Wer steckt hinter...........?

  • ....La Traviata


    Sein Grab liegt in Gruppe 21 und ihres in Gruppe 15 am Friedhof Montmartre in Paris.


    Sie ist nicht Violetta Valéry und auch nicht Marguérite Gautier - sondern Rose-Alphonsine Plessis. In späteren Jahren nannte sie sich Marie Duplessis. Er ist Alexandre Dumas.


    Er wird 71 Jahre alt - sie nur 23.


    Von ihrer Mutter ist nichts bekannt, der Vater war schwerer Alkoholiker und von Beruf Kesselflicker.


    Von einem Landarbeiter entehrt, folgt sie einem älteren Mann aus einem kleinen Dorf in der Normandie nach Paris und ist zahlungskräftigen Männern von Stand zu Willen, um überleben zu können. Mit 7 Männern pro Woche pendelt es sich ein, jedem war 1 Tag reserviert. Einer davon war Graf Stackelberg, Gesandter der russischen Botschaft, ein anderer war der Dichter Alexandre Dumas, wie sie gerade 20 Jahre alt. Übrigens der 'Jüngere', sein Vater schrieb 'Bestseller' wie 'Die drei Musketiere' und 'Der Graf von Monte Christo'.


    1844 war das erste Zusammentreffen der beiden im 'Théatre des Variétés'.


    Stackelberg überschüttete seine Geliebte mit Geschenken. Kurz zuvor hatte der bejahrte Graf ihr eine Luxuswohnung am Boulevard de la Madeleine Nr. 11 eingerichtet, sowie eine Kutsche mit zwei Pferden geschenkt. 1846 hat sie sogar in London geheiratet, Graf Edouad de Perregeaux.


    Nichts destotrotz zieht Alphonsine mit Dumas aufs Land, die Schwindsüchtige (TBC) brauchte dringend frische Luft. Nach einem Jahr - Grund Eifersucht - geht die Verbindung auseinander. Mdme. Duplessis, wie sich mittlerweile nennt, begibt sich wieder in ihr Mätressendasein.


    Viele Künstler erfreuen sich ihres Daseins. Darunter auch Franz Liszt, der sich damals gerade von seiner Ehefrau Gräfin d'Agoult getrennt hatte. Deren Tochter hiess Cosima - verheiratete Wagner.


    Warum nannte sie sich Kameliendame? 25 Tage pro Monat heftete sie sich eine weiße Kamelie ins Dekollté - die restlichen Tage eine rote. So wussten ihre Liebhaber stets, woran sie waren!


    23 jährig stirbt die wohl berühmteste Kokotte der Welt, unsterblich geworden durch ihren Liebhaber.


    Das Buch "La Dame aux Camélias" wurde auch für das Theater adaptiert und bei der Premiere am 2. Februar 1852 war auch der 39 jährige Verdi unter den Zuschauern.


    Francesco Piave ein enger Mitarbeiter Verdis wandelte Dumas' Schauspiel in ein Libretto um und wechselte die Namen aus. Aus Marguérite Gautier wurde Violetta Valéry, aus Vater und Sohn Duval ein Georg und Alfred Germont.


    Noch heute findet man immer frische Blumen auf ihrem Grab - den Gedenkstein schmückt die Inschrift 'Ici repose Alphonsine Duplessis' und eine Kamelienblüte aus Porzellan.


    So, das wussten jetzt aber eh schon alle, als nächstes nehme ich mir den Sarastro vor!

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    (Maria Callas)

  • Liebe Nala
    also so genau hab' ichs noch nicht gewußt.
    Vielen Dank für die aufschlussreichen Zeilen.
    Hoffe es war gestern noch ein schöner Abend.
    lg
    :hello:
    d.

    Es gibt kaum etwas Schöneres, als dem Schweigen eines Dummkopfes zuzuhören

  • Jaaaaaaaa, sehr nett - allerdings bin ich auch nicht spät gegangen. Wir könnten ja wieder einmal ein Treffen machen, wenn alle Kinder gesund sind, kein Hund abgepascht ist usw. :yes:


    Nun zu SARASTRO


    Wer steckt hinter diesem Tyrannen? Oder war er ein Gott?
    Ein unbarmherziger Entführer? Ein selbstherrlicher Despot oder ein Guru?


