Opern. Tamburlaine der Große , der tatarische Krieger, der nach Händels Interpretation wie in Marlowes Stück auf die Zerstörung des Osmanischen Reiches aus ist. Aber wo Marlowe seinen Antihelden als einen rücksichtslosen Militaristen betrachtet, präsentiert Händel ihn als einen psychologischen Sadisten, der mit seiner verstoßenen Geliebten Irene, dem abgesetzten und gefangenen Sultan Bajazet, dessen Tochter Asteria und ihrem Geliebten Andronico* tödliche Gedankenspiele spielt. *Ein politisch Verbündeter" Tamerlanos, jedoch mit Kalkühl.

    Der tragische Protagonist ist Bajazet, den Tamerlano schließlich zum Selbstmord treibt, und Händels Hauptziel ist die allmähliche Anhäufung von Spannungen über einen längeren Zeitraum zu halten und zum Ziel zu führen.



    Die Szenen zwischen Asteria und Andronico werden von musikalischer Sinnlichkeit des Komponisten durchdrungen, aber anderseits gibt es eine gewisse Strenge in der Klangwelt im thematischen und melodischen Material, das zu einer Dunkelheit der Stimmung führt, die in Händels Opernschaffen für mich einzigartig ist.


    Ein guter Sänger des Tamerlano macht aus ihm einem heimtückischen und gefährlichen Psychopathen, wie auch ein guter Tenor dem erschütternden Bajazet Profil geben sollte. Für mich ist die Figur des Andronico die interessanteste,

    Irene die immer wieder betont wie verliebt sie in den Machtmenschen ist. Am wenigsten komme ich mit der Figur der Asteria zurecht, mit ihrer Zerrissenheit von verliebt sein in Andronico und Vaterliebe.


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Hier noch zwei neuere Einspielungen....


    Xavier Sabata ( Tamerlano )

    Karina Gauvin ( Asteria )

    Ruxandra Donose ( Irene )

    Max Emanuel Cencic ( Andronico )

    John Mark Ainsley ( Bajazet )

    Pavel Kudinov (Leone)

    Il Pomo d’Oro Riccardo Minasi Cond.

    Für mich die gelungenste von allen:!:


    1457rcs.jpgKlick


    Tamerlano Nicolas Spanos, counter tenor (Tamerlano)

    Mary-Ellen Nesi, mezzo soprano (Andronico)

    Tassis Christoyannis, baritone (Bajazet)

    Mata Katsuli, soprano (Asteria)

    Irini Karaianni, mezzo soprano (Irene)

    Petros Magoulas, bass (Leone)

    Orchestra of Patras (on period instruments)

    George Petrou, conductor


    First complete recording

    of the 1724s version


    diese Aufnahme ist auch mehr als gut, jedoch vor allem wegen der editorischen Leistung, will aber auch ausdrücken das die Sänger nicht schlecht sind, aber nicht an die oberen herankommen.

    Auch wenn hier die Rolle des Andronicco von einem Mezzo gesungen wird, M.E.Nesi macht ihre Sache hervorragend!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Für kleines Geld habe ich mir dann doch mal diese Aufnahme vom Tamerlano zugelegt.....!


    G.F. Händel TAMERLANO, opera in tre atti, HWV 18

    Franz Mazura, bass-baritone (Tamerlano)

    Helen Donath, soprano (Asteria)

    Donald Grobe, tenor (Bajazet)

    Kieth Engen, bass (Andronico)

    Raili Kostia, mezzo-soprano (Irene)

    Kari Nurmela, baritone (Leone)

    Kantorei Barmen-Gemarke

    Cappella Coloniensis (OPI)

    Ferdinand Leitner, dir.

    Nein gänzlich gereut hat es mich nicht, weil jedenfalls italienisch gesungen wird und das Orchester unter Leitner doch ganz ordentlich spielt!

    Aber so einiges an dieser Aufnahme ist unverzeilich, es fehlt über eine Stunde Musik und die Besetzung ist zu uneinheitlich.

    Tamerlano und Andronico sind mit Bass bzw. mit Bassbariton besetzt im Original mit Kastraten, wenn man wenigstens einen Mezzo und einen Alt genommen hätte. Wenn ich dann allein vom Gesang ausgehe ist Franz Mazura mehr als gut, Helen Donath schlägt sich wacker aber zuwenig Ausdrucksstark fur die Asteria, Donald Grobe als Bajazet ist in meinen Ohren eine Fehlbesetzung, Kieth Engen und Kari Nurmela hätte man besser austauschen sollen. Raili Kostia ist in dieser Aufnahme zu unbedeutend!

