Aussterbende Wörter

  • Ein Thema, das eigentlich in den Adventkalendertread gehören würde, aber da ich mein Türchen schon an kohlrabenschwarze Pettitessen/Nichtigkeiten/un-er-lässliche Sünden verschwendet habe, auch hier seinen Platz finden kann.
    Ich bekomme jedes Jahr von einer deutschen Freundin einen wunderschönen Adventkalender zugeschickt, der die Besonderheit hat, bis zum 6. Januar zu reichen.


    Heute war das Thema "Vom Aussterben" bedrohte Worte dran und es gibt 16 herausnehmbare Magneten mit Worten, die man kaum noch oder gar nciht mehr nutzt und die in einem Wettbewerb zum schönsten bedrohten Wort letztes Jahr prämiert wurden.
    Jedes Wort kann man sich z.B. an den Kühlschrank heften und damit einige Tage leben und meditieren


    Ich will sie hier nach und nach vorstellen und fragen, was euch dazu einfällt , welche Ursprünglche, auch ethymologische Bedeutung dahintersteht, wo man sie in der Literatur findet bzw ob sie noch zeitgemäss sind.


    Den ersten Preis gewann das Wort


    KLEINOD



    Ein wirkliich seltenes Wort, von dem ich zwar den Ursprung des -od nicht weiss, aber das ich als Bezeichnung für ein Juwel im direkten und übertragenen Sinne kenne.
    Jemanden oder etwas als Kleinod zu bezeichnen, zeigt eine ganz besondere Wertschätzung und Achtung, in der nicht nur grösste Bewunderung sondern auch ein Stück Zärtlchkeit mitschwingt. Scheint mir jedenfalls so. Der Seltenheitswerts eines "Kleinods" spielt sicher eine besondere Rolle bei der Namensgebung .


    Ich finde dieses Wort serh schön und kann seine Placierung auf Rang 1 gut verstehen.


    Mir ist es in der Literatur zuletzt bei einer deutschen Übersetzung von Diderot begenet. Dessen Roman "Les bijoux indiscrets" trägt den deutschen Titel "Die indiskreten Kleinode".


    Fairy Queen

  • Liebe Fairy,


    Das Wort "Kleinod" ist mittelhochdeutschen Ursprungs. Daß es selten gebraucht wird, hat allerdings wohl eher damit zu tun, daß es einer besonders hohen Stilschicht angehört, das heißt es ist einerseits zwar synonym mit "Juwel" andererseits aber doch nur beschränkt, denn gemeint ist ein besonderes Juwel. Man kann "Kleinod" daher nicht immer statt "Juwel" verwenden, sondern es paßt nur, wenn man den außerordentlichen Wert des/der damit bezeichneten Objekts/Person betonen will. Ebenso kann damit eine bestimmte Gefühlseinstellung gegenüber dem Gemeinten angedeutet werden oder auch die historische Entfernung bzw. ein Respektabstand. "Kleinod" ist kein Wort, daß daher für die Durchschnittsmitteilung taugt, es besitzt die Aura des Distanzierten, Poetischen usw. (die Verwendung in der Fachsprache wollen wir jetzt unberücksichtigt lassen). Verwendet man es in unangemessener Weise, wirkt es leicht lächerlich.


    Dazu darf ich an ein treffendes, von Ludwig Reiners angeführtes Beispiel erinnern. Bei einer Aufführung von Schillers "Kabale und Liebe" befahl der Zensor, daß Ferdinand nicht der Sohn des Präsidenten sein dürfe. Also war es dem Schauspieler nicht gestattet auszurufen: Es gibt eine Stelle in meinem Herzen, wo das Wort Vater noch nie gehört worden ist, sondern er mußte deklamieren: ...wo das Wort Onkel noch nie gehört worden ist. Damit war natürlich die Wirkung des Satzes total beim Teufel. Denn "Onkel" ist ein Alltagswort ohne pathetischen Gehalt. Auch "Oheim" hätte nicht gereicht, denn mit "Vater" verbindet sich ein anderes Gefühlsverhältnis, eine Erinnerung an das vierte Gebot etc.etc.