    Es gibt fast keine Figur in der Operngeschichte, an der sich sowohl die Experten, als auch alle anderen, die sich mit ihm näher beschäftigen, die Zähne ausbeissen.


    Angeblich gibt es eine Person, die Mozart bzw. Schikaneder auf die Rolle des Sarastro brachten:


    Der Wiener Gelehrte und Freimaurer Nr. 1 Ignaz von Born.


    Gerade die Uraufführung der "Zauberflöte" konnte Born nicht mehr erleben, er starb 68 Tage vorher (Mozart hatte auch nur 65 zu leben).


    Die Zauberflöte wurde eine Propagandaoper der Freimaurer. Mozart war nachweislich Mitglied einer Wiener Illuminatenloge. 1785 wurde in Bayern der Illuminatenorden verboten und in der Folge von Joseph II. auch in Wien mit Gewalt zerschlagen! Mit dem märchenhafte „Ägypten“ der Handlung ist nichts anderes gemeint als „Österreich“.


    Von diesem Tag an gingen sie in den Untergrund.
    Persönlich glaube ich, daß Mozart politisch nicht untätig war und sich vor allem gegen den Klerus und Adel aufgelehnt hat! Was wäre naheliegender gewesen, als einen so erfolgreichen Mitbruder für diese Sache einzuspannen - an Euphorie fehlte es Mozart sicherlich nicht und er war der Ideologie der Freimauer sehr zugetan.


    Es gibt eine These, nachdem Mozart deshalb so schnell verscharrt wurde, da er exkommuniziert wurde - gar nicht so abwegig - finde ich. Deswegen begleitete ihn auch niemand auf seinem letzten Weg - nicht einmal seine Frau (was mir immer ein Rätsel war und ist).


    Iganz von Born wurde am 26. Dezember 1742 in Karlsburg im damaligen Siebenbürgen geboren, sein Vater war im Silber- und Goldabbau tätig. Als er 11 Jahre alt war, er war bereits Waise, übersiedelte er mit 2 Brüdern nach Wien und kam in das Jesuitengymnasium in der Oberen Bäckerstraße. 1760, knapp vor Ablegung der Ordensgelübde bricht der junge Freigeist aus und beginnt ein Studium der "gesamten Bergwissenschaften".


    Er heiratet die Tochter eines wohlhabenden Textilfabrikanten. Mit 27 Jahren bereits wird er zum Ritter, reist im Range eines Bergrats in der ganzen Monarchie herum und leitet schließlich die oberste Montanbehörde in Prag und in Wien. Das Mineral Bornit wurde ca. 1845 nach Ignaz von Born benannt. Mit unzählige Fachpublikationen tritt Born an die Öffentlichkeit, durch einen Arbeitsunfall wurde er früh aus dem Staatsdienst entlassen. "Index Fossilium", "Abhandlungen zur Aufnahme der Mathematik, der vaterländischen Geschichte und der Naturgeschichte", Er war Herausgeber der "Prager gelehrten Nachrichten" und züchtete in seinem Garten exotische Gewächse auf.


    Born wurde unter dem Decknamen „Furius Camillus“ Mitglied der Wiener Freimaurerloge Zur wahren Eintracht. Auch Mozart war Mitglied dieser Loge und ihrer Nachfolgerin Zur neugekrönten Hoffnung. Mozarts Librettist Emanuel Schikaneder war 1788 Mitglied der Regensburger Loge Die Wachsende zu den drei Schlüsseln.


    1781 wurde Born aufgenommen und ein Jahr darauf rückte er bereits zum "Meister vom Stuhl" auf. Born widmete sich voll und ganz seiner neuen Aufgabe: In den von ihm installierten 'Übungslogen' wird über die verschiedendsten Varianten der Philosophie, der Moral und der Wissenschaften referiert. Er wird jedoch bald Opfer seiner Streitlust gegen den Klerus. Er beschreibt Ordensleute als 'Zwischenglied zwischen Mensch und Affe' - 'welches im Müßiggang gefüttert wird' - was nicht sehr gut ankommt, fängt Briefe seiner Kritiker ab und verwendet diese gegen sie. So führen Streitigkeiten und Schuldzuweisungen bald dazu, daß er sein Amt zurücklegt.

    'in diesen Heil'gen Hallen kennt man die Rache nicht' und 'zur Liebe will ich dich nicht zwingen, doch geb ich dir die Freiheit nicht'
    .... da ist es schon müssig zu überlegen, was damit gemeint sein könnte!


