Klaus Florian Vogt, ein neuer Held?

  • Hallo zusammen,


    letzten Samstag sah ich auf 3sat die Aufzeichnung der letzten AIDS-Gala. Da wurde ich auf einen Sänger aufmerksam, der die Gralserzählung sang, wie ich sie noch nie gehört hatte. Das war wie das natürlichste Singen der Welt. Bel canto auf deutsch, also mit schöner Stimme, deutlicher Aussprache, höhensicher und trotz aller Lyrik mit einem markant-männlichem Timbre.
    Alte Wagner-Recken werden vielleicht das Stemmen und Röhren und "brünstiges Gedünst" vermisst haben. Ich dagegen finde: So muss der Gralsritter singen.
    Die Rede ist von Klaus Florian Vogt, einem Tenor, auf den das deutsche Fach schon lange gewartet hat.
    Aus seiner vita seien einige Stationen wiedergegeben (Quelle: Spielplan der Oper Köln).

    Klaus Florian Vogt
    Der gebürtige Holsteiner studierte zunächst Horn an den Musikhochschulen in Hannover und Hamburg und spielte von 1988 bis 1997 im Philharmonischen Staatsorchester Hamburg. Währenddessen studierte er Gesang an der Musikhochschule Lübeck bei Günter Binge; in der Spielzeit 1997/1998 wurde er als Sänger ans Landestheater Flensburg engagiert. 1998 wechselte er an die Dresdner Semperoper, wo er sein Repertoire im jugendlich-dramatischen Fach mit Partien wie Tamino, Hans in »Die verkaufte Braut« und Matteo in »Arabella« erweiterte. Seit seinem Aufsehen erregenden Debüt am Erfurter Theater in der Titelrolle von »Lohengrin« gastierte er mit dieser Partie inzwischen u. a. auch in Dresden und Madrid. Seit 2003 ist er freischaffend tätig und sang in Hamburg, Dresden, Brüssel, Antwerpen, Amsterdam und Köln. Zwischen 2004 und 2005 hat er sein Repertoire mit vier Wagner-Rollen erweitert. In Hamburg sang er den Stolzing in »Die Meistersinger von Nürnberg«, er sang den Parsifal, Erik in »Der fliegende Holländer« und Loge in »Das Rheingold «. 2005 war er in Köln als Florestan und in Amsterdam als Paul in »Die tote Stadt« engagiert, er sang in Dresden und Tokio. Im Mai 2006 debütierte er an der Metropolitan Opera New York unter der Leitung von Philippe Auguns als Lohengrin. Mit dieser Partie, die er in dieser Spielzeit in Köln verkörpert, war er auch in einer Neuinszenierung von Nikolaus Lehnhoff in Baden-Baden unter Kent Nagano zu erleben.


    Wer von euch kann zu diesem Sänger noch etwas beitragen?

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Das passt ganz gut zu dem Thema "deutsche Sänger". Klaus-Florian Vogt ist auch ein Sänger, von dem ich, als ich ihn das erste Mal hörte (in Bremen, in der "toten Stadt") sehr positiv überrascht war und dachte, das könnte ein interessanter Tenor auch für Wagner werden.


    Kurze Zeit später übernahm er in Hamburg den Walther von Stolzing und den Parsifal. Im Monatsheft der Staatsoper war ein Interview abgedruckt, wo er selbst schon den Siegfried ins Spiel brachte, allerdings noch als Zukunftsmusik. Reizvoll sei für ihn, das Hornsolo selbst spielen zu können.


    Ich selbst habe ihn live seit Bremen nicht mehr gehört, aber ich glaube, hier im Forum gelesen zu haben, dass er als Lohengrin auch in Köln aufgetreten ist - und der Berichterstatterin nicht hundertprozentig zugesagt hatte.


    Bleibt zu hoffen, das sich seine Karriere so entwickelt, wie es seiner Stimme nicht schadet.

  • Am 31. Januar diesen Jahres sang Klaus Florian Vogt den Lohengrin an der Mailänder Scala:


    "Teatro alla Scala
    31 January 2007


    Richard Wagner
    LOHENGRIN


    Klaus Florian Vogt (Lohengrin)
    Solveig Kringelborn (Elsa)
    Linda Watson (Ortrud)
    Jurgen Linn (Telramund)
    Ronnie Johansen (Heinrich)
    Ernesto Panariello (Der Herrufer)
    Giorgio Giuseppe Tiboni - Massimiliano Italiani - Massimo Pagano -
    Bruno Gaudenzi (Vier brabantische Edle)
    Lucia Ellis Bertini - Maria Blasi - Marlena Bonezzi - Lucia Bini
    (Vier Edelknaben)


    Daniele Gatti, conductor"



    Wer sich nicht scheut, sich in der yahoo-group "OperaShare" anzumelden kann dort diese Aufführung vollständig finden - einfach nach "Klaus Florian Vogt" suchen.