    Mit "Kleinod" muß man also sorgsam umgehen und es nur an gebotener Stelle verwenden. Das mag bei dem allgemeinen Niedergang an Sprachbeherrschung und Sprachverständnis (ich kann ein trauriges Lied davon singen, muß ich doch ununterbrochen Elaborate lesen, die das schmerzlich demonstrieren) dazu führen, daß es als aussterbend empfunden wird. Das kann frerilich nur für den Durschnittsbürger gelten, nicht für die Bildungsschicht, wo der Begriff noch vertraut ist, aber eben nur selten verwendet werden kann.
    Ohne solche nicht abgegriffenen Worte wäre die deutsche Sprache äußerst arm, denn gerade der Vorzug (wie auch die Schwierigkeit) unseres "Mutterlauts" besteht in der Vielfältigkeit des Ausdrucks, ja geradezu der Forderung nach Abwechslung und Unterscheidung namentlich in der Schriftsprache. Nichts wirkt im Deutschen tödlicher als die monotone Wiederholung ohne besonderen Anlaß, ganz im Gegensatz zum Französischen, wo solche Gleichklänge (wie das "il dit" zwanzigmal auf einer Seite) durchaus zulässig sind.


    Ich wäre von mir aus nie darauf verfallen, daß "Kleinod" zu den gefährdeten Wörtern gehört. Ich hätte eher "Eidam" oder so etwas vorgeschlagen, was tatsächlich fast nur mehr ironisch verwendbar scheint.


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Original von Walter Krause
    ......wo das Wort Onkel noch nie gehört worden ist. Damit war natürlich die Wirkung des Satzes total beim Teufel....



    Wunderbar! Wenn's nicht so traurig wäre.



    audiamus



    .

  • In Arno Schmidts Übersetzung der Frau in Weiß von Wilkie Collins begegnete mir das Wort "unmustern", dass sich nicht so leicht nachschlagen ließ. Dagegen ist "Kleinod" alltäglicher Tand.


    Allerdings ist das auch ein ziemlich altertümliches Wort. Schon Wilhelm Raabe setzt es in seinem Wunnigel in Anführungszeichen (wie mir auf Anfrage Google mithilfe des Gutenberg-Projekts verriet):


    "So »unmustern« wie an diesem Morgen hatte er sich doch selten in seinem Leben befunden."


    Im Online-Grimm ( 'http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/woerterbuecher/dwb/wbgui ) schlage man "musterig (2)" und "unmuster" nach.


    Viele Grüße

  • Lieber Waldi, danke für dieses textlche Kleinod- bei Dir bin ich mit dem Gebrauch des Wortes gar nicht kleinlich sondern eher kleinödlich.


    So ungefähr hatte ich die Bedeutung des Wortes auch empfunden.


    Wo der Begriff aber nun letztlich ethymologischherkommt, was das "Kleine" (der edelstein?) und das Od daran war, weiss ich noch immer nicht wirklich.



    Das Wort für morgen ist nun blümerant.


    Ein blümchenzarter Schwächeanfall?
    Hier sagt man zu Ohnmacht: tomber dans les pommes (in die Äpfel fallen) Ist das ähnlich zu verstehen "in die Blümchen fallen" , ein seltsam blumiges Gefühl im Bauch haben?


    Mir ist so blümerant zumute- klingt irgendwie für mich nach Heines Fräulein am Meere.
    Ich habe das Wort selbst aber noch nie benutzt oder bewusst irgendwo gelesen. ?(


    Eine blümerante Nacht mit vielen Kleinodien wünscht Fairy Queen


  • Das Wort ist mir bisher nur bei einer meiner zugegebenermaßen etwas perversen Freizeitaktivitäten untergekommen: beim Lesen etymologischer Wörterbücher ohne Anlass in alphabetischer Reihenfolge. Demnach wäre es im 17. Jh. aus dem französischen "bleu mourant" entlehnt worden und bezöge sich auf das "schwarz vor Augen werden".


    Was "unmuster(n)" betrifft, so war es allerdings offensichtlich auch schriftsprachlich nie voll eingebürgert, wie Grimm weiß...


