Hier irrt der Meister - Instrumentationsfehlentscheidungen

  • Im Thread über Hans Rott habe ich es angedacht - leider. Dadurch gibt's nämlich eine Thread-Abweichung von der Art, die Alfred nicht mag. Also versuche ich das Thema hier zu fokussieren.


    Man kennt das ja: Da schreibt ein Komponist eine einfach sagenhaft schöne Passage - aber als Zuhörer denkt man insgeheim: Wenn ich das komponiert hätte, hätte ich die Posaunen weggelassen...


    Solche Stellen gibt es zuhauf, und es ist meist der persönliche Geschmack der beim Komponisten oder Zuhörer über eine Klangfarbe entscheidet.


    Ein herrliches Beispiel dafür ist der Anfang des "Boris Godunow": Mussorgskij lässt ihn in seiner eigenen Instrumentierung auf dem Fagott spielen - in einer Lage, die einen engen, nasalen, ziemlich erstickten Klang erzeugt. Rimskij-Korsakow schreibt die Passage in die Klarinette, die hier in ihrer besten Lage spielt, was fabelhaft klingt - viel besser als bei Mussorgskij.
    Aber: Wollte Mussorgskij am Ende symbolisieren, wie es dem russischen Volk geht? Wie es selbst ein Volkslied (denn danach klingt die Stelle) nur noch mit Mühe herausbringt?
    Eine geniale Idee.
    Die Instrumentationsfehlentscheidung hat also Rimskij-Korsakow getroffen, indem er den schöneren Klang wählte.


    Eine Instrumentatonsfehlentscheidung völlig anderer Natur ist in meinen Ohren die Triangel in der Rott-Symphonie. Es vergeht keine markante Stelle, ohne daß sie nicht deutlich hineinklingelt. Und Rotts herrliches Stück ist an markanten Stellen sehr reich - um es vorsichtig zu sagen.


    Ähnlich grauenhafte Triangelstellen findet man bei übrigens auch bei Liszt.


    Wagner war ein Meister der Instrumentationskunst - aber auch er hat für mich ein Mal, noch dazu in meiner Lieblings-Wagneroper, Mist gebaut: Im "Parsifal" kommt am Schluß eine derart geballte Ladung Harfenkitsch dazu, daß es die Grenze der Erträglichkeit streift. Ich persönlich wünsche mir immer, daß ein Mal, nur ein einziges Mal, die Harfenisten bei einem "Parsifal" - aus welchen Gründen auch immer - streiken und ihr Part einfach unausgeführt bleibt.


    Selbst ein grandioser Instrumentationskünstler wie Olivier Messiaen schafft es, mir ein Mal instrumentationstechnisch auf die Nerven zu gehen: In der "Turangalila" klingelt und bimmelt fast durch das ganze Werk das Metallschlagzeug mit. Ich bin ziemlich sicher, das ist der Grund, warum mir die "Turangalila" ferner steht als die meisten anderen Werke dieses genialen Komponisten.


    Etwas Ähnliches passiert in der sonst bemerkenswerten Ersten Symphonie von Peter Maxwell Davies: Es geht um übereinandergelegte rhythmische Zyklen, die Vergrößerungen und Verkleinerungen erfahren. Und das signalisiert Max Davies, indem er die Tondauern fast permanent von Metallschlagzeugen markieren läßt. Das Geklingel ist 10 Minuten schön, weitere 10 Minuten noch interessant, aber das Werk dauert knapp über 50 Minuten...


    Womit ich den Ball Euch zuspiele - welche Instrumentationsfehlentscheidungen fallen Euch ein?


    :hello:

    ...

  • Salut,


    Meister irren niemals! :D


    Mir ist aus meinem Interessengebiet kein Werk bekannt, welchem man eine


    "Instrumentationsfehlentscheidung"


    aufstempeln kann, wenn ich mal von sämtlichen Flöten- und Cellokonzerten absehe: da könnte man durchaus die Soloinstrumente weglassen. Aber das ist wiederum persönlicher Geschmack. Ebenso widerstrebt es meinem persönlichen Gusto, wenn in einem Oratorium neben den Solisten lediglich Streicher fungieren - das ist mir etwas zu langweilig [genau wie bei sog. Streichersinfonien], ganz im Gegensatz aber wiederum zum Streichquartett, wo Trompeten und Triangeln sicherlich fehl am Plätze wären.


    Interessant ist doch die Verwendung des Triangel: Just bei meinem letzten Wienbesuch im April habe ich in einem Museum ganz in Deiner Nähe entdeckt, dass Triangeln des 18. Jahrhunderts nicht auf einen Ton festgelegt waren [bzw. waren sie es, aber man unterband dies durch Einhängen von Schellen oder ähnlichem, so dass kein definierbarer Ton mehr herauskam]. Das rückt natürlich sämtliche nervtötenden Aufnahmen einer gewissen 'Entführung' in weite Ferne.


    Ich denke, man sollte ein Werk einfach mögen, wie es ist - oder eben nicht. Es gibt doch hinreichend Alternativen. Ich selbst kann auch Geklingel und anderes Schlagzeug dauerhaft nicht ertragen, aber Einlagen wie z.B. in der 'Entführung' sind dann doch wieder ganz nett. Etwas übertriebener ist da Gluck mit seinen 'Les Pèlerins de la Meque': Auf die Dauer nervts halt, aber schön ist es trotzdem. Und im Hinlick auf eine modische Türkenoper auch ganz richtig instrumentiert!