    Dann kann man sich unmittelbar ein Bild machen...


    :hello:
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Zitat

    Original von Siegfried
    Hallo zusammen,


    letzten Samstag sah ich auf 3sat die Aufzeichnung der letzten AIDS-Gala. Da wurde ich auf einen Sänger aufmerksam, der die Gralserzählung sang, wie ich sie noch nie gehört hatte. Das war wie das natürlichste Singen der Welt. Bel canto auf deutsch, also mit schöner Stimme, deutlicher Aussprache, höhensicher und trotz aller Lyrik mit einem markant-männlichem Timbre.
    Alte Wagner-Recken werden vielleicht das Stemmen und Röhren und "brünstiges Gedünst" vermisst haben. Ich dagegen finde: So muss der Gralsritter singen.


    Ich habe diese Aufzeichnung von 2006 auch am Samstag gesehen und muß ausdrücklich betonen, dass ich sonst nichts von ihm kenne, also die Beurteilung nur auf dieser einzigen kurzen Kostprobe beruht...aber ich fands grauenvoll***, sorry.


    Sicher, er hat eine sehr schöne Stimme. Ein wundervoll lyrisches Material, aber das war kein Belcanto. Belcanto setzt ein Legato voraus - und zwar eines, dass länger anhalten sollte, als 1-2 Wörter lang. Er hat eigentlich in jede Phrase hineingeatmet und damit die Gesangslinie immer wieder unterbrochen. Das war dermaßen enervierend, dass ich mich gefragt habe, warum er das macht und ob da - ernsthaft - eventuell gesundheitliche Probleme mitspielen. :no:


    Man höre mal nur zum Vergleich einen dem ideal nahekommenden Lohengrin von Franz Völker. Ich würde einfach mal schätzen, dass er im Durchschnitt mindestens 50% weniger Atemzüge auf die gesamte Gralserzählung braucht. Weiterhin fand ich das auch alles ziemlich einfallslos phrasiert, zusammen mit dem ständigen Unterbrechen innerhalb dessen, was eigentlich auf einem Atem gesungene Phrasen sein sollten, wirklich für mich kein Genuß.


    In den ersten Sekunden dachte ich noch: Boah, was für eine Stimme. Dann nur noch: Was macht der eigentlich da ? Habe es selten erlebt, dass mich ein Gesangsvortrag so unzufrieden macht... ?(


    etwas ratlose Grüße
    Sascha


    ***grauenvoll ist zu hart ausgedrückt, ich weiß...aber das dieses Wort jetzt meinen Fingern entfloss, beschreibt, wie genervt ich beim Hören und sehen war ....zumal man das Atmen auch immer schön deutlich hörte :O

  • Hallo,


    also das "brünstige Brüllen" vermisse ich im Wagnergesang grundsätzlich nicht. Bei Herrn Vogt vermisse ich allerdings vieles, was ich für einen sängerisch erfüllten Wagnergesang für notwendig erachte: Timbre, Volumen, Gestaltungsfähigkeit. Sicher hat Herr Vogt keine unangenehm klingende Stimme und er kann damit einige schöne Effekte produzieren (messa di voce, Kopfstimme), aber sie ist verdammt klein, nicht sonderlich tragfähig und vor allem: farblos (alles basierend auf persönlichen Eindrücken aus der Hamburger Staatsoper). Herr Vogt boxt ca. zwei Klassen zu hoch, für seine Stimme sollte eigentlich beim Tamino Schluss sein. Stattdessen wagt er sich an ein Repertoire, vor dem von der Natur weit besser ausgestattete Stimmen wie Gedda oder auch Schreier zurückgeschreckt sind. Und dann noch den Siegfried singen zu wollen... :no: Damit ihn der Mime nicht aussingt, werden sie dann für die Rolle wohl einen Knabensopran engagieren. :hahahaha:


    Ein weiteres: Vogt ist nicht gerade ein begnadeter Darsteller und singt seine Rollen zumeist recht unbeteiligt. Dramatik geht ihm ziemlich ab, man bekommt aber immerhin einen gepflegten Vortrag. Wagner sozusagen aus der akustischen Perspektive eines durchschnittlich interessanten Bachevangelisten. Wo werden wir Herrn Vogt wohl in zehn Jahren finden? Wohl dort, wo sich die Herren Protschka, Wottrich und all die anderen, die stimmlich über ihren Möglichkeiten gesungen haben, jetzt tummeln: an einer deutschen Musikhochschule...