    Man mag mir ja vorwerfen, erzkonservativ zu sein, und mich belehren, Sprache sei etwas Lebendiges und vom Wesen her der Veränderung unterworfen, aber ich finde mich dennoch mit dem Aussterben von Wörtern ungern ab und will eigentlich nicht, dass so viele schöne Wörter und vor allem Möglichkeiten Nuancen auszudrücken dem Deutschen verloren gehen. Daher versuche ich doch, bisweilen augenscheinlich veraltende Wörter meinen sprachlichen Ergüssen einzuflechten und mit gutem sprachpflegerischen Beispiel voranzugehen.
    Ähnlich kritisch sehe ich einige sprachliche Veränderungen, die nicht direkt das Vokabular betreffen, sondern Kollokationen und Grammatik: Das "Sinn machen" ist ja leider nicht mehr auszurotten, ich habe mittlerweile aufgegeben, dezente Hinweise zu streuen, da es selbst für Germanistik-Universitätsprofessoren die gängige Phrase ist, um auszusagen, dass etwas sinnvoll sei... :rolleyes:
    Immer häufiger lese und höre ich auch "erinnern" als transitives Verb, "ich erinnere dies oder jenes". (wohl ebenso wie das "Sinn machen" ein Anglizismus!) Ich erlaube mir hier einmal festzuhalten, dass es bis vor kurzem im Deutschen üblicherweise "sich an etwas erinnern" oder (gehoben) "sich dessen erinnern" geheißen hat. Diesbezüglich habe ich allerdings noch ein bisschen Hoffnung, da diese zweifelhafte Neuerung noch nicht stark nach Österreich übergeschwappt zu sein scheint, obschon sie sich in Deutschland offensichtlich bereits einiger Beliebtheit erfreut.
    Dann gibt es noch die starken Verben, die zunehmend vom Regelmaß infiziert und geschwächt werden: z. B. backen. Und schließlich, um wieder zum Thema zurückzukehren, gibt es auch viele regionale Ausdrücke, die einst tatsächlich auch standardsprachlich verwendet wurden und einiges zum Lokalkolorit verschiedener literarischer Werke beitragen - in den Zeiten der Massenmedien mit Einheitssprache geraten auch die zunehmend unter Druck. Schade um die Buntheit und Vielfalt, die nur notdürftig durch englische Fremdwörter ersetzt werden kann!


    Liebe Grüße,
    Martin

  • Zitat

    Original von Philhellene
    Ähnlich kritisch sehe ich einige sprachliche Veränderungen, die nicht direkt das Vokabular betreffen, sondern Kollokationen und Grammatik: Das "Sinn machen" ist ja leider nicht mehr auszurotten, ich habe mittlerweile aufgegeben, dezente Hinweise zu streuen, da es selbst für Germanistik-Universitätsprofessoren die gängige Phrase ist, um auszusagen, dass etwas sinnvoll sei... :rolleyes:


    Diese Sprachkritik werde ich wohl nie verstehen. Das ist doch ein Phänomen, das seit je zum Sprachwandel und damit zur Sprache selbst dazu gehört (z.B. Graezismen im Lateinischen). Darum sind mir jedoch die Sprachpuristen, die sich deutsche Synonyme für fremde Wörter ausgedacht haben, auch nicht etwa unsympathisch. Denn je mehr Vokabeln oder eben auch stehende Redewendungen es gibt, desto differenzierter sind die Ausdrucksmöglichkeiten.


    M.E. ist eine Sprachkritik nur befugt anzuprangern, dass der sprachliche Ausdruck nicht sachgemäß ist, vielleicht auch noch eine Verarmung der Aussage bzw. von deren Differenziertheit. Nur in diesem Zusammenhang halte ich es auch für sinnvoll bei dem Außergebrauchkommen von Wörtern von einer Spracherosion reden.


    Viele Grüße

  • Zitat

    Original von Philhellene
    Ähnlich kritisch sehe ich einige sprachliche Veränderungen, die nicht direkt das Vokabular betreffen, sondern Kollokationen und Grammatik: Das "Sinn machen" ist ja leider nicht mehr auszurotten, ich habe mittlerweile aufgegeben, dezente Hinweise zu streuen, da es selbst für Germanistik-Universitätsprofessoren die gängige Phrase ist, um auszusagen, dass etwas sinnvoll sei... :rolleyes:


    Oh ja, das ist wirklich seltsam und schrecklich, dass selbst viele Geisteswissenschaftler sich da reinvergaloppieren (oder eventuell gerade deswegen, weil sie auch viel Englisch lesen?!), von BWLern und anderen Professoren, die gern chic, aber häufig klassisch ungebildet sind sprechen wir hier besser mal nicht... :rolleyes:
    Zu was führt das ganze? M. Barezzi ist sich selber schon fast nicht mehr sicher, wie er sprechen soll und schreckt jedes Mal auf, wenn es darauf ankommt, Sinn zuzuschreiben und schwankt zwischen "haben" und "machen"; denn auch "das hat Sinn" ist irgendwie ein Modeausdruck bei Jugendlichen jewesen, der mir nicht gefiel...


    :hello:
    Stefan


    PS: Lernen wir doch lieber ordentliches Englisch und bemühen uns um gutes Deutsch als beide total zu verunstalten und zu mischen... :boese2:

    Viva la libertà!

  • Liebe Fairy,


    danke für diesen schönen Anstoß, einmal auf die Suche nach heute nur noch selten verwendeten Wörtern zu gehen.


    Zitat

    Original von Fairy Queen:


    Wo der Begriff aber nun letztlich ethymologischherkommt, was das "Kleine" (der edelstein?) und das Od daran war, weiss ich noch immer nicht wirklich.