    Jedenfalls Mozart verehrte den Logenbruder als persönlichen Freund und Vorgesetzten und dessen Abgang führte zu der hymnischen Huldigung in seiner neuen Oper. Gemeinsam mit Schikaneder setzten sie dem "Meister" in Denkmal.


    Borns Lebensabend ist nicht sehr erfreulich gewesen. Seine stete Hilfsbereitschaft hatte sein beträchtiches Vermögen aufgezehrt. Die Polyneuritis, die ihn lange Jahre quälte, lähmte ihn völlig und statt seiner entfremdeten Gattin pflegten ihn seine beiden Töchter. Nur 49 jährig stirbt der Ritter, Hofrat und Edle Ignaz von Born am 24. Juli 1791 im Gatterburgschen Haus Nr. 1144 (heute Dorotheergasse 12).

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  • Hallo Nala,


    An sich hatte ich im Rahmen der Opernfiguren-Threads vor, einen Thread namens "Sarasstro - Gütiger Weiser - oder scheinheiliger Pharisäer" zu kreieren - Nun hast Du diesen vorzüglichen Beitrag im - wer steckt hinter Thread gebracht, daß ich meinen mit Sicherheit nicht starten werde. Ich bitte Dich daher - diesen selbst zu eröffnen. Hier ist ja eher allgemein von VERSCHIEDENEN Persönlichkeiten die Rede- Opernfiguren und ihrem möglichen lebenden Vorbild. Im andern Thread geht es mehr um die Figur an sich, die ja von Vorbild weitgehend losgelöst erscheint.


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • ... und wer steckt hinter dem Zaren in "Zar und Zimmermann"?

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  • Das Opernlibretto basiert auf der damals sehr zugkräftigen Verwechslungskomödie: "Die Jugendjahre Peters des Großen".
    In Paris wurde es unter "Pierre le Grand", in Parma und Lissabon unter "Pietro il Grande" und in Neapel von Donizetti unter "Il Borgomastro de Saardam" auf die Bühne gebracht.


    Lortzings Mut - trotz des bereits abgegriffenen Sujets noch eine Variante aufzugreifen, machte sich bezahlt: "Zar und Zimmermann" stach alle 'Marktmitbewerber' aus - und das auf Dauer.


    Die Geschichte ist aber auch zu schön - und das schönste daran - sie ist im Kern historisch und hat sich wirklich zugetragen. Es war anno 1697 in der holländischen Stadt Zaandam.....


    Dort existiert noch heute dicht am Ufer der Zaan das Czaar Peter Huisje. Genaue Adresse: Up de Krimp Nr. 24. Dort hatte während seines ersten Aufenthaltes der Schiffsbaugeselle Peter Michailow alias Zar Peter I. Quartier bezogen. Er kam noch zwei mal zurück, beim letzten Mal bereits mit seiner Gattin und Nachfolgerin Katharina.


    Uraufführung der Lortzing - Oper war in Leipzig am 22. Dezember 1837 - in der Rolle des Vagabunden Peter Iwanow war Lortzing selbst.

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  • Bei der Recherche zu den Antworten auf mein Rätsel Der Lösungsthread um die fragwürdigen Könige stieß ich auf diesen wundervollen Thread, der leider seit geraumer Zeit in Vergessenheit geraten ist, aber eine mehr als dankbare Aufgabe für alle Taminos darstellt, die sich für die Oper interessieren. Ich werde demnächst auch den einen oder anderen Hintergrundbeitrag dazu einstellen, möchte aber vorab schon mal ein paar Hinweise auf ein paar bekannte Opern mit historischen Hintergründen geben, die vielleicht nicht jedem bewusst sind, aber mancher uns vielleicht erläutern will und kann:


    Den Hintergrund zu HENRI III, dem polnischen König von Chabriers LE ROI MALGRÉ LUI habe ich in der Auflösung des Rätsels schon angedeutet und werde ich demnächst hier etwas ausführlicher beschreiben. In dem Zusammenhang gilt es natürlich auch der Marguerite de Valois und Katherina von Medici aus Meyerbeers LE HUGUENOTS zu gedenken.


    Eine andere historische Figur, die ich mir vorgenommen habe, ist natürlich BENVENUTO CELLINI, der Titelheld von Berlioz' erster Oper.