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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  • K.F.Vogt habe ich nur einmal gehört - als Siegmund im Karlsruher "Ring". Beim Baden-Badener "Lohengrin" war er krank.
    Ich finde, dass es kaum einen lyrischeren Tenor im Heldenfach gibt als ihn. So samtweich, so zart habe ich den Siegmund jedenfalls noch nie gehört. Und endlich mal kein umgeschulter Bariton. Bei meiner Begleiterin flossen an diesem Abend während der Todesverkündung die Tränen. Und das gibt es ja auch nicht sooo häufig.
    ABER: Ich habe ihn nicht als Heldentenor empfunden - eher als kraftvollen Oratoriensänger. Dazu fehlt ihm einfach die Power, das Eruptive. Er klingt ein wenig lieb und brav, keusch, bösere Zungen könnten ihn auch als anämisch oder aspetisch bezeichnen. (Das macht ihn in meinen Augen zum idealen Lohengrin)Stimmliche, gar charakterliche Abstufungen, die ganzen Wagner'schen Abgründe sucht man in der Gestaltung bei ihm (noch) vergebens.
    Mein nächsten K.F.Vogt-Eindruck werde ich hoffentlich in zwei Monaten bei der Münchner "Chowansctschina" erhlaten - ich bin gespannt, ob sich da was getan hat.

  • Bei mir läuft gerade der Scala-Mitschnitt, "Heil, König Heinrich".
    Noch ein bisschen früh, aber um seine Gesunheit mache ich mir noch keine Sorgen...


    Bin schon mal schwer gespannt, wie's weitergeht...


    :hello:
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Zitat

    Original von GiselherHH
    Wagner sozusagen aus der akustischen Perspektive eines durchschnittlich interessanten Bachevangelisten.
    Grüße


    GiselherHH


    Das bringt messerscharf auf den Punkt, wie ich die emotionale Seite seines Vortrags empfand, mir fehlten nur die passenden Worte. ;)


    Gruß
    Sascha

  • Nachtrag:


    Hat mich jetzt doch interessiert, was mich da so störte. Vogts Gralserzählung der AIDS-Gala ist ja via Youtube verfügbar, habe ich also grad eben mal verglichen mit der Version von Franz Völker aus der Staatsoper 1943. Zahlenangaben ohne Gewähr, aber von der Relation her sollte es stimmen. :D


    Völker unterbricht ca. 35 mal deutlich die Gesangslinie ( das meint also nicht nur Atempausen), Vogt bringt es auf ca. 43 mal. Nun ist das auf die Gralserzählung gerechnet schon recht viel. Störend wirkt aber, dass er es aus meiner Sicht an musikalisch vollkommen unsinnigen Stellen tut. Beispielsweise setzt in der Phrase "Alljährlich naht vom Himmel eine Taube" sowohl hinter "naht" wie auch vor der "Taube" ab, um dann die nächste Unterbrechung schon nach"um neu zu stärken noch vor"seine Wunderkraft" einzufügen.


    Ebenso unverständlich z.B. die Pause bei "so kostbar, als auf Erden nichts bekannt" direkt hinter "kostbar. Restlos unerklärlich die Pause direkt in dem Wort "Engel-schar".


    Völker bindet das alles deutlich besser und selbst wenn er unterbricht, wirkt es nicht so brachial.


    Wie gesagt, mir ein Rätsel, warum Vogt das so singt. Auf mich wirkt es sehr störend. Die Stimme ist schön, aber man merkt schon, wie sie in der Hohe im Forte unangenehm scharf wird. (Bei Völker 1943 nicht besser, die Stimme wird unangenehm in die Höhe gepresst und wirkt eng - aber 7 Jahre davor klang das noch deutlich anders. )


    Gruß
    Sascha

  • Zitat

    Original von GiselherHH
    Wo werden wir Herrn Vogt wohl in zehn Jahren finden? Wohl dort, wo sich die Herren Protschka, Wottrich und all die anderen, die stimmlich über ihren Möglichkeiten gesungen haben, jetzt tummeln: an einer deutschen Musikhochschule...