    Im "Kluge" habe ich dazu gefunden, dass ein Einfluss des mittellateinischen Wortes clenodium vorlag; das -od war ursprünglich eine Substantivbildung auf -ôdi zu "klein", die auch noch in "Heimat", "Armut" und "Zierat" zu finden ist.


    Die ursprüngliche Bedeutung war "zierliche, kunstvolle Arbeit", daher wohl die Entwicklung zu "Schmuck" oder "Geschmeide" und die Übertragung zur heutigen Verwendung als "Kostbarkeit".


    Die Verbindung aus Kleinem und zugleich kostbar Überhöhtem, die durch dieses Wort ausgedrückt wird, findet man z.B. in dem folgenden Gedicht von Stefan George:


    Für heute lass uns nur von sternendingen reden !
    Ich möchte jauchzen • doch ich bin vom wunder bleich:
    Der weisheit schüler löst das rätselwort der Veden
    und bricht des blinden nacht mit einem fingerstreich •
    Mit unbewusster würde trägt ein kind vom eden
    Das kleinod köstlicher als manches königreich.


    (aus: Der Siebente Ring. Gezeiten)



    Liebe Grüße
    Petra

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  • Danke liebe Petra, und genau das würde ich mir wünschen: Texte zu finden, in denen diese Worte vorkommen.
    So stösst man gemeinsam auf echte Kleinodien!


    Lieber Philhellenne, warum kann man nicht Beides miteinander organisch verbinden- das alte Bewahrenswerte und das Neue?


    "Blümerant" ist doch das beste Beispiel! Einst als Lehnwort ais dem Französischen übernommen, denke ich heute dabei an Blümchen-Damen, die in Ohnmacht fallen. Wenn das keine gelungene Adaptation ist! :D


    In meinem Adventkalender steht folgender Satz:


    "Was kann man tun, um sprachliche Kostbarkeiten (...) zu retten?
    Man kann sich Eines oder mehrere aussuchen, an den Kühlschrank heften oder weitergeben (sic!). Vor allem aber im Munde führen und weitersagen. Damit sie nciht aus unserem Leben verschwinden."


    Fairy Queen

  • Eine wunderschöne Threadidee, sich der Kleinode (oder -odien, jedenfalls nicht -öde) der deutschen Sprache anzunehmen, die schon ganz bleu mourant sind.


    Vielleicht führt das dann zu einigen Kleinöden, die sich wie weiland Asterix & Co. gegen die Globalisierung der Sprache wehren. Wo aber finden wir den Zaubertrank, bei dessen Vertilgung einem nicht blümerant wird?


    Deswegen bin ich allerdings auch nicht gleich bereit, in die Jeremiaden über die Überfremdung der Sprache einzustimmen. Zum Glück lebt sie und verträgt die fremden Einflüsse schon seit Jahrtausenden.


    Oder würde noch jemand lieber Gesichtserker statt Nase und Dörrleiche für Mumie sagen?


    Da liegt uns doch der vorauseilende Gehorsam der Sprachadaption mehr. Das Wort "Handy" versteht jedenfalls kein Amerikaner, der nicht viel mit Deutschen zu tun hat. Zellophon hätte doch viel eher was. :D


    :hello: Jacques Rideamus

  • Zitat

    Original von Jacques Rideamus
    Eine wunderschöne Threadidee,


    Ja, in der Tat.


    Bei Kennern und Liebhabern der Zauberflöte meine ich aber, daß das Wort "Kleinod" nicht so schnell in Vergessenheit gerät...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Mein Mann, ein waschechter Brite, wunderte sich schon oft genug über so manches Wischi-Waschi-Denglisch, wie z. B. "Handy", "Wellness" oder "gedownloaded", mit dem auch seine Geschwister nichts anfangen können. :no:


    Der absolute Sprachirrsin bot sich vor wenigen Tagen auf einem Handzettel einer angesehenen Gastronomie mit folgenden Angeboten:" Meet and eat", sowie "Dance- and Gourmet-Night mit flying Buffet" und "Gänse to go"! :faint:
    Nun, jeder blamiert sich so gut wie er kann!


    Ich plädiere unbedingt für den Schutz und Erhalt unserer so reichen Muttersprache, mit deren Wortschatz sich jeder unmissverständlich ausdrücken kann, damit es erst gar nicht zu solch aberwitzigen Wortsalat kommt.
    Mit lieben Adventsgrüßen,
    diotima. :hello:

  • Liebe Fairy,


    Zu "blümerant" fällt mir gar nichts ein, denn dieses Wort ist in Österreich trotz mancher journalistischer Bemühung fremd geblieben. Ich erinnere mich, daß ich mir als Student den Kopf zerbrochen habe, weil es Rudolf Augstein in einem Vortrag gebrauchte, und ich nichts damit anfangen konnte.