    Andere Werke nach historischen Personen und Ereignissen, und mit deren Gehalt von Dichtung und Wahrheit in der jeweiligen Oper sich vielleicht die/der eine oder andere beschäftigen möchte, wären, in der alphabetischen Reihenfolge der Komponisten nach dem Harenberg Opernführer:


    John Adams: NIXON IN CHINA
    Alexander Borodin: FÜRST IGOR
    Francesco Cilea: ADRIANA LECOUVREUR
    Gaetano Donizetti: ANNA BOLENA und MARIA STUARDA
    Gottfried von Einem: DANTONS TOD
    Umberto Giordano: ANDREA CHENIER
    Carl Heinrich Graun: MONTEZUMA
    Georg Friedrich Händel: GIULIO CESARE und SERSE
    Paul Hindemith: MATHIS DER MALER
    Arthur Honegger: JEANNE D'ARC AU BUCHER
    Albert Lortzing: HANS SACHS (gilt natürlich auch für Wagners MEISTERSINGER)
    Giacomo Meyerbeer: LE PROPHETE
    Wolfgang Amadeus Mozart: LA CLEMENZA DI TITO
    Modest Mussorgski: BORIS GODUNOV
    Krzystof Pendericki: DIE TEUFEL VON LOUDUN (gilt auch für Prokofjews DER FEURIGE ENGEL)
    Hans Pfitzner: PALESTRINA
    Gioacchino Rossini: SEMIRAMIDE
    Richard Strauss: SALOME
    Giuseppe Verdi: ATTILA, SIMON BOCCANEGRA oder Gustav II aus UN BALLO IN MASCHERA
    Richard Wagner: RIENZI
    Udo Zimmermann: Die Geschwister Scholl aus DIE WEISSE ROSE


    Das ist natürlich nur eine kleine Auswahl der offensichtlichsten Kandidaten, neben denen es ja noch viele weitere historische Opernfiguren, auch in Nebenrollen, gibt.


    Das sollte doch reizen, hier mal ein größeres Kompendium anzustreben, oder ?(?(?(


    :hello: Jacques Rideamus

  • Tristan, der, wie so viele Sagengestalten aus den historischen Wirren der Völkerwanderungszeit und den Folgeerscheinungen der Auflösung des weströmischen Reiches auf den Britischen Inseln zwischen 450 und 600 n. Chr., dem nicht eben kloßbrühenklaren Süppchen à la Artus einen eigenen Beigeschmack entlässt, scheint durch einen jüngeren archäologischen Fund in Form eines behauenen Findlings in die Nähe einer geschichtlichen Fassbarkeit gerückt.


    Nahe des südenglischen Städtchens Fowey, an der Mündung des Flusses gleichen Namens in Cornwall und, wenn auch mäßig, bekannt durch das „Daphne du Maurier Festival of Art and Literature“, findet sich eine doppelte Ringwallanlage namens Castle D’Or, deren Ursprünge bis in die Eisenzeit zurückdatiert werden und die von den Kelten ausgebaut wurde.


    Hier sehen Wissenschaftler auch den Standort von König Markes „Schloss“, das wohl eher eine Ansammlung aus Holzhütten gewesen sein mag, wie Erdlöcher zur Aufnahme von Pflöcken und Balken im Grund des kreisrunden und heute mit Weidegras bedeckten Areals vermuten lassen.


    Ganz in der Nähe dieses Ortes wurde ein Monolith ausgegraben, den auf der einen Seite eine Inschrift, auf der anderen ein auf das 6. Jahrhundert verweisendes, frühchristliches Kreuz in Form eines griechischen Tau ziert.
    Die Inschrift lautet:



    DRUSTANS HIC IACET CUNOMORI FILIUS



    Das D in Drustans ist spiegelverkehrt ausgeführt.


    In der Historia Brittonum, einer im 9. Jahrhundert entstandenen, nur sehr bedingt zuverlässigen Zusammenstellung aus zeitgeschichtlichen Fakten, Vermutungen, Berechnungen und Überlieferungen und als deren Redakteur ein gewisser Nennius (oder Nemnivus) genannt wird, findet sich eine Identifikation des Namens Cunomorus.
    Möglicherweise sei dies die latinisierte Form von Cynvawr oder auch Kynvawr und verweise auf einen Herrscher, der zusätzlich, wie nicht unüblich, auch einen echten lateinischen Namen geführt habe: Marcus.