    Dass ist das, was ich durchaus befürchtet habe: dass da jemand wieder zu früh das (noch) falsche Fach an zu grossen Häusern singt. Es wäre echt schade um eine Stimme, die aufhorchen macht. Seinen Stolzing hätte ich gerne gehört (ich hatte in der Premiere Treleaven, nachdem - ich glaube - Robert Gambill schon im Vorfeld aufgegeben hatte.)...

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  • Also ich bin hier gerade in den letzten Zügen des dritten Akts und kann nichts erkennen, was zur Sorge Anlass gäbe.


    Keine baumdicke Heldenstimme, aber er forciert nicht, sondern erreicht das, was ihm an Tragfähigkeit gegeben ist, durch ein Singen "weit vorne" - da braucht man keine Angst zu haben.


    Er kann auch ganz am Ende noch ein wunderbares hauchzartes pp singen, schöner eigentlich als im ersten Akt...


    Die Gralserzählung ist ebenfalls wunderbar, von asthmatischen Symptomen auch keine Spur weit und breit. Die meisten Spitzentöne kommen auch schön frei und wirken sehr "gesund". Es gibt ein paar Momente wo er an die Grenzen geht - aber das ist z.B. das Gral-a'. Er liefert eine betörende p-diminuendo-al-niente "Taube" ab, die sich vor nichts und niemand verstecken muss und singt auch sonst - einfach sehr musikalisch, mit gutem Legato, ohne störende Brüche und ohne zu versuchen, die Grenzen seiner Stimme zu überschreiten.


    Unbeteiligt kommt er mir übrigens auch nicht vor - er hat halt nun einmal eine klare, helle, nicht übergroße Stimme. Die er aber sehr musikalisch einsetzt. Überdies kommt der gute Lohengrin doch auch "aus Glanz und Wonnen" und darf deshalb schon was Verklärtes an sich haben, oder?


    Und wenn er sich beim Siegfried genauso auf seinen Stimmsitz verlässt und nicht versucht, sich künstlich größer zu machen, dann ist er vielleicht ein äußerst knabenhaft-unschuldiger Siegried, aber er wird sich nicht zerstören damit. Der Rest ist dann Geschmackssache, aber man sollte doch bitte auch bedenken, dass die Sängerlegenden der Vergangenheit erstens auch so ihre Unarten hatten, zweitens mit enormen Strichen gesungen haben (hier ist im dritten Akt auch der übliche Strich), viertens zum Teil in bizarren Tempi (Melchior!) und fünftens war zu Wagners Zeit das Orchester wesentlich leiser, klanglich weicher und noch dazu tiefer gestimmt.


    Kein Wunder, dass man sich heute schwertut, eine erstklassige Wagner-Besetzung hinzubekommen. Aber Vogt als Lohengrin einer Einspielung mit historischen Instrumenten: das könnt' ziemlich nah hinkommen an den Idealfall!


    Ich kann nur empfehlen, den Weg zu Operashare zu gehen. Es lohnt sich.


    :hello:
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Zitat

    Original von Antracis
    Man höre mal nur zum Vergleich einen dem ideal nahekommenden Lohengrin von Franz Völker. Ich würde einfach mal schätzen, dass er im Durchschnitt mindestens 50% weniger Atemzüge auf die gesamte Gralserzählung braucht.


    ***grauenvoll ist zu hart ausgedrückt, ich weiß...aber das dieses Wort jetzt meinen Fingern entfloss, beschreibt, wie genervt ich beim Hören und sehen war ....zumal man das Atmen auch immer schön deutlich hörte :O


    Gehören Stoppuhr und Strichliste zu deinen Utensilien beim Musikhören?
    Die Herren Beckmesser und Kesting lassen grüssen!

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Siegfried
    Gehören Stoppuhr und Strichliste zu deinen Utensilien beim Musikhören?
    Die Herren Beckmesser und Kesting lassen grüssen!


    Hallo Siegfried,


    den Vergleich mit Kesting schlage ich gerne aus, weil ich mich bei weitem nicht mit seiner Kompetenz messen kann. Aber der Beckmesserei lasse ich mich nicht so einfach bezichtigen.