    Fehlinstrumentationen wurden ja bereits oft von Experten erkannt - und ausgebessert: So fühlte sich jemand berufen, Mozarts Jupitersinfonie jupitergerechter zu instrumentieren und fügte etliche Trompeten hinzu. Mag sein, dass dies jupitergerechter klingt, aber in Mozarts Werkeverzeichnis steht lediglich Eine Sinfonie... und ich gehe sicherlich recht in der Annahme, dass Mozart wusste was er tat und dabei die vorhandenen Möglichkeiten ausschöpfte. Ich will das Werk gar nicht anders hören.


    Stokowskis Bach halte ich für eine komplette Fehlinstrumentation. Ich kenne nicht sehr viel, auch nicht namentlich, aber das, was ich hörte reicht mir allemal. Bach hat's perfekt gemacht.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Edwin,


    Ich geb Ulli nur ungern recht :D , aber auch ich bin der Meinung, daß es solche "Fehlentscheidungen" an sich nicht gibt - wohl aber mag es Entscheidungen gegen DEINEN persönlichen Geschmack gegeben haben.
    Persönlich finde ich das Triangel als durchaus interessante Ergänzung einer Instrumentation - bei Rott beispielweise stört sie mich überhaupt nicht.
    Instrumentation dürfte ja generell etwas sehr sensibles sein, immerhin hat Beecham gemeint, er müsse Muzart hier beim Finale seiner Jupitersinfonie unter die Arme greifen, etliche meinten, Ravels Instrumentation (an sich schon ein Tabubruch, aber ein IMO geglückter) der "Bilder einer Ausstellung" übertreffen zu müssen - ein Unterfangen, das aus meiner Sicht niemandem gelang.


    Aber meine diesbezügliche Meinung soll die Freude an diesem Thread nicht mindern - ich bin immerhin schon gespannt was ihr ändern wolltet, und wenn Edwin Baumgartner dann Rotts Sinfonie uminstrumentiert -
    quasi als "Griffel in der Hand Rotts" (oder Mahlers ???) :untertauch: SCNR


    :baeh01::baeh01:


    mfg
    aus Wien :hello:
    Alfred


    (Duck -- und weg)

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Selbst ein grandioser Instrumentationskünstler wie Olivier Messiaen schafft es, mir ein Mal instrumentationstechnisch auf die Nerven zu gehen: In der "Turangalila" klingelt und bimmelt fast durch das ganze Werk das Metallschlagzeug mit. Ich bin ziemlich sicher, das ist der Grund, warum mir die "Turangalila" ferner steht als die meisten anderen Werke dieses genialen Komponisten.
    :hello:


    Der Einsatz des Klinkgelwerkzeuges in Messiaens TS hat mich persönlich noch nie gestört .Es hat auch seinen Sinn. Den meisten Leuten, die ich kenne, geht wohl eher der Quietschkasten, genannt OndesMartenot (welch wunderbares Instrument), auf die Nüsse. Oder vielleicht braucht man einfach nur starke Nerven für diese tolle Musik.
    Ein weiser Mann sagte mal: 'Du kannst nur das bekritteln, was du selbst nicht überwunden hast' - Gute Neven, man gewöhnt sich an alles!


    Gruß
    Jörg

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich geb Ulli nur ungern recht :D ,


    Das solltest Du aber durchaus öfter tun... :D


    Zitat

    ein Unterfangen, das aus meiner Sicht niemandem gelang.


    Mal abgespalten von den "Bildern" gibt es natürlich neben den 'Originalgenies' [oder wie man sie bezeichnen möchte] durchaus weitere Instrumentationsgenies, wie beispielsweise Johann Nepomuk Wendt, der die bekanntesten Mozartopern für Harmonie [als Bläserensemble] umsetzte. Mozart selbst berichtete, dass dies eine nahezu unmögliche [jedenfalls schweißtreibende] Aufgabe sei und Wendt hat dies in meinen Ohren überaus genial gelöst! Weniger toll sind da seine Arrangements für Streicher - jüngst hörte ich eine gruselige Bearbeitung des Don Giovanni für Streichquartett - von Wendt. Er hätte bei seinen Bläsern bleiben sollen.


    Ganz interessant hingegen ist Mozarts Bearbeitung des Händelschen 'Messias'. Er hat ihn [und das wahnsinnig gut für meinen Geschmack] an die Instrumentationspraktiken seiner Zeit angepasst [ein Auftrag von van Swieten]. Das Werk ist allerdings nicht mehr dasselbe. Ich liebe beide Versionen über alles und geb keiner den Vorzug. Ebenso, wie ich Händels Original bewundere und schätze, bestaune ich, was Mozart wie uminstrumentiert hat - erste Sahne!