    Aber noch zu"Kleinod": Eine mir zugegangene Information, deren Quelle ich verschweigen soll, erwähnt, daß etwa im Niederländischen das Wort heute noch gebräuchlich ist und viel mehr als ein Juwel bedeutet, nämlich etwas Kleines, das dennoch Wert hat. Beispielsweise könnte man bei einer Versicherung angeben: "...mehrere Kleinodien mit einem Gesamtwert von..." (das wäre im Deutschen schon seltsam!).
    Oder in einem Gedicht oder Roman:..."eine Frau hatte alles verloren bis auf die Liebe, und dieses Kleinod hütete sie sorgfältig."


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Lieber Philhellenne, warum kann man nicht Beides miteinander organisch verbinden- das alte Bewahrenswerte und das Neue?


    Zitat

    Original von diotima
    Mein Mann, ein waschechter Brite, wunderte sich schon oft genug über so manches Wischi-Waschi-Denglisch, wie z. B. "Handy", "Wellness" oder "gedownloaded", mit dem auch seine Geschwister nichts anfangen können. :no:


    Der absolute Sprachirrsin bot sich vor wenigen Tagen auf einem Handzettel einer angesehenen Gastronomie mit folgenden Angeboten:" Meet and eat", sowie "Dance- and Gourmet-Night mit flying Buffet" und "Gänse to go"! :faint:
    Nun, jeder blamiert sich so gut wie er kann!


    Ich plädiere unbedingt für den Schutz und Erhalt unserer so reichen Muttersprache, mit deren Wortschatz sich jeder unmissverständlich ausdrücken kann, damit es erst gar nicht zu solch aberwitzigen Wortsalat kommt.


    Ich bin tatsächlich der Meinung, dass Fremd- und Lehnwörter legitim sind, denn Sprache sollte ja wirklich nicht zum Museum erstarren und ist tatsächlich lebendig. Aber nicht wahllos und weil halt ein etwas eigentümlicher denglischer Mischmasch so cool klingt! Dort, wo es unserer Sprache an Ausdrucksmöglichkeiten fehlt, dort sollte man freizügig importieren, was man benötigt - wissenschaftliche Termini etwa, oder vieles in der Computertechnik. Aber wozu etwa "Gourmet-Night" statt "Gourmet-Nacht"? Weil das eine großartige Bereicherung unserer Muttersprache darstellt? :rolleyes:
    (Und was das "Sinn machen" betrifft, so bin ich hartnäckig der Meinung, dass es einfach eine sachlich falsche Aussage ist. Sinn kann nicht gemacht werden, der wohnt inne oder nicht!)


    Liebe Grüße,
    Martin

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Den ersten Preis gewann das Wort


    KLEINOD


    Liebe Feenkönigin,


    so lange ich lebe, wird das Wort sicher nicht aussterben ...


    Zitat

    Ein wirkliich seltenes Wort, von dem ich zwar den Ursprung des -od nicht weiss, aber das ich als Bezeichnung für ein Juwel im direkten und übertragenen Sinne kenne.


    Die Endung -od ist eine Substantivierungsendung, die macht aus dem Adjektiv "klein", das Substantiv das Kleine. Und damit hat man schon eines der Wunder des Wortes angerührt, während im Deutschen seit dem Althochdeutschen die Nebensilbenvokale sich auf ein "-e-" abschwächten und so aus einem ahd "salbon" ein mhd/nhd. "salben" wurde.


    Das Kleine wurde als das Feine verstanden, der Kleinschmied war im Unterschied zum Groß(oder Grob-)schmied ein Verfertiger von Goldschmuck. Wer in den Grimm schaut, wird noch eine Vielzahl von Bedeutungen finden, die die vielseitigen Verästelungen von Konnotationen und Denotaten bei "klein" darstellen - ein literarischer Bezug fehlt (liegt dies an der sexuell-repressiven Zeit?) - der auf den französischen Aufklärer und Autor von immer noch lesenswerten Romanen (Jacques le fataliste meine nachhaltige Empfehlung). Diderot hat einen dieser erotischen Romane des 18. Jahrhunderts geschrieben, die eine geistige Kultur voraussetzten, die heute leider bis auf viele verloren gegangen ist, eine Kultur, die zwischen Erotischen und Sexuellen zu unterscheiden wusste, die Intelligenz und überwundene Pubertät voraussetzte - und das war und ist für die nachfolgenden Jahrhunderte deutlich zu viel. Die " Bijoux indiscrets" sind ein wenig schwatzhafte Kleinodien, das sei hier angedeutet.