    Ausgangspunkt meiner Kritik war letztendlich nicht die penible numerische Aufstellung, sondern der spontane Eindruck während des Hörens der Gralserzählung, dass Vogt permanent äußerst störend die Gesangslinie außerhalb einer musikalisch stimmigen Phrasierung unterbricht, obwohl mich seine Tongebung durchaus angesprochen hat. Ich empfand dadurch den Vortrag in der Tat so enervierend, dass ich mich schon an dem Samstag fragte, woran es liegt, dass es mich derart stört. (In der Regel bin ich nicht so empfindlich, vielleicht hatte mich auch die extrem scharf klingende Höhe von Violetta Urmana, die ich davor hören musste, sensibilisiert :D)


    Nun ist es so, dass der Lohengrin sicher die Wagner-Partie ist, welche dem italienischen Belcanto am nächsten steht. Wenn nun ein Sänger in der Gralserzählung scheinbar ohne Not immer wieder das Legato unterbricht, welches nicht irgendein sängerischer Nebeneffekt, sondern eine der notwendigen Säulen des Belcanto ist, kann ich das nicht als Kleinigkeit sehen, welcher die Beckmesserei ja so gerne nachstellt.


    Das ich dann mit Strichliste und Zettel bewaffnet in die Schlacht zog, geschah nun vor allem aus Neugier und ergab, dass mein Eindruck von ca. 50% nicht annährend stimmt. (Insofern hat es sich für mich durchaus rentiert ;)) Andererseits können schon einige Unterbrechungen mehr an wesentlichen Stellen - welche ich an Beispielen aufzuzeigen versuchte - ausreichen. Hinzu kommt, dass ich sein Legato insgesamt nicht berauschend fand. Man kann Völker als einen der größten Legato-Sänger nicht als Maßstab schlechthin nehmen, aber wenn man Vogt aufmerksam zuhört, merkt man, dass es wirklich oft arg ungeschickt gemacht ist. Die Unterbrechungen wirken so drastischer, als es sein müsste, und das hängt vermutlich mit seiner Art des Toneinsatzes zusammen. Letztendlich kann ich mir die Unterbrechung innerhalb eines Wortes auch höchstens mit einem Schluckauf erklären, aber nicht aus einer musikalischen Logik heraus.


    All das ergibt das Bild einer eher mechanischen, nicht gerade musikalisch logischen Phrasierung. Zudem traf GiselherHHs Kritik an seinem Ausdrucksvermögen ins Schwarze. Wenn ich da also insgesamt nicht auf die Knie fallen kann...sorry, dafür schäme ich mich nicht.


    Falls du mal gelegentlich meine Beiträge zum Thema Gesang liest, wirst Du feststellen, dass ich abseits aller objektivierbaren Gesangstugenden auf die tiefschürfende Klick-Theorie in Verbindung mit Sängern schwöre. Wenn es bei Dir also geklickt hat und Du Freude empfindest, lass es Dir nicht nehmen. :)


    Ich befürchte allerdings, dass, falls er sich wirklich an die Siegfriede wagt, das keine langandauernde Freude sein dürfte.
    Denn zumindest so, wie seine Höhe in der Gralserzählung klang, dürfte es Ihm bei den Schmiedeliedern die Stimmbänder zerlegen. :stumm:


    :hello:
    Sascha

  • Hallo Sascha,


    im Punkt "Siegfried" geb ich dir recht. Da sind noch, wenn überhaupt, mehrere Jahre Reifezeit erforderlich. Sonst gibts Problöeme à la Goldberg & Co.


    Zur "Lohengrin" - Abschätzung hab ich einige Pressenotizen aus Köln mitgebracht. Sie sollen dir signalisieren, dass Vogt dieser Rolle durchaus gewachsen ist.


    LOHENGRIN | Richard Wagner
    Pressestimmen zur Aufführung in der Kölner Oper (Auszüge)


    Klaus Florian Vogt, der Florestan im Kölner „Fidelio“ singt den Lohengrin stark und groß und zugleich mit gläsern-klarer Direktheit, also ohne Vibrato-Schaukel.[…] Kölner Stadt-Anzeiger, 11.09.2006

    "Bei den Sängern (vor allem Lohengrin-Darsteller Klaus Florian Vogt), dem Gürzenich-Orchester und den Chören der Kölner Oper sind sich die Zuschauer ziemlich einig. Sie applaudieren begeistert mit lauten Bravo-Rufen, stehenden Ovationen und sogar Kreischen. http://www.wdr.de, 11.08.2006


    "Weltstars gaben Lohengrin Glanz Weltstars singen Lohengrin! Und die Kölner Oper hat mit dem Mittelalter-Märchen „Lohengrin“ einen furiosen Start in die neue Spielzeit hingelegt. Klaus Florian Vogt (zuletzt in der New yorker Met): ein Schwanenritter stark, schön, edel, zart. Bild Zeitung, 11.09.2006