    Nur: In beiden genannten Fällen wurden ja keine Irrungen der Ur-Meister unterstellt.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Es wurde in anderen threads ja schon angesprochen, man wird sich wundern, wieviele schon traditionelle Instrumentationsretuschen es gibt, z.B. bei Beethoven, die Hörner statt Fagotten in der Reprise des Kopfsatzes der 5. sind nur die Spitze des Eisbergs. Und es ist gewiß nicht bloß schlampige Tradition, dass sehr viele Dirigenten diese Retuschen berücksichtigen. Ähnlich dürfte es bei Schumann aussehen. Es ist ja nicht bloß Geschmackssache, wenn eine thematisch wichtige Stimme aufgrund der Instrumentation nicht deutlich hörbar wird. Ganz so leicht kann man es sich daher gewiß nicht machen.
    Änderungen, die nur dazu dienen, mehr Bombast u.ä. zu erzeugen, finde ich dagegen völlig daneben.
    Auch Mozarts zusätzliches Bläsergedudel im Messiah finde ich überflüssig, stilfremd und tendenziell nervig. Natürlich ist das Original primitiv instrumentiert, dennoch finde ich es wirkungsvoller als die Bearbeitungen.


    (Strawinskij hat angeblich etwas sehr böses über die Turangalila gesagt...)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Auch Mozarts zusätzliches Bläsergedudel im Messiah finde ich überflüssig, stilfremd und tendenziell nervig. Natürlich ist das Original primitiv instrumentiert, dennoch finde ich es wirkungsvoller als die Bearbeitungen.


    Salut,


    das Bläsergedudel entsprich m. E. exakt dem, wie es Mozart in seinen späteren Klavierkonzerten einsetzt. Dass es teilweise stilfremd ist, dem mag ich durchaus zustimmen, aber das Werk wurde ja auch explizit "zum heutigen Gebrauch" [eine Geschmacksfrage der damaligen Zeit also] umgearbeitet [ebenso auch textlich, was für definitiv überflüssig halte - aber auch das war der Zeitgeschmack]. Händels Instrumentation hingegen empfinde ich ebensowenig als primitiv, wie Mozarts Bläsergedudel als Gedudel. Dem reinen Instrumentations-Vergleich mit den beiden Einlagearien zur c-moll-Messe, die dann als Oratorium umfunktioniert wurde, halten sie absolut stand: Ich empfinde die Instrumentation als grandios! Zudem möchte ich keinesfalls auf Corboz Einspielung verzichten! :D


    Was Händel dazu veranlasst hat, relativ wenige Instrumente zu verwenden, sei dahingestellt: Vermutlich waren nicht mehr zur Verfügung. Deswegen ist es nicht primitiv, sondern genial, wie er aus wenig viel bzw. exakt ausreichd macht.


    Zitat

    Und es ist gewiß nicht bloß schlampige Tradition, dass sehr viele Dirigenten diese Retuschen berücksichtigen.


    Das verstehe ich nicht. Wagt es heute wirklich noch jemand zu behaupten, ein Beethoven habe in seiner 5. sich verkomponiert? Wer weiß denn, was er damit aussagen wollte, wenn er es denn überhaupt beabsichtigte [vgl. Edwins Einführung]? Womöglich dachte er sich wirklich nur: "Ich nehm' jetzt mal zur Abwechslung die Fagotte..." - hätte es ihm nicht gefallen, hätte er sicherlich spätestens nach der ersten Probe seine Autographen weiter unleserlich gemacht... auch darin war er bekanntlich ein Meister!


    :beatnik:


    Bach z.B. hat auch einige Werke Vivaldis adaptiert und 'uminstrumentiert'... vielleicht äußert sich wer darüber?


    Meine Frage ist, ob Werke, die eigentlich für Klavier komponiert wurde, tatsächlich als uminstrumentiert gelten können, wenn man sie gelegenheitshalber auf der Orgel oder Harfe präsentiert? Sind das nicht einfach nur praktische Lösungen?


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • JEDES Werk, das für einen bestimmten Zeitgeschmack umgearbeitet, bearbeitet, adaptiert wurde, wurde letztlich von der Zeit eingeholt, soll heissen, die "modernisierte" Version schien, als ihre Zeit vorüber war - altväterlicher zu sein, als das Original - oder man sah plötzlich Stilbrüche, die einer Generation früher nie aufgefallen waren....

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    soll heissen, die "modernisierte" Version schien, als ihre Zeit vorüber war - altväterlicher zu sein, als das Original


    ?( Hast Du Beispiele?


    Nur weil [vielleicht] das Original präsenter ist, als die Bearbeitung, klingt letzte doch nicht altväterlicher? ICh würde sogar fast behaupten [ohne zu dieser Stunde noch Beispiele zu finden], dass manche Werke beinahe ausschliesslich in einer Bearbeitung bekannt sind... [vielleicht sind es gar die Vivaldi/Bach-Konzerte?].


    ...wenn also eine moderne Rockband Bach verwurstet, ist dies ein Stilbruch und kein Zitat.


    8)


    Zitat

    oder man sah plötzlich Stilbrüche, die einer Generation früher nie aufgefallen waren....


    Ich denke schon, dass sie zumindest den Machern aufgefallen sind - sonst wären sie ja sinnlos gewesen. Stilbrüche sind durchaus beabsichtigt, wenn sie auch nicht als solche bezeichnet werden/wurden. Gar bewußte Stilmixe treten besonders im 18. JH auf... Dem Publikum aber ist es vielleicht eher nicht aufgefallen, denn das sollte evtl. vor Verzopftem geschützt werden!?


    Ich denke, es gibt auch neben Mozart [KV 426/546 bzw. 388/515] zahlreich Komponisten, die eigene Werke uminstrumentierten.


