György Cziffra – Der Extremvirtuose

  • Hallo allerseits,


    ich meine, dass man György (oder: Georges) Cziffra gesehen haben muss, um sich im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild von dessen Virtuosität machen zu können. Bestaunen kann man ihn auf dieser DVD aus der „classic archive“-Reihe von EMI (die ich übrigens klasse finde):



    Wie er hier, auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Entwicklung stehend, die „Ungarische Rhapsodie Nr. 6“ und den „Gnomenreigen“ von Liszt spielt, lässt einen glatt sprachlos werden vor Verblüffung! Die Aufnahmetechnik war damals (1961-1965) noch nicht so fortschrittlich, weshalb man teilweise nur die Hände schemenhaft über die Tasten flitzen sieht, so gigantisch schnell (aber treffsicher, das ist das eigentliche Wunder) spielt Cziffra. Göttlich diese DVD!


    Toll auch die „Variations symphoniques“ (Franck) mit seinem Sohn am Pult, der ja leider unter tragischen Umständen früh verstarb.


    (Am Rande: Auf der DVD befindet sich noch eine Aufnahme aus 1954 eines anderen Virtuosen: Benno Moiseiwitsch mit der Tannhäuser Overture (Wagner/Liszt). Auch so ein Wahnsinn! Man glaubt nicht, dass ein Mensch so etwas überhaupt spielen könne oder meint, dass er am Ende zumindest vollkommen erschlagen und schweißgebadet von dannen wanken müsse. Aber dieser Moiseiwitsch wischt sich nach den letzten Noten nur dezent eine kleine Schweißperle ab und wünscht locker und entspannt einen guten Abend.)


    Ein paar Details aus Cziffras Leben:


    Geboren am 5. November 1921 in Budapest, erste Konzerte als Fünfjähriger.
    1941 in Kriegsgefangenschaft geraten, Fortsetzung seiner Ausbildung erst 1947 möglich.
    1950 wegen seiner politischen Gesinnung verhaftet, Entlassung aus dem Gefängnis 1953.
    Zwei Jahre später Gewinner des Franz-Liszt-Preises, seitdem als Reinkarnation Liszts gefeiert, der ja auch - wie bekannt - ein Tastengenie war.
    Dann Ausweitung seines Kernrepertoires unter seinem Lehrer Ferencsik auf Werke von Chopin, seinen zweiten Lieblingskomponisten.
    Gestorben am 17. Januar 1994.
    Das soll vorerst genügen.


    Geradezu Pflicht ist Cziffras Einspielung der Ungarische Rhapsodien von Liszt (EMI 1973-75). Die ganze Scheibe ist ein wahnwitziger Hammer, ich höre sie immer wieder sehr gern!



    Was haltet Ihr von diesem Pianisten? Nur Virtuose Eurer Meinung nach, ohne Ausdruck und Klangsinn? Zu eigenwillig, zu extrem? Welche Aufnahmen besitzt Ihr? Von welchen ratet Ihr ab, welche liebt Ihr?


    Später kamen ja auch u.a. Schumann, Beethoven und Brahms dazu. Was haltet Ihr von seinem Repertoire abseits von Chopin und Liszt? Kennt jemand z.B. sein 2. Rachmaninov-Konzert (auch mit seinem Sohn am Pult)?


    Gruß, Cosima

  • Hallo Cosima,


    Zitat

    Original von Cosima
    Kennt jemand z.B. sein 2. Rachmaninov-Konzert (auch mit seinem Sohn am Pult)?


    ja, ich.
    Ich habe die CD zwar einige Zeit nicht gehört, aber überzeugt hatte sie mich nicht. Das Grieg-Konzert ist zwar ganz schön, aber der Rachmaninoff besitzt einige Eigenarten, die für mich etwas ungewohnt waren. Das war aber, glaube ich, eher der Orchesterpart als Cziffra am Klavier. Ich werde mir die CD heute noch einmal anhören und über meine Eindrücke berichten. Vielleicht habe ich ja heute einen anderen Zugang auf die Aufnahme.



    Gruß, Peter.

  • Zitat

    Original von petemonova
    Ich werde mir die CD heute noch einmal anhören und über meine Eindrücke berichten. Vielleicht habe ich ja heute einen anderen Zugang auf die Aufnahme.