    Musikalisch hatte der Abend seinen Sieger im Titelhelden. Angetan wie ein Bote vom Raumschiff Enterprise, prunkte Klaus Florian Vogt als heller, klarer und leichter Lyriker, als Dolcissimus mit ausreichender Kraft auch für die heldischen Momente. Rheinische Post, 11.09.2006


    Allen voran Klaus Florian Vogt mit klarem, alles überstrahlendem Tenor und guter Artikulation. Kölnische Rundschau, 11.09.2006


    Klaus Florian Vogt wird derzeit als junger Lohengrin hoch gehandelt, sang die Rolle auch schon an der Metropolitan New York. Er hat einen hellen, sehr lyrischen Ton, beginnt fast so fein als sänge er alte Musik, kann seinen Tenor stufenlos ins Heldische steigern, verfügt über ein großes Volumen.[…] Die Welt, 11.09.2006


    "…steht mit Klaus Florin Vogt in der Titelrolle und Camilla Nylund als Elsa eine erstklassige Sänger-Riege auf den Brettern.[…] Die sängerische Leistung der beiden Protagonisten indes ist eine Wonne.[…] Klaus Florian Vogt aber leuchtet mit schlankem Mozarttenor, dann mit strahlenden Helden-Tönen den Erlöser und Gralsritter aus. Der norddeutsche Künstler ist von Stimmer und Statur eine Idealbesetzung. Differenziert und von spannungsgeladener Langsamkeit klingt das Gürzenich-Orchester. Markus Stenz lässt die überirdischen Violin-Höhen bestechend schön strömen, Wucht und Schärfe indes erhält Lohengrins Leitmotiv ’Nie sollst du mich befragen’." Die Welt kompakt, 11.09.2006


    "Der silberne Ritter der Herzen. Wenn Klaus Florian Vogt, der mittlerweile weltweit gefragte Strahlemann, sein Retter-Inkognito in aller Öffentlichkeit vor König und vor Reich - wie er etwas übertreibend sagt - lüftet, da hätte man in der Kölner Oper noch den leisesten Handysummer hören können.
    Zu dieser atemberaubenden Gralserzählung nahm sich Markus Stenz mit dem Gürzenich-Orchester wohltuend zurück und überließ dem Tenor und seinem faszinierenden Lyrismus das Feld. Sonst setzte er erstaunlich oft nicht nur auf einen Klang mit Bodenhaftung, sondern ließ es regelrecht losdonnern, schien dem Silbrig-Schwebenden geradezu auszuweichen. Als Lohengrin sein großes Abschiedssolo gibt, passt auch das Chor-Tableau als Solisten-Umrahmung . Frankfurter Rundschau, 12.09.2006

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Das sollte hier auch Erwähnung finden: es ist jetzt also doch früher als erwartet soweit: Klaus-Florian Vogt gibt sein Bayreuth-Debüt noch in diesem Sommer mit dem Walther von Stolzing in der Inszenierung von Katharina Wagner. Ich bin sehr gespannt, wie sich Vogt mit dieser Partie im vergleichsweise sängerfreundlichen Bayreuther Haus einbringt.

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  • Zitat

    Original von Alviano
    Klaus-Florian Vogt gibt sein Bayreuth-Debüt noch in diesem Sommer


    wozu man ihm sicher nur gratulieren kann aber trotzdem bin ich ganz arg sauer :boese2:, denn deshalb wurde er vom Erik in München freigestellt und ich hatte mich sooooooo auf ihn gefreut.

  • Hallo.


    Ich habe die Lohengrin-DVD aus Baden-Baden (Nagano, Lehnhoff). Dort gibt Vogt für mich einen guten Lohengrin. Ich höre ihn jedenfalls sehr gern. Ich muss aber dazu sage, dass ich eben auch Kollo mittlerweile sehr gern in seinen Wagner-Rollen höre. Mir ist der lyrische, schlanke Tenor vermutlich lieber als sein heldisch-dröhnendes, baritonales Pendant.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Zitat

    Original von Liebestraum
    Vogt erinnert mich mit seinem Timbre sehr an Eberhard Büchner: lyrischer Tenor - ja; Wagner-Tenor - nein!



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:


    Vogt hat schon eine Stimme, die Strahlkraft besitzt, deswegen bin ich wirklich erstmal gespannt, wie er den Stolzing singt. Ich hätte ihn schon auch gerne in Hamburg mit dieser Partie gehört.