    Gute Nacht.
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Gut, ich will Euch noch zwei Beispiele bringen, die zeigen, dass auch ein Meister irren kann.
    Der gute Tschaikowskij ist doch an sich kein Stümper gewesen - oder? Seine Sechste Symphonie gilt obendrein (zurecht) als eines seiner Meisterwerke.
    Und doch...
    Im ersten Satz passiert's am Ende der Durchführung: Die Melodie liegt in der Ersten Klarinette, und verrinnt in der Tiefe, wo sie vom Fagott fortgesetzt wird - Vortragsanweisung pppppp (für Partiturbesitzer: Takt 160).
    Und jetzt soll mir einmal jemand erklären, wie ein Fagott in dieser Lage dieses pppppp zusammenbringen soll.
    Warum es den meisten von uns noch nie aufgefallen ist? - Weil praktisch kein Dirigent es auf dem Fagott spielen läßt, sondern jeder die Baßklarinette dafür einsetzt.
    Ich bin aber einem Dirigenten-Freund sehr dankbar - er hat zuerst auf Fagott bestanden, an Tschaikowskijs Noten, meinte er, gäbe es nichts zu verbessern. Nach der ersten Probe spielte dann aus gutem Grund traditionsgemäß wieder die Baßklarinette, und ich behaupte, Tschaikowskij hat sich in der Instrumentierung geirrt...


    Ein weiterer Irrtum unterläuft Richard Wagner in der Erstfassung des "Holländer": Bei "Erfahre das Geschick..." schleudert er dem Holländer die geballte Blechgewalt entgegen. Der arme Bariton ist dagegen völlig chancenlos. Wagner hat die Stelle in der Zweitfassung für Streicher umgeschrieben - und so wird's auch dann gespielt, wenn man behauptet, die Erstfassung aufzuführen.
    Nur in Bayreuth spielt man, dem Schalldeckel sei Dank, das Original - aber als es Wagner komponierte, hegte er noch war noch keinen Gedanke an einen dämpfende Sängerschonung.


    :hello:

    ...

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  • Salut,


    ein pppppp ist für mich ohnehin die Ausgeburt romantischen Schwachfugs. Würde man aber die Lautstärken insgesamt an dem pppppp als leistete spielbare [!] Einheit messen, würde es wieder stimmen.


    Ich kann mir zudem nicht vorstellen, dass es zu Wagners Zeiten keine Dämpfer gab. Selbst Mozart bestellte ebensolche 1780 von Salzburg nach München für seinen Idomeneo.


    ?(


    Zudem liegt hier eh der Sachverhalt vor, dass der Komponist seinen Irrtum eingesehen und entsprechend reagiert hat.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Den einen stört das Gebimmel, den anderen das Solo-Hauptinstrument der Turangalia - Sinfonie , was ich 100% nachvollziehen kann.


    :( Bei mir ist es das OndesMartenot, das ich absolut nicht mag :kotz:.
    In LIVE-Konzerten kann ich sonst sehr viel und mehr als auf der heimlischen Anlage vertragen, aber bei der Turangalia-Sinfonie (live) war ich froh, als die Sinfonie vorbei war und das Ondes endlich schwieg - das ist nun wirklich ein Werk und eine CD, die ich nicht brauche.


    :) Triangel bei Liszt und sonstwo, stört mich gar nicht. Im Gegenteil, ich finde es immer und überall als angenehmen Kontrast zum Restorchesterklang, genau wie die Celesta, Glockenspiel und Vibraphon gern gehörte, aber wenig verwendete Orchesterinstrumente sind.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • ist bei den hier beanstandeten lautstärke-'anomalien' nicht auch der
    unterschied zwischen modernen (meist lauten) und den damals vorhandenen
    (meist weniger lauten) instrumenten zu berücksichtigen?


    ich glaube mich an beiträge hier erinnern zu können, das alte oboen/klarinetten
    in der tiefe leichter ansprechen als moderne instrumente.


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)


  • Bei diesen Beispielen würde ich eher Alfred als Edwin zustimmen: Es handelt sich um subjektive Abneigungen eines Hörers, die ich z.T. sogar verstehen kann. Aber "Fehlentscheidungen" sind etwas anderes.


    Um ein Beispiel aufzugreifen: Die viel belächelten Triangelstellen in Liszts erstem Klavierkonzert sind für mich eine raffinierte klangliche Ergänzung des Klavierklangs im Scherzo. Die puristische Ablehnung von Geräuschinstrumenten z.B. in Klavierkonzerten scheint mir einer Haltung geschuldet zu sein, nach der es seriösere und weniger seriöse Instrumente gäbe. Etwa im Sinne Bruckners, der Becken und Triangel wohl eher für Ausgeburten der Hölle oder wenigstens des Bordells hielt.






    Hier allerdings gebe ich Edwin Recht: Das sind wirklich Fehlentscheidungen, die gegen den erschließbaren Sinn des Komponierten verstoßen. Wagner hat das später in seiner Zweitfassung selbst eingesehen. Und die Tschaikowsky-Stelle habe ich einmal mit einem Fagott gehört (in einer Aufnahme mit Maazel, wenn ich nicht irre): es geht einfach nicht.