    Das wäre super, Peter, und wird mir vielleicht (oder hoffentlich) das 9. Rach2-Konzert in meiner Sammlung ersparen. Neugierig wäre ich aber schon, die jüngsten Eindrücke auf der DVD haben mich irgendwie aus den Puschen gehauen … =)


    LG, Cosima

  • Ich habe mich gerade dran erinnert, dass FGB sich ja gelegentlich positiv bis euphorisch über Cziffra äußerte. Da Frank ja nicht mehr unter uns weilt (hier im Forum meine ich), kopiere ich einen seiner Beiträge zu der Great-Pianists-Edition vom 08.06.2005 hier mal rein – als weitere Diskussionsgrundlage. Die „Introuvables“-Box würde mich ja auch sehr interessieren. Kennt jemand Cziffras Liszt-Sonate?



    Gruß, Cosima

  • So, ich habe mir gerade noch einmal das Rachmaninoff-Konzert angehört.



    Ich hatte gemischte Gefühle beim Anhören.
    Anfangs habe ich das Gefühl, dass Klavier und Orchester nicht richtig in Schwung kommen. Es wird mehr auf die Betonungen gegangen als einen Fluss aufkommen zu lassen, der aber gerade im Kopfsatz IMO wichtig ist. Später kommen sie dann aber in Fahrt, manchmal sogar etwas zu sehr. Satz 2 und 3 sind recht schön, die Divergenzen sind mir hauptsächlich im 1. Satz aufgefallen. Auch gibt es einige Stellen, wo Cziffra jr. mit seinem Orchester ganz schön Krach macht. Das klingt mir dann aber im großen Zusammenhang unpassend. Dann muss er das ganze Werk so nehmen. Cziffra am Klavier hat technisch keine Probleme.


    Fazit: Eine unbeständige Aufnahme, die stellenweise zwar überzeugen kann, im Gesamteindruck aber nicht.


    Vielleicht haben andere Forianer andere Eindrücke?


    :hello:



    Gruß, Peter.

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  • Ich denke, daß man, um sich der Person und dem Künstler Cziffra anzunähern, ergänzend mitteilen sollte, daß er als Zigeunerabkömmling sein Leben lang als gesellschaftlicher Außenseiter galt. Für ihn war mithin die von Dir, liebe Cosima, schön beschriebene Expressivität seiner Darstellung ("wahnwitziger Hammer") ein Mittel sich in der Fremde zu behaupten. Dies geschah jedoch nicht mittels subtiler und verfeinerter Eigenmächtigkeiten, sondern mittels eines hemmungslosen und besessenen Ausdruckswillens. Die von Dir vorgestellte Aufnahme der ungarischen Rhapsodien legt hiervon nachdrücklich Zeugnis ab. Das ein solcher Mensch polarisiert, dürfte selbstverständlich sein. Während die einen ihn geradezu kultisch verehrt haben, haben die die anderen in ihm allenfalls ein "exotisches Phänomen" gesehen.

  • Hallo Cziffrianos,


    täusche ich mich, oder stimmt es, dass sich Cziffra zeitweise als Barpianist verdingen musste?


    Wie auch immer: Seine ungarischen Rhapsodien sind unübertroffen. Da hat er einen Meilenstein hingeklotzt, den wohl niemand mehr einreißen wird.
    Sehr schön und nicht minder fulminant sind die "12 Transzendenten" von Liszt, die Cziffra wohl in den 50ern gemacht hat. Ich hatte die CD vor Jahren und habe sie irgendwann mal verliehen und nicht mehr wiederbekommen.
    Sind die Liszt-Etüden noch erhältlich?


    Schöne Grüße!
    Daniel

  • Hallo Daniel,


    zu Deiner Frage:


    "Hat sich Cziffra als Barpianist verdingt?"


    fällt mir ein, daß hier eine Verwechselung mit Shura Cherkassy vorliegen könnte.


    Beste Grüße aus der Landeshauptstadt

  • Hallo Tom,


    habe gerade in dem dicken schwarzen dtv-Interpretenlexikon nachgesehen, da steht u.a. tatsächlich:


    "Erst 1947 kann er sein Studium bei György Ferenczy fortsetzen. Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, spielt er in Budapest in Bars."