    Alltäglicher Tand wird dieses Wort für mich nie sein, dafür kenne ich wohl zu viele Wörter. Und vielen Dank an Ullis "Hier nimm dies Kleinod, es ist dein" aus der Zauberflöte - es passt gut.


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von Philhellene


    (Und was das "Sinn machen" betrifft, so bin ich hartnäckig der Meinung, dass es einfach eine sachlich falsche Aussage ist. Sinn kann nicht gemacht werden, der wohnt inne oder nicht!)


    Liebe Grüße,
    Martin



    Mhmm, sollte das heissen, dass "Sinn ergeben" ebenfalls sachlich falsch ist/war? Ich war der Meinung, dieser Ausdruck wäre zwischenzeitlich einfach durch "Sinn machen" verdrängt worden.
    Und das etwas, was eben erst wird, im Moment seiner Entstehung auch "Sinn macht/ergibt" (oder auch nicht), scheint mir ein oft anzutreffender Sachverhalt zu sein, für den ich persönlich gerne einen Ausdruck zur Verfügung habe. Wer ihn nicht mag, kann ja gerne darauf verzichten. Dass "Sinn machen" sich so rasant eingebürgert hat, ist für mich aber eher ein Zeichen dafür, dass ein wie auch immer gearteter Bedarf (keine Notwendigkeit!) für diese Wendung bestand.


    NB.: Dass ein inhaltlicher Unterschied zwischen "Sinn haben" und "Sinn ergeben/machen" besteht, ist freilich klar.



    Zum Thema: Das Wort Kleinod wird zumindest solange nicht in Vergessenheit geraten, solange Jugendliche "Die unendliche Geschichte" von Michael Ende lesen. Ich hoffe sehr, dass das noch eine lange Zeit sein wird. (Ich habe das Wort dort damals zum ersten Mal gelesen und mußte mich auch erstmal informieren, was ich darunter zu verstehen habe). :hello:

  • Guten Tag



    Das Wort "Blümerant" wird hier in der Gegend gelegentlich von älteren Leuten gebraucht, die damit eine Schwäche, Schwindel oder ein Unwohlsein ausdrücken.
    "Mir is es so blimerond vor de Ahrre!" :D


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose

  • Lieber Martin, liebe bachiana,


    ich finde diese Erklärungen von eines sprachlichen Phänomens rührend, aber sie greifen daneben. Man kann der Meinung sein, dass eine Wendung sprachlich "unlogisch" oder falsch ist - das entscheidende ist, dass sie von der Mehrheit akzeptiert und gebraucht wird - die in der Kommunikation zugrunde gelegte Bedeutung ist auf jeden Fall eindeutig.


    Aus der Sprachgeschichte könnte ich Myriaden von solchen sprachlich "falschen" Zusammensetzungen und Ableitungen aufführen - und zum Teil rätselt die Wissenschaft über solche Erscheinungen.


    Interessant ist auch der Versuch, dort Differenzierungen in einem Wortfeld vorzunehmen, wo es sich - wenigstens im Moment - um Synonyme handelt. Es mag ja sein, dass sich im Laufe des Gebrauchs eine Differenzierung entwickelt, im Idiolekt ist so etwas immer möglich - aber solange sich im Sprachgebrauch eine solche Differenzierung nicht durchgesetzt hat, wird man sie nur als persönliche Eigenheit gebrauchen können.


    Dass solche Entwicklungen immer wieder als Verfall der Sprache gesehen werden, hat seine Geschichte bis in den Beginn der Schriftlichkeit - die Sprache, die wir heute als vorbildlich annehmen, wurde zu ihrer Zeit auch als ein Produkt eines sprachlichen Verfalls angesehen.


    Liebe Grüße Peter

  • :yes: :yes: Hierzu empfehle ich jedem Hobby-Gralshüter der deutschen Sprache das sehr lesenswerte Buch des Berliner Sprachwissenschaftlers André Meinunger:



    André Meinunger: Sick of Sick?


    Meinunger zeigt, wie sehr wir uns durch selbsternannte Gurus ins Bockshorn jagen lassen und wo die wirklichen Anglizismen in unserer Sprache stecken.


    Das macht durchaus Sinn.


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von pbrixius


    Liebe Feenkönigin,


    so lange ich lebe, wird das Wort sicher nicht aussterben ...