    Zitat

    Ein herrliches Beispiel dafür ist der Anfang des "Boris Godunow": Mussorgskij lässt ihn in seiner eigenen Instrumentierung auf dem Fagott spielen - in einer Lage, die einen engen, nasalen, ziemlich erstickten Klang erzeugt. Rimskij-Korsakow schreibt die Passage in die Klarinette, die hier in ihrer besten Lage spielt, was fabelhaft klingt - viel besser als bei Mussorgskij.
    Aber: Wollte Mussorgskij am Ende symbolisieren, wie es dem russischen Volk geht? Wie es selbst ein Volkslied (denn danach klingt die Stelle) nur noch mit Mühe herausbringt?
    Eine geniale Idee.
    Die Instrumentationsfehlentscheidung hat also Rimskij-Korsakow getroffen, indem er den schöneren Klang wählte.


    Auch hier volle Zustimmung. Aber so weit muss man gedanklich erst mal kommen: Jemand, der sich nur auf die "Professionalität" der Instrumentierung konzentriert und die weiteren Kontexte gar nicht kennt, muss den Einsatz des Fagotts für "falsch" halten. Vielleicht hat das "Metallgeklingel" in der Turangalila-Symphonie ja auch eine spezifische Bedeutung... ;)


    Viele Grüße


    Bernd


  • Das ist in jedem Falle ein wichtiger Hinweis.


    So tönte mein Instrumentationsprof selbstbewußt, dass man in irgendeiner Beethovensymphonie irgendein Fagott nicht hören würde, "der einzige Fehler", den der geniale Beethoven gemacht hätte, "bewies" es mit einer HvK-Aufnahme.


    Zu Hause hörte ich in der Gardiner-Aufnahme die Fagotte ganz problemlos.


    Nun, freilich kann der Tonmeister seine Finger im Spiel haben. Aber klassisches und romantisches Orchesterrepertoire auf authentischen Instrumenten bekommt man in Wien selten live serviert.

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  • Hallo Edwin,


    um meinen Gefühlen mal freien Lauf zu lassen: Schön, daß Du wieder da bist :)
    (Hoffe, hast uns schon vermisst :rolleyes::D )


    Nun aber zum Thema: Du weißt, wie sehr ich Bax als Komponisten schätze - als Klangmagier mit einem süchtigmachenden Trank.


    Aber es gibt so Stellen, mit denen werde ich einfach nicht glücklich.


    Nehmen wir einmal den Beginn des 3. Satzes aus der 3. Symphonie. Wenn ich mich richtig erinnere wird ein Thema von den Streichern vorgestellt, die sofort von dem Xylophon aufgegriffen wird. Und dieses Xylophon verursacht mir manchmal Magenschmerzen. Vielleicht ist es auch der Rhythmus, die Melodie an sich, aber im Xylophon klingt das irgendwie....doof. :stumm:


    :hello:
    Wulf.

  • Hallo Faun,
    ein berechtigter Einwand - dennoch glaube ich, dass Wagners Instrumentierung unglücklich war. Wären die Sänger über den Blechsatz weggekommen, hätte er wohl nichts umgeschrieben. Rein vom Klang her ist der brutal herausgeschleuderte Blechsatz nämlich überwältigend. Ich wundere mich nur, weshalb Wagner so korrigiert hat und nicht etwa, indem er den Blechsatz stehen lässt, aber die Singstimme nicht so versetzt, daß sie nicht gleichzeitig zu singen hat.


    Britten ist übrigens gegen Ende des ersten Aktes der "Gloriana" etwas Ähnliches passiert: Die Königin muß über die vom Blech geführte Melodie drüberkommen und beginnt natürlich zu forcieren.
    Britten änderte die Stelle dann so, daß das Blech die Melodie spielt, auf einen Sforzato-Akkord liegen bleibt - und erst jetzt setzt die Königin ein.
    Da man im Studio aber allerhand nachbessern kann, hat man es auch seitens der Decca gemacht - und die Aufnahme ist in der unbearbeiteten Fassung. Schade, denn daß es eine Konfusion zwischen Gesang und Blech gibt, läßt sich nicht so leicht retuschieren wie die Lautstärkendifferenz.


    -----------------------------------------------------


    Sagt einmal, was habt's Ihr alle gegen die Ondes Martenot?!?!
    Bin ich pervers? - Ich liebe diesen Klang nämlich. Ich finde, daß es wirklich Sphärenmusik ist.
    Der wirkliche Instrumentationsfehler ist also eher, keine Ondes zu verwenden...! :D


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Sagt einmal, was habt's Ihr alle gegen die Ondes Martenot?!?!


    ich oute mich auch mal als absoluter ondes-martenot-hasser ... da dreht sich mir einfach der magen um :no: :kotz: :no: und dann noch diese dämlichen stellen in der turangalila ... :no::untertauch:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • servus edwin


    ich will das ondes martenot auch nicht missen. allerdings bin ich aus
    meiner jugendzeit einiges gewohnt - stichwort: synthesizer.


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Sagt einmal, was habt's Ihr alle gegen die Ondes Martenot?!?!
    Bin ich pervers? - Ich liebe diesen Klang nämlich. Ich finde, daß es wirklich Sphärenmusik ist.
    Der wirkliche Instrumentationsfehler ist also eher, keine Ondes zu verwenden...! :D
    :hello:


    Der elsässiche Komponist Charles Koechlin nimmt reichlich Gebrauch von diesem Instrument (Orchester- und Solowerke). Man höre sich nur die himmlischen Monodien für Ondes an. "Le Ciel étoilé" aus "Le Docteur Fabricius" ist noch so ein Beispiel wie "verantwortungsbewußt" der Komponist damit umgeht. Eine Darstellung des Sternenhimmels ohne Martenot - unvorstellbar.