    Vermutlich hatte ich diese information also irgendwann mal beim unverfänglichen Blättern in genau diesem Buch aufgeschnappt...


    Darüber, das auch Shura Cherkasskys Knubbelfingerchen die Tasten eines Kneipenklaviers gestreichelt haben könnten, steht leider nix in dem Buch. Diesem liebenswerten Kauz hätte man dergleichen (und noch ganz andere Dinge) aber locker zutrauen können.


    Schöne Grüße aus der Landeshauptstadt in die Landeshauptstadt!
    Daniel

  • Hi,


    ich würde meinen, viele Musikstudenten verdienen und verdienten ihren Lebensunterhalt mit Spielen. Das ist nicht weiter ungewöhnlich. Es ändern sich nur mit der Zeit die Möglichkeiten, die dafür offen stehen.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Hallo Theophilus,


    ja, wenn man drüber nachdenkt, stimmts natürlich. Ein Freud von mir hat z.B. vor Jahren in einem piekfeinen Landgasthof den Wachtelbrüstchen-Genuss dekadenter Abendgesellschaften am Flügel "untermalt", bzw. den musikalischen Fond geklimpert - das war künstlerisch vermutlich alles andere als ergibig, wurde aber, zumindest nach seinen Angaben, super bezahlt.


    LG :hello:
    Daniel

  • Hallo Daniel,


    die Cziffra-Einspielung der Etüden ist in der EMI-Serie "Great Artists of the Century" erhältlich.


    Auch von mir eine dicke Empfehlung für diese CD, wenn auch aufgrund des Alters in Mono (gute Qualität).
    Ansonsten halte ich die Rhapsodien-Platte für ein absolutes Muss, die in der Nipper-Kollektion von EMI erschienen Klavierkonzerte sind gut, aber es gibt doch bessere Einspielungen (Richter,Katchen). Der auf der Cd ebenfalls vorhandene Totentanz ist dagegen sehr gut. Übrigens wird der Papa von dem Sohnemann begleitet.


    Grüße
    nubar

  • Ich finde Cziffras enorme Virtuosität auch bewundernswert. Die Liszt-Etuden kann ich auch nur allerwärmstens empfehlen zu haben. Hier noch das Cover:



    Ich assoziiere Cziffra ehrlich gesagt fast nur mit Liszt, hier ist er für mich auch unerreicht, beim Totentanz (auch Zimerman!) und den Rhapsodien lässt er jegliche Konkurrenz meilenweit hinter sich. Ich kann auch nichts vordergründig Aufdringliches oder Reisserisches an seinem Spiel finden, für mich transportiert sein Spiel eher Leidenschaft, Kompromisslosigkeit und Ernsthaftigkeit, völlige Hingabe und zum Teil auch Verzweifelung und Wut (z.B. bei der sechsten ung. Rhapsodie), und natürlich eine unglaubliche Kraft.


    Ich habe noch eine oder zwei Billig-Cds von aura, wo die zweite Chopin-Sonate drauf ist, die finde ich allerdings nicht sehr überzeugend (zudem ist die Tonqualität auch sehr schlecht).


    Brennend interessieren tut mich auch seine h-moll Sonate von Liszt, die ich nirgends finden konnte. Sie ist wohl auf der Introuvables-Box auch nicht drauf. Habt Ihr eine Ahnung, ob und wo die zu kriegen ist?


    Liebe Grüsse, Moritz

    "Das beste, an dein Übel nicht zu denken, ist Beschäftigung."
    Ludwig van Beethoven

  • Zitat

    Original von Moritz
    Ich kann auch nichts vordergründig Aufdringliches oder Reisserisches an seinem Spiel finden, für mich transportiert sein Spiel eher Leidenschaft, Kompromisslosigkeit und Ernsthaftigkeit, völlige Hingabe und zum Teil auch Verzweifelung und Wut (z.B. bei der sechsten ung. Rhapsodie), und natürlich eine unglaubliche Kraft.


    Hallo Moritz,


    das hast Du sehr schön formuliert! Genauso habe ich empfunden, als ich Cziffra kürzlich zum ersten Mal auch sah, was dann den Anstoß für diesen Thread gab. Als Virtuose war er mir auch schon länger ein Begriff, die Rhapsodien kenne ich ja schon lange - aber ihn zu sehen, war etwas ganz Besonderes für mich.