    Ist nun, wie die Inschrift des Steines bei solcher Zuordnung verraten würde, jener lokale Fürst [Marcus] Cunomorus (oder, nach anderen Quellen, auch Cunoworus) nicht der im Nachhinein einem Historienlifting unterzogene Onkel, sondern gar der Vater des in Liebesdingen abtrünnigen Tristan, gewinnt die durch die Jahrhunderte nichts an Attraktivität verlierende Story noch einmal ein Quäntchen Brisanz mehr.


    Der „Tristan-Stein“ ist heute, etwas abseits seines ursprünglichen Fundorts, auf einem Sockel an der Straße in Richtung Fowey (Manabilly East Lodge Gate) aufgestellt.


    In der Gegend sind noch andere Tristan und Isolde – Spuren verfolgbar.
    So verstehen sich die Einwohner der Lantyan Farm als Hüter des Bodens, auf dem Isoldes Haus gestanden haben soll, und einem Vorgängerbau der nahen Kirche St. Samson mag sie den Gottesdienst besucht haben, wie Béroul im 12. Jahrhundert zu berichten weiß.



    Und nun zurück zu Galileo Mystery.




    audiams, dunnomori filius







    .

  • Lieber Cousin,


    herzlichen Dank für dieses superschnelle Aufgreifen meiner Anregung. :jubel:


    Leider verpflichtet mich das jetzt wohl auch. :wacky:


    Ich brauche dafür aber doch etwas mehr Zeit als Du. Solange bitte ich um Nachsicht.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Schade, dass Nalas tolle Thread-Idee so lange geruht hat und danke an Jacques und audiamus fürs Wiederaufrollen!


    Ich brauche auch etwas Zeit dafür, würde aber gern den Gustav III aus Verdis "Un ballo in maschera" übernehmen.


    :hello: Petra

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  • Wenige historische Familien wurden so oft in Opernlibretti verarbeitet wie die schicksalsgeprüfte der Valois. Nimmt man einmal ihre berüchtigten und ebenfalls zahlreich veroperten Vorfahren aus, beginnen sie mit Katharina de Medici (1519-1589), die Mutter zahlreicher Könige und Königinnen war. Zu diesen gehörten Marguerite de Valois, die nachmalige Gemahlin von Henri IV (s.u.) und eine Zentralfigur von Meyerbeers LES HUGUENOTS, Elisabeth de Valois, die königlichen Heldin von Verdis DON CARLOS, und die nachmaligen französischen Könige Francois II (1544-1559), Charles IX (1560-1574) sowie deren Bruder Henri de Valois (1551-1589), dem vorübergehenden König von Polen und nachmaligen französischen König Henri III, über den ich in Kürze hier Näheres berichten werde. Verdis scheinbar verwandte komische Oper UN GIORNO DI REGNO hat mit dieser Geschichte allerdings nur oberflächliche Gemeinsamkeiten, denn sie handelt 50 Jahre später, also zur Zeit Ludwigs XIV. von dem polnischen König Stanislaus I.


    Der Vater all dieser Opernhelden war Henri II (1519-1559), der zwar die Engländer aus Frankreich vertrieb, vor allem aber durch seine Beziehung zu der von Jacques Ibert mit leider wenig Erfolg veroperten DIANE DE POITIERS (1934) populär wurde, die ihn letztlich das Leben kostete. Gleich ihr war er nämlich ein großer Anhänger von Ritterturnieren, und bei einem dieser edlen, aber mindestens schmerzlichen und oft tödlichen Wettbewerbe bohrte sich ihm eine Lanze durch den Helm, was er wohl selbst heute noch nicht sehr lange, geschweige denn bei guter geistiger Verfgassung überlebt hätte.


    Ihm folgte für nur ein Jahr der erst 16-jährige Francois II (1544-1560), der nicht nur sehr jung, sondern auch kränklich und willensschwach war und sich deshalb kaum für eine Oper eignete. Das taten dafür um so mehr seine kurzlebige Ehefrau Maria Stuart (1542-1587) und sein Regent, der berühmt-berüchtigte Duc de Guise, dem Friedrich von Flotow die Oper LE COMTE DE SAINT-MEGRIN (1938 ) widmete, die zwei Jahre später unter dem Titel LE DUC DE GUISE ihre endgültige Form fand.