    Gruß
    Jörg

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  • Salü,


    Dank JR und Zwielicht konnte dieser Thread für mich wieder aufgefunden werden. :]


    Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Es wurde in anderen threads ja schon angesprochen, man wird sich wundern, wieviele schon traditionelle Instrumentationsretuschen es gibt, z.B. bei Beethoven, die Hörner statt Fagotten in der Reprise des Kopfsatzes der 5. sind nur die Spitze des Eisbergs. Und es ist gewiß nicht bloß schlampige Tradition, dass sehr viele Dirigenten diese Retuschen berücksichtigen.


    Hier möchte ich nämlich ganz gerne anknüpfen: "Und es ist gewiß nicht bloß schlampige Tradition, dass sehr viele Dirigenten diese Retuschen berücksichtigen." Lese ich aus dieser Aussage richtig heraus, dass der Zitierte den vorgenommenen Änderungen zustimmt? Ich hatte schon immer im Gefühl, dass da etwas nicht stimmen kann und ich hätte auch eine passable Lösung anzubieten: Spätestens seit mir Arthur Schoonderwords Einspielung der Beethoven Klavierkonzerte 4 & 5 über den Weg liefen glaube ich, dass bei der Uminstrumentation ein eklatanter Fehler begangen wurde. Er ist aber vielleicht nur halb so schlimm.


    Wenn ich von Schoonderwoerds Ausführungen ausgehe, dass im Lobkowitzschen Palais Raum für maximal 20 Musiker war und Schoonderwoerd mit seinem Ensemble Cristofori Beethoven deshalb mit 2 [solo] Geigen, 2 [solo] Bratschen [geteilt], 2 [solo] Celli, einem Kontrabass und paarweise besetzten Bläsern vorträgt, dann kommt man auf eine Spieleranzahl von exakt 20 Personen [2 Vl, 2 Vla, 2 Vc, 1 KB, 2 Fl, 2 Ob, 2 Clar, 2 Fg, 2 Cor, 2 Trp, 1 Pauker mit zwei oder mehr Pauken]. Dass sich dabei das Klangbild des Werkes gegenüber altbekannten Interpretationen total verschiebt, dürfte klar sein: Besonders markant ist hier dankenswerter Weise die Überpräsenz der Holzbläser sowie ein maximal wuchtiger Knalleffekt beim Einsatz von Blech und Pauken. Diese Effekte treten bei heutigen Standard-Sinfonie-Orchester-Besetzungen nicht ein - so gehen Solofagotte beispielsweise unter, was bei moderner Besetzung eine Uminstrumentation [z.B. zu den Hörner] rechtfertigte. Bei meiner Überlegung [Streichersolobesetzung] gehe ich davon aus, dass der Komponist Beethoven durchaus wusste, in welcher Größe "sein Orchester" sein würde. Beweisen läßt sich dies allerdings wohl eher kaum.


    Ich brenne nahezu auf eine Einspielung der 5ten [auch aller anderen :D ] mit dem Ensemble Cristofori und Schoonderwoerd, um für meine Behauptung zumindest ein klanghaftes Indiz zu haben.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Ulli


    Hier möchte ich nämlich ganz gerne anknüpfen: "Und es ist gewiß nicht bloß schlampige Tradition, dass sehr viele Dirigenten diese Retuschen berücksichtigen." Lese ich aus dieser Aussage richtig heraus, dass der Zitierte den vorgenommenen Änderungen zustimmt?



    Ich bin zwar nicht der Zitierte, gebe aber trotzdem mal meinen Senf dazu: m.W. handelt es sich bei der angesprochenen Passage im Kopfsatz der Fünften nur um Takt 303ff. - und hier spielen die Fagotte ohne jegliche Orchesterbegleitung: also kann es nicht um die Klangbalance gehen. Ich habe nie begriffen, warum man hier früher retuschiert hat: die einzigen Beweggründe scheinen mir der Wunsch nach klanglicher Aufblähung und Panzerung sowie die Analogie zur entsprechenden Stelle in der Exposition zu sein. Dabei hat sich Beethoven zweifellos was dabei gedacht, als er die Stelle in der Reprise klanglich "abgeschwächt" hat.



    Zitat

    Ich hatte schon immer im Gefühl, dass da etwas nicht stimmen kann und ich hätte auch eine passable Lösung anzubieten: Spätestens seit mir Arthur Schoonderwords Einspielung der Beethoven Klavierkonzerte 4 & 5 über den Weg liefen glaube ich, dass bei der Uminstrumentation ein eklatanter Fehler begangen wurde. Er ist aber vielleicht nur halb so schlimm.