    Ein feingliedriger, aristokratisch und feinsinnig anmutender Mann, der ob der super schweren Passagen fast mit übermenschlich erscheinender Leichtigkeit spielte. Voller Hingabe, fast als wäre er in Trance. Sein Spiel wirkte tänzerisch, irgendwie schwebend, ganz selbstverständlich und natürlich. Ich fand das sehr beeindruckend und berührend.


    Nach der Liszt-Sonate werde ich auch Ausschau halten. Die ist sicher sehr spannend.


    LG, Cosima

  • In dieser 5-CD-Box wäre die h-Moll-Sonate enthalten:



    1.-15. Hungarian Rhapsodies (19) for Piano, S 244: no 1-15
    16. Rhapsodie espagnole for Piano, S 254
    17.-28. Transcendental Etudes (12) for Piano, S 139: no 1-12
    29. Episodes from Lenau's Faust, S 110: no 2, Der Tanz in der Dorfschenke "Mephisto Waltz no 1"
    30. Années de pèlerinage no 3, S 163: no 4, Les jeux d'eaux à la Villa d'Este
    31. Valses oubliées (4) for Piano, S 215: no 1
    32. Valse impromptu for Piano, S 213
    33. Nocturne for Piano, S 207 "En rêve"
    34. Grand galop chromatique for Piano, S 219
    35. Transcendental Etudes (6) after Paganini, S 140: no 3 "La Campanella"
    36. Transcendental Etudes (6) after Paganini, S 140: no 5 "La Chasse"
    37. Ronde des lutins by Franz Liszt
    38. Concert Etudes (2) for Piano, S 145: no 1, Waldesrauschen
    39. Harmonies poétiques et réligieuses, S 173: no 7, Funérailles
    40. Ballade for Piano no 2 in B minor, S 171
    41. Polonaises (2) for Piano, S 223: no 1
    42. Légendes (2) for Piano, S 175: no 1, St Francis of Assisi preaching
    43. Légendes (2) for Piano, S 175: no 2, St Francis de Paule walks on water
    44. Sonata for Piano in B minor, S 178


    Gruß, Cosima

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  • Und die habe ich grade bei amazon.fr für 22 € gesehen.


    Danke für den Hinweis, liebe Cosima.


    Grüsse, Moritz

    "Das beste, an dein Übel nicht zu denken, ist Beschäftigung."
    Ludwig van Beethoven

  • Zitat

    Original von Moritz
    Und die habe ich grade bei amazon.fr für 22 € gesehen.


    Kleiner Hinweis: Bei amazon.de ist sie über den ausländischen Händler mit dem Krokodil für 14,01 Euro erhältlich. Nur nach „Cziffra“ suchen, dann steht sie gleich an 2. Stelle.


    Viele Grüße, Cosima

  • hallo nubar,


    Zitat

    Zitat nubar: Hallo Daniel, die Cziffra-Einspielung der Etüden ist in der EMI-Serie "Great Artists of the Century" erhältlich.


    ... habe mich dank deines hinweises bei meinem gestrigen Berlinbesuch beim Stöbern wieder dran erinnert und sie auch noch billiger als regulär (schlappe 6 €!) erworben - Merci!


    LG :hello:
    Daniel

  • Was haltet ihr von Cziffras Symphonischen Etüden? Ich finde, man hört durch, daß er sehr viel Liszt gespielt hat: Ein derart kräftiger Bass, teilweise komische Ritardandi, manchmal ein wenig wolkig (man vergleiche mit Ivo Pogorelich!.) Trotzdem sehr interessant, auch wenn viele der Meinung sind, es wäre eine Art Selbststilisierung.
    Aber die Funerailles und die h-moll Sonate lassen mich nur verstummen :D :jubel: :jubel:


    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Hallo zusammen,


    im letzten Sommer habe ich die "Introuvables" Box mit 8 CDs recht günstig aus US erwerben können. Sie enthält nicht die Liszt-Sonate, aber außer Liszt zahlreiche Aufnahmen von Beethoven und Schumann sowie zahlreiche Stücke von Balakirev, Couperin, Rameau, Brahms, Franck, Grieg, Tschaikowsky.