    Nach des schwächlichen Francois' frühem Tod folgte sein mit damals zehn Jahren noch minderjährigerer Bruder Charles IX, dessen Mutter Katharina von Medici ihn für volljährig erklären ließ, aber für ihn regierte und bekanntlich mit dem Duc de Guise die Bartholomäusnacht orchesterierte, die wir nicht nur aus D.W. Griffiths frühem filmischem Meisterwerk INTOLERANCE (1916), sondern vor allem aus der Oper LES HUGUENOTS von Giacomo Meyerbeer kennen. Deren zentrale Gestalt ist die schon erwähnte Marguerite de Valois, der Patrice Chéreau in seiner Version von Alexandre Dumas' mehrfach verfilmtem Roman "La Reine Margot" ein nicht gerade schmeichelhaftes, aber gleichwohl meisterhaftes Filmportrait widmete:



    Im Gegensatz zu diesen beiden Filmen taucht der arg junge Charles IX in LES HUGUENOTS meines Wissens persönlich in keiner Oper auf. Das tut erst wieder der Herzog von Navarra, der mit der mehrfach erwähnten Margarethe verheiratete HENRI IV in Mehuls Oper LE JEUNE HENRI (1797). Berühmt und als "Henri le Grand" bis heute hoch geachtet, wurde er nach einem mehrjährigen Erbfolgekrieg zwischen Protestenten und Katholiken, in dem Henri III eine nicht immer rühmliche Rolle spielte, als Henri IV (1531-1610). Selbst ein aus Gründen der Staatsraison zum Katholizismus übergetretener, französischer Protestant, beendete er 1598 mit dem Edikt von Nantes die französischen Religionskriege und leitete die Dynastie der Bourbonen ein, die nicht weniger häufig veropert, und deren Königsgeschlechterst knapp 200 Jahre später im Gefolge der französischen Revolution kopflos wurde. Da Mehuls Oper heute kaum mehr aufgeführt, geschweige denn eingespielt wird, sollten Interessenten an dieser Periode zu Chéreaus Film oder besser noch zu Heinrich Manns überragenden Romanen "Die Jugend des Henri IV" und "Die Vollendung des Henri IV" greifen, wenn sie sich über die Wirrnisse jener brutalen Zeit ein Bild verschaffen wollen.


    Wahrscheinlich habe ich eine Reihe von Opern über die Valois und ihre Ehegatten und Kinder übersehen. Ich wäre deshalb für weitere Hinweise dankbar.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Die Oper:


    Andrea Chénier von Umberto Giordano ( 1867-1948) - Giordanos vierte und erfolgreichste Oper, ein Hauptwerk des italienischen Verismo.
    Den Text schrieb der bekannte Puccini-Librettist Luigi Illica, allerdings nicht für Giordano, sondern für den heute kaum noch bekannten Komponisten Alberto Franchetti (1860-1942), dessen Hauptwerk, die Oper Cristoforo Colombo (1892; zweite Fassung 1923), zeitweise einige Beachtung fand. Als Franchetti auf Illicas Libretto verzichtete, übernahm Giordano im Sommer 1894 die Rechte und begann mit der Komposition, die im Januar 1896 abgeschlossen und am 28. März 1896 an der Mailänder Scala uraufgeführt wurde. Illica benutzt in seinem Text die Französische Revolution nicht nur als Folie und atmosphärischen Hintergrund für eine übliche Dreiecksgeschichte aus Liebe, Haß, Eifersucht und Rivalität (Sopran und Tenor gegen Bariton), sondern setzt die Revolution als Movens der Handlung ein. Zudem übernahm Illica auch Anregungen von Henri de Latouches, dem Herausgeber der Werke Chéniers, sowie von den Brüdern Goncourt, Théophile Gautier und Arsène Housaye.
    Nicht nur der Titelheld dieser Oper ist eine historische Figur. Auch in Nebenrollen sind Namen aus der Revolutionszeit verzeichnet; so der öffentliche Ankläger Antoine Fouqier-Tinville, der 1795 selbst hingerichtet wurde, oder René Dumas, der Präsident des Tribunals für öffentliche Sicherheit, der zusammen mit Robespierre exekutiert wurde.