    Bei Eberhard Büchner hat mich gewundert, dass er wohl auch Partien wie den Lohengrin - zumindest zeitweise - gesungen hat. Da würde ich auch sagen, dass er ein rein-lyrischer Tenor ist.

  • Ich habe Klaus Florian Vogt letztes Jahr im Sommer im Nürnberger Ring als Siegmund gehört und fand ihn sehr gut. Er hat meiner Meinung nach durchaus das Zeug zu einem hoffnungsvollen Wagner-Tenor. Es wäre schön, wenn ihn sein Weg mal wieder nach Nürnberg führt. Den anstehenden Lohengrin im Mai wird er leider nicht singen ... :(


    Florian

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  • Der Thread ist zwar schon ein wenig abgehangen, aus gegebenem Anlass aber ein kurzer Beitrag aus Wien:
    Ich habe Vogt in den letzten Wochen zweimal als Erik (Holländer) und zweimal als Paul (Die Tote Stadt) gehört. Vor allem als Paul war er hervorragend, das ist ja eine Rolle an der so mancher "gestandene" Wagner Tenor scheitert. Er hat trotz der extrem unbequem hohen Lage der Rolle absolut keine Schwäche gezeigt, auch die Rollengestaltung war sehr gut. Meine erste Begegnung mit Vogt war sein Andrej Chowanski in München, da hat er mir muss ich gestehen gar nicht so sehr gefallen, mag aber daran liegen dass sein sehr helles Timbre zu der Rolle einfach nicht gepasst hat. Aber Erik war er gut, Paul sogar ausgezeichnet.
    Freu mich schon drauf mehr von ihm zu hören,


    LG
    Isis

  • Ich habe Vogt erst kürzlich als Lohengrin in Wien gesehen. Seine Stimme ist auffallend schön, sie strahlt in der Höhe, er hat keine Mühe mit den Orchesterwogen und verschafft sich Gehör, zudem ist er recht wortdeutlich. Er ist irgendwie eine andere Art eines Wagner-Tenors. Jemand bezeichnete ihn als Belcanto-Wagner-Sänger, was mir passend erscheint.
    Noch dazu sieht er aus wie man sich einen Lohengrin so vorstellt. Leider steckt man ihn in der Wiener Inszenierung meist in Anzug und Krawatte. Wie würde er wohl in einer Rüstung aussehen mit seinem schulterlangen blondgelockten Haar? Wohl ein Ideal-Lohengrin.
    Im Holländer konnte er nicht ganz so glänzen, dazu gibt die Rolle des Erik im Vergleich wohl zu wenig her. Obwohl er auch diese Partie sehr schön gestaltete.
    Jedenfalls ein Sänger, den man gerne wiederhören möchte.


    Hat ihn jemand als Lohengrin gesehen?


    Gregor

  • Auf Bayern 4 ist gerade eine Sendung mit Florian Vogt und im Moment höre ich die Gralserzählung. Eine wunderschöne Stimme, sie hört sich sehr gesund und jung an. Man wird sicher noch einiges von ihm hören.


    Schön, dass es mal wieder ein deutscher Sänger ist. Vom Hornisten zum Sänger, tolle Leistung.


    LG

  • Ich habe ihn im Mai im Wiener "Lohengrin" bewundern dürfen und seine Stimme und Interpreatation dieser Rolle, unglaublich schön und ergreifend !!
    Viel Glück für ihn :jubel:

  • Florian Vogt ist eine große Tenorhoffnung. Er hat eine fabelhafte Bühnenfigur, sympathische Ausstrahlung, eine jugendlich- helle, biegsamme Tenorstimme mit schönem Timbre und Schmelz. Wir hörten ihn dieses Jahr bei den Bayreuther Festspielen als Stolzing in den "Meistersingern" und waren begeistert. Nur das mit dem neuen Helden stimmt nur bedingt. Mir scheinen bis jetzt mit Stolzing und Lohengrin die stimmlichen Grenzen erreicht zu sein. Es ist sehr zu hoffen, dass dieser Rohdiamant nicht in für ihn zu frühen schweren Heldenpartien verschlissen wird.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Vogt macht ja eine richtige Tournee mit seinem Lohengrin :hahahaha: :hahahaha: Er singt diese Partie ja eigentlich überall, vor kurzem ist er in Berlin unter tosendem Applaus als Ersatz in einer Premiere mit dem Schwan dahergekommen.