    Es fällt mir schwer, zu einem Gesamturteil über Cziffra zu kommen. Aber dort, wo es um Virtuosität geht, ist er zweifellos unschlagbar. Sicher spielt auch sehr viel aus der Zeit und aus seinem Lebensweg hinein, was ich positiv empfinde.


    Absolut hervorzuheben sind die Paganini-Variationen von Brahms. Vom ersten Takt an ist sein Selbstbewußtsein zu spüren, hier endlich mal ein Stück unter den Fingern zu haben, was seiner Kraft und seinen Fähigkeiten völlig freien Lauf lässt. Und wie er dann aus dem 2. Heft die schnellen Variationen spielt, ist einfach einzigartig. Das klingt richtig modern. Was später Cage oder Nancarrow aus dem Klavier herauszuholen versucht haben, ist hier mehr als vorweg genommen. Und auch was sein ungarischer Landsmann Ligeti dann in den Etüden komponiert hat, ist hier bereits zu hören.


    Viele Grüße,


    Walter

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  • Sagitt meint:


    Diese Box besitze ich ebenfalls seit längerer Zeit. Sie zeigt die Stärke und Schwächen von Cziffra. Er war ein Virtuose im Stil des 19ten Jahrhundert, mit einer deutlichen " unbeständigkeit", was insbesondere bei Beethoven auffällt, wo es nicht nur um Emotion, sondern auch um Form und Gestaltung geht.Ein Beethovenspieler ist er nicht.


    Ein zweite kleine Anmerkung zu den Paganini-Variationen. Katchen, kein spezieller Virtuose, hat diese Varationen ebenfalls mit größtmöglicher Virtuosität gespielt,insbesondere in seiner ersten Aufnahme, 1959 bei der Columbia.

  • Hallo Sagitt,

    Zitat

    Zitat sagitt:
    Katchen, kein spezieller Virtuose, hat diese Varationen ebenfalls mit größtmöglicher Virtuosität gespielt,insbesondere in seiner ersten Aufnahme, 1959 bei der Columbia.


    Das ist in der Tat eine mitreißende Einspielung. Aber sag mir doch mal, was ein "spezieller Virtuose" ist und warum Julius Katchen keiner war...


    Schöne Grüße!
    :hello: Daniel :hello:

  • Sagitt meint:


    Katchen spielte ein sehr " normales" Rerpetoire. Gut, er spielte den gesamten Brahms,aber sonst Beethoven, Schumann,wenig Schubert,aber weder in der Art eines Hamelin oder eben Cziffra, mit einem starken Schwerpunkt bei Lizst.
    Ich würde ihn deswegen nicht in der Kategorie Klaviervirtuosen einordnen.

  • Werte Cziffra-Anhänger!


    Hat eigentlich jemand von Euch inzwischen seine h-Moll-Sonate gehört? Ich hatte mir ja die 5-CD-Box „Oeuvres pour piano“ zugelegt. Eine sehr gute Investition, eine irre Interpretation der Sonate! :jubel:


    Weil ich nicht so gut bin im Beschreiben von Musikeindrücken, zitiere ich der Einfachheit halber eine Rezension von M. Kornemann von der Rondo-Seite:


    Georges Cziffra türmt bizarre Extravaganzen aufeinander. Es ist die herrschaftliche Vereinnahmung der Partitur durch den allmächtigen Klavierlöwen alten Stils. Wer diese Aufnahme hört, wird Horowitz kaum mehr der Manierismen zeihen. Nichts für Puristen also. Und dennoch, in den merkwürdig traumverlorenen Skalen kurz vor Eintritt des Fugato, da ist sein Spiel von fast morbider Delikatesse. Und wenn er ganz am Ende – entgegen Liszts Crescendo-Vorschrift – das Hammerschlag-Motiv im Pedal entschwinden läßt und sich die Akkorde der rechten Hand in Arpeggien auflösen, dann wird auf einmal klar: Hier erzählt einer die Geschichte langsamen Zerfalls. Derart geschmäcklerisches Zerfasern mag anfechtbar sein, ist aber faszinierend.