    Es lebe das mittelhochdeutsche Troubadourentum und das französische Siecle de la lumière-die wussten noch , wie man mit echten Kleinodien umzugehen hat! :]


    Lieber Waldi und ich dachte ihr Habsburger seid so mit den Franzosen verbandelt, von wegen "bleu mourant". Dabei muss es euren armen nach Frankreich verheirateten Erzherzoginnen doch am Hofe von Versailles eigentlich ständig blümerant gewesen sein. :faint:



    Noch eine Bemerkung zum "Handy", das ich mit konstaner Bosheit "tragbares Telefon" nenne : schöner als die Italiener geht es nicht und es ist eines meiner dortigen Lieblingsworte geworden:


    Telefonino



    I h freu mich, dass es hier so rege zugeht und komme gleich mit dem nächsten Wort auf meiner Liste der 16:


    Dreikäsehoch


    So hoch wie drei Käse, eigentlich logisch, dass das nur ein Knirps sein kann. Ist dieses Wort wirklich vom Aussterben bedroht?


    Fairy Queen

  • Wieder ein Wort aus dem Französischen.


    Hat mit Käse nix zu tun. Sondern mit dem französischen "caisse" für Kiste oder Kasten. Das meint jemanden, der so hoch ist wie drei Kisten aufeinandergestellt. Vermutlich waren die Kisten recht niedrig, denn man stellt sich ja einen kleinen Jungen darunter vor.


    LG


    :pfeif:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Harald Kral
    Wieder ein Wort aus dem Französischen.


    Hat mit Käse nix zu tun. Sondern mit dem französischen "caisse" für Kiste oder Kasten. Das meint jemanden, der so hoch ist wie drei Kisten aufeinandergestellt. Vermutlich waren die Kisten recht niedrig, denn man stellt sich ja einen kleinen Jungen darunter vor.


    Lieber Harald,


    woher stammt Dein Wissen? Der Röhricht kennt den Ausdruck nicht, der Küpper meint
    Dreikäsehoch m


    kleiner Junge. Der Käse als witziges Größenmaß. 1700 ff.
    [Wörterbuch: Dreikäsehoch. Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, S. 6494
    (vgl. Küpper-WddU, S. 177) (c) Marianne Küpper]



    Pfeifer führt das Wort nicht, im Kluge steht:


    Dreikäsehoch m. stl. (< 18. Jh.). Scherzhafte Bezeichnung für ein kleines (nicht hochgewachsenes) Kind. Im einzelnen ist das Benennungsmotiv unklar. Vgl. frz. haut comme trois pommes.


    (Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 23. erw. Auflage. Berlin. New York 1999, S. 193)


    Liebe Grüße Peter

  • Immerhin gibt es hier im Rheinland jede Menge Ausdrücke (auch im platt) die französischen Usprungs sind,schließlich war das Rheinland mehrfach in seiner Geschichte von Franzosen besetzt.


    Aber das mit dem Dreikäsehoch habe ich, glaube ich, aus einem - nicht hochwissenschaftlichen - Buch über Berliner Umgangssprache (aus der Stadtbücherei), von Ewald Harndt: "Französisch im Berliner Jargon" (Verlag Jaron). Wenn ich recht erinnere, soll der Ausdruck hugenottischen Urspung haben, aber nagle mich nicht darauf fest!


    LG


    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Harald Kral
    Immerhin gibt es hier im Rheinland jede Menge Ausdrücke (auch im platt) die französischen Usprungs sind,schließlich war das Rheinland mehrfach in seiner Geschichte von Franzosen besetzt.


    Aber das mit dem Dreikäsehoch habe ich, glaube ich, aus einem - nicht hochwissenschaftlichen - Buch über Berliner Umgangssprache (aus der Stadtbücherei), von Ewald Harndt: "Französisch im Berliner Jargon" (Verlag Jaron). Wenn ich recht erinnere, soll der Ausdruck hugenottischen Urspung haben, aber nagle mich nicht darauf fest!


    Lieber Harald,


    ich halte die Erklärung nicht für unmöglich, deshalb interessierte mich die Quelle. Der Kluge macht ja auf solche Spekulationen aufmerksam. Soweit ich das nun den Nachschlagewerken entnehmen kann, ist es eine Parallelbildung zu einer französischen Redewendung, die aus dem 18. Jahrhundert stammt.


    Grimms Deutsches Wörterbuch schreibt (Stand 1865):


    KÄSEHOCH [Lfg. 11,2], auch dreikäsehoch, von einem sehr kleinen menschen, henneberg. FROMMANN 1, 235b. däumlinge, kobolde sind im märchen drei käse hoch.