    Der historische André Chénier


    Der französische Dichter André Marie de Chénier wurde am 30. Oktober 1762 in Konstantinopel als Sohn des Schriftstellers und französischen Generalkonsuls Louis de Chénier (gest. 1786 in Paris) und einer Griechin aus dem Hause Santi-l'Homaka geboren. Nach der Rückkehr der Familie nach Frankreich trat André als Cadet-gentilhomme ins Heer ein, entsagte aber einer militärischen Laufbahn, als er seine Passion für die Dichtkunst entdeckte. Eine Bildungsreise nach Italien und Griechenland fand bereits in Italien aus gesundheitlichen Gründen ihr Ende. Fortan lebte der junge André dank der elterlichen Geldmittel reichlich unbeschwert als freier Dichter und "jugendlicher Held" in der Damenwelt. 1788 ließ er sich für zwei Jahre als Gesandtschaftssekretär nach London verpflichten, kehrte aber nach Ausbruch der Revolution nach Paris zurück.


    Chénier vertrat die Ideale der Französischen Revolution in Wort und Schrift, war gleichzeitig aber auch ein leidenschaftlicher Kritiker ihrer Exzesse. Als Mitglied im Club der Gemäßigten verfaßte er seine berühmte Streitschrift "Avis aux Francais sur leurs véritables ennemis". Heftig griff er die Sansculotten an, was ihm die Gegnerschaft des eigenen zwei Jahre jüngeren Bruders einbrachte, Marie-Joseph de Chéniers (1764-1811), der mit seinen vielfältigen Amtsfunktionen, aber auch als Dramatiker André in der öffentlichen Aufmerksamkeit überragte (in ihrer künstlerischen Wirkung zwei frühe französische "Brüder Mann" sozusagen). Als sich die Willkürschaft der Jakobiner wie eine Sturzwelle über Paris ergoß, war André Chénier seines Lebens nicht mehr sicher. 1793 flüchtete er nach Versailles, wagte sich aber im Frühjahr 1794 wieder in den Hexenkessel Paris, wo er am 7. März verhaftet wurde - wie es heißt, mehr durch Zufall als durch gezielte Verfolgung. Als im Juni/Juli La Grande Terreur, die Schreckensherrschaft, ihren Höhepunkt erreichte, wurde André Chénier am 25. Juli auf die Guillotine geschleppt und wie so viele andere - allein in diesen wenigen Wochen 1285 Todesurteile - enthauptet, drei Tage vor dem Sturz Robbespierres.


    André Chénier gilt als der bedeutendste französische Lyriker des 18. Jhs. Er schulte seine Begabung an Vorbildern der griechischen und römischen Antike, vor allem an Tibull, Properz und Theokrit, war zudem in der europäischen Dichtkunst seines Jahrhunderts bestens bewandert.
    Seine bukolischen Gedichte orientieren sich natürlich an der Antike; seine Elegien kreisen in bildhaft-plastischer Sprache um Liebe, Freundschaft und Natur. In den Oden und Jamben verbinden sich Harmonie und Präzision der Form mit der Ausdruckswelt der Gefühle. Zu seinen Lebzeiten wurden nur zwei Gedichte gedruckt. Seine "Karriere" als Lyriker begann posthum mit einer Erstausgabe 1819 dank des Engagements von Henri de Latouches. Das zunächst nur fragmentarisch verfügbare Werk wurde durch neu entdeckte Funde im Verlauf der nächsten Jahrzehnte immer weiter vervollständigt. Die Romantiker betrachteten Chénier als einen ihrer Vorläufer.


    Florian

  • ohoh - ich hab mich jetzt aber gefreut, als ich sah, daß meine Idee wiederaufgegriffen wurde - werde jetzt auch weiterrecherchieren. Auf diesem Niveau gleich :)

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  • Schön, dass dieser thread wieder auflebt!


    Ich würde mich mal mit der historischen Adriana Lecouvreur beeschäftigen - nur brauch ich ein wenig Zeit dafür...



    LG, Elisabeth

  • Na dann will ich mich auch wieder reinstürzen...


    ... und ich hab mir ein wunderbares Sujet gesucht.


    Das Objekt der Begierde heisst Roberto Devereux und ich hatte das Glück, diese Oper Donizettis an der Wiener Staatsoper mit Edita Gruberova, Carlos Alvarez und Ramon Vargas zu geniessen. Hervorragend geführt von Marcello Viotti - durch Editas Koloraturartistik und überragender Schauspielkunst herausragend, berührend - vor allem die Schlußszene, wo Elisabetta sich die Perücke vom Haupt zieht und ihr eigenes Alter und ihre Hässlichkeit erkennt, überhaupt alles ein unvergesslicher, vielleicht mein schönster Opernabend "ever".


