Liebe Schubertianer,
Mehr noch als "Die schöne Müllerin" , bei der oft eine künstliche Heiterkeit die Schwermut verdeckt, tritt die Melancholie in der 1827 komponierten "Winterreise zutage, die bisweilen in blanke Verzweiflung mündet. Mache sehen in hier ein Vorbild Mahlers zu den "Liedern eines fahrenden Gesellen", und in der Tat es gibt Ahnlichkeiten.
Schubert vertonte ursprünglich 12 Lieder, da er die anderen nicht kannte. Als sie Ihm aber 8 Monate später zur Kennnis gelangte, schrieb er einen zweiten Teil.
Die Reihenfolge wie wie sie kennen, entspricht nicht der originalen, und es gab Versuche sie wiederherzustellen. Dabei stellte sich heraus, daß das nicht möglich war, so passten musikalisch nicht aneineander. Schubert hatte aus den Gedichten eines Dichters (Wilhelm Müller 1794-1827), der heute längst vergessen wäre, ein Meisterwerk gemacht.
Schubert sagte über diesen Zyklus, als er ihn seinen Freunden vorstellte:
ZitatIch werde Euch einen Zyklus schauerlicher Lieder vorsingen, ich bin begierig zu sehen, was Ihr dazu sagt. Sie haben mich mehr angegriffen, als dies je bei anderen Liedern der Fall war.
Er sang seinen Freunden den gesamten Zyklus vor. Sein Freund Schober meinte anschließend, das einzige ihm zusagende Lied wäre "Der Lindenbaum"
Schubert war nicht gekränkt, er meinte nur beharrlich, daß ihm alle Lieder gefielen, und daß es den Freunden bald ebenso ergehen würde....
In der Tat: Die Wintereise ist eines der am meisten eingespielten Werke der gesamten Musikliteratur, schon seit der Steinzeit der Schallplatte.
Hier lässt sich auch der Wandel des Zeitgeschmacks verfolgen, vom kultivierten Schönlkang zum (IMO) manchmal übertriebenen "Expressionismus"
Kaum ein Großer Liedsänger (und nicht nur solche) ging an diesem Zyklus vorbei, jeder wollte sich verewigen. In Meiner Jugend galten Dietrich Fischer Dieskau und Hermann Prey als die Idealbesetzung für diese Lieder, zuvor war es Hans Hotter.
Traditionell wurde die "Winterreise" jedoch auch von Mezzosopranan gesungen. Hier waren Christa Ludwig und Brigitte Faßbaender federführend.
Das Thema "Winterreise" ist ein dankbares, weil man es von zahlreichen Aspekten beleuchten kann, und weil man selbst immer wieder neue Einsichten zu diesem Werk gewinnt, isofern hatte Schubert also mit seiner Einschätzung völlig recht. Wer dafür prädestiniert ist, den begleitet dieser Zyklus sein Leben lang.
Freundliche Grüße aus Wien
Alfred