Dank Alfreds unermüdlicher Bestrebungen, der Musik des Mittelalters mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, habe ich mich in der letzten Zeit etwas mit der Kirchenmusik der Prä-Gregorianik befasst, die zum Teil schon in der Spätantike entstand. Vor der Vereinheitlichung der Liturgie in der Karolingerzeit gab es große regionale Unterschiede in der liturgischen Praxis. Das Lateinische setze sich erst vom 4. Jahrhundert an nach und nach durch, vorher war das Griechische ebenso häufig anzutreffen. Es ist üblich, fünf regional ausgeprägte musikalische Praktiken zu unterscheiden:
- Der ambrosianische Gesang der Mailänder Kirche Norditaliens (nach dem Heiligen Ambrosius benannt), der als die älteste Kirchenmusik des Abendlandes gilt;
- der beneventanische Gesang Süditaliens (nach der bedeutendsten Stadt in diesem Teil des langobardischen Herzogtums);
- die Gesänge der römischen Kirche (noch byzantinisch geprägt und „altrömisch“ genannt in Abgrenzung zum späteren gregorianischen Gesang);
- der mozarabische Gesang der Christen in Spanien und
- der gallikanische Ritus in Gallien, der weitgehend in der Gregorianik aufgegangen zu sein scheint und daher schwer abgrenzbar ist.
Ich habe die Einspielungen dieser prä-gregorianischen Gesänge durch das Ensemble Organum unter Marcel Pérès und bin tief ergriffen von dieser Musik.
Gibt es andere Liebhaber und (im Gegensatz zu mir) vielleicht auch Kenner dieser Musik? Wie sind die Aufnahmen von Pérès zu beurteilen? Existieren Alternativen dazu? Ich freue mich über Beiträge.