    Womit wir nun in England sind:


    Eine vielleicht nicht ganz jungfräuliche Königin suchte sich Roberto als Günstling aus. Der 2. Earl of Essex wurde am 10. November 1566 in der Grafschaft Herefordshire geboren. Nachdem seine Mutter nach seines Vaters Tod wieder heiratete, ist er auch unter dem Namen Robert Dudley bekannt. Seinem Stiefvater wurde auch eine Affäre mit der Königin nachgesagt.


    1584 kam er an der Hof der Königin Elisabeth I. Das wird jeder wissen: Sie war die Tochter Heinrich des VIII und dessen 2. Frau Ann Boleyn. Robert nützte ihre Gunst jedoch aus und liess es ihr gegenüber an Respekt mangeln. Die Beziehung war ein andauerndes Machtspiel. So widersetzte er sich auch in einem Armeekommando unter Heinrich IV., König von Frankreich ihren Anweisungen.


    Nicht zu vergessen ist auch noch der Affront gegen die Königin, als er gegen ihren Willen die Tochter Walsinghams heiratete.


    Als Gouverneur in Irland versagte er vollends und selbst dies hätte Elisabeth ihm verziehen, als er aus Irland desertierte und bis in ihr Schlafzimmer vordrang. Sie liess ihn in den Kerker werfen, um ihn danach zu begnadigen. Jedoch - er wollte noch immer mehr: diesmal war es ein Staatsstreich um die gesamte Macht an sich zu reissen. Er wurde neuerlich verhaftet und am 25. Februar 1601 im Tower hingerichtet.


    Neben der Oper Donizettis gibt es auch eine von Benjamin Britten - GLORIANA.


    Ich kenne auch die Filme mit Bette Davis und Errol Flynn :jubel: und letztens gesehen Helen Mirren als Elisabeth und Jeremy Irons als Roberto.

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  • Zitat

    Original von nala
    Ich kenne auch die Filme mit Bette Davis und Errol Flinn :jubel: und letztens gesehen Helen Mirren als Elisabeth und Jeremy Irons als Roberto.


    Hallo Nala,


    Die Kurz-Serie mit Helen Mirren als Elizabeth I. ist ganz wundervoll,
    allerdings spielt Jeremy Irons Robert Dudley, Earl of Leicester, Stiefvater von Robert Devereux, Earl of Essex. Den Earl of Essex spielt ein für mich eher unbekannter Darsteller, Hugh Dancy. Eine sehr gelungene Verfilmung, die ich mir immer wieder gern ansehe, auch den alten Film mit Bette Davis und Errol Flynn.


    Viele Grüße


    Kristin

  • Man könnte die Sache natürlich auch mal umdrehen und fragen, welche weltbekannten Potentaten es auf die Opernbühne geschafft haben.


    Dabei fällt mir spontan Kaiser Napoleon ein, der in Prokofiews Mammutoper "Krieg und Frieden" von 1945 (nach Tolstois Roman) als Bariton auftritt. Nebenbei: Ich kenne keine andere Oper dieses personalen Ausmaßes, denn es treten, abgesehen von Regimentern von Chören, 71 Solisten auf.


    Selbst Lenin hat die Bühnenbretter betreten, allerdings in einer Sprechrolle, und zwar in der Oper "Der Sturm" (1939), eine Komposition Tichon N. Chrennikows, des berühmt-berüchtigten Minnesängers der Stalin-Propaganda, der erst kürzlich hochbetagt und bis zuletzt uneinsichtig verstarb.


    Es würde mich nicht wundern, wenn auch Stalin höchstselbst in einer der Propaganda-Opern der Sowjetunion als gütiger deus ex machina das Bühnenpersonal bereichert hätte, kenne aber kein konkretes Beispiel.


    Wer hinter diesen Opernfiguren steckt, bedarf indessen keiner besonderen Erklärungen. Über sie sind ganze Bibliotheken zusammen geschrieben worden. Und selbst diejenigen, die keine ausgeprägten historischen Kenntnisse besitzen, verbinden mit diesen Namen konkrete Vorstellungen.


    Florian