    Bizarr, morbide, extravagant, traumverloren – mit einem Wort: faszinierend. So hätte ich Cziffras Deutung der Liszt-Sonate auch beschrieben. Ob das nun anfechtbar ist oder nicht, mir ist das gleichgültig. Am Ende musste ich jedenfalls erst mal ganz tief Luft holen. Ein dolles Ding!


    Es grüßt,
    Cosima

  • hallo,


    also die meisten hier werden das jetzt von mir geschrieben nicht lesen wollen. ich mag cziffras spiel nicht sonderlich. er hat eine 'leichte' hand, der ton, welcher von ihm produziert wird, ist nicht sonor. dadurch klingt einiges trivial. ich gebe zu, das seine interpretation der ungarischen rhapsodien liszts sehr gelungen sind. stilistisch angenehm, elegant und mit improvisatorischen charakter. doch gibt es einige der rhapsodien, die ich z.b. mit horowitz oder volodos oder gar berman bevorzuge.


    ein live-mitschnitt aus lugano (ende der 60er jahre) ist solide. bach-busoni, beethovens waldstein-sonate und schumanns carnaval standen auf dem programm. sie erklingen korrekt. da der ton nicht recht klingt, hört sich das alles etwas dünn an. wie gesagt solide.


    die chopinschen etudes werden IMO von ihm 'hingerichtet', sinnlose raserei, hetze. ich habe ihn in einem video mit eigenen bearbeitungen gehört. sicherlich beeindruckend diese fingerakrobatik. aber auf die dauer ermüdend.


    gruß, siamak

    Siamak

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  • Hallo Siamak,


    ich kann mir gut vorstellen, dass Cziffra bei vielen Komponisten – etwa Chopin - danebenlag. Aber seinen Liszt liebe ich richtig. Liszt selber war ja einer, der Show, Effekte und Tumult liebte. Weiß Gott kein Kind von Traurigkeit, einer der das Publikum brauchte, um seine Kunststückchen vorzuführen. Cziffras Liszt-Sonate ist nicht meine favorisierte Aufnahme (hier stehen immer noch Gilels, Duchable und Richter ganz weit oben), aber sie fasziniert mich, und ich habe das Gefühl, dass Liszt sie auch gemocht hätte.


    Dieser selbstverliebte Tastenlöwenstil hat etwas, das ich gelegentlich sehr aufregend finde. Ich wäre bestimmt zu Liszts Zeiten auch eine der Frauen gewesen, die ihm zu Füssen gelegen hätte… =)


    Viele Grüße, Cosima

  • Zitat

    Original von Cosima
    Dieser selbstverliebte Tastenlöwenstil hat etwas, das ich gelegentlich sehr aufregend finde.


    Tastenlöwenstil? Eine sehr gelungene Wortneuschöpfung! Ich finde wir sollten der Duden-Redaktion vorschlagen selbige in die nächste Auflage des Duden aufzunehmen :D:D:D



    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Caesar73
    Tastenlöwenstil? Eine sehr gelungene Wortneuschöpfung! Ich finde wir sollten der Duden-Redaktion vorschlagen selbige in die nächste Auflage des Duden aufzunehmen :D:D:D


    Huch, habe ich eben gelacht. Ich dachte, dass das ein ganz geläufiges Wort sei. Gerade habe ich es bei google eingegeben; da kommt tatsächlich nur ein einziger Treffer. Rate mal welcher? Nein, kein Hinweis auf meinen Beitrag, aber einer auf das Tamino-Forum und FGB. Der schrieb nämlich im Duchable-Thread über eben diese Liszt-Sonate:


    „Ein Liszt von technischer Perfektion , aber nicht der Tastenlöwenstil , sondern alles lichtdurchflutet von lateinischer Klarheit !“


    Ich bin aber nicht verwandt oder verschwägert mit FGB, das ist purer Zufall! :D


    LG, Cosima

  • Zitat

    Original von Cosima
    Ich bin aber nicht verwandt oder verschwägert mit FGB, das ist purer Zufall! :D


    FBG und purer Zufall? Das glaube ich nicht ...:D :D :D



    Herzliche Grüße,:hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo,


    bei mir ist heute die Introuvbles-Box angekommen...


    Werde die Tage darüber berichten...


    Moritz

    "Das beste, an dein Übel nicht zu denken, ist Beschäftigung."
    Ludwig van Beethoven

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