    Wenn ich von Schoonderwoerds Ausführungen ausgehe, dass im Lobkowitzschen Palais Raum für maximal 20 Musiker war und Schoonderwoerd mit seinem Ensemble Cristofori Beethoven deshalb mit 2 [solo] Geigen, 2 [solo] Bratschen [geteilt], 2 [solo] Celli, einem Kontrabass und paarweise besetzten Bläsern vorträgt, dann kommt man auf eine Spieleranzahl von exakt 20 Personen [2 Vl, 2 Vla, 2 Vc, 1 KB, 2 Fl, 2 Ob, 2 Clar, 2 Fg, 2 Cor, 2 Trp, 1 Pauker mit zwei oder mehr Pauken]. Dass sich dabei das Klangbild des Werkes gegenüber altbekannten Interpretationen total verschiebt, dürfte klar sein: Besonders markant ist hier dankenswerter Weise die Überpräsenz der Holzbläser sowie ein maximal wuchtiger Knalleffekt beim Einsatz von Blech und Pauken. Diese Effekte treten bei heutigen Standard-Sinfonie-Orchester-Besetzungen nicht ein - so gehen Solofagotte beispielsweise unter, was bei moderner Besetzung eine Uminstrumentation [z.B. zu den Hörner] rechtfertigte. Bei meiner Überlegung [Streichersolobesetzung] gehe ich davon aus, dass der Komponist Beethoven durchaus wusste, in welcher Größe "sein Orchester" sein würde. Beweisen läßt sich dies allerdings wohl eher kaum.



    Natürlich spielt die Klangbalance eine wichtige Rolle. Dass aber eine Minimalbesetzung des Streicherapparats die "richtige" Lösung ist, bezweifele ich. Sie ist allenfalls eine mögliche. Zur Begründung:


    - Wenn die Fakten für das Palais Lobkowitz stimmen, muss das nicht heißen, dass damit eine Ideallösung im Sinne Beethovens vorliegt. Das gilt insbesondere für Werke, die m.W. überhaupt nicht dort aufgeführt wurden, wie etwa die fünfte Symphonie (im Theater an der Wien dürfte wesentlich mehr Platz für das Orchester zur Verfügung gestanden haben). Für die Uraufführung der Neunten ist eine Orchesterstärke von 44 Mann belegt, zusätzlich einer nicht spezifizierten Anzahl von "Dilettanten".


    - Gerade im Bereich der "traditionellen Orchester" hat sich in Bezug auf die Klangbalance viel getan. Man setzt heute wohl nur noch in den seltensten Fällen auf Retuschen und nimmt auch nicht mehr in Kauf, dass einzelne (Holzbläser-)Stimmen im Gesamtklang untergehen. Das lässt sich alles durch maßvolle Reduzierung des Streicherapparats und gezügelteres (u.a. vibratoärmeres) Spiel erreichen. Dadurch kommen dann auch wieder die intendierten Farbmischungen zustande. Alles schon im Konzertsaal gehört. Dagegen kann ich mir vorstellen, dass ohne (wie in einer Einspielung) künstlich hergestellte Klangbalance ein solistisch (oder zweifach) besetzter Streicherapparat Probleme hat, sich gegen die restlichen Instrumente durchzusetzen (etwa in den Zuspitzungen der Durchführung des Kopfsatzes der Eroica). Wie verhält sich das eigentlich mit der Savall-Aufnahme der Eroica, die doch auch im Palais Lobkowitz entstanden ist?


    Viele Grüße


    Bernd

  • Salü,


    Zitat

    Original von Zwielicht
    m.W. handelt es sich bei der angesprochenen Passage im Kopfsatz der Fünften nur um Takt 303ff. -


    Ich bin dummer Weise gerade nicht im Besitze einer Partitur :O - ich glaube aber, dass Du Recht hast. Und dann widersprichst Du Dir:


    Zitat

    und hier spielen die Fagotte ohne jegliche Orchesterbegleitung: also kann es nicht um die Klangbalance gehen.


    . / .


    Zitat


    Natürlich spielt die Klangbalance eine wichtige Rolle. Dass aber eine Minimalbesetzung des Streicherapparats die "richtige" Lösung ist, bezweifele ich. Sie ist allenfalls eine mögliche.


    Es sollte meinerseits auch eine Darstellung als Möglichkeit sein!


    Zitat

    - Wenn die Fakten für das Palais Lobkowitz stimmen, muss das nicht heißen, dass damit eine Ideallösung im Sinne Beethovens vorliegt.


    Richtig. Das habe ich an anderer Stelle hier im Forum auch sinngemäß so geschrieben. Jedenfalls klingen bei einer "Standardeinspielung" mit einem großen unhipen Sinfonieorchester die Solofagotte wegen der höheren Lage durchaus nach Quietscheentchen, was bei einer minimierten Streicherbesetzung nicht der Fall ist, da der Klang der Fagotte ohnehin wesentlich präsenter ist. Da fällt diese Stelle nicht so aus der Reihe. Auch hier stellt sich aber die Frage nach dem, was der Komponist tatsächlich beabsichtigte!?


    Norrington besetzt die "London Classical Players" bei der 5ten beispielsweise mit je 10 ersten und zweiten Violinen, 8 Bratschen und je 6 Celli und Kontrabässen.


    Zitat

    Wie verhält sich das eigentlich mit der Savall-Aufnahme der Eroica, die doch auch im Palais Lobkowitz entstanden ist?