    Im Ernst: Herr Vogt ist wirklich der absolut perfekte Lohengrin, diese hohe Tenorstimme, klar und rein: So soll der Schwanenritter sein. Auch optisch ist er ein Ritter, von dem man Elsa abnimmt, daß sie von ihm geträumt hat. In der Inszenierung aus Baden-Baden steht er weltfremd mit einem glänzenden Silberanzug auf der Bühne, dann diese Stimme...manche Opernmärchen werden halt doch wahr :jubel: :jubel:

  • Zitat

    Original von Louis
    Vogt macht ja eine richtige Tournee mit seinem Lohengrin :hahahaha: :hahahaha: Er singt diese Partie ja eigentlich überall, vor kurzem ist er in Berlin unter tosendem Applaus als Ersatz in einer Premiere mit dem Schwan dahergekommen.


    Leider waren auch ein paar kräftige Buhrufe dabei, die ich persönlich nicht verstand, denn ich fand ihn in dieser Rolle ebenfalls ideal, aber die Geschmäcker und Auffassungen, wie diese Rolle zu singen und zu gestalten ist, sind halt verschieden. Ich bekomme offensichtlich schon überhaupt nicht mit, dass er zu oft atmet und deshalb stört mich das auch nicht, aber andere eben doch.


    Wünsche KFV auf jeden Fall weiterhin viel Erfolg und hoffe, er teilt seine Kräfte gut ein.


    Gregor
    In Berlin war er in seiner silbernen Rüstung mit Helm fast zu kitschig schön. Vielleicht findest Du ja noch irgendwo ein Foto. Mir gefiel er auf jeden Fall als Erik im Bademantel auch ganz gut :yes: ;)


    Herzliche Grüße
    Ingrid

  • Also ich habe KFV nur einmal als Stolzing gehört. Auf der einen Seite ist sicher seine Gesangskultur zu nennen, die jegliches Brüllen vermeidet. Auf der anderen Seite finde ich seine Stimme ein bisschen zu farblos, als dass sie mich über die gesamte Aufführungsdauer fesseln konnte.
    Gerade in den Preisliedern stellte sich doch eine gewisse Langweile ein.


    Und natürlich macht mir auch Sorge, dass er sich auf Dauer schon versingt. Schade wäre es um ein großes Potential für die Zukunft.

  • Am Wochenende konnte Klaus Florian Vogt einen riesigen Triuph im Düsseldorfer Opernhaus feiern. Beim Jubiläumskonzert zum 80. Geburtstag von Hans Wallat sang er Lohengrins "Gralserzählung" und erntete Ovationen!


    Seinen nächsten großen Erfolg will er kommende Woche als Paul in Korngolds "Toter Stadt" im Frankfurter Opernhaus feiern.


    Näheres hierzu auf seiner Webseite: http://www.klaus-florian-vogt.de/


    Wenn man sich diese Website länger ansieht (sie baut sich sehr langsam auf, also viel Zeit und Geduld mitbringen!) glaubt man nicht, dass er sich zu schnell und zu früh verschleißen wird:
    Sein Terminkalender zeigt für die kommenden Monate kaum mehr als 2, max. 3 Auftritte pro Monat, er läßt es also recht gemütlich angehen (vergleicht mal den Kalender des fast 70-jährigen Placido D. dagegen!)


    Hier noch ein Hinweis: Der Hessische Rundfunk (2.Programm) überträgt am 22. November live im Radio die Premiere der "Toten Stadt" (ab 17.30 Uhr). Näheres demnächst im Opernforum unter "Oper - heute im Radio".


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)



  • grauenvoll - hart, aber gerecht(fertigt)


    Ich hatte in Berlin das sehr zweifelhafte Vergnügen, mir dieses Geschnarre anhören zu müssen. Dieser Mensch ist völlig unmusikalisch, nicht in der Lage, eine vernünftige Phrase zu singen, ohne diese mindestens dreimal zu zeratmen - von Gestaltung möchte ich schon gar nicht reden. Alles, egal ob "Heil, König Heinrich!" oder "Atmenst Du nicht *Schnappatmer* mit mir die holden *Schnappatmer* Düfte", ob "Euch Helden, soll der *Schnappatmer* Glaube nie *Schnappatmer* gereuen" oder "Seht dort, den *Schnappatmer* Helden von Brabant..." - alles klingt gleich. Besonders schmerzlich fiel dies neben Dorothea Röschmann auf, die ihm eine Lehrstunde erteilte, wie Phrasen zu gestalten sind.


    Mir graust jetzt schon vor den Meistersingern an der DOB. Da wird es wohl auch wieder "leider" einige Buhrufe geben.

    Einmal editiert, zuletzt von Alter Frager ()

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