    Nun zur Ausgabe von Hänssler, das Booklet ist sogar keins ^^, der Name Donald Grobe als Bajazet fehlt gänzlich, es ist einfach ärgerlich. Die Trackliste ist eine Schande, wer sich das als erst Aufnahme besorgt ist ganz schon beschissen dran, der sieht noch nicht mal wer wo und wann singt. :thumbdown:


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Die letzte Aufnahme erklärt sich leicht aus der Tatsache, dass es sich um die Zwischenzeit vor Beginn der eigentlichen historischen Praxis handelt. Analog dazu könnte man auf die Cavalli-Aufnahmen von Raymond Leppard verweisen. Auch hier: alles Opernsänger, die noch nicht wissen, wie man Händel singen muss. Dazu ein Chor, der zwar einer der besten Kirchenchöre (Ltg. Helmut Kahlhöfer) in NRW war, aber wohl auch mit den Händel-Chören nicht so vertraut war. Auch die Cappella Coloniensis hat damals so gut wie nur deutsche und französische Barockmusik gespielt, die ich alle noch habe. Händel war damals noch nicht viel dabei. Auch für die Cappella Coloniensis waren das erst die Anhänge der HIP; die Tempi waren oft zu langsam und die Besetzung zu üppig. Was wir hier vor uns haben, ist ein Odltimer, der ziemlich lädiert ist und nicht mehr richtig fährt. Man darf davon ausgehen, dass es sich um eine Überspielung von Schallplatte handelt, die man besser hätte bleiben lassen sollen, was auch durch die editorische Leistung von booklet und Tracks bewiesen wird.

    Bei mir hieße das wie damals bei Leppards Cavalli: GELBE TONNE, weil auch niemand diese Sachen haben wollte.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Auch hier: alles Opernsänger, die noch nicht wissen, wie man Händel singen muss.

    Jetzt will ich doch mal sehr naiv fragen: Wie muss man den Händel singen? Wer legt das fest? Wenn ich richtig informiert bin, gibt es keine direkten Weisungen vom Komponisten zur Aufführungspraxis. Ist diese apodiktische Vorstellung vom "richtigen" Händel nicht doch eine Erfindung der Neuzeit?


    Was wir hier vor uns haben, ist ein Odltimer, der ziemlich lädiert ist und nicht mehr richtig fährt. Man darf davon ausgehen, dass es sich um eine Überspielung von Schallplatte handelt, die man besser hätte bleiben lassen sollen

    :no: Ich denke mal, solche Positionen mit einem deutlichen Verbotspotenzial sind das denkbar ungünstige Mittel, um Menschen, die gern Musik hören, in eine bestimmte Richtung zu drängen. Was mich anbelangt, möchte ich selbst entscheiden, was mir gefällt und was nicht. Dazu gehört, aus einer großen Vielfalt von Angeboten wählen zu können. Deshalb bin Fiesco sehr dankbar, dass er an den "Tamerlano" unter Leiter so gerecht wie kritisch und untersetzt mit Fakten erinnert. Ich kann dieser Aufnahmen auch manches angewiesen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Wem Tamerlano bisher noch ein "böhmisches Dorf" ist, sollte mal in dieses Video reinschauen mit Julia Lezhneva und dem Geiger/Sänger Dmitry Sinkovsky.


    Er hat Jehova gesagt!

  • Es ist das Dett Asteria Andronicus aus dem 3.Akt!


    >Asteria und Andronico erklären sich angesichts des bevorstehenden Todes die Liebe (Vivo in te mio caro bene, Nr. 29).<


    "Vivo in te mio caro bene"

    Übersetzung....

    Asteria

    In dir leb’ ich, mein Geliebter,

    Andronico

    In dir leb’ ich, süßes Leben.

    a 2

    Und wenn du zum Sterben gehst,

    Bin ich zu sterben bereit.

    Ach, soll ich dich nun verlieren?

    Wann werd’ ich dich wiederseh’n?

    Allzu grausam ist mein Leid.


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Lieber Rheingold, irgendwie hast du meinen Beitrag völlig missverstanden. Muss man denn wirklich immer bis zum Überdruss erklären, dass man - wie ich - hier seine eigene Meinung vertritt? Wo habe ich denn ein Verbot aufgestellt, was für dich gültig wäre? Bei Händel, Cavalli und Bach gibt es musikalische Fortschritte in der Interpretation, die dem einen plausibel erscheinen, dem anderen nicht. Wir haben die gleiche Diskussion beim Weihnachtsoratorium, wenn ihr hier Karl Richter preist. Für mich ist klar: Weihnachtsoratorium unter Richter, Cavalli unter Leppard, Händel unter Leitner sind Dokumente der Interpretationsgeschichte, ich (ICH!!!) mag sie aber nicht mehr hören, weil die neuen Aufnahmen so viel besser sind. Was Fiesco bei Leitner beschreibt, ist doch: eine nicht ausgewogene Sängerbesetzung; an den meisten der Sänger lässt er kein gutes Haar. Fiesco hat doch hier einen totalen Verriss geschrieben.