    Allerdings gibt es bei einem Parallelartikel (Steppchen/Steppke) aus dem Jahr 1925 keine Korrektur. Der Kluge steht dem Etymologieversuch Grimms offensichtlich eher skeptisch gegenüber. Aber einen Hinweis aus "caisse" finde ich nicht. Französische Einflüsse ins Deutsche gab es seit Mitte des 17. Jahrhunderts durch die Bedeutung der französischen Kultur vermehrt.


    Liebe Grüße Peter

  • Woher auch immer das Wort kommt, von den bisher genannten ist es für mich der erste ernsthafte Kandidat für die knallrote Liste der vom Aussterben bedrohten.


    Ich kenne es natürlich aus der Literatur, und gelegentlich wird es auch noch von Journalisten benutzt, die eine bestimmte (oft Berliner) Tonart anschlagen wollen.


    Ich kann mich aber nicht erinnern, das Wort jemals von jemandem gehört zu haben, und ich habe immerhin während deutlich mehr als einem halben Jahrhundert in den verschiedensten Ecken der Republik gelebt (allerdings nicht im Rheinland). Zwar kennt das Wort noch fast jeder (Migrantenkinder, die wenig lesen und es eben auch kaum hören dürften) eher ausgenommen), wie bestimmte Tiere im Zoo, denen sonst kaum jemand mehr irgendwo begegnet. Eine neue Konjunktur sehe ich für den Ausdruck aber nicht, wenn nicht irgendein populärer Schriftsteller oder Film es wieder modisch macht. Dazu ist er zu sehr gebildet (im Sinne von konstruiert), und das auch noch nach alten Bauteilen.


    Das ist natürlich eine rein subjektive und empirisch völlig ungesicherte Erkenntnis, also sei sie hier mit aller gebotenen Vorsicht angeboten.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Zitat

    Zu "blümerant" fällt mir gar nichts ein, denn dieses Wort ist in Österreich trotz mancher journalistischer Bemühung fremd geblieben.


    Obwohl mir als Kind das Lesen der Micky Maus nur widerwillig gestattet wurde (weil "amerikanischer Schund") habe ich sie doch gelesen.
    In irgendeiner der Millionen Geschichten sagt Donald Duck: "Mir ist ganz blümerant" (Die dazupassende Zeichnung war so eindeutig, daß das Wort nicht näher erläutert werden musste)
    Seither kenne ich diesen Ausdruck - Da soll noch einer sagen Micky Maus lesen hinterließe keine Bildung.....


    Zum Rest.
    Sprache unterliegt nicht nur jetzt Moden, nein das war immer so.
    Im frühen 19, Jahrhundert galt französich als chic und man bediente sich etlicher Ausdrücke - auch wenn sie lächerlich klangen.


    So parlierte der Mösjö Schöberl gelegentlich mit der Demoiselle Mizzi.....


    Das Lavoir wurde im Wienerischen noch in meiner Kindheit Lawuhr genannt.


    Die Wiener Straßenbahn bekam etlioche Bezeichnungen:


    "die Elektrische"
    "Tramway" (wurde aber in Wien TRAMWAI gesprochen)
    "Straßenbahn"
    "Bim"
    "ÖFFIS"


    Es gibt neben den "aussterbenden" Wörtern jedoch auch solche, die "eingedeutscht" wurden - nicht immer zum Vorteil.


    Als Beispiel sei hier "Liqueur" genannt, ich finde man spricht es in der Original-Schreibweise eleganter....


    Ferner gibt es Worte, die zwar im Sprachgebrauch nicht vom Aussterben bedroht sind, jedoch in gewissem Zusammenhang nicht mehr benutzt werden, beispielsweise als Verbaschiedung "Mein Kompliment" (Dieser Gruß kann - richtig angewandt äusserst höflich distanziert bis geradezu schneidend wirken)


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dann mach ich mal gleich weiter mit


    Lichtspielhaus


    Das Erste was mir spontan dazu einfällt ist der wunderbare Film "Cinema Paradiso".
    Und mein deutscher Grossvater, der als Piansit im Lichtspielhaus noch Stummfilme begleitet hat.


    Ich mag diese alten Worte auch deshalb so sehr, weil sie Erinnerungen wecken und Bilder herausbeschören , die verloren zu gehen drohen.


    Sie erzählen ganze Geschichten.


    Was das Lichtspiel nun in realiter ist kann mir vieleleciht jemand der sich mit Filmtechnik auskennt kurz erklären.
    Ich fand es als Jugendliche wie schon Generationen vor mir(heute braucht man ja kein Kino mehr dafür) immer besonders schön, dass das Licht aus ging.
    Aber das ist mit Licht-Spiel wohl dann eher nciht gemeint. ?(


    F.Q.

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