    Interessiert mich ebenfalls. :yes:


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli,


    die konkrete Stelle in Beethovens Fünfter habe ich in der korrekten Form mehrfach auf CD und im Konzertsaal mit "traditionellen" Orchestern gehört - und fand den Klang der Fagotte nie quietscheentchenmäßig, sondern immer recht markant, wenn auch (wie offenbar von Beethoven beabsichtigt) natürlich nicht so dröhnend wie bei der von Hörnern gespielten Parallelstelle in der Exposition. Ich gebe Dir ja prinzipiell recht, dass man z.B. Fagotte in einem kompakten Orchesterklang eher selten - zu selten - heraushört. Eine Stelle, wo bei älteren Aufnahmen mit massivem Streicherapparat die Fagotte und Oboen schon mal untergehen können, ist beispielsweise T. 253-267, so dass dann das Oboensolo in T. 268 ohne die von den Streichern zugedeckte "Vorbereitung" etwas unmotiviert erscheint. Das lässt sich aber - wie oben erläutert - auch bei unHipen Symphonieorchestern vermeiden, wenn mit den richtigen Besetzungsrelationen und einer intelligenten Artikulation gearbeitet wird.


    Die von Dir angegebene Stärke des Streicherapparats bei Norrington entspricht nach meiner Erinnerung derjenigen, wie sie etwa in Abbados Berliner Beethoven-Aufnahmen anzutreffen ist. Oder auch bei Harnoncourts Beethoven mit dem COE. Noch stärker zugunsten der Bläser dürfte die Klangbalance etwa bei Zinman oder in der neuen Eroica-Aufnahme mit Berglund verschoben sein. Wie auch immer: meine Intention war nur, zu zeigen, dass es auch mit Nicht-Hip-Orchestern funktioniert - weil sie von HIP gelernt haben.


    Nichtsdestotrotz finde ich auch solche radikalen Ansätze wie bei Cristofori u.a. sehr interessant. Die jpc-Schnipsel habe ich jedenfalls schonmal gehört (und fand den Beginn von IV/1 und V/2 sehr ansprechend). Wird sicher in nächster Zeit in meinem CD-Player landen.


    Eine Online-Partitur von Beethovens Fünfter findest Du übrigens hier (zwar leider nicht die Urtext-Ausgabe, aber immerhin):


    http://www.dlib.indiana.edu/variations/scores/symphonic.html


    (Passt zwar gerade nicht hierhin, aber egal: der Große-Fuge-Soundtrack zum "Klang der Stille" scheint die Aufnahme des Takacs-Quartetts zu sein.)


    Viele Grüße


    Bernd


  • Ich kann mich erinnern im Instrumentationsunterricht auf eine Stelle in einer Beethovensymphonie hingewiesen worden zu sein, wo man die Fagotte nicht hört, "Beweis" war eine Karajan-Einspielung.
    :hahahaha:
    Bei Gardiner hört man die Fagotte natürlich schon. Ich nehme an, dass das Problem eine Mischung aus falscher Besetzung und falschen Instrumenten ist und kein Fehler Beethovens.
    :hello:

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  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Ich kann mich erinnern im Instrumentationsunterricht auf eine Stelle in einer Beethovensymphonie hingewiesen worden zu sein, wo man die Fagotte nicht hört, "Beweis" war eine Karajan-Einspielung.
    :hahahaha:
    Bei Gardiner hört man die Fagotte natürlich schon. Ich nehme an, dass das Problem eine Mischung aus falscher Besetzung und falschen Instrumenten ist und kein Fehler Beethovens.
    :hello:



    Nein! :motz: :D


    Das Problem ist die falsche Besetzung!


    Q.e.d. durch zahlreiche adäquate Aufführungen und Einspielungen mit falschen...äh...modernen Instrumenten.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Zwielicht
    Nein! :motz: :D


    Das Problem ist die falsche Besetzung!


    Q.e.d. durch zahlreiche adäquate Aufführungen und Einspielungen mit falschen...äh...modernen Instrumenten.


    oder vielleicht der falsche Dirigent
    :untertauch:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    oder vielleicht der falsche Dirigent
    :untertauch:



    Das natürlich auch ... irgendwer muss die falschen Besetzungsrelationen ja anordnen, in Kauf nehmen oder was auch immer.


    Wobei man doch früher meist (gerade bei Beethoven) die Bläser verdoppelt hat, um ihnen eine Chance gegen die Streicher zu geben.


    Jetzt fällt mir gerade Berlioz ein, der einmal das Trio von Beethovens Fünfter mit 32 Kontrabässen spielen ließ ... Ich hoffe, die Zahl der Fagotte wurde entsprechend auf 16 erhöht... :D


    Viele Grüße


    Bernd

  • Die einzige mir bekannte Einspielung der 5. Sinfonie Beethovens, bei der man die Klarinetten im Eröffnungsmotiv hören kann, ist übrigens die "historisch-informierte" unter Norrington: Er lässt die Klarinetten die Fermate einfach länger aushalten :hahahaha:


    Loge

  • Zitat

    Original von Loge
    Die einzige mir bekannte Einspielung der 5. Sinfonie Beethovens, bei der man die Klarinetten im Eröffnungsmotiv hören kann, ist übrigens die "historisch-informierte" unter Norrington: Er lässt die Klarinetten die Fermate einfach länger aushalten :hahahaha:


    Loge



    Stimmt, diese Stelle wollte ich auch schon ansprechen. Hier wäre eine Minimalbesetzung der Streicher vielleicht die einzige Chance, die Klarinetten als Farbton rauszuhören.


    Wobei man sich über Norrington wie immer streiten kann. Im positivistischen Sinne einer peniblen Befolgung der Partitur liegt er sicherlich daneben - aber er stößt den Hörer (gerade den nicht partiturkundigen) immerhin mit der Nase darauf, dass hier etwas vorhanden ist, das man sonst nie hört.


    Viele Grüße


    Bernd

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