    Auch zum Orchester, der Cappella Coloniensis, habe ich etwas geschrieben. Davon verstehe ich nun wirklich was, ich kenne fast alles, was die je gespielt haben. Obwohl auch diese Art, Barockmusik zu spielen, überholt ist, höre ich die immer wieder noch gerne, weil sie für mich eine der wichtigen Leitern zur Barockmusik.

    Wie man Händel heute spielt, hat Johannes Schlüter dankenswerterweise in Beitrag 21 vorgestellt.

    Ich habe dann den Countertenor Sinkowsky bei YouTube angeklickt, der als Geiger und Orchesterleiter eine grandiose Aufführung von Vivaldis Jahreszeiten präsentiert. Einen solchen kompletten Musiker habe ich lange nicht gesehen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Zitat von Dr. Pingel

    Ich habe dann den Countertenor Sinkowsky bei YouTube angeklickt, der als Geiger und Orchesterleiter eine grandiose Aufführung von Vivaldis Jahreszeiten präsentiert. Einen solchen kompletten Musiker habe ich lange nicht gesehen.

    Das habe ich schon lange erwähnt Sinkowsky LQS

    Und hier Bach in Black


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Das habe ich schon lange erwähnt Sinkowsky LQS

    Und hier Bach in Black


    LG Fiesco

    Das ist mir leider entgangen. Aber über Umwege (dein Tamerlano) habe ich ihn ja entdeckt und werde mich ihm diese Woche widmen. In die "Jahreszeiten" habe ich schon mal reingehört. Mir scheint, dass ich mit dieser Aufnahme das alte Vergnügen an Vivaldi wieder neu beleben kann!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

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  • Lieber Rheingold, irgendwie hast du meinen Beitrag völlig missverstanden. Muss man denn wirklich immer bis zum Überdruss erklären, dass man - wie ich - hier seine eigene Meinung vertritt? Wo habe ich denn ein Verbot aufgestellt, was für dich gültig wäre? Bei Händel, Cavalli und Bach gibt es musikalische Fortschritte in der Interpretation, die dem einen plausibel erscheinen, dem anderen nicht. Wir haben die gleiche Diskussion beim Weihnachtsoratorium, wenn ihr hier Karl Richter preist. Für mich ist klar: Weihnachtsoratorium unter Richter, Cavalli unter Leppard, Händel unter Leitner sind Dokumente der Interpretationsgeschichte, ich (ICH!!!) mag sie aber nicht mehr hören, weil die neuen Aufnahmen so viel besser sind. Was Fiesco bei Leitner beschreibt, ist doch: eine nicht ausgewogene Sängerbesetzung; an den meisten der Sänger lässt er kein gutes Haar. Fiesco hat doch hier einen totalen Verriss geschrieben.

    Auch zum Orchester, der Cappella Coloniensis, habe ich etwas geschrieben. Davon verstehe ich nun wirklich was, ich kenne fast alles, was die je gespielt haben. Obwohl auch diese Art, Barockmusik zu spielen, überholt ist, höre ich die immer wieder noch gerne, weil sie für mich eine der wichtigen Leitern zur Barockmusik.

    Wie man Händel heute spielt, hat Johannes Schlüter dankenswerterweise in Beitrag 21 vorgestellt.

    Ich habe dann den Countertenor Sinkowsky bei YouTube angeklickt, der als Geiger und Orchesterleiter eine grandiose Aufführung von Vivaldis Jahreszeiten präsentiert. Einen solchen kompletten Musiker habe ich lange nicht gesehen.

    Lieber Dr. Pingel, danke sehr für die ausführliche Antwort. Dass Fiesco einen "totalen Verriss" des TAMERLANO unter Leitner geschrieben habe, nahm ich so nicht wahr. Vielmehr empfand ich seine Darlegungen als ausgewogen und dadurch gerecht. Auch hatte ich nicht festgestellt, dass Du ein Verbot solcher Aufnahmen aufgestellt hättest. Ich sprach von einen deutlichen Verbotspotenzial. Das ist noch lange kein Verbot.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent